Forum: HF, Funk und Felder LNA und Rauschen


von Bernd (Gast)


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Hallo zusammen,
wie sollte sich das Grundrauschen des Empfängers beim Betrieb mit LNA 
verhalten?

Eigentlich hätte ich mit LNA nur eine unwesentliche Erhöhung des 
Rauschteppichs erwartet.
In der Realität erhöht sich der Rauschteppich um ~20dB, selbst wenn der 
LNA-Eingang mit 50 Ohm abgeschlossen ist.
Meine einzige Erklärung wäre, dass der LNA auch das thermische Rauschen 
der 50Ohm verstärkt (der LNA hat ~20dB Verstärkung) und die 
Empfindlichkeit des Empfängers ebenfalls schon am thermischen Rauschen 
ist. Aber irgendwie erscheint mir das nicht schlüssig.

Mein Aufbau für die angehängten Screenshots:
Als Empfänger ein SDRplay RSP1, davor ein MMIC-LNA mit PSA4-5043+, der 
Eingang wurde mit 50 Ohm abgeschlossen. Die Parameter des SDR wurden 
nicht verändert.
Das Verhalten tritt mit allen meinen gerade verfügbaren LNA auf, auch 
z.B. mit einem SPF5189Z oder wenn der LNA komplett entkoppelt von einer 
Batterie gespeist wird.


Viele Grüße
Bernd

von Patrick L. (Firma: S-C-I DATA GbR) (pali64)


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Thermisches Rauschen kann durch aus sein, wenn du mal so Sektorenweise 
die Elektronik Kühlst (Kältespray) sollte sich dann aber wenn du den 
Sündenbock findest das Rauschen verändern.

Wäre es auch möglich dass das Rauschen ein Rückkoppelrauschen von der 
übrigen Elektronik ist an dem du den LNA anhängst? oder ev eine 
Lötverbindung die thermisch als "Thermoperle"wirkt, weil 2 
unterschiedliche Metalle aufeinander treffen?
Bei 20dB Verstärkung kann das dann schon, ganz schön rauschen.
(Etwa einen Nickelstecker in einer Messingbuchse oder umgekehrt), das 
kann dann schon mit dem Peltjer-Effekt ein paar µV Produzieren die dann 
natürlich verstärkt werden. Kontrolliere mal dein Abschlusswiderstand, 
ist das etwa ein vernickelter Stecker?

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von Silvio K. (exh)


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Ich habe das nicht ganz verstanden. Du hast einen externen LNA vor dein 
SDR gesetzt. War der interne LNA im SDR dabei eingeschaltet oder nicht? 
Habe mal kurz das Blockschaltbild vom SDR angeschaut. Einen internen hat 
das SDR ja.

von Helmut -. (dc3yc)


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Welche Rauschzahl hat denn dein LNA? Jeder Verstärker erhöht die 
Rauschzahl der Empfängerkette! Siehe auch diesen Artikel: 
https://www.digikey.de/de/articles/low-noise-amplifiers-maximize-receiver-sensitivity

von GHz N. (ghz-nerd)


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Wenn die Rauschzahl dss SDR bereits sehr gut ist (bzw bereits ein LNA im 
Empfangspfad drin ist), entspricht das genau dem zu erwartenden 
Verhalten...

von Gustl B. (-gb-)


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Bernd schrieb:
> Meine einzige Erklärung wäre, dass der LNA auch das thermische Rauschen
> der 50Ohm verstärkt.

Ja natürlich. Der verstärkt alles was in seinem Bereich (Frequenz) 
liegt. Wenn da also ein Rauschen bei -60db in den LNA reingeht, und der 
20dB Verstärkung hat, dann kommt das bei -40dB aus dem LNA raus.

von Bernd (Gast)


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Patrick L. schrieb:
> Wäre es auch möglich dass das Rauschen ein Rückkoppelrauschen von der
> übrigen Elektronik ist an dem du den LNA anhängst? oder ev eine
> Lötverbindung die thermisch als "Thermoperle"wirkt, weil 2
> unterschiedliche Metalle aufeinander treffen?
> Bei 20dB Verstärkung kann das dann schon, ganz schön rauschen.
> (Etwa einen Nickelstecker in einer Messingbuchse oder umgekehrt), das
> kann dann schon mit dem Peltjer-Effekt ein paar µV Produzieren die dann
> natürlich verstärkt werden. Kontrolliere mal dein Abschlusswiderstand,
> ist das etwa ein vernickelter Stecker?
Stecker sind alle vergoldete SMA-Stecker, der 50 Ohm Abschluss z.B. von 
Amphenol, Dämpfungsglieder von Mini-Circuits...
Wird ein 10dB Dämpfungsglied zwischen LNA und SDR geschaltet reduziert 
sich auch das Rauschen um 10dB.
Bei einem LNA hätte ich auf einen Defekt getippt, kalte Lötstelle, 
defekter MMIC usw. Aber da bei 4 verschiedenen LNA das Verhalten immer 
vergleichbar ist, gehe ich von einem Denk- oder Messfehler meinerseits 
aus.

Eigentlich hätte ich ein Verhalten wie hier erwartet: 
https://www.youtube.com/watch?v=sDLl7Mpa08I
Der LNA ändert dort nichts am Rauschteppich da der RTL-SDR mit irgendwas 
um die 5-13dB Rauschen sowieso sehr schlecht ist. Beim RSP1 werden 
übrigens 3,5-5dB angegeben,.

Interessant ist noch:
Mit 50 Ohm Abschluss am LNA-Eingang erhöht sich das Rauschen um ~20dB.
Mit offenem Eingang erhöht sich das Rauschen um ~10dB.
Mit kurzgeschlossenem Eingang erhöht sich das Rauschen um ~18dB.

Silvio K. schrieb:
> Ich habe das nicht ganz verstanden. Du hast einen externen LNA vor
> dein
> SDR gesetzt. War der interne LNA im SDR dabei eingeschaltet oder nicht?
> Habe mal kurz das Blockschaltbild vom SDR angeschaut. Einen internen hat
> das SDR ja.
Interessanter Gedanke, bei den Screenshots oben war der interne LNA 
aktiv. Habe gerade nochmals mit deaktiviertem LNA getestet, das Ergebnis 
ist bis auf 1-2dB identisch.
Bei aktivierten LNA wird automatisch die ZF-Verstärkung um 7dB 
abgesenkt,
der Rauschteppich verändert sich kaum.

Helmut -. schrieb:
> Welche Rauschzahl hat denn dein LNA?
PSA4-5043+: 0,65dB @ 400MHz
SPF5189Z: 0,52dB @ 800 MHz

Helmut -. schrieb:
> Jeder Verstärker erhöht die
> Rauschzahl der Empfängerkette! Siehe auch diesen Artikel:
> 
https://www.digikey.de/de/articles/low-noise-amplifiers-maximize-receiver-sensitivity
Genau, nach der Friis-Formel hat die erste Verstärkerstufe den größten 
Einfluss auf das Rauschen. Deshalb auch die Versuche mit dem LNA.

von Grummler (Gast)


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Helmut -. schrieb:

> Welche Rauschzahl hat denn dein LNA?

Falsche Frage.
Interessant wäre: Welche Rauschzahl hat der SDR?


> Jeder Verstärker erhöht die Rauschzahl der Empfängerkette!

Das stimmt doch gar nicht.

von Grummler (Gast)


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Bernd schrieb:

> Interessanter Gedanke, bei den Screenshots oben [...]

Wertlos.
Du brauchst ein Referenzsignal bekannter Größe.

von simulant (Gast)


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Bernd schrieb:
> Meine einzige Erklärung wäre, dass der LNA auch das thermische Rauschen
> der 50Ohm verstärkt (der LNA hat ~20dB Verstärkung) und die
> Empfindlichkeit des Empfängers ebenfalls schon am thermischen Rauschen
> ist. Aber irgendwie erscheint mir das nicht schlüssig.

Doch, das ist genau das erwartete Verhalten wenn bereits die Rauschzahl 
des SDRplay niedrig ist. Dein LNA hat bei 500MHz typ 21dB Gain. Um viel 
weniger als 20dB Rauschanstieg zu sehen müsste der Empfänger eine SEHR 
schlechte Rauschzahl haben.

Die Abhängigkeit des Rauschens je nach Eingangsimpedanz am LNA ist 
ebenfalls normal, das passt alles zur Theorie. Die verfügbare 
Rauschleistung von Leerlauf oder Kurzschluss ist Null, der 50 Ohm am LNA 
Eingang rauscht mehr. Alles lehrbuchmässig erwartet.

von swl (Gast)


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Helmut -. schrieb:
> Jeder Verstärker erhöht die
> Rauschzahl der Empfängerkette!

Falsch. Wenn das stimmen würde, bräuchte man keinen LNA.

Richtig ist: jeder Verstärker fügt sein Eigenrauschen hinzu. Wenn aber 
das Eigenrauschen eines vorangestellten LNA sehr klein ist und seine 
Verstärkung groß, dann spielt das Rauschen der zweiten Stufe nur noch 
eine geringere Rolle. Ein rauscharmer LNA kann also die Rauschzahl der 
Gesamt-Cascade verbessern. Das lässt sich mit einer Beispielrechnung 
nach der Friis Formel leicht nachvollziehen.

https://www.qorvo.com/design-hub/design-tools/interactive/cascade-calculator


simulant schrieb:
> Die Abhängigkeit des Rauschens je nach Eingangsimpedanz am LNA ist
> ebenfalls normal, das passt alles zur Theorie.

voll d'accord

von Silvio K. (exh)


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Jo, wenn der interne LNA schon eingeschaltet war, wird die 
Gesamtrauschzahl nicht mehr besser. Die Pegel (Rauschen und Signale) 
werden nur größer mit weiteren LNAs aber nicht "rauschfreier".
Mit einem kleinen Testsignal aus einen Generator sollte man den 
Unterschied im Rauschabstand sehen mit und ohne LNA.

von swl (Gast)


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Silvio K. schrieb:
> Jo, wenn der interne LNA schon eingeschaltet war, wird die
> Gesamtrauschzahl nicht mehr besser. Die Pegel (Rauschen und Signale)
> werden nur größer mit weiteren LNAs aber nicht "rauschfreier".

Jo, Falsch!
Wenn der externe LNA eine bessere Rauschzahl hat, als der interne und 
seine Verstärkung >1 beträgt, dann wird nach der Friis Formel die 
Gesamtrauschzahl besser.

Inwieweit das Sinn macht, viel Vorverstärkung zu machen und sich andere 
Probleme wie IM einzufangen steht dabei auf einem anderen Blat.

Statt schwadronieren, einfach mal die Grundlagen der 
Rauschzahlermittlung von kaskadierten Verstärkern nachvollziehen oder - 
wenn man nicht selber rechnen will - mal ein Musterbeispiel in dem 
weiter oben verlinkten Online-Rauschzahl Calculator eintippen.

von Silvio K. (exh)


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swl schrieb:
> Jo, Falsch!

Okay, akademisch gesehen hast du recht. Null komma irgendwas könnte man 
tatsächlich gewinnen, aber das macht in der Praxis keinen Sinn. Wichtig 
ist, dass man überhaupt irgendeinen LNA verwendet. Ob man nun 2 dB 
Rauschzahl hat oder 1 dB macht nicht so viel aus, halt 1 dB im SNR. 
Solange man nicht direkt auf den Mischer geht, der 10 dB hat, ist das 
okay.

Das meiste gewinnt man an anderen Stellen. Bandbreite und eventuell 
Antennengewinn, wenn man an diesen Schrauben drehen kann.

keinen

von Simulant (Gast)


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Silvio K. schrieb:
> Null komma irgendwas könnte man
> tatsächlich gewinnen, aber das macht in der Praxis keinen Sinn. Wichtig
> ist, dass man überhaupt irgendeinen LNA verwendet. Ob man nun 2 dB
> Rauschzahl hat oder 1 dB macht nicht so viel aus

Der Vollständigkeit halber: Es kommt auch drauf an, wofür man den LNA 
verwendet. Wenn du EME machst wo die Antenne auf einen kalten 
rauscharmen Hintergrund gerichtet ist, so lohnen sich auch extrem 
niedrige Rauschzahlen spürbar.

von MeinName (Gast)


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Also ich kann deine Messungen nicht nachvollziehen mit einem RSP1A.

Vielleicht überdenkst du nochmal deine Einstellungen für deinen 
Messaufbau.

Ich gehe davon aus das du um vergleichbare Ergebnisse zu bekommen 
natürlich auch alle regelschleifen und Automatismen deaktiviert hast?

Und bitte rechne dir mal das "thermische Rauschen" deines 50Ohm 
Widerstandes aus und rechne die 20dB Gain drauf und stelle uns deine 
Rechnung zur Verfügung.

von 8510B (Gast)


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Hallo,

die Rauschleistungsdichte, die bei Raumtemperatur ein 50 Ohm-Widerstand 
in ein 50Ohm-Port speist, liegt etwa bei -174dBm/Hz (kT =  1,38e-23 J/K 
* 300 K = 4.1e-21 W/Hz entspr. -173.8 dBm/Hz ). Wenn Du mit dem 
Spektrumanalysator misst, der auf eine Auflösebandbreite von 100 kHz 
eingestellt ist, so siehst Du einen Rauschteppich von -124dBm (sofern 
Dein Spektrumanalysator das noch messen kann). Wenn du eine hypothetisch 
rauschfreie Verstärkerkette mit 80 dB Verstärkung zwischen besagten 50 
Ohm-Widerstand und Spektrumanalysator schaltest, dann siehst Du nach der 
Verstärkerkette einen Rauschteppich von -44 dBm.

Mit dieser Rechenweise würde ich an Deiner Stelle nachrechnen, wie groß 
die auf den Verstärkereingang zurück gerechnete Rauschleistungsdichte 
ist. Wenn die kaum höher ist als -174 dBm/Hz, dann kannst Du an Deinem 
Verstärker nicht mehr viel machen. Der Wert, um den der Messwert höher 
als -174dBm/Hz ist, ist übrigens die Rauschzahl Deines Systems.

Schöne Grüße,
der Schmied

von Wolfgang (Gast)


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Bernd schrieb:
> Eigentlich hätte ich mit LNA nur eine unwesentliche Erhöhung des
> Rauschteppichs erwartet.

Wieso das?
Der LNA soll lediglich dafür sorgen, dass das SNR nicht durch die 
Kabelverluste ansteigt.

von Grummler (Gast)


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Wolfgang schrieb:

> Bernd schrieb:
>> Eigentlich hätte ich mit LNA nur eine unwesentliche
>> Erhöhung des Rauschteppichs erwartet.
>
> Wieso das?

Weil er die Rauschzahl fälschlich für ein Maß für die
ABSOLUTE Größe des Rauschens hält -- was sie aber
nicht ist.

von Josef L. (Gast)


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Grummler schrieb:
> Rauschzahl fälschlich für ein Maß für die
> ABSOLUTE Größe des Rauschens hält

Insofern ist die Erklärung auf der deutschen Wikipediaseite
https://de.wikipedia.org/wiki/Rauschzahl
auch nicht vollständig, da sie nur über Rausch"zahl" (=Rauschfaktor) 
schreibt, tatsächlich mit F = SNR(out)/SNR(in) ein Faktor, während auf 
der englischen Seite
https://en.wikipedia.org/wiki/Noise_figure
erklärt wird, dass "noise factor" = F = SNR(out)/SNR(in) und
"Noise figure" (deutsch: Rauschmaß) = NF = 10 x log10 (F) in dB sind.

Jeweils ist aber korrekt erklärt, wie bei kaskadierten Stufen F bestimmt 
wird, von einem eingangs angenommenen SNR und den jeweiligen 
Stufenverstärkungen oder -dämpfungen ausgehend.

von swl (Gast)


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Josef L. schrieb:
> Insofern ist die Erklärung auf der deutschen Wikipediaseite
> https://de.wikipedia.org/wiki/Rauschzahl
> auch nicht vollständig

Eine gut verständliche und umfassende  Abhandlung zur Rauschzahl und 
ihrer Messung findet sich in der HP/Aiglent Application Note: 
"Fundamentals of RF-Noise Figure"

https://www.keysight.com/de/de/assets/7018-06808/application-notes/5952-8255.pdf

Eine weiteres gutes Papier über Messung und Grundlagen der Rauschzahl 
ist diese Application note von Rhode & Schwarz:

https://scdn.rohde-schwarz.com/ur/pws/dl_downloads/dl_application/application_notes/1ma178/1MA178_5e_NoiseFigure.pdf

von swl (Gast)


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Auch sehr gut fürs Verständnis die alte HP AN-57-1 (pdf)
http://www.hparchive.com/Application_Notes/HP-AN-57-1.pdf

nochmal ein besserer direkt Link zur neueren AN "Fundamentals of 
RF-Noise Figure" (pdf)

https://www.datatec.eu/keysight-5952-8255en

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