Forum: Platinen Sandwich-Platinen mit Interposer wie beim Iphone X


von Marko M. (Gast)


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Hi,

beim Stöbern im Netz bin ich über einen schon älteren Beitrag über das 
IphoneX gestoßen. Apple scheint seit dem Iphone X alle Geräte mit 
solchen  3D-Sandwich-Platinen-Stacks (mit einem sogenannten Interposer 
oder Middle Layer Frame) auszuliefern:

https://guide-images.cdn.ifixit.com/igi/OYsIHWAHwVUNSilS.huge

Zwischen den beiden Leiterplatten mit Bauteilen sitzt eine dickere 
Leiterplatte, die eigentlich nur ein Rahmen mit Vias ist und die 
Verbindungen zwischen oberer und unterer Platine herstellt sowie, 
scheinbar, einen Via-Fence außenherum hat für die Abschirmung.

Habt ihr so etwas schon bei anderen Baugruppen gesehen bzw. gibt es 
Fertiger, die das verarbeiten können? Ganz trivial stelle ich mir das 
nicht vor, gerade wenn die zwei Platinen zusammengefügt werden müssen. 
Für Anwendungen, wo man Platzprobleme hat bzw. die EMV-Blechdosen 
benötigt, wäre das aber natürlich praktisch, daher meine Frage.

Gruß

Marko

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Marko M.

Marko M. schrieb:

> Zwischen den beiden Leiterplatten mit Bauteilen sitzt eine dickere
> Leiterplatte, die eigentlich nur ein Rahmen mit Vias ist und die
> Verbindungen zwischen oberer und unterer Platine herstellt sowie,
> scheinbar, einen Via-Fence außenherum hat für die Abschirmung.

Das hört sich jetzt erst einmal nicht so furchtbar ungewöhnlich an.

Es gibt verschiedene Strategien, wie multilayer Platinen aufgebaut 
werden.

Betrachte den "Interposer" als zwei Kupferlagen, auf denen Du Dir das
Routen verkneifst und nur Vias zulässt.

Dann hast Du das als Endergebnis. Du musst ansonsten die gleichen 
Grundsätze bezüglich der Kupferverteilung einhalten, wie bei sonstigen 
Multilayerboards auch, damit sich das ganze nicht verzieht.

Das einzige etwas ungeöhnliche ist, dass diese Mittenlage etwas dicker 
ist.
Das sollte aber kein Problem sein, vor allem nicht, wenn Du von diesem 
Lagenpaar als Kern ausgehst, auf die andere Lagen beidseitig 
auflaminiert werden.

> Habt ihr so etwas schon bei anderen Baugruppen gesehen bzw. gibt es
> Fertiger, die das verarbeiten können?

Ich habe schon viele multilayer Platinen gesehen. Allerdings noch keine, 
in der die beiden inneren Layer ohne Routing sind. Üblich ist 
eigentlich, sie als Versorgungslayer komplett aus  Kupferflächen 
bestehen zu lassen, die allerdings von Vias gequert werden und 
gelegentlich mal eine einelne kurze Leiterbahn führen, wenn der Platz 
sonst zu knapp ist.

> Ganz trivial stelle ich mir das
> nicht vor, gerade wenn die zwei Platinen zusammengefügt werden müssen.

"Trivial" ist in der Leiterplattentechnologie nichts, wenn es effizient 
sein soll, was nicht bedeutet, dass es nicht machbar ist oder nicht 
gemacht wird.

> Für Anwendungen, wo man Platzprobleme hat bzw. die EMV-Blechdosen
> benötigt, wäre das aber natürlich praktisch, daher meine Frage.

Ich kenne dafür Aufbauten, die aus zwei Innenlagen als flächige 
Versorgungslagen für die Spannungsversorgung/GND ausgeführt sind, darauf 
folgen dann nach aussen eine oder mehrere gewöhnliche Routinglagen und 
als Abschluss nach aussen dann auf jeder Seite eine Schirmflächenlage 
(In der allerdings Anschlusspads wie Inseln liegen um Bauteile zu 
montieren, ebenso kurze Leiterbahnstückchen, wo Not ist), die mit einem 
ViaFence zu den Versorgungslagen abschirmt. Dabei habe ich schon 
Versionen gesehen, wo die Schirmlagen alle GND Potential haben und mit 
einem Fence (oder einer Kantenvergoldung) an GND angeschlossen sind, als 
auch, dass dieses so nur auf einer Seite gemacht wird, und die andere 
Schirmfläche auf einem anderen Versorgungspotential liegt und dann mit 
Fence oder Kantenvergoldung an der Korrespondierenden Versorgungslage 
hängt. Die Versorgungslagen sind ja kapazitiv recht gut gekoppelt. 
sollten sie zumindest.

Allen diesen Verfahren ist gemein, dass die Bauteile immer ausserhalb 
der Schirmlagen liegen. Dass ist bei Blechbüchsen natürlich anders, die 
umschliessen auch die Bauteile.

Wenn Du Bauteile zwischen Platinenlagen haben möchtest, ginge das z.B. 
so:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/c3/Cordwoodcircuit.agr.jpg/690px-Cordwoodcircuit.agr.jpg
Das ist eine 70 Jahre alte Technologie, die im Zeitalter von SMD einer 
Anpassung bedürfte. Zum Beispiel zwei SMD Platinen, die mit den 
Bestückungsseiten gegenüberliegen, mit Abstandshaltern fixiert sind und 
aussen eine Schirmung als Fence aus Drahtstücken oder aus einer 
durchgehenden Blechfläche/Folie haben.

Machbar ist das bestimmt.....was zahlst Du denn?  ;O)

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.l02.de

: Bearbeitet durch User
von Chris (Gast)


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Hi,

ja wir verarbeiten solche Baugruppen.
Wir haben dafür spezielle Rahmen, auf dem die Platinen dann vor dem 
Verlöten miteinander gestakt werden. Die Einzelbaugruppen wurden aber 
schon einmal gelötet und sind an sich fertig.

Am Ende muss die Baugruppe dann noch vom Nutzen getrennt werden, auch 
das Leider nicht ganz so einfach.

Das Problem ist vor allem die Spannungen die beim Erhitzen im Lötofen 
auftreten. Dabei kann sich eine Platine leicht verbiegen und somit keine 
Lötverbindung zwischen den Platinen garantiert werden.

Der Prozess wurde über mehrere Jahre und vielen Meetings perfektioniert, 
die Ausfallrate liegt aktuelle zwischen 2-5%. Davon lassen sich dann die 
meisten zwar noch reparieren, aber auch das ist nicht so einfach.

Alles in allem, wenn es vermeidbar ist, besser nicht machen.
Falls es unbedingt sein muss, kann ich dir gerne meinen Kontakt geben.

gruß

von Andre (Gast)


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Marko M. schrieb:
> Für Anwendungen, wo man Platzprobleme hat bzw. die EMV-Blechdosen
> benötigt, wäre das aber natürlich praktisch, daher meine Frage.

Davor sollte man klären welche Design-Anforderungen tatsächlich 
vorliegen:

Kein Platz, EMV unkritisch: Dünne Platinen mit Samtec Board-to-Board 
Steckern stapeln.

Viel Platz, EMV problematisch: Multilayer mit ungestörter GND-Fläche und 
Blechdosen.

Kein Platz, EMV problematisch: Wirklich so schlimm? Abschirmgehäuse auch 
völlig ausgeschlossen? Dann könnte man sich das antun.

Abgesehen von diesem Design bestimmten Lifestyle Segment habe ich sowas 
noch nirgendwo gesehen. Da nimmt man doch lieber 0,5mm mehr Höhe in Kauf 
als so eine Sondertechnologie einzuführen.

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Nachtrag:

Bernd W. schrieb:

>> Zwischen den beiden Leiterplatten mit Bauteilen sitzt eine dickere
>> Leiterplatte, die eigentlich nur ein Rahmen mit Vias ist und die
>> Verbindungen zwischen oberer und unterer Platine herstellt sowie,
>> scheinbar, einen Via-Fence außenherum hat für die Abschirmung.

> Das hört sich jetzt erst einmal nicht so furchtbar ungewöhnlich an.

Ein "Interposer" ist wörtlich übersetzt ein "Zwischenstück" oder eine 
"Zwischenlage". Das ist nun sehr allgemein, und demgemäß kann man bei 
einer Internetrecherche zu dem Thema alles finden, vom "break out board" 
über "Adapterstücke" und "flexible Zwieschenlagen" um mechanischen 
Stress von Bauteilen fernzuhalten bis zu einfachen "Abstandhaltern" und 
"Leiterplattenverbindern". Ebenso werden sie zu thermischen Zwecken, 
sowohl zur Kühlung als auch, mit anderen Eigenschaften/Materialien, zur 
Isolierung verwendet. Auch Zwischenplatinen für z.B. eine 
Pegelanpassung, "Level shifting", zählen dazu.
Der Begriff "Interposer" ist somit eine Wundertüte.

Daher war meine obige Antwort speziell auf das bezogen, was ich aus 
Deiner Frage herausgelesen habe, also irgendwie eine Art Multilayer 
Platine. Es könnte aber sein, dass in Deinem speziellem Falle eine 
andere Eigenschaft wichtiger ist, z.B. die der Flexibilisierung bei 
gleichzeitigem Abstandhalten.

Einige Links:
https://www.swtest.org/swtw_library/2007proc/PDF/S08_01_Sinsheimer_SWTW2007.pdf

https://www.murata.com/-/media/webrenewal/products/capacitor/siliconcapacitors/applicationnote/2d_silicon_interposers.ashx

https://www.advanced.com/pdf/AIC_INTERPOSER-TECH07_rev0.pdf

https://www.ti.com/lit/ug/slau580b/slau580b.pdf

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.l02.de

: Bearbeitet durch User
von Marko M. (Gast)


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Guten Abend,

danke für die Antworten.

@Bernd: Das Interposer ein dehnbarer Begriff ist, ist mir klar. Daher 
auch der Link zu dem Foto. Gemeint ist eine dickere Platine, die über 
Vias zwei andere Boards kontaktiert, so dass diese als Sandwich 
zusammengelötet werden können.

@Chris: Es ist genau die Mischung, die du ansprichst, die das 
interessant macht: Wenig Platz und sensible Elektronik. Hinzu kommt 
noch, dass ein solcher Poser das Layout einfacher macht, da nicht alle 
Signale zu einem Board-to-Board-Steckverbinder laufen müssen, sondern 
"nur" nach außen zum nächsten Via auf die andere Platine.

Hast du einmal einen Firmennamen für mich von euch? Dann gebe ich das 
intern mal weiter. Es klingt auf jeden Fall interessant. Wobei 2-5% 
Ausschus natürlich schon eine Ansage sind, aber ich kann die 
beschriebenen Probleme gut nachvollziehen.

Grüße

Marko

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