Hallo Forum, Diskussion zwischen 2 Technikern... mit offenen Ende. Es geht um einen Antrieb der es nicht immer anlaufen möchte weil er das Losbrechmoment nicht überwindet. Dieser Motor wird über einen FU Betrieben. Für den Fall das der Motor bei 50Hz betrieben werden soll meint Kollege A: Der FU hat die Möglichkeit für ein Übermoment. Die Danfoss Fibel sagt: "...Bei Anwendungen mit konstant hohem Drehmoment sind meist noch Anforderungen für die Beschleunigung bzw. bei Schweranlauf zu beachten. Der Frequenzumrichter muss dann in der Lage sein, dem Motor für kurze Zeit, über das Motornennmoment hinaus, zusätzliche Antriebskraft zur Verfügung zu stellen, um beispielsweise eine Pumpe, in der sich Schlamm gesammelt und abgesetzt hat, loszubrechen. Dieses kurzzeitig maximal zur Verfügung stehende Moment wird als Übermoment bezeichnet." Kollege B: Ein FU kann aus dem Motor nicht mehr Drehmoment rausholen. Das wäre physikalisch nicht möglich. Darüber hinaus sei die Welle des Motors nicht für eine größeres Moment ausgelegt als das Nennmoment - somit würde, wenn ein FU tatsächlich mehr Drehmoment zur Verfügung stellen könnte, die Welle abreisen. Das größte Moment erreicht der Motor wenn er direkt am Netz betrieben wird. Welcher Kollege hat recht UND für den Fall das Kollege A (FU = Übermoment) recht hat, wie ist die technische/physikalische Begründung hierfür? Wie setzt der FU die "Physik des Motors außer Kraft" und stellt damit mehr Drehmoment zu Verfügung als er bei reinem Netzbetrieb im Anlaufmoment haben kann? Grüße HansP.
Ich bin schon ein wenig draußen aus der Motorentechnik, aber soweit ich mich zurück erinnern kann ist das Drehmoment eines Elektromotors direkt proportional zum (Ereger)strom. Doppelter Strom, doppeltes Drehmoment. Das funktioniert zumindest so lange gewisse Grenzen eingehalten werden, wie etwa Sättingung oder Überhitzung
Wie der Kollege vorhin schon angemerkt hat, ist das Drehmoment direkt proportional mit dem Strom. Wenn der Motor im Stillstand ist, kann der größte Strom fließen, da die höchste Wirkspannung an den Windungen anliegt, da keine gegen-EMK erzeugt wird. Was bedeutet jetzt mehr Drehmoment rausholen? Ich würde mal behaupten, dass der FU auch nicht mehr Spannung auf den Motor geben kann, als auch ohne FU -> genauso viel Spannung bedeutet ja auch der gleiche Strom im Fall 0 rpm, also gleiches Drehmoment als ohne FU. Also würde ich mal sagen...Kollege B hat Recht.
Vor >20 Jahren habe ich mal von SEW einen Antrieb für eine Hubstanze auslegen lassen. Herausgekommen ist ein Motor mit 4kW an einem Umrichter mit 7,5kVA. Erklärung von SEW: Man kann den Motor kurzzeitig Überlasten bzw. mehr als das Nennmoment "herausholen". Den dafür nötigen Strom muss der Umrichter bringen können, deshalb der vermeintlich zu starke Umrichter. Hat in der Praxis dann auch einwandfrei funktioniert.
Ist hier das Kippmoment gefragt, ich gehe hier mal davon aus, dass es um eine ASM geht: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Kipppunkt_(Asynchronmaschine)
HansP. schrieb: > Wie setzt der FU die "Physik des Motors außer Kraft" und stellt > damit mehr Drehmoment zu Verfügung als er bei reinem Netzbetrieb im > Anlaufmoment haben kann? (a) Wenn der FU mit einem DC-Zwischenkreis arbeitet, kann er bei entsprechender Auslegung durchaus in der Lage sein, mehr Spannung zur Verfügung zu stellen, als man erhalten würde, wenn man den Motor direkt an das Netz anschließt. (b) Der FU kann den Motor mit einer gegenüber dem direkten Netzanschluss niedrigeren Frequenz ansteuern, so dass bei gleicher Spannung mehr Strom fließt. -> Mehr Moment. Was davon der FU tatsächlich kann, sagt das Datenblatt des konkreten FUs. HansP. schrieb: > Darüber hinaus sei die Welle des Motors nicht für eine größeres Moment > ausgelegt als das Nennmoment - somit würde [...] die Welle abreisen. Grundsätzlich gesehen schon. Aber wir reden typischerweise über zweistellige Prozentbeträge. Ob die tatsächlich schon jenseits der konstruktiven Sicherheitsmargen liegen, sagt das Datenblatt des konkreten Motors. Ergo: "Read-The-*******-Manuals" ;-) HTH (re)
Ich bin verwirrt! Um was für einen Motor handelt es sich eigentlich? Bei einem Reihenschlussmotor ist das Drehmoment im Anlauf besonders hoch, da bei Stillstand noch keine Gegen-EMK entsteht und deshalb auch der Strom durch die Erregerwicklung hoch ist. Bei einem Nebenschlussmotor kann man das Drehmoment erhöhen, indem man den Erregerstrom höher macht. Dann sinkt aber im Gegenzug die Nenndrehzahl. Bei beiden Motortypen macht ein Frequenzumrichter "normalerweise" wenig Sinn. Frequenzumrichter sind für Drehstrommotoren geeignet, da sie die Frequenz des Drehfeldes ändern. Bei Drehstrommotoren gibt es asynchrone und synchrone Motoren. Die Bemerkungen vom Kollegen A passen zu synchronen Drehstrommotoren, deren Anlauf bei niedriger Drehfeldfrequenz beginnt, damit der Motor dem Drehfeld folgen kann. Dann wird die Drehfeldfrequenz erhöht, bis der Motor die gewünschte Drehzahl hat. Asynchronmotoren haben ein niedriges Anlaufmoment, da zuerst hauptsächlich Blindleistung übertragen wird. Erst wenn der Widerstand im Läufer hochohmiger ist, ist das Anlaufmoment größer, dafür sind die Verluste im Betrieb höher. Deshalb gibt es Motoren mit offenem Läuferkreis, an den von außen Widerstände angeschaltet werden können. (Höhere Widerstandswerte für ein besseres Anlaufverhalten, niedrigere wenn der Motor läuft.) Noch komplexer wird das Verhalten eines Kondensatormotors bei unterschiedlichen Frequenzen, da die durch den Kondensator bewirkte Phasenverschiebung von der Frequenz abhängig ist.
HansP. schrieb: > Kollege B: > Ein FU kann aus dem Motor nicht mehr Drehmoment rausholen. > Das wäre physikalisch nicht möglich. Konkrete Begründung? > Darüber hinaus sei die Welle des Motors nicht für eine > größeres Moment ausgelegt als das Nennmoment - somit würde, > wenn ein FU tatsächlich mehr Drehmoment zur Verfügung > stellen könnte, die Welle abreisen. Und kilometerweit ragt der Elfenbeinturm in die Landschaft... (Wenn jemand auf Not-Aus drückt und der Antrieb etwas unsanft stillgesetzt wird, reisst jedesmal die Motorwelle ab?!) > Das größte Moment erreicht der Motor wenn er direkt am > Netz betrieben wird. Das ist für den Anlaufmoment höchstwahrscheinlich falsch. Begründung: Das Drehmoment hängt (auch) von der Läuferfrequenz ab; das sieht man daran, dass das Kippmoment (Läuferfrequenz gleich Schlupf, also nur ein paar wenige Hertz) HÖHER ist als das Anlaufmoment (Läuferfrequenz gleich 50Hz). Im Anlaufmoment wäre also eine (deutlich!) niedrigere Frequenz als 50Hz günstiger. > Welcher Kollege hat recht UND für den Fall das Kollege A > (FU = Übermoment) recht hat, wie ist die technische/ > physikalische Begründung hierfür? Steht oben: Änderung der Frequenz. > Wie setzt der FU die "Physik des Motors außer Kraft" Gar nicht. > und stellt damit mehr Drehmoment zu Verfügung als er > bei reinem Netzbetrieb im Anlaufmoment haben kann? Naja, man bürstet den Motor nur nicht gegen den Strich.
Erstmal: Grundsätzlich kann der FU auch nur die Reserven rausholen, die der Konstrukteur im eingebaut hat. Das kann mal mehr, mal gar nix sein. Spätestens wenn der Eisenkreis in Sättigung geht, ist Schluß. Dann: Was für ein Motor? Ich gehe mal einfach frech von einer ASM aus. Mit einem FU kann man durchaus Nennmoment mit niedrigen Spannungen und niedrigen Drehzahlen erreichen. Das ist erstmal eine Frage des Schlupfes. Strom und Drehfeldfrequenz kann ein FU recht variable einstellen, und höhere Spannung als Netzspannung kann er auch zur Verfügung stellen - wenn er es kann. Bei niedrigen Drehzahlen ist eine höhere Spannung aber überhaupt nicht notwendig, vielmehr eine vernünftige Stromregelung. Wie gesagt...Drehfeldfrequenz zu Motorfrequenz, das ist der Parameter aus dem (bei einer ASM) das Drehmoment geholt wird.
HansP. schrieb: > Kollege B: > Ein FU kann aus dem Motor nicht mehr Drehmoment rausholen. Das wäre > physikalisch nicht möglich. Darüber hinaus sei die Welle des Motors > nicht für eine größeres Moment ausgelegt als das Nennmoment - somit > würde, wenn ein FU tatsächlich mehr Drehmoment zur Verfügung stellen > könnte, die Welle abreisen. > Das größte Moment erreicht der Motor wenn er direkt am Netz betrieben > wird. Das ist genauso falsch wie die immer wieder gewünschte Eigenschaft von Sicherungen die bei genau XXA auslösen sollen. Daher muss man auch hier sagen: "Es kommt darauf an".... Fakt ist, dass das Nennmoment bestimmt wird bei Nennstrom bei dem eine bestimmte Erwärmung während dem vorgesehenen Betrieb nicht überschritten wird. Das kann bei nur sehr kurzzeitigem Bertrieb durchaus der doppelten Nennleistung gegenüber der bei Dauerbetrieb entsprechen.
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Hallo, danke für die bisherigen Antworten. Ja, es ist ein Drehstrom-Asynchron-Motor. Grüße
Wenn der Motor das mitmacht kann man über den FU das Anlaufdrehmoment schon erhöhen. Angenommen der Motor ist mit Vorsicherung abgesichert ohne FU, dann fliegt die Vorsicherung sofort bei Blockade. Das Anlaufmoment ist gleich null wenn die Sicherung kommt, vielleicht rückt er sich kurz frei aber die Sicherung ist raus. Bei den meisten FUs kann man den Anlaufstrom zum Beispiel auf 150% konfigurieren bzw. Begrenzen, der Motor wird niederfrequent bei 150% Strom eingekoppelt. Wenn man diverse Parameter wie Rampe, schlupf und Stromüberwachung richtig setzt kann das klappen. Ich kenne das von SEW, da wird ein 230v Dreieck Motor über den 87 Hz Betrieb bis 400v angefahren, dadurch erreicht dieser viel früher sein Normales Drehmoment, muss aber Fremdbelüftet werden.
HansP. schrieb: > Ja, es ist ein Drehstrom-Asynchron-Motor. Das dachte ich mir bei meinen Ausführungen schon. Ein "üblicher" Asynchronmotor hat - wie ich geschrieben hatte - ein verringertes Anlaufmoment. Wenn man den Widerstand im Kurzschlussläufer erhöht, wird das Anlaufmoment bei niedrigen Drehzahlen höher (siehe Wikipedia-Artikel "Widerstandsläufer" ( https://de.wikipedia.org/wiki/Widerstandsl%C3%A4ufer_(Elektromotor) ). Das Prinzip, den Widerstand nur beim Anlauf zu erhöhen ist bei Wikipedia ebenfalls beschrieben unter dem Begriff "Schleifringläufer" ( https://de.wikipedia.org/wiki/Schleifringl%C3%A4ufermotor ).
Günni schrieb: > Das dachte ich mir bei meinen Ausführungen schon. Ein "üblicher" > Asynchronmotor hat - wie ich geschrieben hatte - ein verringertes > Anlaufmoment. Wenn man den Widerstand im Kurzschlussläufer erhöht, wird > das Anlaufmoment bei niedrigen Drehzahlen höher Das Ding hängt an einem Umrichter, der kann mit entsprechend niedriger Frequenz anfahren, so daß das Problem des niedrigeren Anlaufmoments bei Stillstand und 50Hz Netzfrequenz hier kein Problem ist. @HansP. Du verwechselst munter Nennmoment (max dauerhaft abzugebendes Moment bei Nenndrehzahl) mit dem Kippmoment (max. erzielberes Drehmoment, nur kurzzeitig, da ansonsten thermische Überlastung) Natürlich kann eine ASM kurzzeitig deutlich überlastet werden. und lieferet dann eben auch ein Moment das größer ist als das Nennmoment. Und natürlich ist die Mechanik auch auf das Kippmoment ausgelegt. Allerdings muss der Umrichter kurzzeitig entsprechend mehr Strom bringen können. Siehe die Ausführung vom "Wahlschweizer" oben.
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Natuerlich kann man ein Stueck mehr Anlaufmoment rausholen. Heftig mehr. Eigentlich bis zum Kipmoment mehr, so weit sollt man ihn aber nicht betreiben. Einfach dran denken, dass der Motor bein Nenndrehzahl Nennmoment liefert. Dort sollte das Eisen und der Kurzschlusskreis noch sehr im linearen Teil bleiben. Ich wuerde denken, dass das Ueberlast drehmoment irgendwo bei 3-10fach liegt. Begrenzt durch den FU.
Udo S. schrieb: > Das Ding hängt an einem Umrichter, der kann mit entsprechend niedriger > Frequenz anfahren, so daß das Problem des niedrigeren Anlaufmoments bei > Stillstand und 50Hz Netzfrequenz hier kein Problem ist. Nun ja, so ganz stimmt das nicht. Für die Drehmomentkennlinie ist die Skierung der x-Achse der Quotient Drehzal dividiert durch Drehzahl des Drehfeldes. D.h., dass bei Stillstand (Drehzahl Null) der Quotient auch bei sehr geringer Drehfelddrehzahl immer noch Null ist. Dieser Drehmomentwert ändert sich somit nicht. Sobald aber der Motor anfängt sich zu bewegen, steigt das Drehmoment schnell an. Das ist der große Vorteil der Frequenzumrichter. In der Praxis reichen oftmals Vibrationen erzeugt durch die Rückwirkung zwischen Drehfeld und Kurzschlussläufer, um wie eine geringe "Anfangsdrehzahl" zu wirken. Aber sehr vibrationsarme Konstruktionen haben diesen "Vorteil" nicht. Das Verhalten hängt also immer noch von dem speziellen Aufbau des Motors ab. So gibt es Läuferkonstruktionen, bei denen die Kurzschlussstäbe teilweise aus schlechter leitendem Aluminium und gut leitendem Kupfer bestehen - fertigungstechnisch allerdings deutlich aufwändiger als die (besonders bei kleineren Motoren) üblichen Kurzschlussläufer, bei denen Aluminiumlegierungen in die Nuten der Bleche gegossen werden.
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