Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Hochspannungsgenerator - Spannungen gegen Erde - darf man erden?


von Cube2022 (Gast)


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Hallo zusammen,
für ein Laborexperiment habe ich einen preiswerten DC 
Hochspannungsgenerator zur Verfügung - ähnlich diesem: 
https://www.ebay.de/itm/184264527242
Angeschlossen habe ich das Device an ein Labornetzteil. Hochspannung ist 
da (Papierschnipsel stellen sich im Feld auf bzw. werden angezogen)

Ich habe beobachtet, dass ein zufällig auf der Minus-Leitung 
(Sekundärseite) liegendes Stück Alufolie sich beim Einschalten 
geringfügig bewegt/ minimal verformt. Die Kraft scheint nicht in 
Richtung Pluspol/Plus-Leitung zu zeigen, sondern in Richtung 
Keramikoberfläche. Das hat mich überrascht.

Ich habe mit einem Multimeter die Spannung des Minus-Pols 
(Sekundärseite) gegen Erde gemessen: DC 35 V, AC 115 V
Ich vermute, dass die Spannung gegen Erde durch parasitäre Kapazitäten 
gegen Erde von Plus- und Minus-Pol (Sekundärseite) zustande kommt. Oder 
gibt es eine andere Erklärung?
Die 115 V AC liegen über der maximal zulässigen Berührungsspannung. 
Vermutlich ist die DC-Hochspannung von einem Wechselanteil durch interne 
Schaltvorgänge überlagert.

Beim Betrieb des Device an einer 9V-Block-Batterie zeigen sich ähnliche 
Effekte, die Spannungen gegen Erde sind aber kleiner. Die Batterie wird 
wohl nicht so viel Strom wie das Labornetzteil liefern können und damit 
wird die Ausgangsspannung wohl auch kleiner sein.

Darf ich den sekundärseitigen Minuspol erden (wegen: Kraftwirkungen in 
Richtung Oberfläche/Erde nicht erwünscht, zu hohe Berührungsspannung) 
oder erhöhe ich dadurch das Gefahrenpotential der am sekundärseitigen 
Plus-Pol anliegenden Hochspannung?

Danke schonmal und viele Grüße
Cube2022

von Falk B. (falk)


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Cube2022 schrieb:

> Hochspannungsgenerator zur Verfügung - ähnlich diesem:
> https://www.ebay.de/itm/184264527242

Schönes Spielzeug.

> Ich habe beobachtet, dass ein zufällig auf der Minus-Leitung
> (Sekundärseite) liegendes Stück Alufolie sich beim Einschalten
> geringfügig bewegt/ minimal verformt.

Influenz.

> Die Kraft scheint nicht in
> Richtung Pluspol/Plus-Leitung zu zeigen, sondern in Richtung
> Keramikoberfläche. Das hat mich überrascht.

Welche Keramik?

> Ich habe mit einem Multimeter die Spannung des Minus-Pols
> (Sekundärseite) gegen Erde gemessen: DC 35 V, AC 115 V

Dein Labornetzteil ist potentialfrei, sollte aber einen PE-Anschluß 
haben und eher wenig Koppelkapazität. Eigentlich sollte man da nicht 
viel messen können, schon gar nicht mit einem einfachen Multimeter.

> Die 115 V AC liegen über der maximal zulässigen Berührungsspannung.

Klingt nach Meßfehler. Ein Labornetzteil hat nicht soviel gegen PE, dein 
HV-Modul sollte es auch nicht erzeugen.

> Vermutlich ist die DC-Hochspannung von einem Wechselanteil durch interne
> Schaltvorgänge überlagert.

Das ist sie, aber im Leerlauf ist der fast Null.

> Beim Betrieb des Device an einer 9V-Block-Batterie zeigen sich ähnliche
> Effekte, die Spannungen gegen Erde sind aber kleiner. Die Batterie wird
> wohl nicht so viel Strom wie das Labornetzteil liefern können und damit
> wird die Ausgangsspannung wohl auch kleiner sein.

Nö.

> Darf ich den sekundärseitigen Minuspol erden (wegen: Kraftwirkungen in
> Richtung Oberfläche/Erde nicht erwünscht, zu hohe Berührungsspannung)

Ja.

> oder erhöhe ich dadurch das Gefahrenpotential der am sekundärseitigen
> Plus-Pol anliegenden Hochspannung?

Nö. Im Gegenteil, du schaffst solide Erdungsverhältnisse. Die sind 
elementar wichtig bei Hochspannung.

von MaWin (Gast)


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Cube2022 schrieb:
> Darf ich den sekundärseitigen Minuspol erden

Man muss sogar erden, sonst überschreitet die Sekundarspannung eventuell 
die Isolierung deines Labornetzteils.

Angenommen der Hochspannungsgenerator macht 10kV und Masse des 
Hochspannungsausgangs ist mit Masse des Hochspannungswandlereingangs 
verbunden.

Und nun schlägt der Funke aus der 10kV Leitung in ein geerdetes Teil, 
deine Heizung. Funken sind leitfahig wie ein Kurzschluss.

Dann liegt Masse des Hochspannungsausgang schlagartig auf -10kV und 
damit -10kV am Minusanschluss deines Labornetzteils und dessen plus hat 
gegenüber Erde eine Spannung von -9965V.

Die Isolierung zwischen dem Stromnetz und dem Ausgang deines 
Labornetzteils reicht aber nur für 2500V, schlagt also durch (danach 
liegt der Ausgang wenigstens nicht mehr auf -10kV) und ist danach 
dauerhaft geschädigt.

Ein ein Mal durchgeschlagenes Labornetzteil ist auch ohne 
angeschlossenen Hochspannungsgenerator nicht mehr sicher SElV.

von Peter D. (peda)


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Sobald ohne Erdung der Ausgang einem geerdeten Potential genähert wird, 
zieht er die ganze Schaltung hoch. Entweder sie schlägt dann gegen 230V 
durch oder gegen Dich und Du zuckst kräftig.

von Cube2022 (Gast)


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Danke für eure Antworten.
Mit Keramikoberfläche meine ich die Oberfläche des Labortischs.
Das Labornetzteil hat einen PE-Anschluss. Wenn ich den sekundären 
Minuspol erde, bewegt sich die Alufolie ,welche auf dem sekundären Minus 
liegt,beim Einschalten nicht mehr. Keine Kraftwirkung.
Primär- und Sekundärseite scheinen gegeneinander isoliert 
(Ohmmetermessung).
Messfehler bei der Spannungsmessung gegen Erde würde ich ausschließen. 
Messungen sind reproduzierbar.

von Cube2022 (Gast)


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Sollte man auch die Primärseite erden?

von MaWin (Gast)


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Cube2022 schrieb:
> Sollte man auch die Primärseite erden?

Ist nicht notwendig aber kein Nachteil.

von Peter D. (peda)


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Cube2022 schrieb:
> Sollte man auch die Primärseite erden?

Miß mal nach. In der Regel sind die intern schon verbunden.

von Cube2022 (Gast)


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Wenn die Gefahr besteht, dass die erzeugte Hochspannung zu einem 
Überschlag im Labornetzteil führt und dadurch die Isolierung zwischen 
Netzspannung und Ausgangsspannung dauerhaft beschädigt wird, dürfte man 
so einen Generator doch eigentlich gar nicht an einem Netzteil 
betreiben. Was meint ihr?

von Falk B. (falk)


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Cube2022 schrieb:
> dürfte man
> so einen Generator doch eigentlich gar nicht an einem Netzteil
> betreiben. Was meint ihr?

Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Man darf ihn betreiben, MUSS aber 
das Netzteil sekundär erden (Minus vom Netzteil mit PE verbinden). Dafür 
haben viele Netzteile eine extra PE-Buchse. Laborkabel stecken, fertig.

von Cube2022 (Gast)


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Hab ich gelesen. Ich verstehe aber nicht, warum beim Erden der 
Sekundärseite die Gefahr eines Überschlags ins Netzteil nicht mehr 
bestehen soll.

von Harald W. (wilhelms)


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Cube2022 schrieb:

> Hab ich gelesen. Ich verstehe aber nicht, warum beim Erden der
> Sekundärseite die Gefahr eines Überschlags ins Netzteil nicht mehr
> bestehen soll.

Hmm, ich würde sagen, Du solltest die Arbeit mit dem HV-Generator
besser einer Person überlassen, die wenigstens ein Mindestmaß an
elektrischen Grundkenntnissen hat.

von mIstA (Gast)


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Cube2022 schrieb:
> die Gefahr eines Überschlags ins Netzteil

Nicht ins Netzteil, sondern im Netzteil passiert der Überschlag.
Ins Netzteil kommt die Hochspannung (gegen Erde) direkt über die 
Anschlußkabeln und -klemmen, sobald der +10kV Ausgang Deiner Schaltung 
irgendwie (z.B. durch Funkenüberschlag zur Erde) auf Erdpotential 
gezogen wird; dann liegt nämlich der nicht-Hochspannungsteil Deiner 
Schaltung auf knapp -10kV (gegen Erde) und damit auch die Sekundärseite 
des Netzteils.

von Cube2022 (Gast)


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Wenn ich den heißen Draht auf  Erdpotential ziehe, habe ich -10kV auf 
der Minus-Leitung der Sekundärseite des Hochspannungsgenerators. So weit 
klar. Diese hat doch aber erst einmal keine Verbindung zur Minusleitung 
auf der Primärseite(kein Durchgang mit Multimeter feststellbar), die am 
Netzteil hängt. Es sei denn, irgendeine Strecke zwischen den 
Minusleitungen wird im Normalbetrieb leitend oder es gibt auch hier 
einen Durchschlag. Vermutlich wird der Generator doch einen Übertrager 
enthalten, der Primär- und Sekundärseite trennt, oder?

von A-Freak (Gast)


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> irgendeine Strecke zwischen den Minusleitungen wird im Normalbetrieb leitend 
oder es gibt auch hier einen Durchschlag.

Genau das

von Falk B. (falk)


Angehängte Dateien:

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Nun ja.

In HV_Erdung1 ist der Normalfall dargestellt, zumindest, was die Erdung 
am HV-Augang angeht. Wenn es passiert, daß der HV-Ausgang durch einen 
Fehler, sei es weil falsch angeschlossen oder weil es beim Test einen 
Durchschlag gibt, mit PE verbunden wird, gibt es zwischen N am 
Labornetzteil (das praktisch an der Trafostation mit PE verbunden ist) 
und der Ausgangsmasse am Labornetzteil die volle HV-Spannung, denn die 
ist ja nicht sofort "weg", sondern wird mindestens einige Mikrosekunden 
oder länger von den Ausgangskondensatoren des HV-Erzeugers (meist 
Greinacherkaskade) gespeist. In der Zeit schlägt der Trafo im 
Labornetzteil durch. Verbindet man aber die Ausgangsmasse vom 
Labornetzteil mit PE, kann das nicht passieren, weil die 
Isolationsstrecke N zu Ausgangsmasse am Trafo dann kurzgeschlossen ist. 
Trotzdem ist das Labornetzteil noch sicher, denn der Trafo isoliert ja 
das böse L! Allerdings ist der Ausgang nicht mehr potentialfrei, 
logisch.

Nur wenn man durch den mechanischen Aufbau garantiert, daß es NIEMALS 
einen Durchschlag zu PE gibt, kann man die sekundäre Erdung des 
Labornetzteils weglassen, siehe Erdung2. ABER! Dann ist das 
Massepotential des HV-Erzeugers undefiniert, was vor allem in Bezug auf 
die Sicherheit sehr problematisch ist. Wenn das alles maximal isoliert 
aufgebaut ist und niemals einer irgendwie dort ind ie Nähe kommt, kann 
man es tun. In der Praxis ist sowas aber SEHR selten anzutreffen, erst 
recht bei den Profis. Dort ist Erdung das A und O! Man will nur EIN 
heißes Ende haben, nicht zwei!

Natürlich gibt es auch potentialfreie HV-Erzeuger, z.B. Taser und die 
Elektroschocker. Die werden aber auch potentialfrei aus Batterien 
gespeist, da gibt es keine Isolierstrecken zu PE.

von Cube2022 (Gast)


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Danke für die Mühe und Geduld.
HV_Erdung1 ist was hier bisher als MUSS bezeichnet wurde. Dabei ist die 
Ausgangsmasse des Labornetzteils doch potentialfrei. Wieso sieht diese 
Ausgangsmasse dann die HV, wenn ich den heißen Draht erde? Über 
parasitäre Kapazitäten zwischen Eingang und Ausgang des Generators? 
Irgendwo müsste doch dann eine Kopplung sein.

von Falk B. (falk)


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Cube2022 schrieb:
> Danke für die Mühe und Geduld.
> HV_Erdung1 ist was hier bisher als MUSS bezeichnet wurde. Dabei ist die
> Ausgangsmasse des Labornetzteils doch potentialfrei.

Um den Fehlerfall zu zeigen.

> Wieso sieht diese
> Ausgangsmasse dann die HV, wenn ich den heißen Draht erde? Über
> parasitäre Kapazitäten zwischen Eingang und Ausgang des Generators?
> Irgendwo müsste doch dann eine Kopplung sein.

Ich gehe davon aus, daß der HV-Generator nur eine Masse hat. D.h. die 
Ausgangsspannung bezieht sich auf die Eingangsmasse.

von Cube2022 (Gast)


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>>Ich gehe davon aus, daß der HV-Generator nur eine Masse hat. D.h. die
>>Ausgangsspannung bezieht sich auf die Eingangsmasse.

OK, dann kann ich das nachvollziehen. Scheint bei meinem aber nicht so 
zu sein. Kein Durchgang (Multimeter) bei den Minus-Leitungen. Heißt das, 
in meinem Fall ist die Gefahr eines Durchschlags im Netzgerät im 
Fehlerfall (Erdschluss heißer Draht) aufbaubedingt dann nicht gegeben?

von Falk B. (falk)


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Cube2022 schrieb:
> OK, dann kann ich das nachvollziehen. Scheint bei meinem aber nicht so
> zu sein. Kein Durchgang (Multimeter) bei den Minus-Leitungen. Heißt das,
> in meinem Fall ist die Gefahr eines Durchschlags im Netzgerät im
> Fehlerfall (Erdschluss heißer Draht) aufbaubedingt dann nicht gegeben?

Nein, dann hast du zwei galvanische Trennungen und noch undefiniertere 
Erdverhältnisse.

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