Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Das Ferrite-Bead Fiasko


von DonDiego (Gast)


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Grüße ans Forum!

Also es geht um LC Filter hinter einer gepulsten Versorgungsspannung. 
Also einem dc/dc Wandler. Dabei bin ich auf das mögliche Problem 
aufmerksam geworden, dass ein zu blauäugiger Einsatz von Ferriten nach 
hinten losgehen kann und zwar wenn dieser in seinem induktiven Bereich 
ungewüschte Resonanzen ereugt.

So wenn ich hinter einem dc/dc Wandler einen Filter setze, habe ich 
bisher einen LC Filter designt, der mit seiner Eckfrequenz schön niedrig 
und weit weg von der Schaltfrequenz liegt. Also > Faktor 10. Dieser 
filtert also die Schaltfrequenz und ein paar harmonische schon runter.

Wenn ich zusätzlich aus Ferrit und Kondensator noch einen Filter 
dahinter möchte bin ich hoffnungslos durch den Wind.
Was meine Recherche ergab:

1) Ein Ferrit sollte am besten oberhalb der corssover Frequenz benutzt 
werden, also wenn er nicht mehr primär indurktiv wirkt. Wenn darunter 
(vor allem bei gepulsten Ströme wie beim Regler) Frequenzen auftreten, 
kann das dazu führen, dass diese sogar verstärkt werden. Eventuell muss 
man den Ferrit per Snubber oder Serienwiderstand bedämpfen.

2) Bei einem LC Filter sollte die Güte kleiner 0.5 sein, also

Rs * sqrt(L/C) < 0.5 sein.

So mein konkretes Problem mit einem beispielshaft angehägten Ferrit. So 
bei 60 MHz hat der die crossover Frequenz. Darunter gilt Vorsicht.

Wenn ich 10 MHz betrachte, lese ich aus dem Datenblatt ab:

Rs = 3 Ohm
ZL = 30 Ohm
Das gibt mir Zc = 13,3 Ohm bzw. C = 1,3 nF

a) also ich habe etwas total falsch verstanden
b) man würde den o.g. Ferrit mit einem Filter C von 1.3 nF auch für 10 
MHz verwenden
c) Durch das 'normale' LC Filter am Regler Ausgang ist alles schon so 
gedämpft dass Sorge um Resonanzüberhöhung übertrieben ist
d) Es geht in dem Frequenzbereich, also maximal unterer MHz, nicht 
sinnvoll und man MUSS einen Ferrit bedämpfen. (würde aber wiederum die 
Frage aufwerfen warum das so wenig zu sehen ist)



So was bedeutet das jetzt eigentlich wenn man einen Schaltregler noch 
per Ferrit weiter filtern will. ich habe nämlich keine Ferrite gefunden 
die schon im einstelligen MHz Bereich crossover Frequenz hätten.


vielen Dank fürs Durchhalten!

von Mark S. (voltwide)


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Sicher ist es nicht verkehrt LC-Filter mit geringer ResonanzGüte zu 
realisieren. Das ist auch mit Ferriten im unteren Frequenzbereich 
möglich, indem Du einen entsprechend "schlechten" Kondensator wählst, 
z.B. einen Standardelko mit 100uF. Da wird nicht mehr viel klingeln auf 
der Resonanzfrequenz. Dem schaltest Du dann z.B. 1uF MLCC parallel. Das 
leitet dann die höheren Frequenzen ab, ohne nennenswert die Resonanz zu 
beeinflussen. Diese Art Filter hat sich bewährt zur Entkopplung des 
Einganges von Schaltwandlern - wo stärkere Strompulsationen keine 
gefährlichen Überspannungspitzen hervorrufen dürfen.

: Bearbeitet durch User
von minipli (Gast)


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Erst mal hoffe ich stark, daß klar ist, daß U_FB vor einem weiteren
LC Filter abzugreifen ist?

(Bei Buck / Step-Down hat man ja schon einen am Ausgang - nur bei Boost
/ Step-Up ist das LC Filter (in dem Fall wegen der Reihenfolge durchaus
auch als CL Filter zu bezeichnen) ja VOR der Schaltstufe.)

DonDiego schrieb:
> So was bedeutet das jetzt eigentlich wenn man einen Schaltregler noch
> per Ferrit weiter filtern will. ich habe nämlich keine Ferrite gefunden
> die schon im einstelligen MHz Bereich crossover Frequenz hätten.

WAS willst Du stärker filtern?

Die Grundwelle (f_Schalt)? Dazu brauchst Du (bzw. nutzt man) i.A. 
schon
die induktive Wirkung (wer wollte Ripple schon mit hohem R verheizen?).

Genau deshalb auch nicht wirklich Ferrite Beads sondern Speicherdrosseln 
(Kleinformat + geringe L, aber ebfs. geringen 
(ES)R=Wicklungswiderstand).

Oder die Schaltspitzen (HF-Anteile weit oberhalb Grundwelle)? Denn die
werden auf ganz diverse Weise bekämpft bzw. bedämpft. (Siehe z.B. den
Post von Mark S. für einen der simpelsten und doch besten Ansätze.)

Zuallererst kommts drauf an welche Anwendung mit welchen EMV Vorgaben -
und auch welche Effizienz und Baugröße das Ganze haben darf oder soll.

Hierzu wird schon die Topologie und Betriebsart entspr. vorausgewählt -
also evtl. Resonanzwandler statt hart Schaltendem.

Etc. pp., ohne genauer zu wissen worum es geht kann man praktuisch nur
ganz allgemeine Aussagen machen (dabei ziemlich wenige - und v. a. für
einen/den konkreten Fall sicher äußerst begrenzt hilfreiche solche).


Es gibt - wie meist - kein Patentrezept für alle denkbaren Fälle. Nur
einen Frequenzbereich zu nennen (und ein paar bisherige Schwierigkeiten
zu schildern, passende Infos zu finden) erlaubt keine effektive Hilfe.

Werde viel konkreter und ausführlicher.

von Mark S. (voltwide)


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Kleiner Tip: Die Fa Würth liefert LTSpice Simulations-Modelle ihrer 
Ferrite. Damit kann man dann ohne langes rumrechnen seine Filter 
dimensionieren.

von DonDiego (Gast)


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Hi und erst mal herzlichen Dank für die Antworten!

Ich will versuchen zu antorten und nicht allzuviel Prosa zu liefern 
(konkret in dem Sinne dass ich ein konkretes Problem auf dem 
Schreibtisch habe geht nicht):

>WAS willst Du stärker filtern? Die Grundwelle (f_Schalt)?

nein. Das mache ich mit LC Filtern mit Drossel. Die dimensioniere ich 
entsprechend auf 1/10 f_schalt.
Wenn hinter einem Schaltregler noch etwas ungewünschte Störungen sind, 
sollen die ggf per zusätzlichem Ferrit gefiltert werden. Was mich zu dem 
Aufhänger dieser Frage bringt.
In dem Video https://www.youtube.com/watch?v=OF5APcihfro werden 
Störungen hinter einem Buck Konverter untersucht und am Ende per Ferrit 
bekämpft. Es wird hinter dem Regler gefiltert, weil die Störung dort 
entsteht aus Effekt der parasitären LC aus Drossel und 
Speicherkondensator. Das ist also eine höherfrequente Schwingung.

Solche garstigen Spikes und Störungen kann man sich aber ja gut 
vorstellen oder gesehen, daher habe ich mir gesagt, dass ich mich da 
etwas reinwühlen muss.
Ich fasse etwas zusammen: der Speicherkondensator wurde in 2 Keramik C 
aufgeteilt um Kapazitätsverlust durch dc bias auszugleichen. Zwischen 
die Cs kommt der Ferrit ohne zusätzliche Dämpfung. (Wobei mir jetzt 
auffällt, dass der Autor in der Simulation einen 2 Ohm Widerstand als 
Last dahinter hat. Das wäre ja eine Dämpfung...)

Ich fragte mich dann ja wie geht man in dem Fall eigentlich ran, denn 
irgendwelche Frequenzkomponenten unterhalb der crossover Frequenz, also 
im induktiv Wirkenden bereich eines Ferrits, werden sich ja nicht 
vermeiden lassen....

>Damit kann man dann ohne langes rumrechnen seine Filter
>dimensionieren

Ich habe eine ganze Menge Ferrite bei Würth auf der Homepage angeschaut 
und dabei ist mir nichts aufgefallen was in wirklich niedrige Frequenzen 
käme. Also sagen wir ab 50 MHz bis zig 100 MHz - irgendwie niedrige 
einstellige MHz habe ich nicht gesehen.

Wie gehst du denn beim dimensionieren vor? Ich vermute du kennst ein 
dutzend Ferrite ganz gut und setzt die einfach mal ein - aber ein 
vertrauenswürdiges Simulationsmodell des Reglers incl Layout und Last 
musst du ja auch ansetzen. Erarbeitet du das jedes mal aufs Neue oder 
greifst du da auf ein Standard Modell zurück? Wenn ja, würde ich gerne 
mal reinsehen.

von Dieter (Gast)


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Es wäre auch zu überlegen, nur 95% der Rippleleistung wegzufiltern und 
alles weitere über einen aktiven Filter mit HF-Transistoren zu machen.

von DonDiego (Gast)



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Hey ich habe etwas Zeit gefunden noch etwas weiter zu suchen. Hat 
natürlich Fragen aufgeworfen.

Von analog habe ich einen Artikel gefunden der passt ja recht gut: 
https://www.analog.com/media/en/technical-documentation/tech-articles/Designing-Second-Stage-Output-Filters-for-Switching-Power-Supplies.pdf

>Erst mal hoffe ich stark, daß klar ist, daß U_FB vor einem weiteren
>LC Filter abzugreifen ist?

Leuchtet mir ein, habe ich verstanden und auch so gesehen.
Allerdings zitiere ich aus dem Artikel von Seite 3 "Another issue that 
needs to be dealt with is compensation. It may be counterintuitive, but 
it is almost always better to put the filter inside the feedback loop." 
Es sind auch plots der Phasenreserve jeweils abgedruckt. Ich habe einen 
Screenshot um den bereich gemacht, damit man das pdf jetzt nciht extra 
braucht.

Also... what? Ist das nicht genau anders herum? Aber auch der Artikel 
leuchtet mir ein.
Jetzt wünschte ich mir noch mehr, dass mir jemand beim Verständnis 
helfen kann :-)

von Andre G. (andgst01)


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Du willst ja die Ausgangsspannung zurückmessen und nicht den Ripple, 
oder?
Daher FB nach den Filtern.

Klingt schon logisch für mich ...

von W.S. (Gast)


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DonDiego schrieb:
> Dabei bin ich auf das mögliche Problem
> aufmerksam geworden, dass ein zu blauäugiger Einsatz von Ferriten nach
> hinten losgehen kann und zwar wenn dieser in seinem induktiven Bereich
> ungewüschte Resonanzen ereugt.

Tja, genau deshalb gibt es Filterinduktivitäten, bei Würth wimre die 
WE-CBF-Reihe.

W.S.

von Günter Lenz (Gast)


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Versuch es doch mal mit Durchführungskondensatoren.
Dein Schaltwandler in ein Blechgehäuse und dann
alle Leitungen die da rein oder raus gehen mit
mit Durchführungskondensatoren durchs Blech führen.
Und dann mal auf Störungen prüfen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Durchf%C3%BChrungskondensator

von Helge (Gast)


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Der schwingkreis wird durch wenigstens 5 Bauteile bedämpft, das 
funktioniert idR gut.

von Mohandes H. (Firma: مهندس) (mohandes)


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Günter Lenz schrieb:
> Durchführungskondensatoren

Wo gibt es solche Durchführungskondensatoren zu einigermaßen bezahlbaren 
Preisen zu kaufen?

von Klaus R. (klara)


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Helge schrieb:
> Der schwingkreis wird durch wenigstens 5 Bauteile bedämpft, das
> funktioniert idR gut.

Bei Filter ist natürlich auch das Layout sehr wichtig. Im Schaltplan von 
Helge geht C1 und C2 einfach nur auf GND. Wenn das z.B. ein GND Layer 
wäre, dann würde die GND - Fläche wie ein Sender wirken und alles andere 
verseuchen. Man sollte im Bereich eines Filters GND separieren und die 
Störungen und dort totlaufen lassen.

Der Tipp mit Würth und LTspice ist schon für die Entwicklung von Filter 
wichtig. Dazu gehören noch die Modelle der Kerkos.

Würth bietet auch die Unterstützung über RedExpert an.
https://redexpert.we-online.com/redexpert/
Über RedExpert kann man auch ohne Login in den Bauteilelisten schnell 
die wichtigsten Parameter einsehen. Die interaktiven Diagramme helfen 
bei der Vorauswahl der möglichen Kandidaten.

Hier noch weitere Quellen.

https://ds.murata.co.jp/simsurfing/index.html?lcid=en-us
https://ksim3.kemet.com/
https://product.tdk.com/en/search/capacitor/ceramic/mlcc/info?part_no=C3216X7R1H105K160AB

Man hat ja schon von Eigenresonanzen gehört. Induktivitäten und auch 
Kapazitäten haben solche Eigenresonanzen. Ohne Simulationen tappt man da 
dann gerade bei Filter nur im Dunklen.😎
mfg klaus

von Mark S. (voltwide)


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DonDiego schrieb:
> Wie gehst du denn beim dimensionieren vor?

Wie schon gesagt - ich mache mir ein halbwegs realitätsnahes 
Ersatzschaltbild und simuliere dieses in LTSpice.
Du kannst davon ausgehen, dass die Induktivität solcher Ferrite-Beads in 
der Gegend von 1uH liegt. Dahinter käme nun ein Elko von z.B. 100uF mit 
einem ESR von 1 Ohm (Hausnummer) und parallel dazu ein 1uF MLCC mit 
einem ESR von vlt 10mOhm (je nach PCB-layout). Und schon hast Du einen 
spike-Filter mit einer Resonanz um 15kHz mit einer ziemlichen Dämpfung. 
Einfach mal in LTSpice eingeben und schauen wie der Dämpfungsverlauf 
aussieht.

von Mark S. (voltwide)


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Dieter schrieb:
> Es wäre auch zu überlegen, nur 95% der Rippleleistung wegzufiltern und
> alles weitere über einen aktiven Filter mit HF-Transistoren zu machen.
habe ich noch nirgends gesehen. Wo findet man so etwas?

von Mark S. (voltwide)


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Durchführungskondensatoren machen nur Sinn, wenn Dein Störer in einem 
metallischen Abschirmgehäuse untergebracht ist. In der Praxis eher 
nicht.

von minipli (Gast)


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DonDiego schrieb:
> Also... what? Ist das nicht genau anders herum?

In dem Fall schon.

DonDiego zitierte das Dokument im Beitrag #7082478:
> "...always better to put the filter inside the feedback loop."

Natürlich richtig. Der Spannungsabfall der zusätzlichen L_Filter
wäre sonst (bei angenommen Spannungs-Ausgang = Constant Voltage)
eben nicht innerhalb des FB Loops.

Die Folge wäre eine vom Ausgangsstrom ziemlich stark abhängige 
Ausgangsspannung. Um Größenordnungen mehr als die "gewöhnliche"
Variation ohne Zusatzfilter.

Je nach Verbraucher ist das entw. völlig egal (hauptsache glatt)
oder weniger gut oder auch untragbar/unmöglich. Allerdings gibts
eine Vielzahl von Verbrauchern, wo völlig oder weitgehend egal.
Weswegen nicht im Loop befindliche Zusatzfilter gang und gäbe
sind.

Und leider - sorry, hat nichts mit Dir zu tun - gabs hier schon
so einige Ratsucher, die so ein Zusatzfilter mit in den FB-Loop
packen wollten, ohne daß ihnen Folgendes bewußt war:

> "It may be counterintuitive,

(steht eben dort, weil es dabei/dafür einiges zu beachten gilt)

> "...issue that needs to be dealt with is compensation."

Deshalb hatte ich das gar nicht erst in Erwägung gezogen. :-/

von minipli (Gast)


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minipli schrieb:
> wäre sonst (bei angenommen Spannungs-Ausgang = Constant Voltage)
> eben nicht innerhalb des FB Loops.
>
> Die Folge wäre eine vom Ausgangsstrom ziemlich stark abhängige
> Ausgangsspannung.

Korrekte Platzierung wäre gewesen:

"wäre sonst eben nicht innerhalb des FB Loops. Die Folge wäre
eine vom Ausgangsstrom ziemlich stark abhängige Ausgangsspannung

(bei angenommen Spannungs-Ausgang = Constant Voltage)."

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