Forum: Offtopic Überlandleitungen


von Thomas G. (Firma: Frickelhauptquartier) (taximan)


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Moin, nachdem ich auf die Schnelle keine genaueren Informationen wollte 
mal hier nachfragen, wie hoch eine Überlandleitung belastet wird. Ich 
habe bis jetzt nur für 380kV 1 -1,5kA im Ausnahmefall 2kA gefunden. Hat 
einer weiterführende Informationen?

von Ralf X. (ralf0815)


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Thomas G. schrieb:
> Moin, nachdem ich auf die Schnelle keine genaueren Informationen wollte
> mal hier nachfragen, wie hoch eine Überlandleitung belastet wird. Ich
> habe bis jetzt nur für 380kV 1 -1,5kA im Ausnahmefall 2kA gefunden. Hat
> einer weiterführende Informationen?

Typisch sind im 380kV Höchstspannungsnetz Trassen mit einer n-1 
Übertragungskapazität von 2GW, rechnerisch ergeben sich damit pro Phase 
1,75kA, bei Freileitung aufgeteilt auf 4 Leiterseile also rund 440A pro 
"Seil".
Im Hochsommer kann die maximale Übertragungsleistung einiges niedriger 
sein, im tiefen Winter höher (erlaubte maximal Leitertemperatur, welche 
auch die Durchhängung bestimmt).

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Das ist stark von der Leitung abhängig, nicht alle haben eine identische 
Verseilung. Ansonsten haben die 380kV Leitungen recht unterschiedliche 
Betriebsweisen. Es gibt mindestens eine Warnschwelle (oft zwei), ein 
maximaler erlaubter Dauerstrom und eine automatische Abschaltschwelle. 
Manchmal liegen zwischen maximalem Dauerstrom und automatischer 
Abschaltung nur 100A, oft sind es 1000A, bei letzteren Leitungen gibt es 
noch einen maximalen Strom, der eine Stunde lang fließen darf (z.B. 
2500A bei 2000A Dauerstrom und 3000A Abschaltschwelle). Bei Leitungen 
mit Hochtemperaturseilen können die Werte etwas höher liegen, das 
Maximum liegt glaube ich bei 4000A, übliche Betriebsgrenze müsste so 
3000..3200A sein. Das Wetter-Monitoring bzw. die Berechnung der 
maximalen Stromtragfähigkeit bei besonders warmem oder kaltem Wetter 
kann bei allen Leitungen gemacht werden, macht aber besonders bei 
grenzwertig ausgelasteten Leitungen ohne Hochtemperaturseile Sinn.

In Deutschland gibts die Engpässe eigentlich nicht auf der 380kV-Ebene, 
die ist ausreichend dicht aufgebaut. Auf der 110kV-Ebene hat man aber 
unmittelbar nach der politischen Wende nicht mit einer Energiewende 
gerechnet und sehr viele Leitungen zurückgebaut, was sich nun rächt. Die 
meisten Solar- und Onshore-Windparks speisen in die 110kV-Ebene ein, nur 
ganz wenige Windparks haben eine 380- oder 220kV-Einspeisung. Dadurch 
wird diese Spannungsebene heute stark mit dem Abtransport erneuerbarer 
Energie belastet, obwohl sie eigentlich als Energieverteilnetz ausgelegt 
war.

Die 220kV-Ebene verliert immer mehr an Bedeutung, bis auf wenige 
Ausnahmen (z.B. Seekabel der Offshore-Windparks in der Ostsee) wird sie 
stetig zurückgebaut und durch 380kV-Anlagen ersetzt.

von Purzel H. (hacky)


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Bei den Ueberlandleitungen sollte man die Buendlung beachten. Ueblich 
sind 2 Leitungen zu 3 Leitern. auf einem Mast. Jeder Leiter kann 
gebuendelt sein. Was ueblich ist... 2er, 4er, 6er, 8er. Dabei ist zu 
beachten dass mit groesserem Durchmesser der Struktur auch die 
Koronaeffekte fallen, weil die Oberflaechenfeldstaerke faellt. 
Koronaeffekte sind zB bei Regen, Nebel und Schnell von Bedeutung.

von Icke ®. (49636b65)


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Purzel H. schrieb:
> Bei den Ueberlandleitungen sollte man die Buendlung beachten. Ueblich
> sind 2 Leitungen zu 3 Leitern. auf einem Mast.

Du meinst zwei Systeme mit jeweils 3 Leitern.

> Jeder Leiter kann gebuendelt sein. Was ueblich ist... 2er, 4er, 6er, 8er.

Bündel sind ab 220kV üblich, dort meist als 2er Bündel. 380kV kommen mit 
3er oder 4er Bündeln daher. 6er oder 8er habe ich noch nicht gesehen 
(heißt aber nicht, daß es die nicht gibt).

> Dabei ist zu
> beachten dass mit groesserem Durchmesser der Struktur auch die
> Koronaeffekte fallen, weil die Oberflaechenfeldstaerke faellt

Bei den Bünndelleitern geht es weniger um Korona-Effekte als mehr um den 
Skineffekt. Die hohe Feldstärke drückt den Elektronenfluß nach außen, 
während im Kern nur wenig Strom fließt. Mit Bündelleitern umgeht man 
dieses Problem geschickt, da die Einzelleiter quasi am Rand des 
virtuellen Gesamtleiters plaziert sind.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Oh oh ...

Also in Deutschland sind "nur" bis zu vier gebündelte Leiterseile bei 
380kV üblich. In anderen Ländern mit noch höheren Spannungen (z.B. die 
USA/Kanada mit 765kV und der ehemalige Ostblock mit 750kV) gibt es 
Leiterbündel mit bis zu 8 Seilen, die aber vom Strom her nicht 
wesentlich stärker belastet werden als eine größere 380kV-Stromtrasse in 
Deutschland. Diese Länder haben vor allem ein Problem mit großen 
Entfernungen zwischen Energieerzeugung und Energiebedarf, die besonders 
hohe Spannung verbessert die Wirtschaftlichkeit solch langer Leitungen 
deutlich. Dabei geht es nicht um den Skineffekt, der ist bei 50/60Hz 
noch nicht sonderlich relevant. Der Hauptgrund für Leiterbündel ist die 
elektrische Feldstärke und damit auftretende Verluste durch 
Korona-Entladungen. Technisch würde eine wenig belastete 380kV 
Stichleitung auch ohne Bündelleiter funktionieren, aber sie hätte halt 
hohe Verluste.

Der zweite Hauptgrund für Bündelleiter ist die Stromtragfähigkeit, aber 
dann wird sie nur punktuell auf hoch belasteten Leitungen ausgeführt 
(weil teuerer). Das sieht man z.B. heute sehr oft auch im 110kV-Netz, 
wenn solche Leitungen eine größere Stadt versorgen oder größere Mengen 
erneuerbare Energie auf einer bestehenden Trasse transportiert werden 
müssen. Als Beispiel gibt es eine sehr starke 110kV-Leitung östlich von 
Magdeburg zwischen dem Umspannwerk Wolmirstedt und einem Lastverteiler 
bei Wefensleben, diese besitzt vier Systeme mit 2er-Bündelleitern. Oder 
die 110kV Bahnstromleitung Neckarwestheim - Zazenhausen, die sogar 
4er-Bündelleiter besitzt.

Südöstlich von Berlin ist eine 110kV-Leitung mit 2er-Bündeln einfach aus 
dem Rückbau der 220kV-Trasse Graustein-Neuenhagen übriggeblieben 
(lustigerweise hängt da heute das Tesla-Werk in Grünheide mit dran). Die 
Masten und Leiterseile stammen noch von der 220kV-Trasse, die Isolatoren 
wurden auf 110kV umgebaut. Zwischen Spreenhagen und Storkow ist die alte 
Leitung demontiert worden, es existiert nur die alte Stichleitung nach 
Storkow, die durch den Umbau Teil der Haupttrasse wurde. Südlich von 
Görsdorf wurde die gesamte alte Leitung bis Graustein zurückgebaut.

von Purzel H. (hacky)


Angehängte Dateien:

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Von diesen Filmchen kann man sich jede Menge auf Instagram reinziehen. 
Typen, welche an den Seilen rummontieren und in der zweiten Hand noch 
eine Zigarette halten.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Diese Filmchen kommen aber oft aus Staaten, die über ein einfacher 
aufgebautes Stromnetz verfügen als Deutschland. In den USA z.B. werden 
Hochspannungsleitungen für Wartungsarbeiten oft nicht abgeschaltet, weil 
das dort zu Problemen beim Energietransport führen kann. Oder viele 
Städte werden nur von einem einzigen System versorgt, da hat man noch 
Glück wenn das von zwei Seiten gespeist werden kann. Aber wenn der Stich 
ausfällt oder der Trafo, dann ist's dort teilweise sehr lange dunkel in 
der Gegend.

In Deutschland werden solche Anlagen grundsätzlich freigeschaltet. Ist 
schon scary genug wenn man auf einem Mast herumklettert, ein System ist 
freigeschaltet, aber auf dem anderen liegt noch das größere AKW in 
Sichtweite mit Vollast drauf... Oder die Segmenttrenner von 
Sammelschienen - wenn man daran arbeiten muss, gibt's Fälle, wo auf der 
anderen Seite des Trenners vielleicht zwei Meter entfernt volle 380kV 
anliegen.

von Heinz R. (heijz)


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Ben B. schrieb:
> In Deutschland werden solche Anlagen grundsätzlich freigeschaltet.

Hier in der Nähe gab es wohl vor vielen vielen Jahren einen Unfall weil 
nur die eine Seite des Mastes freigeschaltet war - durch Induktion und 
mangelnde Erdung war dann Spannung auf der anderen Seite

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Dann haben die aber richtig Mist gebaut. Solche Leitungen müssen 
aufgrund der Induktion bzw. kapazitiven Einkopplung und der großen 
räumlichen Ausdehnung nicht nur an den Endpunkten geerdet werden, 
sondern auch unmittelbar an der Arbeitsstelle, bei Unterbrechung der 
Leitung an beiden Enden. Normalerweise sollten die Monteure wissen wie 
gefährlich solche Leitungen sind und wie peinlich genau man auf sowas 
aufpassen muß.

von Icke ®. (49636b65)


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Ben B. schrieb:
> In Deutschland werden solche Anlagen grundsätzlich freigeschaltet.

Arbeiten unter Spannung sind durchaus üblich. Hier ein Beispiel aus dem 
Mittelspannungsbereich (da wird mir ganz schlecht):

https://www.youtube.com/watch?v=fKbaRPmVel4

Zu DDR-Zeiten existierte bei uns im Energiebau eine Spezialtruppe, die 
auch im Hochspannungsbereich Arbeiten unter Spannung ausführte, z.B. 
Isolatortausch. Unfälle gab es es meines Wissens nach dabei nicht.

von Thomas G. (Firma: Frickelhauptquartier) (taximan)


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Ben B. schrieb:
> Das ist stark von der Leitung abhängig, nicht alle haben eine identische
> Verseilung. Ansonsten haben die 380kV Leitungen recht unterschiedliche
> Betriebsweisen. ...
Deswegen hab ich da nichts Einheitliches gefunden, danke für die 
Erläuterungen.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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> Arbeiten unter Spannung sind durchaus üblich. Hier ein Beispiel
> aus dem Mittelspannungsbereich (da wird mir ganz schlecht):
Ja, bei dieser unheimlich gefährlich dargestellten Tätigkeit und der ach 
so dramatischen Musik bei den Männern mit den coolen Sonnenbrillen ist 
mir auch schlecht geworden.

Allerdings sind das "nur" 20kV Mittelspannung, keine 110kV Hoch- oder 
380kV Höchstspannung. Der Vergleich hinkt daher etwas. Kommt auch immer 
drauf an, welche Arbeiten erledigt werden müssen. Aber fürs Reinigen 
oder das Anbringen solcher Vogelschutz-Kappen auf MS-Leitungen braucht 
man keine MS-Anlagen freizuschalten, glaube die Keramik-Isolatoren bei 
Hochspannungstrafos kann man mit isoliertem Werkzeug auch noch putzen 
ohne sie abzuschalten (aber keine Ahnung ob das gemacht wird, weiß nur, 
daß es im MS-Bereich so gemacht wird).

> Deswegen hab ich da nichts Einheitliches gefunden,
> danke für die Erläuterungen.
Yep, da gibts nichts richtig einheitliches. Wenn ich mich richtig 
erinnere kam bei dem Stromausfall 2006 (der durch die Abschaltung der 
wichtigen 380kV Doppelleitung Conneforde-Diele in Norddeutschland wegen 
einer Schiffsunterquerung ausgelöst wurde) heraus, daß verschiedene 
Netzbetreiber völlig unterschiedliche Betriebsgrenzen für ein und 
dieselbe Leitung hatten. Dadurch hat eine Leitstelle die 
Leistungsfähigkeit einer Leitung komplett falsch eingeschätzt und dazu 
kam noch eine etwas unglückliche Schalthandlung. Das Einlegen der 380kV 
Sammelschienenkupplung in Landesbergen führte nicht zur einer erwarteten 
Reduzierung des Stromes auf der kritisch belasteten Leitung nach 
Wehrendorf, sondern erhöhte diesen noch, wodurch in Wehrendorf gefühlt 
die Sicherungskästen von der Wand gefallen sind. Durch den Ausfall 
dieser Leitung wurden weitere Leitungen massiv überlastet und in so 
einem Fall reißt das Verbundnetz mit unbeherrschbarer Geschwindigkeit 
auseinander, bis sich einzelne Teilbereiche stabilisieren können - oder 
da, wo es großflächig dunkel wird, halt auch nicht.

von Icke ®. (49636b65)


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Ben B. schrieb:
> Allerdings sind das "nur" 20kV Mittelspannung, keine 110kV Hoch- oder
> 380kV Höchstspannung.

Gerade die "nur" 20kV machen diese Arbeiten sehr gefährlich. Grund sind 
die geringen Abstände zwischen den Leiterseilen und zur Erde. Ein wegen 
einer kleinen Unachtsamkeit ausgelöster Lichtbogen genügt schon für 
erhebliche Verletzungen. Ich war live bei einem Unfall mit Bahnstrom 
dabei, das ist echt nicht witzig.

von Stephan S. (outsider)


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Ben B. schrieb:
> Auf der 110kV-Ebene hat man aber
> unmittelbar nach der politischen Wende nicht mit einer Energiewende
> gerechnet und sehr viele Leitungen zurückgebaut, was sich nun rächt. Die
> meisten Solar- und Onshore-Windparks speisen in die 110kV-Ebene ein, nur
> ganz wenige Windparks haben eine 380- oder 220kV-Einspeisung.

Das kann ich bestätigen. Wir versuchen gerade eine PV Anlage im Bereich 
von 20 MWp mit 20 kV an ein Umspannwerk anzuschließen, welches mit 110 
kW angebunden ist im Verteilnetz. Das ist nicht so einfach wie man 
denken könnte...

Wie ist das eigentlich mit den Spannungsebenen? Sind das wirklich 110, 
220 und 380 kV und nicht 115, 230 und 400? Wurden damals bei der 
Umstellung der Niederspannung die Übersetzungsverhältnisse der Trafos 
angepasst?

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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> Wir versuchen gerade eine PV Anlage im Bereich von 20 MWp mit 20 kV
> an ein Umspannwerk anzuschließen, welches mit 110 kW [kV] angebunden
> ist im Verteilnetz. Das ist nicht so einfach wie man denken könnte...
Wundert auch nicht, 20MW mit zuweilen schnell und stark schwankender 
Leistung (drüberziehende Bewölkung) will man im Mittelspannungsnetz 
nicht haben.

Die meisten dieser Verteilnetz-UWs haben zwei Trafos mit je 40MVA. Ihr 
belegt damit also bereits alleine die Hälfte eines solchen Trafos. In 
Gebieten, wo wenige dieser Anlagen stehen, versuchen die Netzbetreiber, 
diese Trafos nur zu 50% auszulasten. Dadurch kann beim Ausfall des einen 
der andere problemlos die Last übernehmen ohne in Überlast zu gehen. 
Kommt halt drauf an wie das Mittelspannungs-Verteilnetz in der Gegend 
ausgebaut ist. Wenn viele dieser Anlagen vorhanden sind, kann man sich 
auch etwas mehr Auslastung erlauben, da die im Falle eines Ausfalls 
fehlende Leistung auch von anderen Umspannwerken übernommen werden kann 
und der zweite Trafo dadurch nicht überlastet wird.

Sicherlich etwas "verschwenderisch" hinsichtlich Leerlaufverlusten, aber 
diese Reserven sind der Grund für das eigentlich verdammt stabile 
Stromnetz in Deutschland. In Ländern, in denen man das anders sieht 
(Paradebeispiel USA) sind Stromausfälle wegen solcher ungeplanten 
Ausfälle deutlich häufiger und schwerwiegender bzw. länger, in manchen 
Gegenden dort hat fast jedes Haus einen Notstromgenerator. Die gibts 
dort wirklich zum Festeinbau, nicht nur wie hier diese fahrbaren Geräte, 
die so gut wie nie wirklich gebraucht werden.

Wenn ihr mit eurem Solarpark dicht an dem Umspannwerk dran seid, könnt 
ihr ja fragen, ob ihr einen Trafo mit hineinstellen dürft. Oder dicht 
daneben, per 110kV Erdkabel an das UW angeschlossen. Ansonsten halt wie 
es alle machen, 20kV Erdkabel bis zur nächsten 110kV Freileitung und den 
Trafo neben einen ihrer Masten gestellt. Den Anschluss ansich darf man 
euch eigentlich nicht verwehren wenn der Park genehmigt wurde. 
Erneuerbare Energie muss abgenommen werden bis die Leitung glüht, bzw. 
erst kurz vorher kann man euch aus Gründen der Netzstabilität eine 
Abregelung auferlegen und dann werdet ihr zu hoher Freude aller 
Bundesbürger für Strom bezahlt, der gar nicht erzeugt und eingespeist 
wurde.

> Wie ist das eigentlich mit den Spannungsebenen? Sind das wirklich
> 110, 220 und 380 kV und nicht 115, 230 und 400? Wurden damals bei
> der Umstellung der Niederspannung die Übersetzungsverhältnisse der
> Trafos angepasst?
Auch das lässt sich nur schwer mit einer pauschalen Antwort erschlagen. 
Eigentlich sollten es 115/230/400kV auf den Leitungen sein, aber im 
Hoch- und Höchstspannungsnetz schwankt das zuweilen recht stark. Je nach 
Einspeisung in einem bestimmten Gebiet oder bei starker Belastung einer 
Leitung können das schon mal "ein paar kV" mehr oder weniger sein, was 
tatsächlich am Trafo ankommt. Deswegen hat sich die "neue Bezeichnung" 
nie wirklich durchgesetzt, fast überall wird weiter von den alten 
Spannungen gesprochen, obwohl die neuen eigentlich technisch richtig 
sind.

Zum Ausgleich dieser Schwankungen haben die 110kV/MS Trafos 
fernsteuerbare Stufenschalter mit recht vielen Stufen (die 40MVA 
DDR-Trafos hatten hochspannungsseitig +-9 Stufen zu je 1930V), die 
MS/400V Niederspannungstrafos haben meistens fest einstellbare Stufen 
+-500V mittelspannungsseitig.

Vor allem südliche Länder und die USA (mal wieder) haben da im Sommer 
massive Probleme mit, wenn jeder seine Klimaanlage am Anschlag laufen 
lässt. Weniger in den großen Städten, aber im ländlichen Raum. Da 
interessiert es niemanden, wenn aus seiner 115V Steckdose nur noch 90V 
rauskommen. Solange wie Klimaanlage, Fernseher und Licht damit laufen, 
reicht das. Hierzulande würden sofort alle schreien wir stehen 10 
Sekunden vor dem Blackout... und selbst wenn das passiert, schaut der 
Ami nur kurz genervt, dann startet seinen Generator vollautomatisch und 
fertig. Die kennen das nicht anders. Nur der Deutsche kackt sich ein und 
erstellt hundert panisch-dramatische Youtube-Videos vom Weltuntergang.

: Bearbeitet durch User
von Frank S. (tueftler81)


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Thomas G. schrieb:
> Moin, nachdem ich auf die Schnelle keine genaueren Informationen wollte
> mal hier nachfragen, wie hoch eine Überlandleitung belastet wird. Ich
> habe bis jetzt nur für 380kV 1 -1,5kA im Ausnahmefall 2kA gefunden. Hat
> einer weiterführende Informationen?

Auf der Transparenzplatform 
https://transparency.entsoe.eu/transmission-domain/physicalFlow/show?name=&defaultValue=false&viewType=TABLE&areaType=BORDER_BZN&atch=false&dateTime.dateTime=01.04.2022+00:00|UTC|DAY&border.values=CTY|10Y1001A1001A83F!BZN_BZN|10Y1001A1001A63L_BZN_BZN|10YDK-2--------M&dateTime.timezone=UTC&dateTime.timezone_input=UTC

gibt es von einigen Leitungen die aktuell übertragenen Leistungen somit 
kannst Du die Ströme für 380kV ausrechnen. Sowas gibt es auch für 
Gas(Erdgas gasförmig und flüssig (LNG)) dafür e durch g ersetzen also 
entsog.eu

von Armin X. (werweiswas)


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Icke ®. schrieb:
> Ich war live bei einem Unfall mit Bahnstrom
> dabei, das ist echt nicht witzig

Bahnstrom ist da, obwohl "nur 15kV" nochmal was ganz anderes!
Im Mittelspannungsnetz mit ca 12kV gegen Erde gibts nur einen "kleinen" 
Lichtbogen während beim Bahnstrom keine oder nahezu keine 
erdschlußbegrenzenden Elemente existieren. So eine Lok muss eben auch 
mal mit einigen hundert Ampere Anfahrstrom versorgt werden.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Wobei das aber daran liegt, daß die Gleise als Rückleiter verwendet 
werden, die überhaupt keinen Berührungsschutz haben und daher niemals 
ein "spürbares" Potential gegenüber Erde haben dürfen. Davon abgesehen, 
daß das mit der Isolation sowieso eher schwierig wäre, würde sonst jeder 
zu Asche zerfallen, der vielleicht gerade über die Gleise oder einen 
Bahnübergang läuft und dabei Kontakt zur Schiene bekommt. Bahnstrom ist 
auch insofern eklig, daß er sich im Erdreich gerne mal die 
unergründlichsten Wege sucht wenn ihm die Gleise nicht gut genug sind. 
Dann hat man elektrochemische Korrosion an Teilen oder Anlagen (z.B. 
Wasserleitungen aus Metall) und Erdleiterströme, wo man man sie 
überhaupt nicht erwartet.

von DANIEL D. (Gast)


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Also ich finde diese Arbeit an Hochspannungsleitungen mega interessant, 
mit Höhenangst und Klettern habe keine Probleme, und auch dass draußen 
Arbeiten ist doch viel besser. Aber mit chronischer Scheißerei kann man 
sich so einen kletterspaß abschminken.

Und ob das jetzt 10kV oder 380 kV sind. Ist irgendwie genau so 
belanglos, wie wenn man jetzt von 10m Höhe runterfällt oder von 70m.

von Al. K. (alterknacker)


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DANIEL D. schrieb:
> Und ob das jetzt 10kV oder 380 kV sind. Ist irgendwie genau so
> belanglos, wie wenn man jetzt von 10m Höhe runterfällt oder von 70m.

..nun ja, aus 10m höhe haben schon viele überlebt, was man von 70m nicht 
sagen kann.;-)

von Vorn N. (eprofi)


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> von Ralf X. (ralf0815)  07.04.2022 20:46
> Typisch sind im 380kV Höchstspannungsnetz Trassen mit einer
> n-1 Übertragungskapazität von 2GW, rechnerisch ergeben sich damit
> pro Phase 1,75kA, bei Freileitung aufgeteilt auf 4 Leiterseile
> also rund 440A pro "Seil".
Vorsicht! Wegen der Verkettung muss man nicht mit 380 oder 400, sondern 
mit 220kV oder 230kV rechnen! Pro Ampere 3*220kV = 660 kW
Bei 2GW fließen also nicht 1,75, sondern 3kA pro Phase.
Zum von Ben erwähnten großen Stromausfall am Sa.04.11.2006 gibt es nette 
PDF, in denen der Vorgang ziemlich genau erklärt wird, z.B.
"Bericht über den Stand der Untersuchung zu Hergang und Ursachen der 
Störung des kontinentaleuropäischen Stromnetzes am Samstag, 4. November 
2006 nach 22:10"
Ähnliche:
https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Energie/consentec-technische-planerische-regulatorische-bewertung-der-erdkabel-projekte-nach-enlag-und-bbpig.pdf?__blob=publicationFile&v=10

https://www.consentec.de/wp-content/uploads/2011/12/analyse-und-bewertung-der-versorgungssicherheit-in-der-elektrizitaetsversorgung.pdf

von Harald W. (wilhelms)


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Al. K. schrieb:

> ..nun ja, aus 10m höhe haben schon viele überlebt, was man von 70m nicht
> sagen kann.;-)

Nun, es gibt da eine Geschichte, das eine Frau einen freien Fall aus
einem, in der Luft auseinander gebrochenen, Flugzeug überlebt hat.
Und es gibt Menschen, die einen direkten Blitzschlag überlebt haben.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Gibt noch eine Geschichte, da soll einer in Sibirien aus nem Flugzeug in 
den Wald geknallt sein und es überlebt haben durch die Dämpfung der 
Äste.

von DANIEL D. (Gast)


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Abdul K. schrieb:
> Gibt noch eine Geschichte, da soll einer in Sibirien aus nem
> Flugzeug in den Wald geknallt sein und es überlebt haben durch die
> Dämpfung der Äste.

Man kann ja bekanntlich nur eine bestimmte Fallgeschwindigkeit erreichen 
wegen dem Luftwiderstand.

Sowas funktioniert sicher nur in Sibirien, weil die furchtbar kalte Luft 
eine höhere Dichte hat, und man dadurch etwas langsamer fällt🌝

von (prx) A. K. (prx)


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Harald W. schrieb:
> Nun, es gibt da eine Geschichte, das eine Frau einen freien Fall aus
> einem, in der Luft auseinander gebrochenen, Flugzeug überlebt hat.

Wenn du dieses Ereignis meinst, dann kam gerade sie nicht im freien Fall 
runter, sondern in einem Bruchstück. Die deutsche Version der Wikipedia 
ist zudem deutlich skeptischer, siehe auch die Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/Vesna_Vulovi%C4%87
https://en.wikipedia.org/wiki/Vesna_Vulovi%C4%87

: Bearbeitet durch User
von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Im freien Fall wird man 320-350km/h schnell.

von Percy N. (vox_bovi)


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Abdul K. schrieb:
> Im freien Fall wird man 320-350km/h schnell.

Das macht deutsche Autobahnen so beliebt.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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So? Da wird einem doch immer der Spaß durch
Vollsperrungen verboten bevor die Brücken einstürzen...?

von Rainer Z. (netzbeschmutzer)


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von DANIEL D. (Gast)


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Ich wette Percy N. fährt kein Auto.

Freier fall eines Menschen ist in Waagerechter Haltung ca 200kmh und in 
senkrechter Haltung bis zu 500kmh.

Was die Spannung angeht, tötet sicher 20kV genau so gut.
Wobei man natürlich bei 380kV viel mehr abstand halten muss, war das 
nicht 4m Mindestabstand zwischen den Leitungen?

von Percy N. (vox_bovi)


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Rainer Z. schrieb:
> Ja.

An den Fall hatte ich gedacht.
> 
https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/mit-417-km-h-ueber-a2-verfahren-gegen-raser-eingestellt-17975459.html

An dieser Entscheidung gibt es nichts auszusetzen. Wer ein bestimmtes 
allgemeines Tempolimit, sagen wir von 350 km/h, durchsetzen möchte, muss 
dies gesetzlich normieren.

DANIEL D. schrieb:
> Ich wette Percy N. fährt kein Auto.

<loriot>
Im Moment nicht.
<\>

Ich kann nur wiederholen: Schön, dass Du wie immer den Volldurchblick 
hast.

von (prx) A. K. (prx)


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DANIEL D. schrieb:
> Freier fall eines Menschen ist in Waagerechter Haltung ca 200kmh

Also 15m Bremsweg bei -10g.

von Percy N. (vox_bovi)


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(prx) A. K. schrieb:
> DANIEL D. schrieb:
>
>> Freier fall eines Menschen ist in Waagerechter Haltung ca 200kmh
>
> Also 15m Bremsweg bei -10g.

Du hast die Verformungsenergie nicht berücksichtigt, will mir scheinen.

von (prx) A. K. (prx)


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Percy N. schrieb:
> Du hast die Verformungsenergie nicht berücksichtigt, will mir scheinen.

15-20g senkrecht zur Körperachse sind drin. Natürlich idealisiert 
betrachtet, man braucht schon etwas, das den Körper in der Form hält. 
Einfach so in den Alltagsklamotten aus dem Flugzeug fallend klappt das 
weniger gut. Es ging mir nur um eine Daumenpeilung, in welcher 
Grössenordnung man dabei liegt.

: Bearbeitet durch User
von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Ja, da platzt man unappetitlich am Bauch auf und die Innereien können 
betrachtet werden...

Schon selber gesehen.

---
In Argentinien sollen sie damit recht viel Erfahrung haben.

: Bearbeitet durch User
von (prx) A. K. (prx)


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Abdul K. schrieb:
> Schon selber gesehen.

Achterbahnen gehen bis 6g. Ich hoffe nicht, dass man dabei aufplatzt. 
Das sähe auf den Rummelplätzen schon ziemlich abturnend aus.

: Bearbeitet durch User
von Percy N. (vox_bovi)


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(prx) A. K. schrieb:
> Einfach so in den Alltagsklamotten aus dem Flugzeug fallend klappt das
> weniger gut.

Das klappt auch mit 50 km/h auf dem Mopped nicht allzu elegant, wenn Du 
ungünstig aufkommst.

von (prx) A. K. (prx)


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Nochmal: Ich wollte den Bremsweg für 10g abschätzen, nicht was 
passiert, wenn du mit dem Möff einen Alleebaum umnieten willst. Beim 
Heuschober und einem E-Möff hast du bessere Karten.

von Percy N. (vox_bovi)


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(prx) A. K. schrieb:
> Achterbahnen gehen bis 6g. Ich hoffe nicht, dass man dabei aufplatzt.

David Purley soll 180 g überlebt haben, allerdings erheblich verformt:

https://de.wikipedia.org/wiki/David_Purley

Ich vermute alkerdings, dass sich die 180 g auf die Verzögerung seines - 
ebenfalls stark verformten - Fahrzeuges beziehen.

: Bearbeitet durch User
von Percy N. (vox_bovi)


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(prx) A. K. schrieb:
> Achterbahnen gehen bis 6g. Ich hoffe nicht, dass man dabei aufplatzt.

David Purley soll 180 g überlebt haben, allerdings erheblich verformt:

https://de.wikipedia.org/wiki/David_Purley

(prx) A. K. schrieb:
> Ich wollte den Bremsweg für 10g abschätzen

Ok. Ich hatte mich schon gewundert,  warum Du so luxuriöse 15 Meter zur 
Verfügung stellen wolltest. Wenn das ein Stapel Eierpappe oder 
Schaumstoffflocken sein soll, na denn ...

von DANIEL D. (Gast)


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Percy N. schrieb:
> DANIEL D. schrieb:
>> Ich wette Percy N. fährt kein Auto.
>
> <loriot>
> Im Moment nicht.
> <\>

Und generell vermutlich genau so wenig, aber andauernd über diese reden.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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(prx) A. K. schrieb:
> Achterbahnen gehen bis 6g. Ich hoffe nicht, dass man dabei aufplatzt.
> Das sähe auf den Rummelplätzen schon ziemlich abturnend aus.

Das bezog sich auf eine Frau, die aus dem 19. Stock ganz schnell nach 
unten kommen wollte. Full-stop bei Stockwerk 0 auf Gehwegplatten. 
Vielleicht hatte sie das Warten auf den Aufzug einfach satt :-)

: Bearbeitet durch User
von Percy N. (vox_bovi)


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DANIEL D. schrieb:
> Und generell vermutlich genau so wenig,
Was denn - keine Lust mehr zu wetten?
> aber andauernd über diese reden.
Ja, so zwei bis dreimal pro Monat.
Wenn Du das für dauernd hältst, dann lebst Du möglicherweise auch sonst 
recht zurückhaltend. Vielleicht schont es ja die Kräfte, wer weiß?

von Peter D. (peda)


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Hier mal der Umladefunke, wenn man von einem Hubschrauber aus an 765kV 
arbeitet:
https://youtu.be/DPNK7bc2qvM?t=128

von Harald W. (wilhelms)


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Abdul K. schrieb:

> Das bezog sich auf eine Frau, die aus dem 19. Stock ganz schnell nach
> unten kommen wollte.

Ein Optimist würde da in Höhe des 1.Stocks sagen: "Naja, bis jetzt
ist ja noch nichts passiert." :-)

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Das würde ein Physiker auch sagen. Es ist nicht der Sturz,
der einen umbringt. Es ist die Landung.

Obwohl... ein Freund von mir hat seinerzeit in einem Häuserblock mit 10 
Stockwerken gewohnt. Vor vielleicht inzwischen 20 Jahren ist da so 'ne 
Olle oben rausgehüpft und hat bei ihrer Landung ein Auto zerstört. Die 
hat sich doch tatsächlich aufgerappelt und wollte wieder hoch, es 
nochmal probieren, wobei sie allerdings von Passanten gestoppt wurde.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Respekt, sehr durchsetzungsstark.

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