Forum: Haus & Smart Home Niederspannungsnetz, Einspeisung und Leistungsentnahme, alles unklar


von Stadtwerker (Gast)


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Hallo,

ich verstehe die Energieversorgung in vielen Teilen nicht. Leider kann 
mir auch keiner weiterhelfen.

1) Wenn ich beispielsweise eine Wallbox an das Niederspannungsnetz im 
Ort anschließe, woher weiß ich, wieviel Leistung ich dem Netz entnehmen 
kann? Kann man beliebig vier Leistung aus dem Niederspannungsnetz 
ziehen?

2) Thema Einspeisung: Wie kann man ins Niederspannungsnetz einspeisen, 
wenn dort Spannung anliegt. Die Spannung des Netzes wirkt doch auch auf 
das einspeisende Gerät ein. Häufig sieht man in Darstellungen, parallele 
Generatoren, die ins Netz einspeisen. Aber damit wirkt doch die Spannung 
des einen Generators auf den anderen ein.

von Sven L. (sven_rvbg)


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Stadtwerker schrieb:
> 1) Wenn ich beispielsweise eine Wallbox an das Niederspannungsnetz im
> Ort anschließe, woher weiß ich, wieviel Leistung ich dem Netz entnehmen
> kann? Kann man beliebig vier Leistung aus dem Niederspannungsnetz
> ziehen?
Die zur Verfügung stehende Leistung wird durch die eingesetzten 
Betriebsmittel und den Bedarf von anderen Anschlussnehmern, die 
ebenfalls Leistung beziehen begrenzt.

Bei der Anmeldung eines Netzanschlusses, wird die max. gleichzeitig 
benötigte Leistung erfragt.

>
> 2) Thema Einspeisung: Wie kann man ins Niederspannungsnetz einspeisen,
> wenn dort Spannung anliegt. Die Spannung des Netzes wirkt doch auch auf
> das einspeisende Gerät ein. Häufig sieht man in Darstellungen, parallele
> Generatoren, die ins Netz einspeisen. Aber damit wirkt doch die Spannung
> des einen Generators auf den anderen ein.
Um Leistung zu erzeugen sind neben der Spannung auch noch Strom im 
Spiel.

Ein Generator kann auch motorisch wirken, sowie ein Motor generatorisch 
wirken kann.

Damit ein Generator einspeisen kann, muss er mit der richtigen Drehzahl 
angetrieben werden.

Zwischen Netz und Generator befindet sich ein Kuppelschalter, der erst 
dann zuschaltet, wenn die wesentlichen Parameter auch passen, sonst 
knallt es.

Hier seien noch Frequenz, Drehfeld, Phasenfolge usw. erwähnt.

von Stadtwerker (Gast)


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Das heißt, man kann zwei Generatoren parallel einspeisen lassen? Zwei 
Batterien kann ich aber nicht parallel einspeisen lassen, weil die 
Spannung doch auf die andere wirkt (und das ginge doch nur, wenn eine 
der beiden ein Akku wäre).

von MaWin (Gast)


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Stadtwerker schrieb:
> woher weiß ich, wieviel Leistung ich dem Netz entnehmen kann?

Bis die Sicherung fliegt (Installation für Ladepunkte muss auf Dauersrom 
ausgelegt sein, daher sind oft Umbauten im Hausnetz erforderlich das nur 
auf Kurzzeit ausgelegt ist, es kommen daher solche Forderungen wie: nur 
1 Leitung ohne Klemmstellen vom Sicherung bis Ladepunkt).

Der Energieversorger hat sicherzustellen, dass so viele ihre Ladepunkte 
betreiben können, wie wollen, dazu benutzt er Gleichzeitigkeitsfaktoren. 
Daher muss man die anmelden, damit er das weiss und einrechnen kann, und 
bei höherer Leistung genehmigen lassen, hat der Energieversorger kein 
ausreichendes Netz kann er es dann ablehnen).

Stadtwerker schrieb:
> Wie kann man ins Niederspannungsnetz einspeisen, wenn dort Spannung
> anliegt.

In dem man STROM einspeist. So wie ein Generator. Der versucht schneller 
zu laufen als das Netz, und pusht daher Strom ins Netz, bei steigender 
Spannung also positiven Strom damit sie schneller steigt bei fallender 
Spannung negativen Strom damit sie schneller fällt. Steigt die Frequenz 
damit tatsächlich zu hoch, muss er abregeln oder abschalten, daher sind 
nur Einspeiseinverter zulässig die die Anforderungen nach VDR AR4105 und 
VDE 0124-100 erfüllen. Das macht der Energieversorger genau so, die 
regeln auf Netzfrequenz, nicht Spannung, und müssen in Summe immer genau 
so viel einspeisen wie in Summe gerade verbraucht wird. Komplizierte 
Aufgabe.

von Wolfgang (Gast)


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Stadtwerker schrieb:
> Wie kann man ins Niederspannungsnetz einspeisen, wenn dort Spannung anliegt.

Das tut sie ja nicht immer, weil es sich um Wechselspannung handelt. Die 
Phasenlage legt fest, in welcher Richtung der Strom fließt.

von Praktiker (Gast)


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Hallo

einfacher dargestellt:

Auch die Spannung des zusätzlich einspeisenden Generators muss der 
Netzspannung entsprechen (auf 1 oder 2 Volt kommt es wohl kurzfristig 
nicht an - wohl aber auf genau die gleiche Phasenlage).

Aber ja:

 Irgendein Generator (lokale Zusammenschaltung von Generatoren eines 
Kraftwerks) muss einmal anfangen - in der Praxis wird das heute wohl 
aber nur sehr selten vorkommen da Teilnetze selbst bei einen 
Großflächigen Stromausfall im Verbundnetz immer aktiv sind und somit 
sich an das Netz angepasst werden muss was vorhanden ist.

Es wäre aber wirklich interessant wie es aussehen würde wenn das ganze 
Verbundnetz wirklich mal ausfallen würde - irgendjemand müsste ja 
Anfangen und die Startbedingungen (halt 50Hz und die jeweilige 
Einspeisespannung ins Netz) festlegen (oder erfolgt das heute gar nicht 
mehr auf das Netz bezogen und die Refernzquelle kommt ganz woanders her?
Atomfrequenznormal, optisches Normal oder ähnliches?

War schon mal das (ein) Verbundnetz komplett ausgefallen? Und wie wurde 
das dann hochgefahren - gab es eine "Masterstation" oder wurden einfach 
mehrere Teilnetze (da müsste es aber auch einen Master geben?!) erstmal 
einzeln hochgefahren und dann immer solange "hin- und her gependelt" bis 
sich die ersten Teilnetze zusammengekoppelt werden konnten usw.?
Wie leistungsstark darf eigentlich ein Erzeuger sein das es keine 
störende Rückwirkung auf das Netz gibt?
Darf ein (ehemaliges) deutsches  AKW (oder halt ähnlich leistungsstarkes 
Kraftwerke) das wohl so  um die 1400 MW (also 1,4 GW...!) 
Einspeiseleistung erbringen kann von jetzt auf gleich bei voller 
Leistung von Netz getrennt werden ohne das das Verbundnetz nennenswert 
gestört wird?
Was ist wenn ein ganzes (und Leistungsstarkes) Teilnetz auf einmal weg 
fällt?

Praktiker

von Stadtwerker (Gast)


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Danke,

kennt Ihr Literatur, die einen zum Experten macht und die oben genannten 
Dinge erklärt?

von Wolfgang (Gast)


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Praktiker schrieb:
> Auch die Spannung des zusätzlich einspeisenden Generators muss der
> Netzspannung entsprechen (auf 1 oder 2 Volt kommt es wohl kurzfristig
> nicht an - wohl aber auf genau die gleiche Phasenlage).

Gerade wenn die Phasenlage genau gleich wäre, hinge die Stromrichtung 
(einspeisen oder nicht) eben genau von diesen 1 oder 2 Volt an. Das will 
keiner.

von Wolfgang (Gast)


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Praktiker schrieb:
> (oder erfolgt das heute gar nicht
> mehr auf das Netz bezogen und die Refernzquelle kommt ganz woanders her?
> Atomfrequenznormal, optisches Normal oder ähnliches?

Woher sollten dann die Abweichungen der Netzzeit kommen?
Selbst einen Quarzoszillator würde man bei solchen Abweichungen 
aussondern.
https://www.swissgrid.ch/de/home/operation/grid-data/current-data.html#frequenz

von Peter M. (r2d3)


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Hallo Praktiker,

> Es wäre aber wirklich interessant wie es aussehen würde wenn das ganze
> Verbundnetz wirklich mal ausfallen würde - irgendjemand müsste ja
> Anfangen und die Startbedingungen (halt 50Hz und die jeweilige
> Einspeisespannung ins Netz) festlegen (oder erfolgt das heute gar nicht
> mehr auf das Netz bezogen und die Refernzquelle kommt ganz woanders her?
> Atomfrequenznormal, optisches Normal oder ähnliches?

Ein Teil der deutschen Kraftwerke ist schwarzstartfähig. Das bedeutet, 
dass diese Kraftwerke autonom, also ohne fremde Hilfe selbst starten 
können.
Es gibt keinen zentralen Taktgeber.

> War schon mal das (ein) Verbundnetz komplett ausgefallen?

Nein.

> Wie leistungsstark darf eigentlich ein Erzeuger sein das es keine
> störende Rückwirkung auf das Netz gibt?

Frage falsch formuliert. Es muss heißen:
"dass es keine störende Rückwirkung auf das Netz gibt, wenn er 
zugeschaltet oder abgeschaltet wird".

"...Ein Ungleichgewicht von 1500-2000 MW führt zu einer 
Frequenzveränderung von 100 mHz..." (Quelle: Tennet-Vortrag 31.5.2018)

> Darf ein (ehemaliges) deutsches  AKW (oder halt ähnlich leistungsstarkes
> Kraftwerke) das wohl so  um die 1400 MW (also 1,4 GW...!)
> Einspeiseleistung erbringen kann von jetzt auf gleich bei voller
> Leistung von Netz getrennt werden ohne das das Verbundnetz nennenswert
> gestört wird?

Die Antwort ist frequenzabhängig. Bei 50,1 Hertz ja, bei 49,1 Hertz 
nicht.
Dann würden 10%-15% der Netzlast abgeworfen werden.

> Was ist wenn ein ganzes (und Leistungsstarkes) Teilnetz auf einmal weg
> fällt?

Wenn Erzeugung und Verbrauch in dem weggefallenen Teilnetz ausgeglichen 
ist, passiert nichts. Andernfalls müssen in den beiden Teilnetzen 
Regelmaßnahmen getroffen werden: Das Netz, das Leistung lieferte, muss 
seine Erzeugungsleistung mindern, das andere Netz muss seine 
Erzeugungsleistung erhöhen.

: Bearbeitet durch User
von Wolfgang (Gast)


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Praktiker schrieb:
> Wie leistungsstark darf eigentlich ein Erzeuger sein das es keine
> störende Rückwirkung auf das Netz gibt?

Warum soll ein Erzeuger keine Rückwirkung auf das Netz haben?
Das ist doch gerade der Sinn der Sache. Guck dir z.B. an, was an 
Regelleistung vorgehalten wird.

von Praktiker (Gast)


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Hallo

Wie Peter M. schon geschrieben hat:
Etwas ungeschickt formuliert - der Sinn hinter der Frage ist:
Diese Leistung muss ja im lokalen Störungsfall auch ohne 
"zerstörerische" (im Sinne das sich das ganze Netz oder auch "nur" 
Regionen abschaltet - Kettenreaktion) weggeschaltet werden können.
Und die Frage wurde ja von Peter M. gut verständlich und freundlich 
(Danke - leider keine Selbstverständlichkeit hier im Forum) beantwortet.
Es geht also und ist kein Problem (lokal wahrscheinlich schon, solch ein 
Kraftwerk wird nicht ohne Grund plötzlich von Netz gehen) wenn das Netz 
nicht sowieso schon gestört ist was bei 49,1 Hz eindeutig der Fall wäre 
und schon an vielen anderen Einspeisestellen (Kraftwerken) durch 
entsprechende Regelung verhindert wurde.
Es müsste der wohl sehr unwahrscheinliche Fall auftreten das mehrere 
solch potenter Einspeiser plötzlich vom Netz gehen und zusätzlich es 
Probleme mit den ausregeln gibt (eng begrenzte kurzzeitige Abschaltungen 
würden wohl nicht zu verhindern sein?!)

Insgesamt ein sehr interessantes Gebiet wovon man als Hobbyelektroniker 
und selbst Elektrofachkraft leider kaum was in Detail weis bzw. 
(Hausanschlusskasten ist meist die Grenze des detaillierten Wissens)  es 
keine sich an interessierte Laien und "normale Fachleute" (ja holperige 
Formulierung, aber es dürfte klar sein wen ich damit meine) wendende 
Literatur gibt.

Praktiker

von Peter M. (r2d3)


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Hallo Praktiker,

Praktiker schrieb:
> Insgesamt ein sehr interessantes Gebiet wovon man als Hobbyelektroniker
> und selbst Elektrofachkraft leider kaum was in Detail weis bzw.
> (Hausanschlusskasten ist meist die Grenze des detaillierten Wissens)  es
> keine sich an interessierte Laien und "normale Fachleute" (ja holperige
> Formulierung, aber es dürfte klar sein wen ich damit meine) wendende
> Literatur gibt.

es gibt aber bestimmt auch Vorträge an Deinem Wohnort. Mach' Dich mal 
bei Deinen Stadtwerken schlau. Schau' Dir das Veranstaltungsangebot von 
VDE oder VDI an, je nach Nachfragelage bei den Vorträgen kannst Du auch 
dabei sein.
An den FHs und Unis gibt es auch Vorträge.

Dank' dieses reichhaltigen Angebots bin ich hier in Hannover schon in 
der Schaltleitung Lehrte (Steuerzentrale von Tennet für das 
Übertragungsnetz) gewesen, habe das Batteriekraftwerk Leinhausen 
besichtigen und bestaunen können und vieles mehr.

Wichtig ist, bei den Vorträgen immer einen USB-Stick dabei zu haben.

: Bearbeitet durch User
von Sven L. (sven_rvbg)


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Peter M. schrieb:
> Dank' dieses reichhaltigen Angebots bin ich hier in Hannover schon in
> der Schaltleitung Lehrte (Steuerzentrale von Tennet für das
> Übertragungsnetz) gewesen, habe das Batteriekraftwerk Leinhausen
> besichtigen und bestaunen können und vieles mehr.

Dank Corona und anderen Ängsten wird es wohl künftig immer schwieriger 
werden, kritische Infrastruktur besichtigen zu dürfen.

Nur wenn man alles versteckt bekommt man auch keine (künftigen) 
Fachkräfte angelockt.

Damals habe ich auch das Heizkraftwerk besichtigen können, bei den 
ersten Führungen ist man damals noch bis zum Generatiorschaltpult 
gekommen und hat erklärt bekommen wie dieser auf's Netz syncroniisert 
wird.

Mit den Jahren wurde das immer weniger.

Bei der Telekom dto.

Beim ersten mal durch's komplette Amt geführt, inkl. HVT und 
Batterieraum.

Später nur noch Lehrlingswerkstatt, in der es mit den Jahren auch immer 
weniger zu sehen gab.

Irgendwie haben "die" damals schon noch bissel was gelernt...

von Manfred (Gast)


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Peter M. schrieb:
> habe das Batteriekraftwerk Leinhausen besichtigen und bestaunen können

Die Resteverwertung der Smart-Akkus?

Ich habe mal irgendwann über dessen Bau gelesen, ansonsten aber im 
Internet nichts drüber gefunden. Das läuft also tatsächlich und noch?

von Thomas F. (igel)


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Stadtwerker schrieb:
> kennt Ihr Literatur, die einen zum Experten macht und die oben genannten
> Dinge erklärt?

https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Hauptseite

Da drinnen wird alles erklärt.

von Peter M. (r2d3)


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Hallo Manfred,

Manfred schrieb:
> Ich habe mal irgendwann über dessen Bau gelesen, ansonsten aber im
> Internet nichts drüber gefunden. Das läuft also tatsächlich und noch?

ja. Mit Primärregelung wird auch Geld verdient. :)
Ich habe nichts davon gehört, dass das Kraftwerk abgeschaltet wurde.

Wenn allerdings die Elektrofahrzeuge boomen, kann es sein, dass die in 
Hannover-Leinhausen untergestellten Batterien abgerufen werden!

von (prx) A. K. (prx)


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: Bearbeitet durch User
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