Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik CE Kennzeichnung: Wie die richtigen Directives und Harmonisierte Standards für ein Produkt finden


von Alex -. (alex796)


Lesenswert?

Hi
Ich würde gerne mehr über CE Selbsterklärung wissen, stoße aber auf ein 
paar Verständnisprobleme.

An oberster Stelle stehen die verschiedenen Direktiven (Directives), 
z.B. Low Voltage Directive (LVD; 2014/35/EU) oder Electromagnetic 
Compability (EMC; 2014/30/EU). Das sind lediglich Direktiven, die 
eingehalten werden müssen, wenn man ein Produkt in den Europäischen 
Markt einführen möchte.

Nun gibt es die harmonisierten Standards, welche die technischen Grenzen 
und Kriterien beschreiben, die ein Produkt einhalten muss, um den 
Direktiven gerecht zu werden und am Ende das CE Zeichen tragen zu 
dürfen.

Die Aufgabe besteht also darin, herauszufinden, welche Direktiven 
geltend sind, und damit verbunden welche harmonisierte Standards 
verwendet werden müssen.

Gehen wir von "typischer" Hardwareentwicklung aus, also z.B. eine 
Leiterplatte mit Elektronik sowie ein 230V -> 12V Netzteil.
Dort wäre u.a. die LVD (2014/35/EU) wichtig. Innerhalb der LVD gibt es 
ein Dokument mit allen harmonisierten Standards geltend für LVD. Die 
Liste ist 134 Seiten lang, mit 7 Standards pro Seite.
https://ec.europa.eu/docsroom/documents/48357

Wie findet man am besten einen Überblick, welche Standarde für ein 
Produkt wirklich relevant sind?

Erfahrung, ganz klar. Erfahrene Kollegen, die die Übung bereits 
durchgeführt haben, auch klar. Sich an ein Ing-Büro wenden, auch klar.

Ich habe kein Problem damit, die nötigen Standarde käuflich zu erwerben. 
Es wäre jedoch optimal, wenn man sich dabei auf die relevanten Standarde 
begrenzen kann, und nicht 134*7 Standarde kauft :)

Vielen Dank.

PS:
Ich habe das Unterforum Analogtechnik gewählt, weil hier sicherlich 
viele Erfahrung mit dem Thema haben. Falls es besser in einem anderen 
Unterforum aufgehoben ist, bitte verschieben :)

Gruß,

: Bearbeitet durch User
von Rente mit 76 (Gast)


Lesenswert?

Eine mögliche Abkürzung des Verfahrens:
Suche dir bei deinen Konkurrenten (ja, Konkurrenten, nicht Wettbewerber 
- wir müssen uns angewöhnen, die Dinge wieder beim richtigen Namen zu 
nennen) ein ähnliches Erzeugnis heraus und sieh nach, welche Standards 
dieser zu erfüllen glaubt. Damit hast du einen Einstiegspunkt. Diese 
Standards kaufst du und wirst dann feststellen, was dir noch alles 
fehlt.

von BC107 (Gast)


Lesenswert?

Rente mit 76 schrieb:
> Suche dir bei deinen Konkurrenten (ja, Konkurrenten, nicht Wettbewerber
> - wir müssen uns angewöhnen, die Dinge wieder beim richtigen Namen zu
> nennen)

Der Unterschied Konkurrent- Wettbewerber  ist wie zwischen einem 
Schimmel und einem weißen Pferd. Das eine ist ein Fremdwort, das andere 
ein deutscher Begriff.

https://www.dwds.de/wb/Konkurrent

von Mark S. (voltwide)


Lesenswert?

Rente mit 76 schrieb:
> Eine mögliche Abkürzung des Verfahrens:
> Suche dir bei deinen Konkurrenten (ja, Konkurrenten, nicht Wettbewerber
> - wir müssen uns angewöhnen, die Dinge wieder beim richtigen Namen zu
> nennen) ein ähnliches Erzeugnis heraus und sieh nach, welche Standards
> dieser zu erfüllen glaubt. Damit hast du einen Einstiegspunkt. Diese
> Standards kaufst du und wirst dann feststellen, was dir noch alles
> fehlt.

Habe mich selbst 20 Jahre lang beruflich mit diesem ausufernden 
Krebsgeschwür an EU-Verordnungen herumgeschlagen und kenne keinen 
einfacheren Weg. k.A. wieso man dieses posting negativ bewerten muss.

: Bearbeitet durch User
von Maik .. (basteling)


Lesenswert?

Nur pass bei der Befassung mit dem Thema auf Deine psychische Gesundheit 
auf.
Du möchtest danach vielleicht nichts mehr herstellen oder auf 
"Namen-Tanzen" umschulen.

Du wirst danach womöglich feststellen, das wir auf einem vollkommen 
überreguliertem Kontinent leben. Auf dem sich Lobbygruppen die 
Normungsgremien zur Beute gemacht haben. Und so Gewinnmaximierung den 
gesunden Menschenverstand verdrängt. Denn diese durch 
privatwirtschaftliche Intressen durchtränkten Machwerke musst Du 
einhalten - wenn Du nicht in der Regress, Marktrückruf und Haftungs - 
Ruin Falle sitzen willst.
Und Du stellst dann noch fest - wie die EU durch ihre Direktiven die 
Souveränität der Mitgliedsstaaten ad Absurdum geführt hat.

Bezüglich der Wirkung bzw. Legitimität der in der Konformitätserklärung 
zu betrachtenden Normen und darüberliegenden Gesetze führt der Weg ü ber 
das "Blue Guide" der EU als grobe formelle Anleitung und über die EU 
Amtsblattveröffentlichungen. Das darin Veröffentlichte muss dann in 
nationales Recht umgesetzt werden. Desweiteren werden darin auch die 
entsprechenden Normen veröffentlicht. (Vielleicht gibt es eine 
Produktnorm als quasi Kochanleitung - gibt es selbst für Wasserbetten 
oder Tee- Probiertassen)
 Später dann auch deren quasi Ablaufdatum, das Du dann während der 
Produktions- und Verkaufsphase im Auge haben musst... Richtig kafkaesk 
wird es dann damit, dass formell in jedem EU Mitgliedsstaat eigentlich 
die dortige inländische Version des von der EU vorsouflierten gilt. Die 
könnte theoretisch abweichen. Und müssten eigentlich - auch wenn es wohl 
kaum einer macht- für alle Mitgliedsstaaten noch einzeln betrachtet 
werden. So wurde uns das zumindest bei einem Marktzugangs - 
Fortbildungsseminar als schönster Irrsinn verkündet.

Also - viel Spass

P.S.
Zur Einstimmung Asterix und Obelix auf der Suche nach dem rosa Formular 
für den Passierschein A28 anschauen. Oder ne Rolle CE Zeichensticker bei 
Conrad holen und die inhaltlich falsche CE Erklärung vom Wettbewerber 
abschreiben. Und schauen ob es Dir auf die Füße fällt.

: Bearbeitet durch User
von Dieter (Gast)


Lesenswert?

Maik .. schrieb:
> Du wirst danach womöglich feststellen, das wir auf einem vollkommen
> überreguliertem Kontinent leben.

Dazu kommt noch sas Sorgfaltspflichtengesetz, auch als 
Lieferkettengesetz bekannt.

Hast Du alle Unterlagen dazu schon zusammengesucht?
Für jedes Bauteil und Komponente?

von MaWin (Gast)


Lesenswert?

Dieter schrieb:
> Dazu kommt noch sas Sorgfaltspflichtengesetz, auch als
> Lieferkettengesetz bekannt.

Der zweite thread in dem das abgekippt wird. Ist nur für grosse Firmen 
relevant.

von Carsten S. (dg3ycs)


Lesenswert?

Hi,

Alex -. schrieb:
> An oberster Stelle stehen die verschiedenen Direktiven (Directives),
> z.B. Low Voltage Directive (LVD; 2014/35/EU) oder Electromagnetic
> Compability (EMC; 2014/30/EU). Das sind lediglich Direktiven, die
> eingehalten werden müssen, wenn man ein Produkt in den Europäischen
> Markt einführen möchte.
Das ist korrekt und der tatsächlich erste Schritt!

Alex -. schrieb:
> Nun gibt es die harmonisierten Standards, welche die technischen Grenzen
> und Kriterien beschreiben, die ein Produkt einhalten muss, um den
> Direktiven gerecht zu werden und am Ende das CE Zeichen tragen zu
> dürfen.
So nicht ganz richtig!
Die Richtlinien definieren u.a. SICHERHEITSZIELE deren Einhaltung du für 
das Produkt nachweisen muss. (Bei der LVD im Anhang I).
Eine, aber nicht die einzige, Möglichkeit um diesen Nachweis zu führen 
ist die Anwendung von harmonisierten Normen.
Dein Text oben ist also, auf die gedankliche Vorgehensweise bei der 
Anwendung Richtlinie bezogen, das Pferd von hinten aufgezäumt.

Alex -. schrieb:
> Die Aufgabe besteht also darin, herauszufinden, welche Direktiven
> geltend sind, und damit verbunden welche harmonisierte Standards
> verwendet werden müssen.
Ja...
Also der "theoretische" Ablauf ist folgender:
Zuerst, wie von dir schon geschrieben, identifizieren welche Richtlinien 
anzuwenden sind. Dann schauen welche einzuhaltenden Ziele die jeweilige 
Richtlinie vorgibt.

Danach für jedes einzelne Ziel schauen welche Norm aus der Liste der 
harmonisierten Normen bei Ihrer Anwendung dieses Ziel vollständig 
abdeckt.

Dabei kann ein Ziel bereits von einer Norm kpl. abgedeckt sein. Dann 
wendest du diese Norm an. Oder mehrere Normen decken jeweils nur einen 
Teilbereich ab. Dann wendest du mehrere Normen (teilweise) an.

Du sagst also nicht: Ich habe die Normen xxx alle angewendet daher darf 
ich auf den Markt, sondern du sagt "Mein Produkt erfüllt das Ziel yyy, 
das habe ich durch Anwendung der Norm xxx nachgewiesen, weil das so für 
ALLE genannten Ziele gilt darf ich jetzt auf den Markt"
Kleiner, aber feiner, Unterschied.

Praktisch machst du das so, das du damit beginnst dir aus der Liste der 
harmonisierten Normen die am besten zu deinem Produkt passende 
Produktsicherheitsnorm. Beispielsweise die EN 62368-1.
(Die Ihrerseits für einige Dinge ja wieder auf andere Normen verweist)
Jetzt stellst du fest welche Sicherheitsanforderungen durch welche Teile 
der Norm teilweise/vollständig abgedeckt sind. Idealerweise findet sich 
in den Z-Anhängen (die jedoch immer/meist VORNE stehen) sogar eine Liste 
in wie weit das der Fall ist. Jedoch nicht immer (In der DIN EN 62368-1 
z.B. nicht). Ist eine Anforderung nicht vollständig abgedeckt musst du 
noch ergänzende Normen hinzuziehen.

Eine Risikoanalyse musst du ja eh immer durchführen. In dieser schaust 
du auch ob es ggf. für dein Produkt relevante Anforderungen gibt die 
durch die gewählte Norm nicht erfüllt werden, selbst wenn die Norm sagt 
das sie zur Erfüllung des Sicherheitsziels ausreicht. (Deshalb 
funktioniert es ja auch nicht eine "abwegige" Norm zu nehmen wo dann für 
dich das meiste einfach nicht anwendbar ist und dann zu sagen: Erfüllt).
Gibt die Norm selber keinen Aufschluss darüber welche Ziele sie erfüllt, 
dann musst du das halt auch im Rahmen der Risikoanalyse und anderen 
selbst feststellen. (Für einige Dinge und Normen steht aber auch in der 
Liste der Harmonisierten Normen bereits eine Einschränkung).

Das alles hilft dir jetzt leider auch nicht viel weiter. Es ist leider 
so das es da keine einfache Anleitung gibt weil jeder Fall, jedes 
Produkt seine eigenen Besonderheiten hat. Aber vielleicht hilft es ein 
Wenig die Denkweise dahinter etwas zu verstehen.

Das ist aber leider etwas was alles eine Menge erfahrung voraussetzt.
Deshalb gibt es ja auch einen regen Markt für Berater und 
Dienstleister...
Und spassiger wird das ganze jetzt noch dadurch das die EU bei Einigen 
Richtlinien jetzt auch noch angefangen hat mit sogenannten Common 
Spezifikations zu arbeiten die keinen direkten Bezug zur Norm haben.
Mal ganz davon abgesehen das es teilweise immer öfter Streit zwischen 
den EU Gremien und den Normenarbeitsgruppen gibt mit der Folge das die 
Harmonisierung von Normen ausläuft, z.b. weil es eine neue Version der 
Richtlinie gibt, aber die neue Harmonisierung einfach nicht passiert und 
es keine geeignete harmonisierte Norm mehr gibt.

Gruß
Carsten

von Uwe M. (uwe_mettmann)


Lesenswert?

Alex -. schrieb:
> Gehen wir von "typischer" Hardwareentwicklung aus, also z.B. eine
> Leiterplatte mit Elektronik sowie ein 230V -> 12V Netzteil.
Für die einzelnen Baugruppen eines Gerätes gibt es keine gesetzlichen 
Anforderungen, sondern nur für das Endgerät.

Natürlich ist es auch sinnvoll, dass man die Baugruppen so konstruiert, 
dass das Endgerät die Anforderungen auch einhalten kann. Welche 
Anforderungen unter welchen Bedingungen einzuhalten sind, klärt man am 
besten mit dem Endgerätehersteller und legt das idealerweise auch 
vertraglich fest.

Alex -. schrieb:
> Dort wäre u.a. die LVD (2014/35/EU) wichtig. Innerhalb der LVD gibt es
> ein Dokument mit allen harmonisierten Standards geltend für LVD. Die
> Liste ist 134 Seiten lang, mit 7 Standards pro Seite.
> https://ec.europa.eu/docsroom/documents/48357
>
> Wie findet man am besten einen Überblick, welche Standarde für ein
> Produkt wirklich relevant sind?

Am besten diskutiert man so etwas meist anhand eines Beispiels. An was 
für ein Gerät denkst du also, für das du die einzuhaltenden Normen 
wissen möchtest?

Wichtig, soll das Gerät auch Funkmodule enthalten (Bluetooth, WLAN, RFID 
usw.)?


Gruß

Uwe

von Carsten S. (dg3ycs)


Lesenswert?

Hi,

Also ich habe jetzt mit der Thematik seit gut 10 Jahren direkt in 
regulierten Bereichen mit regelmäßigen externer Auditierung zu tun.
(7 Jahre Med. Technik Klasse I, Im und IIa) jetzt ein anderer, ähnlich 
sicherheitskritischer (verwandter) Bereich.

Macht ca. 50% meines Jobs aus. Neben "echter" Entwicklungsarbeit wo ich 
sogar ab und an noch den Lötkolben halten darf.

Wobei ich nicht verschweigen will das ich durchaus glücklich darüber bin 
das die rein formalen Dinge und der großteil des Papierbergs bei beiden 
Arbeitsstellen überwiegend durch meine jeweils kompetente Kollegin 
(nicht dieselbe) erledigt wurden während ich eher die technische Seite 
übernehmen kann.

Maik .. schrieb:
> Nur pass bei der Befassung mit dem Thema auf Deine psychische
> Gesundheit
> auf.
> Du möchtest danach vielleicht nichts mehr herstellen oder auf
> "Namen-Tanzen" umschulen.
Naja, ganz so schlimm ist es nicht. Bis vor kurzem nicht mal in der 
Medizintechnik. (Wobei die MDR da einiges durcheinandergewirbelt hat)
Wenn man einmal die Denkweise dahinter verstanden hat geht das schon.

> Du wirst danach womöglich feststellen, das wir auf einem vollkommen
> überreguliertem Kontinent leben.
Teilweise ja, aber im Bezug auf Sicherheitsnormen:

> Auf dem sich Lobbygruppen die Normungsgremien zur Beute gemacht haben.
> Und so Gewinnmaximierung den gesunden Menschenverstand verdrängt.
> Denn diese durch privatwirtschaftliche Intressen durchtränkten Machwerke > musst 
Du einhalten - wenn Du nicht in der Regress, Marktrückruf und
> Haftungs - Ruin Falle sitzen willst.
Nee, wo dieser Eindruck entsteht, da liegt oft etwas völlig anderes im 
Argen. Beispielsweise die völlig Sinnfreie Anwendung stumpf nach Schema 
F.

Am schlimmsten habe ich das aber mehrfach im Bereich des QM erlebt. Da 
wird ein riesiger Bloatwareblob an Papier nach Schema F erstellt der 
überhaupt nichts mit den Strukturen vor Ort zu tun hat und alles unnötig 
kompliziert und Probleme verschlimmert statt verbessert.

Statt ein kleines, schlankes aber exakt angepasstes System zu schaffen 
was eigentlich nur den gesunden Menschenverstand wiedergibt, noch ein 
paar bekannte schwachstellen menschlichen Verhaltens berücksichtigt und 
sich ansonsten zurückhält. DAs dann auch sinnvoll Anwendbar ist.
Aber so etwas braucht viel Erfahrung, jemand der Ahnung sowohl von der 
Papierseite wie auch der praktischen Tätigkeit hat und seine 
Arbeitsleistung nicht an Blatt Papier bemisst.

Ansonsten lasse ich mich gerne vom Gegenteil überzeugen in dem du mit 
die Stellen in der 60601-1 oder 62368-1 die Stellen aufzeigst die dem 
gesunden Menschenverstand wiedersprechen und nur der Gewinnmaximierung 
dienen.

Etwas anderes sind solche Dinge wie EAR usw.
Aber hier geht es ja um die Normen.

> Und Du stellst dann noch fest - wie die EU durch ihre Direktiven die
> Souveränität der Mitgliedsstaaten ad Absurdum geführt hat.
Ja, das stimmt schon. Aber gerade diese Sachen mit EMV-RL, LVD oder MDR 
sind schon nicht so verkehrt.

Gruß
Carsten

Beitrag #6989698 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Maik .. (basteling)


Lesenswert?

Hi Carsten,
ich habe da vor allem die ständigen Prüfnorm-verschärfungen im 
Hinterkopf.
Ob nun höhere Ansprüche im Bereich Burst/Surge - oder die deutlich 
erhöhten   oberen Frequenzbereichsgrenzen. Ich glaube mich zu erinnern, 
dass seit etwa 10 Jahren bei Systemtakten über 100MHz bis etwa 6 Ghz 
gemessen werden muss. Oder der Zwang zu den benannten Stellen bei 
Funkanwendungen seit einigen Jahren. Das ist durch die böswillig 
erhöhten Kosten insbesonders für kleine bis mittelständische Unternehmen 
mit kleinen Stückzahlen aber innovativen Produkten alles nicht mehr 
schön.

Zu der von Dir angeführten Medizintechniknorm kann ich nichts beitragen. 
Dort mag das sinnvoll sein.
Ich komme aus HF Entwicklung für industrielle Kommunikation und Sensorik 
und habe doch viele Tage in externen Messlaboren als auch bei eigenen 
Precompliancemessungen verbracht. Mittlerweile ist HF aber wieder mehr 
Hobby - und somit bürokratiebefreit. Mal schauen - ob ich mich heute mal 
wieder einem 50 Jahre altem Kurzwellentransceiver widme.

: Bearbeitet durch User
von Dieter (Gast)


Lesenswert?

MaWin schrieb:
> Der zweite thread in dem das abgekippt wird. Ist nur für grosse Firmen
> relevant.

Nicht jeder kann die Verordnungen und Wikipedia lesen. Der echte MaWin 
sicherlich, aber so schnell sollte er das nicht auflösen.

"Das Lieferkettengesetz soll vom 1. Januar 2023 an gelten, zunächst nur 
für Unternehmen mit mehr als ..."

https://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze-und-Gesetzesvorhaben/gesetz-unternehmerische-sorgfaltspflichten-lieferketten.html

Diese Umsetzung ist auch in jedem Land unterschiedlich. Die Gültigkeit 
nach Stichdatum und Firmengröße ist aber noch leichter zu Überblicken 
als viele andere Vorschriften. Ein paar Firmen verlangen daher diese 
Nachweise dann doch, aber nur für bezogene Produkte ab einer bestimmten 
Firmengröße.

Hintergrund ist der, dass ein Zulieferer die Lieferkettenverpflichtungen 
nicht vollkommen unterbricht. Dies solle verhindern, dass sich 
Hersteller, indem diese alles über Zulieferer schleußen, die kleiner als 
1000 Mitarbeiter sind, sich aus dieser Verpflichtung herausmogeln.

von Alex -. (alex796)


Lesenswert?

Carsten S. schrieb:
> So nicht ganz richtig!
> Die Richtlinien definieren u.a. SICHERHEITSZIELE deren Einhaltung du für
> das Produkt nachweisen muss. (Bei der LVD im Anhang I).
> Eine, aber nicht die einzige, Möglichkeit um diesen Nachweis zu führen
> ist die Anwendung von harmonisierten Normen.
> Dein Text oben ist also, auf die gedankliche Vorgehensweise bei der
> Anwendung Richtlinie bezogen, das Pferd von hinten aufgezäumt.

Hi Carsten
Zuerst einmal: Vielen Danke für deinen Beitrag. Der hat das Thema 
wirklich gut und kurz&knapp abgedeckt.

Ich verstehe das also so (und auch aus den anderen Beiträgen), dass es 
einfach ein umfangreiches Thema ist, die nötigen Normen zu finden. Dass 
LVD ca. 134*7=938 Normen umfasst, heißt also, die Nadel im Heuhaufen zu 
suchen - oder jemanden Fragen/Beauftragen, der die relevanten Normen 
kennt :)

Vielen Dank

Uwe M. schrieb:
> Am besten diskutiert man so etwas meist anhand eines Beispiels. An was
> für ein Gerät denkst du also, für das du die einzuhaltenden Normen
> wissen möchtest?

Auch dir vielen Dank Uwe. Ich werde ein konkretes, fiktives (jap, 
fiktiv, weil es lediglich reines Interesse bei mir ist) Beispiel später 
mal anhand einer Skizze/Blockschaltbild hochladen.

Gruß,

von BC107 (Gast)


Lesenswert?

Nimm dir ein Beispiel an den Chinesen. Die scheren sich einen Dreck um 
Normen, drucken ihr CE Zeichen drauf und verkaufen es millionenfach in 
der EI. Weitgehend unbehelligt. Dass die Marktaufsicht der 
Bundesneztagentur mal eingreift und ein Produkt verbietet ist eine 
seltener Sonderfall. Normalerweise geht man dort jedem Konflikt aus dem 
Weg.

von Pandur S. (jetztnicht)


Lesenswert?

Sehr viel kam bisher leider noch nicht.
Erst mal ist der Zielmarkt entscheidend :
- Consumer
- Industrial
- Automotive
- Medical
- Space
Falls man in mehrere Segmente liefern moechte, muessen jeweils die 
haerteren Bedingungen erfuellt werden. Eine erste Beratung kann zB in 
einem Testzentrum erfolgen, die kennen die Normen. Nachher kann man sich 
die Normen zB bei Beuth.de herunterladen.

Nebem der EMV kommen auch noch Produktesicherheit und RoHS hinzu. Manche 
glauben auch EAR.

von Carsten S. (dg3ycs)


Lesenswert?

Hi Maik,

Maik .. schrieb:
> Hi Carsten,
> ich habe da vor allem die ständigen Prüfnorm-verschärfungen im
> Hinterkopf.
OK, aber da kann man geteilter Meinung sein.
Gibt DAFÜR ja auch sachliche Gründe.

> Ob nun höhere Ansprüche im Bereich Burst/Surge - oder die deutlich
> erhöhten   oberen Frequenzbereichsgrenzen.
Bei Burst/Surge muss man ja im Hinterkopf behalten das sich die Zustände 
im Stromnetz in den letzten Jahren doch massiv verändert haben. Fast 
alles wird heute mit Schaltnetzteilen betrieben die dabei auch durchaus 
mal höhere Leistungen haben können, bei fast jeder Steckdose die mit dem 
deutschen Stromnetz verbunden ist wird man im Umkreis von vielleicht 
100m sicher gleich mehrere Einspeiser (Wechselrichter o.ä.) finden. Usw. 
usf.

> Ich glaube mich zu erinnern,
> dass seit etwa 10 Jahren bei Systemtakten über 100MHz bis etwa 6 Ghz
> gemessen werden muss.
Ja, das ist etwas nervig weil es dafür kaum "günstig" Messtechnik gibt.
Aber die Frequenzgrenze ist dennoch nachvollziehbar.
Was läuft heute nicht alles im 5GHz oder gar im 2,4GHz Bereich. Von den 
Mobilfunkanwendungen ganz zu schweigen. Da wäre es doch etwas unschön 
wenn ein Gerät in der Nachbarwohnung einen lustig von der WLAN und 
(schnellen) Mobilfunkverbindungen abschneiden kann.
Und um das auszuschließen muss man halt leider messen!

Selbst vor (nur) 10 Jahren war dieser Frequenzbereich noch ganz anders 
belegt.

> Oder der Zwang zu den benannten Stellen bei
> Funkanwendungen seit einigen Jahren.
Den gibt es zum Glück gar nicht für die allermeisten Anwendungen!
Das Risiko eines (vorrübergehenden) Zwanges bestand zwar Anfangs, 
einfach weil die Harmonisierung der Normen nicht voran kam. (Derzeit ein 
ständiges Problem auch in anderen Bereichen)
Aber das wurde in letzter Sekunde Abgewendet und damit besteht die 
Möglichkeit der Markteinführung enstprechend Anhang II der RED ohne 
beteiligung einer benannten Stelle.

> Das ist durch die böswillig
> erhöhten Kosten insbesonders für kleine bis mittelständische Unternehmen
> mit kleinen Stückzahlen aber innovativen Produkten alles nicht mehr
> schön.
Wie geschrieben:
DIESE Dinge lassen sich durchaus sachlich Begünden. Und es geht ja immer 
noch ohne benannte Stelle (Was der größte Kostentreiber für kleine 
Firmen wäre)
Die wirklichen Ärgernisse sehe ich wo anders. Wie geschrieben EAR, 
Verpackungsverordnung und ähnliches ohne jede Mindermengenregelung sind 
da nur ein Beispiel von vielen.
(Als Mindermengenregelung würde es ja schon reichen wenn statt den 
Gebühren für Registrierung usw. sowie der Teilnahme an der 
Containerlotterie für Kleinstproduzenten einfach eine fixe Kilogebühr 
erhoben würde die dann in einen gemeinsamen Topf eingezahlt und dessen 
Inhalt an die regulären Produzenten ausgezahlt wird. Es muss ja nicht 
einmal komplett "befreit" sein. Aber so das jemanden der im Jahr 
vielleicht insgesamt nicht mal ein Kilo Elektrobaugruppen auf den Markt 
bringt dann dafür mit vielleicht 5 Euro statt 300+ dabei ist.)

> Ich komme aus HF Entwicklung für industrielle Kommunikation und Sensorik
> und habe doch viele Tage in externen Messlaboren als auch bei eigenen
> Precompliancemessungen verbracht.
JA, die Laborstunden habe ich auch... Im Moment bin ich mit meiner 
Kollegin sogar dabei ein EMV (und anderes) Labor bei uns aufzubauen. 
Gut, bei den Feldgebundenen Dingen wird es nur für Pre-Compliance 
reichen.  Aber die Kabelgebundenen Dinge und ESD werden wir wohl 
komplett selbst machen.
Geht durchaus. Hängt auch damit zusammen das wir nicht nur irgendwie die 
Anforderungen erfüllen, sondern im Rahmen des vertretbaren so weit wie 
möglich übererfüllen wollen. Kritische Anwendungen halt und eine GF die 
noch wert auf Qualität legt. (und das Konzept funktioniert, zudem macht 
die Arbeit an dem Produkt so auch wirklich Spass)

(Wenn ich da an meinen vorherigen AG denke...
Ist wie Tag und Nacht!)

> Mittlerweile ist HF aber wieder mehr
> Hobby - und somit bürokratiebefreit.
Das ist natürlich immer as angenehmste ;-)

> Mal schauen - ob ich mich heute mal
> wieder einem 50 Jahre altem Kurzwellentransceiver widme.
Afu oder kommerziell (Seefunk/Militär etc.)?
Aber die 50 Jahre kann ich toppen.
Habe noch einen fast 55 Jahre alten Heathkit HW100 hier.
Einen der ersten und voll Funktionsfähig ;-)
Nur leider keine KW Antennenmöglichkeit.

Gruß
Carsten

von Pepe T. (pepe_t)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

CE heisst "China Export" ?

: Bearbeitet durch User
von MaWin (Gast)


Lesenswert?

Carsten S. schrieb:
> Aber die Kabelgebundenen Dinge und ESD werden wir wohl komplett selbst
> machen.
> Geht durchaus.

Ich empfehle simulieren: wenn man die Normimpulse und 
Norm-Netzanschlüsse nutzt, sieht man gut, welche Schaltung die 
Anforderungen erfüllt bzw. wo es hakt. Ein Kondensator oder Widerstand 
an der passenden Stelle kann der Übergang von geht nicht zu geht sein. 
Parasitäres mitsimuliern.

von Maik .. (basteling)


Lesenswert?

Carsten S. schrieb:

> JA, die Laborstunden habe ich auch... Im Moment bin ich mit meiner
> Kollegin sogar dabei ein EMV (und anderes) Labor bei uns aufzubauen.
> Gut, bei den Feldgebundenen Dingen wird es nur für Pre-Compliance
> reichen.  Aber die Kabelgebundenen Dinge und ESD werden wir wohl
> komplett selbst machen.

Ich war in dem Zusammenhang immer unglücklich - wenn die vorhandene 
Precompliance Ausrüstung sich durch erhebliche Normänderungen von 
zehntausenden Neuwert in Elektronikschrot verwandelt hat. 12 bis 20k€ 
für einen neuen Burst/Surge tester für gelegentlichen Einsatz wollte 
dann doch keinem dem extra angetanztem Vertreter des Hersteller 
mitgeben.

Statt Neuanschaffung ging es dann halt häufiger als Ausflug ins externe 
Labor.

Gleiches galt für die LPDA, den älteren Spektrumanalyzer und die 
Mess-Software. Zum groben vorgugcken noch geeignet - aber erhöhter 
Lotterieaufwand dann im externen Labor.

Vielen Dank aber für die sauber strukturierte aktuelle Zusammenfassung 
zum Thema. Die benannte Stelle bei der RED wegzulassen war mir noch 
nicht bekannt. Die letzte Konformitätsbewertung ist bei mir nun doch 
schon 6 Jahre her. Aber es droht vielleicht ein eigenes Produkt.

>> wieder einem 50 Jahre altem Kurzwellentransceiver widme.
> Afu oder kommerziell (Seefunk/Militär etc.)?
> Aber die 50 Jahre kann ich toppen.
> Habe noch einen fast 55 Jahre alten Heathkit HW100 hier.
> Einen der ersten und voll Funktionsfähig ;-)
> Nur leider keine KW Antennenmöglichkeit.

HW-100 - das ist schön. Voll Funktionsfähig noch besser. Viel dran 
gewesen?
Ich habe da eine etwas ausgeuferte Gerätesammlung von MIL bis Zivil. 
Seit mittlerweile mehr als einem Jahr blockiert ein KWM2A im 
mittelmäßigem Zustand meine Hobbywerkbank zuhause. Da hatte ich mit 
vielen kratzigen Kontakten zwischenzeitlich die Lust verloren.
Und in den Fingern juckte es wegen meinem Teltow215.  (Aber es gibt hier 
noch einen Harris RF350K, eine SEG 100 und eine 15, eine 
R111..(Eigentlich immer deutschen /US &Ostblockgerät im Vergleich. Für 
alle Geräteklassen - die vor einigen Jahren noch bezahlbar waren. Von 
Manpack über Mobil und Feststation bis zum Breitbandempfänger. Ohweh - 
ich hab ein Museum..)

vg

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.