Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Torsion / "Steifigkeit"


von TM (Gast)


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Mich interessiert die "Steifigkeit" Rundrohr vs. Vierkantrohr oder gar 
einem (offenen) Winkelprofil bei gleichem Querschnitt.
Ich dachte, es lässt sich einfach per Flächenträgheitsmoment 
vergleichen.

Aber offenbar irre ich:

https://de.wikipedia.org/wiki/Torsion_%28Mechanik%29

> Ausschließlich für Kreis- und für geschlossene Kreisringquerschnitte ist das 
Torsionsträgheitsmoment gleich dem polaren Flächenträgheitsmoment I p 
{\displaystyle I_{p}} I_p:
...
> Für andere Querschnitte ist die Berechnung des Torsionsträgheitsmoments nur in 
besonderen Fällen in geschlossener Form möglich.

Gibt's dazu anschauliches Material oder einen Rechner?

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Für dünnwandig, geschlossene Profile kannst du die Bredtschen Formeln 
[1] verwenden. Bei der Torsion offener Profile bietet sich die 
Saint-Venantsche Torsionstheorie an [2].

[1] 
https://www.ingenieurkurse.de/technische-mechanik-elastostatik/torsion/torsion-von-duennwandigen-geschlossenen-profile.html
[2] https://wandinger.userweb.mwn.de/TM2/v5_3.pdf

von Rudi Ratlos (Gast)


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TM schrieb:
> "Steifigkeit" Rundrohr vs. Vierkantrohr oder Winkelprofil
> bei gleichem Querschnitt.

Meinst jetzt Biege-Steifigkeit oder Torsions-Steifigkeit.
Grundsätzlich nimmt die Steifigkeit mit dem Durchmesser zu.
Und 'überproportional' nimmt die Steifigkeit mit den Kanten zu.

Also ein Winkelprofil läßt sich leichter verbiegen/verdrehen als ein 
geschlossenes Rundrohr. Und ein Vierkant - oder gar ein
Vielkant-Formrohr (3D-Drucker-Schienen) wird noch steifer.

Test:
Knicke mal einen Pappendeckel.. und mit jeder 'Abkantung' nimmt dessen 
Steifigkeit zu. Ein rechter Winkel ist die einfachste Form der 
'Abkantung' und zeigt sehr schön das PRINZIP !
Um einen simplen rechten Winkel abzuknicken, mußt du zusätzlich
eine gerade Fläche 'abknicken'. Und mit der Torsion ist es ähnlich .

Deshalb sind in Kunststoffen häufig "Versteifungsrippen" zu finden. Da 
reichen oft wenige Millimeter BauHöhe. Und die Folie steht wie ein Bock 
.

von Rudi Ratlos (Gast)


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TM schrieb:
> Gibt's dazu anschauliches Material
Sicher, findet man in jedem Haushalt. ...
Zuerst verstehen, dann berechnen.

von Walter T. (nicolas)


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Rudi Ratlos schrieb:
> Und ein Vierkant - oder gar ein
> Vielkant-Formrohr (3D-Drucker-Schienen) wird noch steifer.

Mitnichten. Ein V-Slot-Profil vs. Vierkantrohr ist das beste Beispiel 
dafür, dass sich das Widerstandsmoment gegen Biegung und das gegen 
Torsion gegenläufig ändern können. (Stichwort: Schubfluß vs. axiales 
Trägheitsmoment)

: Bearbeitet durch User
von Rudi Ratlos (Gast)


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Walter T. schrieb:
> Mitnichten.

Freilich. Dieselbe blöde Frage war schon mal hier!
Die Frage läßt sich sooo? wie gestellt NICHT beantworten,
a) Du hast ein Material,
das bei unterschiedlichen Profilen quasi nie dasselbe ist
b) Unterschiedliche Profile haben auch eine unterschiedliche
Ober-FLÄCHE, also eine andere MASSE !

c) Um "Steifigkeiten" zu beurteilen, mußt du den Anwendungszweck ,
was heißt: die X-Y-Z Bewegungsrichtungen berücksichtigen. Das eine führt 
zur Torsion, das andere zur Stauchung/Zug und das nächste zur Biegung.

d) Ein  Kraft-Verform-Problem kannst nur "statisch" betrachten.
Es gibt eben keine 'reinen' X oder Y oder Z Bewegungen,
weil Kräfte leider meist in alle Richtungen wirken.


Darum ist die Frage falsch gestellt , weshalb ich schrieb:

Zuerst verstehen, dann berechnen.

von Christian M. (christian_m280)


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Rudi Ratlos schrieb:
> "Versteifungsrippen"

Sicken!

Gruss Chregu

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Rudi Ratlos schrieb:
> b) Unterschiedliche Profile haben auch eine unterschiedliche
> Ober-FLÄCHE, also eine andere MASSE !

Die Steifigkeit beschreibt den Zusammenhang zwischen einer einwirkenden 
Last und der elastischen Verformung eines Körpers. Die Masse spielt 
dabei keine Rolle.

> c) Um "Steifigkeiten" zu beurteilen, mußt du den Anwendungszweck ,
> was heißt: die X-Y-Z Bewegungsrichtungen berücksichtigen. Das eine führt
> zur Torsion, das andere zur Stauchung/Zug und das nächste zur Biegung.

Warum sollte man? Man betrachtet einfach den Elastizitätstensor. Er 
beinhaltet alle möglichen Verzerrungen.

> d) Ein  Kraft-Verform-Problem kannst nur "statisch" betrachten.
> Es gibt eben keine 'reinen' X oder Y oder Z Bewegungen,
> weil Kräfte leider meist in alle Richtungen wirken.

So, so ... Und wie verhält es sich mit dem Begriff der "dynamischen 
Steifigkeit"?

von TM (Gast)


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@feinmechaniker: Danke. Ich nahm an, dass es Programme gibt, die einem 
diese Rechnung für beliebige Querschnitte abnehmen (leider eingerostet). 
Oder zumindest Tabellen für häufige Profile. Habe bislang nichts 
gefunden. Ist CAD mit FEM der gängige Weg?

von Wolfgang (Gast)


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TM schrieb:
> Gibt's dazu anschauliches Material oder einen Rechner?

Falls du nicht ausgerechnet von einem Smartphone aus postest, steht so 
ein Rechner höchstwahrscheinlich vor dir. Du musst nur die Geometrie in 
einem passenden FEM-Programm eingeben und ihn rechnen lassen. Moderne 
PCs sind dafür dicke ausreichend.

von Walter T. (nicolas)


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TM schrieb:
> Ist CAD mit FEM der gängige Weg?

Eigentlich nicht, aber geht natürlich. Bei klassischen Standardprofilen 
sind die Formenln im Tabellenbuch Metall und so einfach, dass man kein 
besonderes Programm benötigt. Bei komplizierteren Profilen (z.B. Item) 
findet man die Flächenmomente/Widerstandsmomente schon im Katalog (siehe 
z.B. hier Seite 7: 
https://catalog.item24.de/images/medienelemente/DOK/DATA/DOK_DATA_profil-tech-daten__SDE__AIN__V2.pdf)

Bei wirklich komplizierten selbst entwickelten Profilen macht man 
tatsächlich gerne eine FEM auf einem Einheitsquerschnitt.

Wolfgang schrieb:
> Falls du nicht ausgerechnet von einem Smartphone aus postest

Soo schlecht sieht das für Smartphone auch nicht aus, z.B. 
https://play.google.com/store/apps/details?id=com.wasim.mechanical.calculator&hl=de&gl=US

: Bearbeitet durch User
von Rudi Ratlos (Gast)


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Christian M. schrieb:
> Sicken!
Eine 'Sicke' ist eine Vertiefung auf einer Fläche und
eine Versteifungs- 'Rippe' eine Erhebung auf einer Fläche !


Joe G. schrieb:
> So, so ...
>> Mich interessiert die "Steifigkeit" Rundrohr vs. Vierkantrohr
>> bei gleichem Querschnitt.


*Das ist eine klassische Fangfrage" ! .  Eine "Einserfrage"

Woos is steifa? A Kreis oder a Viereck ?
Rohr d=10 , U=31,4
Vierkant s=10 , U=40 , D=14,14
Vierkant D=10 , s=7,07 , U=28

Selbetsverstädnlich ist ein Vierkant immer steifer als ein Rohr mit 
gleichem Durchmesser. Außer man mißt den "Durchmesser" eines Vierkants" 
(etwas unüblich) über die DIAGONALE.

25% mehr Material sind 25% mehr 'Steifigkeit'. Weniger Elastizität.
Andere Formen haben -je nach Kraftrichtung- andere 'Steifigkeiten'.
Kraft (N) wirkt immer auf Fläche (mm²) -- Zugfestigkeit in N/mm² ,

Ich gebe dir aber schon recht, daß sich diese Fangfrage mit rein 
physikalisch-technischen Erklärungen noch  deutlich komplexer darstellen 
läßt.

von TM (Gast)


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Witzig, wie schnell man den angeklickten Betreff schon wieder vergessen 
hat...

Es geht um Torsion bei gleichem Querschnitt, d.h. gleiches Gewicht.
Bsp: 40x40x2 (Diagonale ca. 57 mm) ~ D50x2
Intuitiv ist das Rohr "steifer", denn sämtliches Material ist am Umfang. 
Und es verwölbt sich nicht.

Bei Biegung sieht's anders aus.
Ein Oval dürfte der Kompromiss sein, je nach Belastungsrichtung.

von Alois (Gast)


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TM schrieb:
> Witzig, wie schnell man den angeklickten Betreff schon wieder
> vergessen
> hat...
>
> Es geht um Torsion bei gleichem Querschnitt, d.h. gleiches Gewicht.

Gleicher Querschnitt != gleiches Gewicht

In erster Näherung stimmt aber: gleicher Umfang = gleiches Gewicht

> Bsp: 40x40x2 (Diagonale ca. 57 mm) ~ D50x2
> Intuitiv ist das Rohr "steifer", denn sämtliches Material ist am Umfang.
> Und es verwölbt sich nicht.

Das würde ich auch so sehen. Das De-Dion-Rohr beim "alten" Seven ist 
auch rund. Eins ist sicher: Colin Chapman hätte im Leben nie unnötiges 
Gewicht verbaut ...

https://kfz-tech.de/Biblio/Radaufhaengung/DeDionAchse.htm
https://de.wikipedia.org/wiki/De-Dion-Achse

von TM (Gast)


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Alois schrieb:
> Gleicher Querschnitt != gleiches Gewicht

Mag Definitionssache sein (dann sag es doch direkt), aber ich meine 
nicht die umschlossene Fläche einschließlich Hohlraum, sondern die 
Fläche des Materials.

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