Forum: PC Hard- und Software TDP und Abwärme bei Prozessoren


von Bernd M. (bernd2706)


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Hallo,

ich habe eine Frage zur Abwärme bei modernen CPUs. Die Prozessoren sind 
ja schon lange in TDP Klassen eingeteilt und so gehören z.B. ein Intel 
Core i3-10100 und ein Intel Core i5-10400 beide zur TDP Klasse 65 Watt.

Ich stelle mir nun 2 Computer mit Intel H510 Chipsatz und genutzter iGPU 
vor. RAM und SSD sind so gewählt, wie man das Stand der Technik 
empfehlen würde, also z.B. RAM mit XMP-Profil und die SSD im M.2 
PCIe-Slot direkt auf dem Mainboard. Auf beiden Computern teste ich jetzt 
vergleichbare Szenarien, z.B. einmal Idle, einmal alltägliche Auslastung 
(Surfen im Internet) und einmal volle CPU-Auslastung.

Kann man vorhersagen, bei welchem Prozessor in welchem Szenario weniger 
Abwärme entstehen wird?

Lässt sich so eine Vorhersage auch bei AMD treffen, z.B. bei einem 
Vergleich zwischen Ryzen 5 4600G und Ryzen 7 5700G?

Herzlichen Dank und viele Grüße...Bernd

von (prx) A. K. (prx)


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Bernd M. schrieb:
> Kann man vorhersagen, bei welchem Prozessor in welchem Szenario weniger
> Abwärme entstehen wird?

Zum TDP Begriff: Die TDP ist definiert als jene Wärmeleistung, auf die 
PC-Hersteller das Kühlsystem einrichten muss, damit obige Taktfrequenzen 
bei einer von Intel nicht näher spezifizierten Volllast-Situation 
garantiert dauerhaft erreicht werden kann. Exemplarstreuungen können 
dazu führen, dass höhere mittlere Taktfrequenzen erreicht werden.

Daraus erklärt sich auch die geringere Grundtaktfrequenz deiner beiden 
CPUs, denn der 10400 produziert mit 6 Cores bei gleicher Last pro Core 
und gleicher Frequenz ungefähr(!!) die gleiche Wärmeleistung.

Core i3-10100: 3,6 GHz Grundtaktfrequenz, 4(8) Cores, Turbo 4,3
Core i5-10400: 2,9 GHz Grundtaktfrequenz, 6(12) Cores, Turbo 4,3

Ohne gutem Draht zu Intel wird es dir kaum gelingen, die von Intel 
spezifizierte Volllast auf allen Cores plus GPU zu erreichen. Zudem 
hängt das reale Limit von der realen Kühlung ab, d.h. besser als von 
Intel verlange Kühlung kann zu höherer Verlustleistung und höherer 
mittlerer Taktfrequenz führen.

Und nun die Antwort: Nein, das kannst du nicht. Die Sache ist viel zu 
komplex, mit zu vielen Unbekannten. Klar ist nur, das geringe Rechenlast 
zu geringerer Wärmeleistung führen wird.

: Bearbeitet durch User
von Εrnst B. (ernst)


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Bernd M. schrieb:
> Core i3-10100 und ein Intel Core i5-10400
...
> vergleichbare Szenarien, z.B. einmal Idle, einmal alltägliche Auslastung
> (Surfen im Internet) und einmal volle CPU-Auslastung.

Bei Idle und "Surfen": ca. gleich viel. Das was der i5 mehr könnte, ist 
ungenutzt, braucht also auch keinen Strom, erzeugt keine Hitze.
Bei Vollast: der i5. Aber: bei gleichem Arbeitspensum ist der i5 
schneller fertig, und geht früher wieder in den Idle.

Bernd M. schrieb:
> Ryzen 5 4600G und Ryzen 7 5700G?

das sind verschiedene Generationen, da liegt der Neuere vorne.

Generell sind die CPUs seit ~10 Jahren im Idle/Niedriglastbereich so 
effizient geworden, dass man die eher nach der benötigten Peak-Leistung 
auswählt, weil im Idle kaum noch Unterschiede sind.

von (prx) A. K. (prx)


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(prx) A. K. schrieb:
> Daraus erklärt sich auch die geringere Grundtaktfrequenz deiner beiden
> CPUs, denn der 10400 produziert mit 6 Cores bei gleicher Last pro Core
> und gleicher Frequenz ungefähr(!!) die gleiche Wärmeleistung.

... pro Core, muss also insgesamt mit der Frequenz runter, um die nicht 
zu überhitzen. Im Prinzip.

von (prx) A. K. (prx)


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Εrnst B. schrieb:
> Aber: bei gleichem Arbeitspensum ist der i5
> schneller fertig, und geht früher wieder in den Idle.

Wenn dieses Arbeitspensum nur 1-2 Cores beschäftigt, dann wird sich die 
reale Taktfrequnz eher an der für beide gleichen Turbo-Frequenz 
orientieren und die beobachtbaren Unterschiede beider Typen sind gering 
bis nicht existent.

Daraus ergibt sich ein wesentlicher Schluss: Konzipiert man einen 
Rechner, sollte man seine Lastsituation genau kennen. Wenn die 
Anwendungen mit mehr Cores nichts anfangen können, sind die zusätzlichen 
Cores rausgeworfenes Geld.

: Bearbeitet durch User
von (prx) A. K. (prx)


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Bernd M. schrieb:
> Lässt sich so eine Vorhersage auch bei AMD treffen, z.B. bei einem
> Vergleich zwischen Ryzen 5 4600G und Ryzen 7 5700G?

Zu beachten: Obige Intel Cores sind möglicherweise technisch identisch 
und basieren auf dem gleichen Die in gleicher Herstellungstechnik, 
wurden aber von Intel für verschiedene Parameter selektiert und 
freigeschaltet.

Die Ryzens der 4000er und 5000er Serien hingegen unterscheiden sich in 
vielerlei Hinsicht voneinander.

: Bearbeitet durch User
von Nano (Gast)


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Εrnst B. schrieb:
> Aber: bei gleichem Arbeitspensum ist der i5
> schneller fertig, und geht früher wieder in den Idle.

Das ist nicht gesichert.

Der Core i3 hat mit 3,6 GHz, anstatt nur 2,9 GHz, einen höheren 
Grundtakt und könnte somit bei Aufgaben begrenzt auf 4 Threads sogar 
schneller sein als der i5.
Natürlich kommt es jetzt noch auf das Caching Verhalten an, der i5 hat 
doppelt so viel Cache, aber wenn bei dieser hypothetischen Aufgabe oft 
auf verschiedene Werte im RAM zugegriffen werden muss, hilft das auch 
nicht mehr so viel.

Lediglich generell betrachtet wird der i5 schneller sein.

https://www.intel.de/content/www/de/de/products/compare.html?productIds=199283,199271

von (prx) A. K. (prx)


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Nano schrieb:
> Der Core i3 hat mit 3,6 GHz, anstatt nur 2,9 GHz, einen höheren
> Grundtakt und könnte somit bei Aufgaben begrenzt auf 4 Threads sogar
> schneller sein als der i5.

Der Grundtakt ist bei heute oft hoch taktvariablen Prozessoren eine 
reine Rechengrösse in Verbindung mit der TDP. Der reale Takt ergibt sich 
dynamisch per Software. An dieser Stelle können auch Unterschiede in 
Intels diversen Boost-Modi eine Rolle spielen. Besonders im unteren 
Bereich der Pentiums und Celerons muss man darauf achten, denn bei denen 
kann die Grundfrequenz noch eine dominante Rolle spielen.

Auch die exakte Version jener Software-Komponenten im Betriebssystem, 
die bei dem Takt/Spannungs-Scheduling, beim Thread-Scheduling und dem 
RAM-Management mitmischen, kann einen sehr deutlichen Einfluss auf das 
reale Verhalten des Prozessors haben. Weshalb beispielsweise die 
effektive Rechenleistung auf dem gleichen System stark vom verwendeten 
Linux und darin dem verwendeten Kernel abhängen kann. Da gibts in 
einzelnen Benchmarks Faktor 2!

: Bearbeitet durch User
von (prx) A. K. (prx)


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Bernd M. schrieb:
> Lässt sich so eine Vorhersage auch bei AMD treffen, z.B. bei einem
> Vergleich zwischen Ryzen 5 4600G und Ryzen 7 5700G?

Bei AMDs Ryzens kommt noch eine mögliche NUMA-Struktur zum tragen, denn 
die Zen 2 (4000er) sind in Quadcore-Gruppen organisiert, die Zen 3 
(5000er) in Octacore-Gruppen, soweit man den L3-Cache betrachtet. Obiger 
4600G besteht also in dieser Hinsicht aus zwei NUMA Nodes, der 5700G aus 
einer. Je nach Anwendungen, dahingehender BIOS-Einstellung(*) und 
NUMA-Scheduling des Betriebssystems kann auch das eine deutliche 
Auswirkung haben.

*: AMD Prozessoren, die aus mehreren solchen Gruppen bestehen, kann man 
zumindest prinzipiell im BIOS optional so konfigurieren, dass die diese 
Eigenschaft per ACPI ans OS weiterreichen, und damit das OS Prozesse und 
Speicher zuordnen kann. Das kann Einfluss auf Rechenleistung und 
Stromverbrauch haben, wobei das schwer vorherzusagen ist. Ob das bei den 
üblichen Desktops und Notebooks im BIOS einstellbar ist, weiss ich 
nicht, ich kenne das von den EPYCs.

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