Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Frage zu Platine als Kühlkörper / Exposed Pad


von Jan K. (keksstein)


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Hallo,

eine Platine 100x160mm enthält 8x BUF634A, ein Stromtreiber für die GK 
Schleife von OPVs:

https://www.ti.com/lit/ds/symlink/buf634a.pdf?ts=1649085599484&ref_url=https%253A%252F%252Fwww.ti.com%252Fproduct%252FBUF634A%253FkeyMatch%253DBUF634A%2526tisearch%253Dsearch-everything%2526usecase%253DGPN

Verwendet wird das VSON 3x3mm Package mit Exposed Pad. Jeder der ICs 
wird mit +-18V Versorgt und braucht im Leerlauf 15mA -> 540mW

Im Betrieb setzen die beiden oberen Chips ca. 650mW in Wärme um. Die 6 
in der unteren Reihe im Normalfall 1W, im Worst case aber ~2.3W. (Das 
wird nur zu Testzwecken passieren, sollte aber kein Problem sein)

Durch das Exposed Pad ist der Thermische Widerstand zur Leiterplatte mit 
9K/W angegeben, das sollte für die 2.3W reichen wenn man sie gut 
abführen kann. Ich bin mal von 40C° Umgebungstemperatur ausgegangen und 
einem 10K/W Kühlkörper. Die Sperrschicht wird damit 84C° heiß was völlig 
OK ist. (Grenze des Chips sind 150C°)

Nun sind das aber über die gesamte Leiterplatte im schlimmsten Fall 15W 
die Anfallen. Sie ist mehrlagig, die Unterseite (Blau, 160cm^2 Kupfer) 
und die Oberseite (Rot, 31,75cm^2 Kupfer) sind großflächig als 
Kühlkörper angelegt. Kupferdicke sind 35um.

Mir fehlt komplett die Erfahrung um abzuschätzen ob das ausreicht. Für 
15W habe ich nicht das beste Gefühl. Ich fürchte die 35um Kupfer sind 
kein super Wärmeleiter, der hintere Teil der Platine wird vermutlich 
nicht warm weil der Wärmewiderstand über die Platine zu groß wird. Kann 
man das Abschätzen oder besser ausrechnen?

Die Fläche unter den ICs ist freigehalten von THT Bauelementen. Ich 
möchte über ein Wärmeleitpad die Platine an der Stelle gegen mein 
Alugehäuse Schrauben. Ich vermute mal es wäre besser den Lötstopplack 
dort wegzulassen?

Danke!

von MaWin (Gast)


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Normalerweise sagt man, die Wärme eines Chips verteilt sich auf 1.6mm 
FR4 auf einer Fläche von 5x5cm, oder 1 inch um das Bauteil, weiter 
nicht, und am Rand weniger.
Deine Bauteile sind näher beisammen, aber rückseitig gekühlt.
Da gilt das also nicht mehr.


Ich würde die Platine aufbauen, in vollen Betrieb nehmen, und mit einer 
Infrarotwärmebildkamera oder IR Thermometer oder 
Sekundenthermometerthermoelement untersuchen, also Paxis statt 
Abschätzung.

von Max M. (Gast)


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Pflaster die EPs mit Thermo Vias und zwar direkt unter dem EP.
Kleinster Duchmesser den der PCB Hersteller noch kann, kleinster Abstand 
zueinander den er noch kann.
Mach die PCB so dünn wie realistisch möglich und bezahlbar.

Viele Vias bedeuten viele galvanisierte Kupferhülsen = viel Kupfer.
Dünne PCB = wenig Strecke bis zur Wärmesenke.
Kupfer hat eine erheblich besser Wärmeleitung als Lötzinn.

Deck die Vias mit Lötstop ab.
Du willst keine Lotkugeln da drauf die verhindern das Du das Eng an das 
Gehäuse anbindest.
Pluged Vias wenn Geld keine Rolle spielt.
Der Lötstopp ist so dünn, der spielt für die Temp Ableitung keine Rolle 
mehr.
Das Gap Pad (spaltfüllendes Wärmeleitpad) dünn und teuer.
Bergquist oder ähnliche.
Die nehmen da richtig Geld für, sind aber auch gut.

Da Du THD drauf hast, wirst Du einen Heatspreader zur Anbindung an das 
Gehäuse brauchen.
Mach den aus Kupfer und mit genug Fläche die Wärme großflächig ans Alu 
Gehäuse abzugeben.

Die Bauteile sind nur noch mit Heißluft oder Ofen zu löten.
Sehr taugliche Heißluftstationen bekommt Du für 35€.

Ab da der praktische Versuch.
15W ist ja ein Extremwert bei dem die Kiste reversibel ausfallen darf.

von Jan K. (keksstein)


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Danke MaWin!

>Normalerweise sagt man, die Wärme eines Chips verteilt sich auf 1.6mm
>FR4 auf einer Fläche von 5x5cm, oder 1 inch um das Bauteil, weiter
>nicht, und am Rand weniger.

Das Diagramm auf Seite 1 im Datenblatt macht dann Sinn für mich, danke 
für den Hintergrund. Für die von Dir erwähnten 25cm^2 sind es so 
ungefähr 17K/W.

Macht es Sinn den Stoplack unter den Bauteilen wegzulassen?

>Ich würde die Platine aufbauen, in vollen Betrieb nehmen, und mit einer
>Infrarotwärmebildkamera oder IR Thermometer oder
>Sekundenthermometerthermoelement untersuchen, also Paxis statt
>Abschätzung.

Durch 4 Layer und recht teure Bauteile wäre es schön davor ungefähr zu 
schätzen ob es funktionieren kann. Bauteile liegen bei um die 200€, 
Platine nochmal ~ 170€.

Gruß

von Jan K. (keksstein)


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Danke Max M.!

Ich habe viele Dinge schon umgesetzt gehabt. Die Idee die Gesamte 
Platine auf ein Kupferblech zu schrauben finde ich gut.

15W sind fast schon Praxisfremd. Soll mehrere Kopfhörer antreiben 
können, momentan verwende ich so ein Modul (67x47mm) für einen Kopfhörer 
und das wird auch bei Volllast nicht wirklich warm.

http://funk-tonstudiotechnik.de/LPA-2S-1-klein.jpg

Gelötet wird damit:

http://www.paggenshop.com/WebRoot/Store15/Shops/61935700/MediaGallery/Rework/IR_500.pdf

Bestelle mir eine Lötpastenschablone mit, die ICs werden dann mit 
Lötpaste eingelötet.

Gruß

von Jan K. (keksstein)


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Update: Ich habe die Platine aufgebaut und Temperaturmessungen daran 
gemacht.
Jeder der ICs ist mit +-18V versorgt, beim Test hat der Verstärker ein 
Signal bekommen um einen realistischen Fall nachzustellen. (1Veff)
Die BUF634A "verheizen" Pro IC dabei ca. 560mW, auf der ganzen Platine 
sind es also 4.8W die so abgeführt werden müssen.

Interessant ist das ich viele Dinge, wie die Wärmeverteilung über die 
Kupferfläche, jetzt praktisch ausprobieren konnte. Es ist so wie MaWin 
schrieb, der Bereich um die ICs wird warm während das Kupfer in ~3-4cm 
Entfernung sich nicht merklich aufheizt. Ich habe die Platine im 
Leerlauf einige Minuten gehabt bis ich meinte es hat sich thermisch 
eingeschwungen, direkt unterhalb des ICs mit dem Thermoelement von 
meinem Multimeter messe ich um die 50°C. (bei 25°C Umgebung) Pi x Daumen 
geschätzt sollte das Die so um die <5°C wärmer als der Kühlkörper dabei 
sein. An den Elkos sind es ca 40°C, das ist zum glück nicht kritisch.

Der Aufbau ist bei 15W sicher nicht mehr thermisch stabil, in der Praxis 
würde es sicher trotzdem funktionieren weil dieser Lastfall eigentlich 
nicht vorkommt. Ich werde trotzdem mit dem Gap-Pad arbeiten und die 
Platine thermisch ans Gehäuse koppeln, damit sollte es mehr als gut 
funktionieren.

Gruß,
Jan

von Arno H. (arno_h)


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Jan K. schrieb:
> Hallo,
> Durch das Exposed Pad ist der Thermische Widerstand zur Leiterplatte mit
> 9K/W angegeben, das sollte für die 2.3W reichen wenn man sie gut
> abführen kann. Ich bin mal von 40C° Umgebungstemperatur ausgegangen und
> einem 10K/W Kühlkörper. Die Sperrschicht wird damit 84C° heiß was völlig
> OK ist. (Grenze des Chips sind 150C°)
> Danke!

Die 9K/W sind laut Tab.7.4 zum Pad, der Wert J-Board ist 23,8K/W.
Wurdest du zur Verwendung dieses ungünstigen Gehäuses gezwungen?
Hast du auch mal den Unterschied von liegender zu stehender LP 
ermittelt?

Arno

von Jan K. (keksstein)


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>Wurdest du zur Verwendung dieses ungünstigen Gehäuses gezwungen?

Mehr oder weniger. SOIC mit exposed Pad ist thermisch ein Stück besser, 
leider momentan nicht zu beschaffen.

>Die 9K/W sind laut Tab.7.4 zum Pad, der Wert J-Board ist 23,8K/W.

Junction-to-board wird von Ti ziemlich genau beschrieben, der 
Temperatursensor wird an dem Pin angebracht der am nächstem am Die ist. 
(also nicht am Exposed pad) Die Platine wird seitlich gekühlt, daraus 
wird der Wert zurück gerechnet. Hier genau beschrieben, Seite 11:

https://www.ti.com/lit/an/spra953c/spra953c.pdf?ts=1650622419290

Wenn ich das IC direkt unterhalb des exposed Pad an einen Kühlkörper 
bringe (1mm Gap-pad - 4mm Kupfer - Alu Grundplatte mit 240x220mm) wird 
daraus deutlich weniger. Interessant ist dass Ti einen schlechteren Wert 
für Junction-to-board für das TO263 des vorgänger Chips (BUF634 ohne A) 
als für mein VSON BUF634A angibt, 24.8K/W

>Hast du auch mal den Unterschied von liegender zu stehender LP
>ermittelt?

Nein, habe ich für meine Anwendung als nicht relevant betrachtet.

Gruß,
Jan

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