Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Was bedeutet diese Kurve?


von Manfred Reinhard (Gast)


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In der Anleitung für einen 1:1/1:10 Oszilloskoptastkopf findet sich 
diese Kurve. Was ist damit gemeint?

von Chris R. (hownottobeseen)


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Ich nehme mal an, du meinst die untere Kurve?

Dein Tastkopf hat ein Degrading über die Spannung. Bei 200 Vrms kannst 
zu z.B. nur noch Frequenzen bis 100kHz ohne signifikante Verzerrung 
messen. (oder bis ca. 120 kHz bei 150 Vrms).

Das kommt vermutlich von den Keramik-Kondensatoren, die ihre Kapazität 
mit Spannungsbelag verändern und dadurch das integrierte Filter 
verziehen.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Die maximale Spannung, die du in Abhängigkeit der Frequenz messen 
darfst.

Eigentlich genauer die Flankensteilheit, die die Kunststoffolie im 
Kondensator verträgt.

von Der Zahn der Zeit (🦷⏳) (Gast)


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Abdul K. schrieb:
> Die maximale Spannung, die du in Abhängigkeit der Frequenz messen
> darfst.
Stimmt. Außer vielleicht, dass man nicht von "dürfen" sprechen sollte, 
sondern von der Spezifikation, für die einwandfreies Arbeiten ohne 
Beschädigung zugesichert wird.

von Ralph B. (rberres)


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Diese Kueve gibt an welche Spannung du bei welcher Frequenz maximal 
anlegen darfst, ohne den Tastkopf zu beschädigen.

Da der Innenleiter vom Kabel des Tastkopfes aus einer dünnen 
Widerstandsdraht von einigen 10 Ohm besteht, und am Ende des Kabels eine 
Kapazität gegen Masse liegt, erzeugt der Blindstrom an dem 
Wirkwiderstand des Kabels einen Spannungsabfall, welches das Kabel 
erwärmt.

Ab einer gewissen Spannung bei hohen Frequenzen wird das Kabel warm und 
brennt sogar durch.

Ralph Berres

von Manfred Reinhard (Gast)


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Ralph B. schrieb:
> Diese Kueve gibt an welche Spannung du bei welcher Frequenz maximal
> anlegen darfst, ohne den Tastkopf zu beschädigen

Gilt das in der Stellung 1:1 oder bei 10:1 ?

von --- (Gast)


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Manfred Reinhard schrieb:
> Ralph B. schrieb:
>> Diese Kueve gibt an welche Spannung du bei welcher Frequenz maximal
>> anlegen darfst, ohne den Tastkopf zu beschädigen
>
> Gilt das in der Stellung 1:1 oder bei 10:1 ?

Was ist es genau für ein Tastkopf? Verträgt er denn 300Vrms (den
in der Kurve angegebenen U-Maximalwert ab knapp unter 30kHz) auch
in der 1:1 Einstellung?

von Ralph B. (rberres)


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Manfred Reinhard schrieb:
> Gilt das in der Stellung 1:1 oder bei 10:1 ?

das wird wohl be beiden Einstellungen gelten, da nichts anderes 
angegeben.

Ralph Berres

von Der Zahn der Zeit (🦷⏳) (Gast)


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Ralph B. schrieb:
> das wird wohl bei beiden Einstellungen gelten, da nichts anderes
> angegeben.
Das würde ich auch so interpretieren.

Allerdings - ganz passt die Erklärung mit dem Widerstand der Ader und 
der kapazitiven Last am Ende nicht. Z. B. sind lt. Kurve bei 10 MHz noch 
30 V zulässig. Die kapazitive Last (der Oszi-Eingang) ist typisch 15 pF. 
Das ergibt einen Strom von 1 mA und damit eine Verlustleistung, bei der 
der dünnste Draht sich eher nur theoretisch erwärmt.

Da muss etwas anderes hinter stecken.

Nebenbei, anderes Thema, was sich daraus ergibt: Ich habe sehr viel mit 
langen Koax-Kabeln, der Frequenz- und Phasengängen, Dämpfungen etc. zu 
tun gehabt, weil ich Entzerrerverstärker bis weit in den MHz-Bereich für 
teilweise kilometerlange Kabel entwickelt habe. Aber gerade wegen dieser 
Kenntnisse und Erfahrungen verstehe ich prinzipiell nicht, wie über ein 
längeres Kabel (Wellenlänge nicht viel größer oder sogar kleiner als 
Kabellänge), dass an beiden Enden nicht mit seiner Impedanz 
abgeschlossen ist, ein Signal weitgehend oder ganz frei von Reflektionen 
übertragen werden kann.

Geht das z.B. weil bzw. wenn der ohmsche Widerstand des Leiters auf der 
gesamten Leitungslänge der Impedanz des Kabels entspricht? Wenn ich mir 
das so recht überlege, würde es zu Dämpfung bei hohen Frequenzen führen, 
die dann vielleicht wegen des offenen Endes teilweise, in einem kleinen 
Frequenzbereich, wieder kompensiert würde. Aber das glaube ich nicht.

Kann man so ein Kabel simulieren, bzw. wie? Welche Parameter? Ich kann 
eine verlustbehaftete Leitung nehmen ("Lossy Transmission Line, RLC" 
heißt die bei mir), dazu den Abschluss 15 pF || 1 MOhm - noch was? Und 
bei 10:1? Ich kenne das bei 10:1 so, dass da nur ein 9 MOhm-Widerstand 
und ein paralleler C-Trimmer hinzu kommen, bei einem breitbandigeren 
Tastkopf allerdings noch mehr.

Und nachdem ich so lange diese Überlegungen angestellt habe, frage ich 
mich, warum ich nicht mal eine Suchmaschine mit der Antwort beauftragt 
habe (Google vermeide ich prinzipiell). Dann antworte ich mir: Das 
könnte ja auch andere in diesem Zusammenhang hier interessieren. Grund 
genug, weiter hier zu fragen.

Beitrag #7044433 wurde vom Autor gelöscht.
von Ralph B. (rberres)


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Der Zahn der Zeit (🦷⏳) schrieb:
> Allerdings - ganz passt die Erklärung mit dem Widerstand der Ader und
> der kapazitiven Last am Ende nicht. Z. B. sind lt. Kurve bei 10 MHz noch
> 30 V zulässig. Die kapazitive Last (der Oszi-Eingang) ist typisch 15 pF.
> Das ergibt einen Strom von 1 mA und damit eine Verlustleistung, bei der
> der dünnste Draht sich eher nur theoretisch erwärmt.

Du hast dich glaube ich verrechnet. Ich komme auf 1061 Ohm kapazitiver 
Widerstand bei 15pF und damit zu einer Verlustleistung von etwa 100mW am 
Kabel ( bei 100 Ohm Widerstand. Vei nicht mal 0,1mm Durchmesser des 
Innenleiters wohl schon die Grenze ).

Ralph Berres

Chris R. schrieb:
> Dein Tastkopf hat ein Degrading über die Spannung. Bei 200 Vrms kannst
> zu z.B. nur noch Frequenzen bis 100kHz ohne signifikante Verzerrung
> messen. (oder bis ca. 120 kHz bei 150 Vrms).
>
> Das kommt vermutlich von den Keramik-Kondensatoren, die ihre Kapazität
> mit Spannungsbelag verändern und dadurch das integrierte Filter
> verziehen.

das äußert sich nicht in Verzerrungen des Signales auch die Kapazität 
wird sich nicht ändern, der Widerstandsdraht des Kabels wird einfach nur 
warm.

: Bearbeitet durch User
von Der Zahn der Zeit (🦷⏳) (Gast)


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Ralph B. schrieb:
> Du hast dich glaube ich verrechnet.
Ich habe die selben Werte errechnet. Die 100 mW würde ich verteilt auf 1 
mm Länge als kritisch betrachten, aber auf 1 Meter verteilt ganz 
bestimmt nicht. Ein 0,1 mm Draht, zu einem quadratischen Mäander gelegt, 
ergibt eine Fläche von 10 x 10 mm², groß wie ein Fingernagel - das ist 
weit, weit von 100 mW Belastbarkeit entfernt.

Die Wärme-abführende Oberfläche des 0,1 mm-Drahtes ist immerhin 3 cm² 
groß(!). 3 cm² als kompakte Fläche hätten vielleicht 100°/W. Dann würde 
sich der Draht um ca. 10° erwärmen (meinetwegen auch 10 K). Aber der 
Draht ist lang, der Wärmewiderstand ist noch einmal erheblich kleiner.

Nebenbei: Ich habe mal versucht, den Tastkopf mit Kabel mit einer 
verlustbehafteten Leitung zu simulieren. Bei einem 1:1 Tastkopf und 1 m 
Länge halte ich es für unmöglich, eine Bandbreite von mehr als ca. 40 
MHz zu erreichen. Der Kapazitätsbelag ist entscheidend, und damit 
hauptsächlich der Durchmesser. Der Widerstandsbelag von ~100 Ohm/m und 
die Eingangskapazität ~15 pF müssen für eine saubere Sprungantwort 
zueinander passen. Bei 10:1 würde theoretisch vielleicht sehr viel mehr 
möglich sein, aber ein komplexes Entzerrer-Netzwerk erforderlich machen. 
Da ich aber sehe, dass das bei meinem Oszi mit ~2 nS Anstiegszeit eine 
Flanke wie im Bilderbuch ergibt, muss da noch was Anderes hinter 
stecken.

von Manfred Reinhard (Gast)


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Ich habe einmal ein Tastkopfkabel zerschnitten, der Durchmesser des 
Innenleiters war extrem klein, geschätzte 0,05mm !

von Der Zahn der Zeit (🦷⏳) (Gast)


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Manfred Reinhard schrieb:
> Ich habe einmal ein Tastkopfkabel zerschnitten, der Durchmesser des
> Innenleiters war extrem klein, geschätzte 0,05mm !
Danke für das Nachmessen, ich hatte es auch schon erwogen. Geschätzt 
hätte ich das auch. Je dünner, desto weniger Kapazitätsbelag, also desto 
breitbandiger.

Ich habe mal einen Versuch gemacht. Aber nicht, um Ralph zu 
widersprechen, denn mir fällt auch keine bessere Begründung ein, als 
die, die er gegeben hat. Ich wollte herausfinden, was daran sein könnte.

0,05 mm Draht habe ich nicht, das dünnste war 0,07 mm CuL. Davon habe 
ich 10 cm eingespannt und mal gemessen, wie belastbar er ist. Dieser 
Draht hat also den 1,4-fachen Umfang (Oberfläche) eines 0,5ers, müsste 
also entsprechend mehr Leistung als ein 0,5er vertragen können. Nun 
liegt der 0,5er, soviel ich weiß, lose in einem Teflon-Rohr, die 
thermischen Verhältnisse könnten noch etwas schlechter sein. (Fest von 
Teflon umgeben wären sie deutlich besser.)

Ergebnis:
Bei ~250 mW begann sich der Lack zu verfärben.
Bei 1,5 W wurde die Dehnung des Drahtes deutlich sichtbar.
Bei 2 W dampfte der Lack ab.
Bei 7 W brannte der Draht durch (1,5 A).

Für eine 1 m Lange Leitung muss man die Werte mit 10 multiplizieren, für 
0,05 mm Durchmesser mit 0,7.

Je nachdem, ob der Draht frei in der Teflon-Isolation liegt oder diese 
ihn umschließt, kann man abschätzen, ob eine 1 m lange 0,05 mm-Leitung 
nur sehr viel mehr als 100 mW verträgt oder _sehr, sehr_ viel.

Ich vermute, dass die Zahlenwerte in dem Diagramme entweder auf das 
Bauchgefühl oder auf einen Rechenfehler des Verantwortlichen zurück zu 
führen ist.

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