Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Schraube als Zylinderspule: Induktivität entspricht nicht den Erwartungen


von Daniel-2022 (Gast)


Lesenswert?

Auf eine Schraube M10 habe ich 780 Windungen CuL 0,2mm gewickelt.
Mit der Formel für die Zylinderspule erwarte ich ungefähr:

L = µ0  µr  N² * A / l

l = 0,015 m

A = 3,14 * (0,005m)² / 2

µr = 5000 (angenommen, für Eisen)

=> L = 10 H

Der AC-Widerstand Rl = ωL sollte folglich bei 50 Hz etwa 3,14 
kΩ betragen.
Lege ich nun aus einem Netztrafo ~27 V über einen Vorwiderstand von 1k 
an meine Spule an, wird der Strom praktisch nur durch den Vorwiderstand 
und den ohmschen Widerstand des Drahtes begrenzt (27mA statt ~9mA).

Wo liegt der Fehler? Welche Permeabilitätszahl hat der Stahl einer 
typischen Schraube? Ist das Material schon gesättigt?

von Mark S. (voltwide)


Lesenswert?

Die rel Permeabilität Deiner Schraube gibt als Materialkonstante nur das 
Verhältnis von Schraubenpermeabilität zur Permeabilität eines Vakuums 
anstelle der Schraube - gilt also nur für einen Bruchteil des 
Magnetfeldes Deiner Spule. Von daher ist die Induktivitätserhöhung nur 
ein Bruchteil von urel. Neben der Materialkonstanten geht also auch der 
Formfaktor des Kernes in die Berechnung ein.
Des weiteren ist zu beachten das die Permeabilität von massivem Stahl 
rasch abnimmt mit steigender Frequenz - die 5000 gelten ja nur für 
statische Felder.

von Stefan F. (Gast)


Lesenswert?

Das Material taugt nicht für den Anwendungsfall.

Ich kenne niemanden, der erfolgreich einen Magneten oder eine 
Induktivität auf Basis einer Maschinenschraube gebastelt hat.

Nimm lieber einen Trafo auseinander und verwendet dessen Kern. Oder zur 
Not einen Stab aus weichem Eisen (da kommt man nur leider nicht so 
leicht ran).

von Hans B. (Gast)


Lesenswert?

Bezieht sich die Berechnung auf einen geschlossenen Eisenkern (ohne 
Luftspalt; Ringkern)
aber der Versuchsaufbau auf eine "umwickelte Schraube" mit entsprechend 
dominantem Luftspalt?

von Ingo W. (uebrig) Benutzerseite


Lesenswert?

Durch den leitfähigen Kern hast du außerdem quasi eine kurzgeschlossene 
Wicklung unten rum. Die verringert die Induktivität zusätzlich.

von michael_ (Gast)


Lesenswert?

Wenn man sie vorher ausglüht, könnte es gehen.

von Günni (Gast)


Lesenswert?

Als "Kern" für Spulen für sehr geringe Anforderungen und Frequenzen von 
max. 50 Hz hat sich bei mir für Experimente ein Bündel Blumenbindedraht 
(Eisen lackiert) bewährt. Die Idee habe ich von der Bastelbeschreibung 
für einen Funkeninduktor gefunden und für einige Experimente mit Erfolg 
genutzt. Falls aber die Induktivität verlustarm und reproduzierbar 
aufgebaut werden soll, kommt man um einen "richtigen" Kern nicht herum.

von U. B. (Gast)


Lesenswert?

Der Weg des magnetischen Feldes geht doch aussenrum durch die Luft!

Grundlagen;
"wir" brauchen wirklich Fachkräfte!           SCNR

von Stefan F. (Gast)


Lesenswert?

U. B. schrieb:
> Der Weg des magnetischen Feldes geht doch aussenrum durch die Luft!

Ja schon, aber was willst du uns damit sagen?

von U. B. (Gast)


Lesenswert?

>> Der Weg des magnetischen Feldes geht doch aussenrum durch die Luft!

> Ja schon, aber was willst du uns damit sagen?

Dass dieser Weg 'durch die Luft' in den magnetischen Kreis eingeht,
und einen VIEL grösseren "magnetischen Widerstand" hat,
als die Schraube!

Mannomann.   ,-)

von Stefan F. (Gast)


Lesenswert?

U. B. schrieb:
> Dass dieser Weg 'durch die Luft' in den magnetischen Kreis eingeht,
> und einen VIEL grösseren "magnetischen Widerstand" hat,
> als die Schraube!

Das hat mit dem Problem des TO (fast) nichts zu tun. Eine Spule braucht 
keinen geschlossenen Kern, um als Induktivität zu funktionieren.

von U. B. (Gast)


Lesenswert?

> Das hat mit dem Problem des TO (fast) nichts zu tun. Eine Spule braucht
> keinen geschlossenen Kern, um als Induktivität zu funktionieren.

DAS behauptet auch keiner.
Nur hat solch eine Spule dann eben nicht die o.a. Induktivität!

von Daniel-2022 (Gast)


Lesenswert?

Vielen Dank für die Antworten. Ich werde es vielleicht nochmal mit 
anderem Material versuchen, der Blumendraht wäre mein Geschmack ;-)

P.S.: Die Ω wurden in der Vorschau richtig angezeigt, sorry.

von Harald W. (wilhelms)


Lesenswert?

Günni schrieb:

> Die Idee habe ich von der Bastelbeschreibung
> für einen Funkeninduktor gefunden

Genau. Ähnliches steht auch in meinem Buch "Elektrotechnik für Jungen"
aus dem Jahr 1912 in der Baubeschreibung für einen Funkeninduktor.

von Stefan F. (Gast)


Lesenswert?

Daniel-2022 schrieb:
> Die Ω wurden in der Vorschau richtig angezeigt, sorry.

Du kannst solche Zeichen einfach direkt in dem Text schreiben. Für 
Multiplikation nutze ∙, dann zerreisst es dir nicht die Formatierung. 
Das * wird nämlich für fett geschriebene Wörter benutzt, funktioniert 
aber oft nicht wie erwartet.

In Linux benutze ich die "Zeichen" App, wenn ich Zeichen eingeben will, 
deren Tastenkombination ich nicht kenne. Für Omega drücke ich 
AltGr-Shift-Q.

von Stefan F. (Gast)


Lesenswert?

Harald W. schrieb:
>> Die Idee habe ich von der Bastelbeschreibung
>> für einen Funkeninduktor gefunden

> Genau. Ähnliches steht auch in meinem Buch "Elektrotechnik für Jungen"
> aus dem Jahr 1912 in der Baubeschreibung für einen Funkeninduktor.

Die alten Anleitungen gehen von Schrauben aus Weicheisen aus. Heute sind 
Maschinenschrauben meistens aus gehärtetem Stahl.

von Harald W. (wilhelms)


Lesenswert?

Stefan ⛄ F. schrieb:

>> Genau. Ähnliches steht auch in meinem Buch "Elektrotechnik für Jungen"
>> aus dem Jahr 1912 in der Baubeschreibung für einen Funkeninduktor.
>
> Die alten Anleitungen gehen von Schrauben aus Weicheisen aus. Heute sind
> Maschinenschrauben meistens aus gehärtetem Stahl.

Ich meinte den Blumendraht.

von Günter Lenz (Gast)


Lesenswert?

von Daniel-2022 schrieb:
>Wo liegt der Fehler? Welche Permeabilitätszahl hat der Stahl einer
>typischen Schraube? Ist das Material schon gesättigt?

Nein, das Material ist nicht gesättigt. Das Problem ist,
daß du die Induktivität gar nicht messen kannst, weil
bei Wechselstrom Wirbelströme in diesen Kern fließen.
Der Kern ist elektrisch leitfähig und deshalb für
Wechselstromanwendungen nicht geeignet. Du kannst ihn
nur als Elektromagnet benutzen, aber nicht für Wechselstrom-
Drosseln oder Induktivität in Filtern oder Schwingkreise.
Die Induktivitätsmessung wird ja mit Wechselstrom durchgeführt,
deshalb ist das Meßergebnis dann falsch und unsinnig.
Für Wechselstromanwendungen mußt du Trafobleche, Ferrit
oder Eisenpulverkerne verwenden, da werden die Wirbelströme
unterdrückt.

von Günter Lenz (Gast)


Lesenswert?

Das gleiche Thema gab es hier schon mal,
mußt du mal suchen.

von michael_ (Gast)


Lesenswert?

Günni schrieb:
> Als "Kern" für Spulen für sehr geringe Anforderungen und Frequenzen von
> max. 50 Hz hat sich bei mir für Experimente ein Bündel Blumenbindedraht
> (Eisen lackiert) bewährt. Die Idee habe ich von der Bastelbeschreibung
> für einen Funkeninduktor gefunden und für einige Experimente mit Erfolg
> genutzt.

Kommt darauf an, was es werden soll.
Das Bündel geht für Übertrager, aber nicht für einen Magneten.

Vor 100 Jahren wurden solche Bündel zum Bau von NF-Übertragern in den 
ersten Röhrenradios genutzt.
Ich habe hier noch so ein Ding. Bauanleitungen gab es dazu auch.

von Werner H. (werner45)


Lesenswert?

Die alten zylinderförmigen Auto-Zündspulen haben auch ein Drahtbündel 
als magnetischen Kern, hat sich also jahrzehnte bewärt.

von Martin S. (sirnails)


Lesenswert?

Stefan ⛄ F. schrieb:
> Daniel-2022 schrieb:
>> Die Ω wurden in der Vorschau richtig angezeigt, sorry.
>
> Du kannst solche Zeichen einfach direkt in dem Text schreiben. Für
> Multiplikation nutze ∙, dann zerreisst es dir nicht die Formatierung.
> Das * wird nämlich für fett geschriebene Wörter benutzt, funktioniert
> aber oft nicht wie erwartet.
>
> In Linux benutze ich die "Zeichen" App, wenn ich Zeichen eingeben will,
> deren Tastenkombination ich nicht kenne. Für Omega drücke ich
> AltGr-Shift-Q.

Wo kämen wir auch hin, wenn ein Forum im Jahr 2022 die primitivsten 
Standards aus 1999 erfüllen würde?!

von Günni (Gast)


Lesenswert?

Daniel-2022 schrieb:
> L = 10 H

Also bei meiner Rechnung kommen da nur 2mH raus.
Bei einer Zylinderspule mit Eisenkern befindet sich die Wicklung auf 
einem Eisenkern ohne Rückschluss. Da die Feldlinien außen durch die Luft 
gehen, ist es kaum möglich, Spulen mit großer Induktivität (im Bereich 
von 1 oder mehr H) in Form einer Zylinderspule zu bauen. Da braucht man 
einen komplett in Eisen geführten Feldlinienverlauf. Außerdem ist eine 
relative Permeabilität von 5000 schon extrem optimistisch angesetzt. Ich 
würde eher auf einen halb so großen Wert tippen. Und bei einem massiven 
Kern verringert sich die erzielbare Induktivität durch Wirbelströme.

von Hp M. (nachtmix)


Lesenswert?

Daniel-2022 schrieb:
> Auf eine Schraube M10 habe ich 780 Windungen CuL 0,2mm gewickelt

Schraube aus Messing oder rostfreiem Stahl?
Die taugen überhaupt nicht als Eisenkern.

Ansonsten bildet der nicht unterteilte Metallkern eine einzige sekundäre 
Kurzschlusswindung, welche die Induktivität der Primärwicklung auf fast 
Null reduziert.
Man verwendet als Kern für Induktivitäten nicht umsonst Stapel von 
dünnen und voneinander isolierten Weicheisenblechen oder Drahtbündel.

Ziel ist es den Stromweg für die Wirbelströme möglichst lang und die vom 
Magnetfeld durchsetzte Fläche möglichst klein zu machen.
Es ist ja die Fläche, in welcher die für die Wirbelströme erforderliche 
Spannung induziert wird.

Weiterhin sollte das Kernmaterial eine möglichst schlechte elektrische 
Leitfähigkeit haben, damit die Wirbelströme klein werden.
Diese Materialwahl führt dann zu den Ferritkernen, von denen die meisten 
Sorten nahezu bis richtig isolierend sind.

: Bearbeitet durch User
von plitsch (Gast)


Lesenswert?

Daniel-2022 schrieb:
>

Nur ein Experiment mit nicht den Erwartungen entspr. Ergebnis?
Oder:
Gibt es eine konkrete geplante Anwendung? Falls ja, solltest Du
genau die ausführlichst darlegen, dann könnte man Dir sagen, wie
Du Dein Ziel am besten erreichst  (evtl. mehrere Lösungswege).

von Walter Tarpan (Gast)


Lesenswert?

Hp M. schrieb:
> Ansonsten bildet der nicht unterteilte Metallkern eine einzige sekundäre
> Kurzschlusswindung

Warum sollte ein Stabkern als Windung fungieren?

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.