Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Frage zu Selen Gleichrichter


von Röhrenfan (Gast)


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Hallo,

ich hänge momentan an einem Verstärker fest, der leider nicht tut wie er 
soll. Gemäß Schaltplan und auch nach Messung in einem Zweitgerät scheint 
die Versorgungsspannung zu hoch zu sein.

Der Trafo sollte 187V~ liefern, es sind jedoch knapp 200V, ich denke mal 
OK. Dann nach dem Selengleichrichter messe sind es ca. 280V. 200x 1,41 
ist doch auch in Ordnung?

Wenn ich aber im Schaltplan nachschaue, dann sollten das Ergebnis 
eigentlich nur 224V sein? Beim Zweitgerät ist es sogar noch weniger. Wie 
kann das sein?

Ich würde gerne den Gleichrichter auf Funktion prüfen aber irgendwie 
funktioniert der Diodentest zwischen Masse und Trafoanschluss nicht? Es 
ist ein AEG Rundfunkgleichrichter in runder Bauform.

Wenn jemand einen Hinweis hat würde ich mich freuen...

Viele Grüße

von Rente mit 76 (Gast)


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Und was geht da so an Netzspannung vorne rein?

von Rente mit 76 (Gast)


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Fehlt die Last?

von H. H. (Gast)


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Dein DMM wird die relative hohe Flussspannung (um die 5V) nicht mehr 
messen können.

von Andreas B. (bitverdreher)


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Das Roehrenradio ist fuer 220V ausgelegt. Heute haben wir 230V.
Damit ergeben sich ganz zwangsslos Deine gemessenen Spannungen.

von Röhrenfan (Gast)


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Hallo,
ja es war alles bis auf den Ladeelko abgeklemmt. Habe jetzt wieder alles 
angeschlossen und die Spannung ist nun tatsächlich ok. Also scheint das 
Netzteil leider in Ordnung zu sein und ich muss weitergucken was das 
Problem sein könnte.

Viele Grüße

von Martin L. (makersting)


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Aber nicht 280V statt 224V. Ansonsten schließe ich mich der Frage von 
User 'Rente mit 76' an.

Edit: Die gerade eben beantwortet wurde.

: Bearbeitet durch User
von Peter R. (Gast)


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Da spielen mehrere Dinge mit.
Der Trafo ist für 220V gebaut, heut ist aber die Nennspannung des Netzes 
230V.

Die Netzspannung hat nicht exakt 230V sondern meist noch ein paar 
Prozent mehr.

Dazu ist die Durchlassspannung einer Selensperrschicht etwas mehr als 2V 
und für 200V sind da mehrere Selenplatten in reihe Da können zehn oder 
mehr V verloren gehen.
Eine Si-Diode hat dagegen nur etwa 0,7V Durchlassspannung.

Im Leerlauf liefern Trafos meist mehr als 5% bei Nennspannung

Bei großzügiger Bemessung (wie es sie früher bei Röhrengeräten 
gab)verträgt die angeschlossenen Schaltung das alles.

Eine Sparschaltung mit einem 230/12V-Trafo oder einem 230/24V wäre aber 
sngebracht.

von H. H. (Gast)


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Peter R. schrieb:
> Dazu ist die Durchlassspannung einer Selensperrschicht etwas mehr als 2V

Dazu muss die Stromdichte aber verdammt hoch sein!

von Röhrenfan (Gast)


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Es gibt einen 240V Schalter am Gerät. Leider habe ich irgendwo einen 
ganz verflixten Fehler in der Schaltung (Die Lautsprecher pfeiffen) Ich 
hatte die Hoffnung dass es am Netzteil liegt weil ich den Elko getauscht 
habe. Aber ich muss wohl weitersuchen.

von Röhrenfan (Gast)


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Unglaublich, das Problem konnte durch minimales verrücken von frei 
verdrahteten Kondensatoren behoben werden.

von Peter D. (peda)


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Röhrenfan schrieb:
> Unglaublich, das Problem konnte durch minimales verrücken von frei
> verdrahteten Kondensatoren behoben werden.

Ich vermute eher, das hat Kontaktwiderstände wieder freigekratzt, z.B. 
an den Röhrenfassungen.

Gerne zieht man an lange unbenutzten Geräten mal alle Röhren raus und 
steckt sie wieder rein, drückt alle Tastensätze, dreht alle Potis.

von Werner H. (werner45)


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Im Selengleichrichter sind einige Blechplättchen (das ist die Diode) 
gestapelt, die NUR durch Federkraft kontaktiert werden, da ist nichts 
gelötet.
Deren Anzahl kann man ermitteln, wenn man die Ausgangsspannung durch 25V 
teilt (Sperrspannung knapp oberhalb 30 V). Bei Brückengleichrichtern 
sind 4 Pakete in einem Gehäuse untergebracht, die langen keramischen 
Gleichrichter für TV (15 kV, 18 kV) sind aus entsprechend vielen dünnen 
Folienstücken gestapelt. Deshalb sind auch die Schwellenspannung und der 
Innenwiderstand so hoch.
Durch seitliches, nicht zu zaghaftes Beklopfen des Gehäuses kann man die 
Kontaktierung nach Jahrzehnten wieder verbessern, wenn sie schlecht 
geworden sein sollte.
Die Selengleichrichter sind sehr gutmütig und dauerhaft und stinken nur 
bei massiver Überlastung nach faulem Rettich von gebildetem 
Selenwasserstoff ("Gleich Riecht Er").
Ich habe noch einen Kupferoxydul-Gleichrichter aus einem 
Vorkriegs-Akkuladegerät, der funktioniert sogar noch. Die "Maikäfer" 
Meßgleichrichter in den alten Multavis sind auch Cu2O.

von Harald W. (wilhelms)


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Werner H. schrieb:

> Ich habe noch einen Kupferoxydul-Gleichrichter aus einem
> Vorkriegs-Akkuladegerät, der funktioniert sogar noch.

Kupferoxydul-Gleichrichter wurden gern als Messgleichrichter
verwendet, da sie eine niedrige Durchlassspannung haben.

von Mani W. (e-doc)


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Röhrenfan schrieb:
> Der Trafo sollte 187V~ liefern, es sind jedoch knapp 200V, ich denke mal
> OK. Dann nach dem Selengleichrichter messe sind es ca. 280V. 200x 1,41
> ist doch auch in Ordnung?
>
> Wenn ich aber im Schaltplan nachschaue, dann sollten das Ergebnis
> eigentlich nur 224V sein? Beim Zweitgerät ist es sogar noch weniger. Wie
> kann das sein?

In Deinem Bild steht:

224 V    63 mA    folglich Belastung mit grob 14 Watt

Ist die nicht gegeben, dann ist natürlich die Spannung höher
bis zur Leerlaufspannung (ohne Belastung)...

Dann kommen dann noch einige Prozent dazu, weil Dein Gerät sicher
auf 220 VAC eingestellt ist und wir seit langem 230 VAC Nennspannung
haben...

: Bearbeitet durch User
von Christian M. (likeme)


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Meine langjährige Erfahrung beim Röhrenradiobasten sind die hohen 
Toleranzen von bis zu 20%, denn damals hat man gebaut damit es gut und 
günstig funktioniert. Kommt noch die Erhöhung von 220 auf 230 hinzu sind 
300V bei restaurierten Geräten keine Seltenheit und richten 
erfahrungsgemäß keinen Schaden an. Als erstes werfe ich Selen raus, baue 
Silizium rein und mach zwei ordentliche HV Kondensatoren > 470µ ins 
Netzteil-> keinerlei Brummen, ein Traum! Wenn du das noch toppen 
möchtest dann baust noch eine Drossel in das Pi oder T-Filterglied des 
Netzteils.

von oszi40 (Gast)


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Christian M. schrieb:
> Als erstes werfe ich Selen raus, baue Silizium rein...

Vorsicht mit den jungen Pferden. Der Rest muß die höhere Spannung auch 
vertragen. Gleichrichterröhren durch Silizium ersetzen ist noch 
ungünstiger, da dann, ohne dass die Röhren schon glühen die LAST fehlt 
und die Anodenspannung bis zur Spitze hochläuft. Ob das alle Elkos 
vertragen???

von Peter D. (peda)


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oszi40 schrieb:
> Gleichrichterröhren durch Silizium ersetzen ist noch
> ungünstiger, da dann, ohne dass die Röhren schon glühen die LAST fehlt
> und die Anodenspannung bis zur Spitze hochläuft. Ob das alle Elkos
> vertragen???

Die häufigen AZ11, AZ12 waren direkt geheizt, da lief die Spannung auch 
erstmal hoch. Nur die moderneren EZ80, EZ81 brauchten länger.

Setzt man Dioden ein, sollte man noch einen 100R/4W in Reihe schalten, 
um den höheren Innenwiderstand der Selener/Röhren nachzubilden.
Ich hab mal die Dioden + Widerstände in den Sockel einer defekten AZ12 
eingelötet. Der alte Kitt löst sich leicht und die Drähte gehen durch 
mehrfaches Drehen ab.

von Peter D. (peda)


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Christian M. schrieb:
> mach zwei ordentliche HV Kondensatoren > 470µ ins
> Netzteil-> keinerlei Brummen, ein Traum! Wenn du das noch toppen
> möchtest dann baust noch eine Drossel in das Pi oder T-Filterglied des
> Netzteils.

Ich hab mal die originalen 32µF durch 100µF ersetzt, das brachte ne 
deutliche Verbesserung. Alte Radios hatten typisch schon eine Drossel 
oder benutzten den Lautsprechermagneten.

Neuere hatten eine Sparschaltung mit Kompensation über eine Anzapfung am 
Ausgangstrafo. Die hatten prinzipiell immer ein leichtes Brummen, da die 
Kompensation nie vollständig war, insbesondere, wenn die Röhren schon 
etwas verbraucht waren. Da ist die Verbesserung durch große Elkos 
besonders deutlich hörbar.

Große Elkos bedingen natürlich den Ersatz der Selener/Röhren durch 
Dioden, da diese sonst durch die hohen Spitzenströme zerstört werden. 
Z.B. für die EZ80 sind max 50µF als Ladeelko zugelassen.

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