Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Dimensionierung eines Kühlkörpers


von Manuel (Gast)


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Hallo zusammen,

Ich habe einen relativ komplexen Fall einer Dimensionierung für einen 
Kühlkörper. Vielleicht kann mir hier jemand behilflich sein, ich fürchte 
allerdings ohne Simulation oder Messungen wird das nichts.

Zum Aufbau:
Ich habe eine IMS Platine mit 40 LEDs drauf. Diese hat einen Alu-Kern 
und einseitig bestückt die LEDs. Auf der anderen Seite ist direkt das 
Alu.
Die LEDs haben je eine Leistung von ca. 1 W und ein RthJS von 13 K/W.
https://www.digikey.ch/en/products/detail/osram-opto-semiconductors-inc/GW-JTLRS1-CM-K3LW-XX51-1-100-R33/12819227

Auf der Alu-Seite muss nun ein Kühlkörper angebracht werden. Das ganze 
befindet sich dann in einem engen geschlossenen Raum, welcher bereits 
durch andere Komponenten in benachbarten Räumen erhitzt wird und 
natürlich ebenfalls durch die LEDs selber. In besagtem Raum sollte die 
Umgebungstemperatur 60 Grad nicht übersteigen.

Meine Kenntnisse der Kühlkörperberechnungen beschränken sich leider auf 
ein Beispiel mit einem einzelnen Halbleiter direkt auf einem Kühlkörper.

Ich freue mich über jeden Hinweis, vielen Dank!
Beste Grüsse,
Manuel

von Andre G. (andgst01)


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Also der Aufbau ist wie folgt:

LEDs->Alu-Platine->Kühlkörper->Umgebungsluft

Korrekt?

Also folgende thermische Widerstände:

LED junction to surface (ist bekannt)
LED Oberfläche auf Platine (unbekannt)
thermischer Widerstand der Platine (unbekannt)
Platine auf Kühlkörper (unbekannt)
thermischer Widerstand des Kühlkörpers (unbekannt)
Kühlkörper zu Umgebungsluft (unbekannt)

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Jetzt müßtest du uns noch sagen, welche Chiptemperatur nicht 
überschritten werden sollte.
Die Raumfrage kann mit den wenigen Informationen nicht beantwortet 
werden.
Wie groß ist er?
Welcher Wärmeeintrag erfolgt noch?
Wie gut ist er isoliert?
Wie erfolgt die Konvektion?

von Daniel F. (foxi_the_daywalker)


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Hi,

mein erster Ansatz wäre herauszufinden, ob du die 60°C im Inneren 
überhaupt erreichen kannst.

Ein enger, geschlossener Raum klingt für mich nach einem Gehäuse und da 
musst du Wärmeleitwerte oder ähnliches zu erfahren.
Was für eine Außentemperatur kann auftreten?

Worauf ich hinaus will: Wenn das Gehäuse die Wärme sehr gut isoliert, 
reichen 40W überlängere Zeit aus um eine Temperatur über 60°C bei 
Raumtemperatur zu erreichen. Fast egal wie groß der Kühlkörper an den 
LEDs im Gehäuse ist.

Gruß
Daniel

: Bearbeitet durch User
von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Manuel schrieb:
> ich fürchte allerdings ohne Simulation oder Messungen wird das nichts.
Mach zuerst die Messungen, dann kommst du mit der Simulation schneller 
ans Ziel.

> In besagtem Raum sollte die Umgebungstemperatur 60 Grad nicht übersteigen.
Bedeutet das: die 60°C Ta werden nicht überschritten (weil irgendwas 
dafür sorgt, dass es so ist).
Oder bedeutet es: die 60°C Ta dürfen nicht überschritten werden?

> Das ganze befindet sich dann in einem engen geschlossenen Raum, welcher
> bereits durch andere Komponenten in benachbarten Räumen erhitzt wird und
> natürlich ebenfalls durch die LEDs selber.
Hast du da irgendwelche Zwangskonvektion (aka Lüfter)? Denn wenn das eng 
ist, dann gibt es da "von selbst" keine Konvektion und du hast nur 
lokale Hotspots.

von Georg (Gast)


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Manuel schrieb:
> Die LEDs haben je eine Leistung von ca. 1 W und ein RthJS von 13 K/W.

Also werden sie schon mal 13 Grad wärmer als ihre Umgebung, d.h. mehr 
als 70 Grad. Da bleibt für die Kühlung nicht mehr viel übrig - zuerst 
muss man entscheiden, was man den LEDs im Interesse einer langen 
Lebensdauer zumuten kann. Bei 90 Grad, was ich persönlich schon viel 
finde, bleiben ca 15 Grad Wärmewiderstand für den Kühlkörper UND die 
Leiterplatte (!).

Probieren würde ich es mit einem Kühlkörper in der Grösse der 
Leiterplatte, damit man nicht auch noch ein Verteilungsproblem hat, und 
einem Wärmewiderstand möglichst weit unter 1 Grad/W. Wird schwierig.

Manuel schrieb:
> ich fürchte
> allerdings ohne Simulation oder Messungen wird das nichts.

oder - man wird messen müssen, und auf 60 Grad Umgebung extrapolieren, 
ein Klimaschrank wird wohl nicht zur Verfügung stehen.

Georg

von Georg (Gast)


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Ergänzung: so wie der TO das Problem beschrieben hat wäre eine 
Wasserkühlung zu empfehlen, und zwar so dass die Wärme aus dem Gehäuse 
nach aussen geführt wird.

Georg

von MaWin (Gast)


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Manuel schrieb:
> Ich freue mich über jeden Hinweis

Stell dir vor, dein besagter Raum ist das Innere einer Thermoskanne.

Da wird es beliebig warm drin, wenn du mit 1W heizt.

Du musst den Raum kühlen (Gehause, Alu, Rippen, wie auch immer), bevor 
du dir Gedanken um den Kühlkörper im heissen Raum machst.

Wenn es dir gelingt, den Raum auf 60 GradC max. zu halten, wird die LED 
mindestens 60+13x1 = 73 GradC warm, egal wie gut der Kühlkörper ist. 
Nehmen wir einen 5K/W Kuhlkörper mit 2K/W Übergang dann 80 GradC.

Eher ungesund, wenn auch nicht tödlich. So oder so also ein schlechtes 
Design, aber es werden genug LED-Lampen verkauft, die nicht lange 
halten.

von Stefan F. (Gast)


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Georg schrieb:
> Also werden sie schon mal 13 Grad wärmer als ihre Umgebung, d.h. mehr
> als 70 Grad. Da bleibt für die Kühlung nicht mehr viel übrig

Sehe ich auch so. Jedes Grad mehr oder weniger wird sich erheblich auf 
die Lebensdauer der LEDs auswirken. Insofern frage nicht wie groß der 
Kühlkörper sein muss, sondern mache ihn so groß, wie möglich.

von Georg (Gast)


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MaWin schrieb:
> Nehmen wir einen 5K/W Kuhlkörper mit 2K/W Übergang dann 80 GradC.

Vergessen: es sind 40 (in Worten vierzig) LEDs, also 280 Grad. Ach so, 
ist ja Mawin.

Georg

von MaWin (Gast)


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Georg schrieb:
> Vergessen: es sind 40 (in Worten vierzig) LEDs

Super.
Er kann ja mal eine 40W Glühlampe in sein Gehäuse legen und gucken ob es 
dann bei 60 GradC bleibt

> Ach so, ist ja Mawin.

Bloss welcher ?

von Manuel (Gast)


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Ich danke euch allen für die vielen Antworten. Mittlerweile verstehe ich 
die Komplexität von diesem Aufbau. Suboptimal ist es allemal, da gebe 
ich euch recht. Ich habe allerdings den Vorteil, dass ich einen 
bestehenden Aufbau habe und einige Tests durchführen kann. Darum weiss 
ich auch, dass sich in diesem (fast) geschlossenen Raum mit sehr 
geringer Luftzirkulation eine Temperatur von 60 Grad einstellt. Einen 
Klimaschrank und andere nützliche Tools habe ich auch zur Verfügung. Ich 
bin aktuell einiges am ausprobieren.

Trotzdem hätte ich gerne eine rechnerische Grundlage. Für den Aufbau mit 
einer einzigen LED ergibt sich folgende Berechnung:
Delta Tled = P*(RthJS + RthIMS + RthKK + RthRest)
           = 0.5W*(13K/W + 0.001K/W + 1.5K/W + 1K/W)
           = 7.75K

Wenn man die Wärmewiderstände der LED, der IMS Platine, des Kühlkörpers 
und sonstigen Übergängen (grobe Schätzung) zusammenzählt kommt man auf 
ein Delta von ca. 7.75K. Bei einer Umgebungstemperatur von 60°C wird die 
LED also ca. 67.75°C Warm.

Und da hören meine mathematischen Kenntnisse auch schon auf. Kann mir 
jemand die Formel nennen, wenn es nun 20 LEDs mit je 0.5W sind.

Die Werte haben in diesem Beispiel geändert, da ich gewisse Änderungen 
vornehmen werden. Es leuchten nun nur noch maximal 20 LEDs mit je 0.5W 
auf einmal. Alternativ wären es 40 LEDs mit je 0.25W.

Beste Grüsse,
Manuel

von Stefan F. (Gast)


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Wenn du 20 LEDs einsetzt, brauchst du einen 20x so guten Kühlkörper, 
also mit 1/20 so viel Kelvin pro Watt.

von Udo S. (urschmitt)


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Manuel schrieb:
> Delta Tled = P*(RthJS + RthIMS + RthKK + RthRest)
>            = 0.5W*(13K/W + 0.001K/W + 1.5K/W + 1K/W)
>            = 7.75K

Deinme Rechnung ist so fragwürdig.

1. Oben schreibst du die Led hätten 1W. In der Rechnung rechnest du mit 
0,5W
2. Die weiteren Übergangswiderstände beziehen sich wohl eher nicht auf 
den Wert pro Led, sondern auf das Gesamtsystem. Also musst du hier mit 
40W rechnen (zumindest wenn es 40 Leds a 1W sind).

Formel: RthGes = Rth1*P1 + Rth2*P2 + Rth3*P3 usw.

Die Leistungen sind entsprechend ob es jetzt pro Led ist oder ob da die 
Wärme aller oder mehrerer Leds drübergeht.

von Stefan F. (Gast)


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Udo S. schrieb:
> Oben schreibst du die Led hätten 1W.
> In der Rechnung rechnest du mit 0,5W

Passt doch, die andere Hälfte wird in Form von Licht abgestrahlt.

Allerdings habe ich auch Bedenken:
Wenn der Hersteller des Kühlkörpers einen Wärmewiderstand angibt, dann 
gilt das vermutlich nur für freistehende Montage, nicht in geschlossenen 
Gehäusen.

von Udo S. (urschmitt)


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Udo S. schrieb:
> Formel: RthGes = Rth1*P1 + Rth2*P2 + Rth3*P3 usw.

"RthGes" auf der linken Seite ist natürlich Quatsch.
Muss heissen "deltaT (ges) = "

von Ozvald K. (Firma: Privat) (ozvaldk)


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Manuel schrieb:
> Darum weiss
> ich auch, dass sich in diesem (fast) geschlossenen Raum mit sehr
> geringer Luftzirkulation eine Temperatur von 60 Grad einstellt.

Die 60 Grad stellt sich ein, weil in diesem geschlossenem Raum schon 
irgendwas Wärme erzeugt, und nicht deswegen, weil Du die Wärme auf 60 
Grad regulierst indem die Wärme nach Außen abgibst. Stimmt? Wenn Du 
jetzt noch zusätzlich 40 Watt erzeugst, dann bleibt es sicher nicht bei 
60 Grad im geschlossenen Raum. So mit 60 Grad Endtemperatur zu rechnen 
ist falsch.

MaWin schrieb:
> Er kann ja mal eine 40W Glühlampe in sein Gehäuse legen

Genau so würde ich vorgehen, dann willst du sehen, was gemeint ist.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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MaWin schrieb:
>> Ach so, ist ja Mawin.
> Bloss welcher ?
Hier ist bisher nur der Echte unterwegs.

Manuel schrieb:
> kommt man auf ein Delta von ca. 7.75K. Bei einer Umgebungstemperatur von
> 60°C wird die LED also ca. 67.75°C Warm.
Du schreibst da "ca." und gibst den berechneten Wert aufs zehntel 
Promille genau an?

Ozvald K. schrieb:
> MaWin schrieb:
>> Er kann ja mal eine 40W Glühlampe in sein Gehäuse legen
> Genau so würde ich vorgehen, dann willst du sehen, was gemeint ist.
Ich habe dafür einen Satz solcher Leistungswiderstände:
https://de.rs-online.com/web/p/widerstande-fur-chassismontage/6836035

Die lassen sich nach geeigenter Verschaltung auch super für 
Belastungstests verwenden...

von Xerxes (Gast)


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Manuel schrieb:
> Delta Tled = P*(RthJS + RthIMS + RthKK + RthRest)
>            = 0.5W*(13K/W + 0.001K/W + 1.5K/W + 1K/W)
>            = 7.75K


0,001k/W für die IMS?  Das kommt mir sehr wenig vor. Das Alu 
meinetwegen, aber da ist ja noch eine relativ schlecht leitende 
Isolationsschicht dazwischen. Und die leitet die Wärme 100mal schlechter 
als Alu.

von Xerxes (Gast)


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Hinzu kommt auch noch das Lötzinn ( 60 W/mK) und die Wärmeleitpaste mit 
ca. 1W/mK. (Watt / (Meter*Kelvin) )
Das sind alles recht schlechte Wärmeleiter.
Für die Berechnung : 100°C Junction-temperatur ist doch nicht zu viel. 
125°C ist max.

von Georg (Gast)


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Ozvald K. schrieb:
> Wenn Du
> jetzt noch zusätzlich 40 Watt erzeugst, dann bleibt es sicher nicht bei
> 60 Grad im geschlossenen Raum.

Und das ist von der Grösse des Kühlkörpers ganz unabhängig, für die 
erreichte Temperatur im Gehäuse ist nur die Verlustleistung massgebend.

Georg

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