Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Elektronische Seilzugspannung regeln?


von Christian N. (digibike)


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Hi,

ich bin eigentlich nur ein "Hobby-Löter" und kein richtiger 
Elektroniker... Da es m.w. aber sowas noch nicht gibt, es aber viele 
Probleme lösen würde und eigentlich lösbar sein könnte - eventuell 
mittel Piezo... Vielleicht hat jemand von euch ja eine Idee oder hat 
schonmal sowas ähnliches realisiert...?

Aber worum geht es nun eigentlich...?
Ich bin recht viel im 3D Druck unterwegs und habe da mitunter auch 2 
Prusa MMU2s, falls das jemand was sagt, in Betrieb. Der Gedanke kam mir 
auch schon früher, aber bei diesen Druckern ist es noch essentieller, 
daß die "Reibung" und somit Kraft möglichst gering bleibt. Beim FDM 3D 
Druck ist der Kunststoff in einem Faden auf einer Rolle aufgewickelt. 
Der Stepper des Extruders muß nun dieses Filament von der Rolle 
abspulen, was er möglichst gleichmäßig tun sollte. Bei der MMU sind dies 
sogar gleich 2 mit den entsprechenden Führungen dazwischen, was die 
Reibung erhöht. Dazu kommt auch noch, daß die Rollen unterschiedlich 
stark befüllt sind und es unterschiedlich große Rollen (bis 8 Kg im 
Konsumerbereich) gibt. Bei 1 Kg oder 750 g ist die Differenz zwischen 
Voll und Leer noch "überschaubar", bei 2 Kg schon nicht mehr wirklich... 
Gleichzeitig darf er aber, z.b. bei Filamentwechsel oder sogenannten 
Retracts oder schneller Förderung durch lange gerade Teilstücke und 
somit kontinuierliche Förderung, nicht die Rolle soweit 
entlasten/abspulen, daß sich lose Stränge bilden und von der Rolle 
"Springen" und so dann verheddern (wird gern Verknoten genannt...)
Im Prinzip sollte die Steuerung also kontinuierlich die Zugspannung auf 
dem "Faden" messen und einen Antrieb ansteuern, die die Rolle 
entsprechend antreibt zum Abspulen oder wieder Aufspulen, so daß eine 
definierte Zugspannung +/- 5% immer anliegt und somit immer die selbe 
Förderkraft am Stepper in diesem Rahmen anliegt und gleichzeitig keine 
komplette Entlastung der Zugspannung, bei Filamentwechsel z.b. passiert. 
Damit entfällt auch der aktuell notwendige komplette "Puffer", der noch 
benötigt wird und die Reibung nochmal erhöht - neben 
Filamentbruchgefahr, weil in den Puffer, die Wechselstrecke des 
Filaments von der MMU zum Extruder ja gepuffert wird, was knapp ein 3/4 
m ausmacht...

Vielleicht fällt jemand ja was dazu ein? Perfekt wäre eine Schaltung auf 
24 V, weil das die Netzteilspannung des Druckers ist und ich eh schon 
ein stärkeres Netzteil verpaßt habe... Aber das ist dann eher das 
kleinere Problem, denke ich mal.

Gruß, Digibike

von Patrick H. (hoppi123)


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Einen Motor in Drehmoment Regelung betreiben mit eventuell überlagerten 
Drehzahlregler für nMax und auf-abspulen.

Das ist easy machbar. Im Grunde reicht ein kleiner BLDC mit HAL Sensoren 
und einem Board mit Phasenstromsensoren.

Der Rest inkl. Kaskadenregelung ist hier schon zigfach vorgestellt 
worden.

von Stefan F. (Gast)


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So etwas löst man normalerweise mechanisch. Bei Näh-, Strick-, und 
Web-Maschinen klappt das schließlich auch mehr als hundert Jahren.

von MaWin (Gast)


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Christian N. schrieb:
> Vielleicht fällt jemand ja was dazu ein?

Bessere Tonbandgeräte regeln die Bandspannung, mechanisch über einen 
gefederten Hebel erfasst wird dann per Poti oder Schalter der 
Wickelmotor bestromt.

Besser erscheint mir, die Filamentspannung mechanisch zu definieren 
(durch 2 aneinanderliegende Schaumstoffsteifen ziehen) und den 
Wickelmotor nur 'genug' Filament hinter dem Schaumstoffstreifen 
abgewickelt vorrätig zu halten.

von STK500-Besitzer (Gast)


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Die Spule sollte schon mal gut gelagert sein und der Extruder 
entsprechend kräftig ausgelegt sein (je besser die Lagerung, umso 
einfacher kann der Extruder gestaltet sein).
Der Retract wird gar nicht auf der Spule aufgewickelt, der ist da als 
etwas mehr Lose" in der letzten Wicklung.

Warum hat noch nimand außer dir dieses "Problem" erkannt?

Christian N. schrieb:
> Beim FDM 3D Druck ist der Kunststoff in einem Faden auf einer Rolle 
aufgewickelt.

Klingt, als wäre das Filament so koaxial wie Lötzinn aufgebaut.
Ist es aber nicht.

von Christian N. (digibike)


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STK500-Besitzer schrieb:
> Die Spule sollte schon mal gut gelagert sein und der Extruder
> entsprechend kräftig ausgelegt sein (je besser die Lagerung, umso
> einfacher kann der Extruder gestaltet sein).
> Der Retract wird gar nicht auf der Spule aufgewickelt, der ist da als
> etwas mehr Lose" in der letzten Wicklung.
>
> Warum hat noch nimand außer dir dieses "Problem" erkannt?
>
> Christian N. schrieb:
>> Beim FDM 3D Druck ist der Kunststoff in einem Faden auf einer Rolle
> aufgewickelt.
>
> Klingt, als wäre das Filament so koaxial wie Lötzinn aufgebaut.
> Ist es aber nicht.

Und das ist ein Trugschluß... Die Rolle darf gar nicht so gut gelagert 
sein - sonst hast du nämlich genau das Problem, daß der Extruder eine 
schnelle Fahrt hin legt und dein Filament beim Stop noch 1-2 Umdrehungen 
weiter läuft... Er muß leicht, aber nicht allzu leicht laufen. Wenn auf 
einer Rolle noch 500 g sind, ist "leicht" etwas anderes, wie wenn 8 Kg 
Filament noch drauf sind... Selbst bei 2 Kg ist der Unterschied an 
Zugkraft sehr hoch. Merkt man teilweise auch im Druckbild. Und ein 
"Retract" macht bei einem Prusa I3 MK3s+ mit MMU2s mal schlappe 70 cm 
aus... Das Teil wechselt zwischendurch die Materialien. Dazu muß es auf 
dem Teilstück zwischen MMU und Extruder entsprechend entladen werden. 
Das ist auch der Grund, warum da 2 Stepper im Eingriff sind. Der der 
MMU, der dafür verantwortlich ist, das Material von der MMU bis zum 
Stepper zu laden - und dann sich ausklinkt bzw. es vom Stepper zurück in 
die MMU holt und dem eigentlichen Stepper im Druckkopf. Da ist nun das 
2.te Problem: gewaltige Stepper machen keinen Sinn, da im Prinzip damit 
die bewegte Masse dramatisch ansteigt. Getriebe wäre da vielleicht noch 
eine Lösung. Allerdings gibt es da auch wieder etwas zu beachten 
bezüglich der Fördergeschwindigkeit und dem mechanischen Spiel in den 
Zahnflanken etc... Daher auch mein ansinnen, im Prinzip immer die beiden 
Stepper vor die gleichen Rahmenbedingungen zu stellen...
Auf die Weise kann ich auch den Anpressdruck am Stepper des Druckkopfs 
deutlich reduzieren, was die Gefahr des "eingrabens" deutlich reduziert. 
Kunststoff unter Kerbwirkung neigt nunmal zum "wegfließen". Kommt dann 
auch noch Wärme hinzu, verbessert das die Situation für die Druckbarkeit 
und Wärmeverzug (Warping) zwar immens, aber nicht für die eigentliche 
Förderung des Filaments am Ritzel (Drucker sind eingehaust).

Deswegen denke ich da in eine etwas andere Richtung. Größer und Stärker 
und leichter ist da leider nicht wirklich so Zielführend... Aber Danke! 
Vielleicht wird die Problematik mit der Ergänzung verständlicher. Die 
genauen Hintergründe erschließen sich ja eigentlich nur, wenn man mit 
der Materie intensiver arbeitet.Da sind schon viele darauf 
"reingefallen" und hatten dann "Spulensalat"... ;-)

Gruß, Digibike

: Bearbeitet durch User
von Stefan F. (Gast)


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STK500-Besitzer schrieb:
> Warum hat noch nimand außer dir dieses "Problem" erkannt?

Das Internet ist voll mit kommerziellen und gebastelten Filament 
Abrollern. Einige davon haben sich offenbar durchaus Gedanken um dein 
Problem gemacht.

Gebe das mal in die Google Bildersuche ein und lasse dich inspirieren.

von Christian N. (digibike)


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Habe ich doch schon. Habe auch schon mechanische weiter optimiert, aber 
es löst halt nur "halblebig" das "Spreizungsproblem"...

Gruß, Digibike

von Sischer dat (Gast)


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MaWin schrieb:
> Bessere Tonbandgeräte regeln die Bandspannung, mechanisch über einen
> gefederten Hebel erfasst wird dann per Poti oder Schalter der
> Wickelmotor bestromt.

Wirklich bessere Tonbandgeräte (die A77 kann man wohl als Referenz 
ansehen) brauchen keine gefederten Hebel. Die bekommen das so hin.

Anders als Tonbandgeräte aber wird beim 3D-Drucker der Vortrieb oft 
ruckartig angehalten und wieder fortgesetzt, und sogar etwas 
zurück"gespult" ("retract"). Eine simple Band-Straff-Halte-Regelung wird 
davon sischer überfordert.

von Teo D. (teoderix)


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MaWin schrieb:
> Christian N. schrieb:
>> Vielleicht fällt jemand ja was dazu ein?
>
> Bessere Tonbandgeräte regeln die Bandspannung, mechanisch über einen
> gefederten Hebel erfasst wird dann per Poti oder Schalter der
> Wickelmotor bestromt.
>
> Besser erscheint mir, die Filamentspannung mechanisch zu definieren
> (durch 2 aneinanderliegende Schaumstoffsteifen ziehen) und den
> Wickelmotor nur 'genug' Filament hinter dem Schaumstoffstreifen
> abgewickelt vorrätig zu halten.

Zusätzliche Reibung.
Die "Vorratsschleife" über ein Gewicht mit Rolle führen, das wiederum in 
einem "Rohr" geführt wird, inkl. Sensor für dessen Position und das dann 
mittels Motor, von der Rolle nachgeführt.
So wie halt auch bei den alten Computer-Bandmaschinen. Nur halt mit nem 
Gewicht, anstatt Unterdruck.

von HildeK (Gast)


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Sischer dat schrieb:
> Wirklich bessere Tonbandgeräte (die A77 kann man wohl als Referenz
> ansehen) brauchen keine gefederten Hebel. Die bekommen das so hin.
>
> Anders als Tonbandgeräte aber wird beim 3D-Drucker der Vortrieb oft
> ruckartig angehalten und wieder fortgesetzt, und sogar etwas
> zurück"gespult" ("retract"). Eine simple Band-Straff-Halte-Regelung wird
> davon sischer überfordert.

Die Tonbandgeräte haben ein geringes Gegendrehmoment, so dass die immer 
Spannung auf dem abwickelnden Teil vorhanden ist. Damit bleibt das Band 
straff. Dann sollte aber auch die Spule optimal gelagert sein.
Was ähnliches könnte man hier auch einsetzen.

Die B77 hat auch einen federnden Hebel vor der Aufwickelspule. Meiner 
Erinnerung nach aber ohne elektronische Erfassung und nur zum 
mechanischen Abfedern des Rucks beim Einschalten vom Bandtransport 
(Abspielen, Umspulen).
Auch beim Tonbandgerät wird aprupt angehalten; beim Starten reicht 
vermutlich das begrenzte Drehmoment.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Christian N. schrieb:
> Im Prinzip sollte die Steuerung also kontinuierlich die Zugspannung auf
> dem "Faden" messen
Altbekanntes Problem aus dem letzten Jahrtausend. Im Walzwerk macht das 
die "Tänzerregelung".

Das zusammen mit Google gibt dir einiges an Literatur..

von Stefan F. (Gast)


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"Tänzer": Interessantes Wort. Genau das meinte ich mit mechanischer 
Lösung. Ich wusste nur nicht wie es heißt.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Stefan ⛄ F. schrieb:
> Interessantes Wort.
Das kommt daher, dass diese Rolle ständig auf und ab "tanzt". Je mehr 
die tanzt, umso schlechter ist die Regelung...

von Christian N. (digibike)


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Klingt interessant. Das werd ich mir mal näher anschauen. Zumal es noch 
recht simpel umsetzbar aussieht... Danke erstmal!

Gruß, Digibike

von Wendels B. (wendelsberg)


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Christian N. schrieb:
> Die Rolle darf gar nicht so gut gelagert
> sein - sonst hast du nämlich genau das Problem, daß der Extruder eine
> schnelle Fahrt hin legt und dein Filament beim Stop noch 1-2 Umdrehungen
> weiter läuft...

Das deutet auf eine voellig falsche Zufuehrung hin.
Die sollte im Idealfall so verlaufen, dass eine solche schnelle Fahrt 
keine ruckartige Bewegung der Rolle verursacht, also z.B. von oben genau 
in der Mitte.

von STK500-Besitzer (Gast)


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Stefan ⛄ F. schrieb:
> Das Internet ist voll mit kommerziellen und gebastelten Filament
> Abrollern. Einige davon haben sich offenbar durchaus Gedanken um dein
> Problem gemacht.
>
> Gib das mal in die Google Bildersuche ein und lasse dich inspirieren.
Ein Thema, das mich nicht wirklich interessiert.

Meine Drucker zuhause haben nur Einfach-Druckköpfe und der in der Firma 
ist ein Ultimaker, bei dem die beiden Filamente bis zum Drukkopf geführt 
werden.

Christian N. schrieb:
> ein "Retract" macht bei einem Prusa I3 MK3s+ mit MMU2s mal schlappe 70 cm
> aus...

Dann müsste jede Filamentrolle einen eigenen Aufwickelantrieb und einen 
Sensor haben. Der Sensor detektiert, dass das Filament "zurückgeliefert" 
wird, und schaltet den Antrieb auf die Spule.
Solche "Sensoren" wurden in Cassttenrecordern zur Bandendabschaltung 
verwendet: Wenn das Band getrafft wurde, wurde der Antrieb gestoppt.
Das sollte man mit einem Mikrotaster mit Rolle hinbekommen.
Dazu dann noch einen Drehgeber, der die Wickelrichting erkennt (wird 
häufig als Bruchsensor verwendet).

von Otto Normal (Gast)


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Du kannst einen zweiten Extrudermotor parallel geschaltet vor dem ersten 
anbringen.damit hast du doppelte Zugkraft.

von oszi40 (Gast)


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Wenn ich jetzt mal von z.B. Magnetbandgeräten (CM5300) ausgehe, so gab 
es einen Aufwickel- und eine Abwickelteller. Hinter beiden befand sich 
ein Gleichstrommotor der im schnellen Spulen vollen Strom bekam und bei 
normalem Bandlauf nur einen geringeren Aufwickel oder ganz geringen 
Haltestrom der Abwickelspule zur Bandstraffung bekam. Dieser 
Motorstrom wurde über die Bandfühlhebel geregelt. Hinter den 
Bandfühlhebeln befand sich eine kapazitive Abtastung. Je nachdem wie 
locker das Band war, schwenkte der Hebel (durch leichte Federkraft) mehr 
aus und die Kapazität veränderte sich. Damit wurde letzendlich der 
Motor-Haltestrom blitzschnell geregelt.

Bei Kassettengeräten war kein Platz für Fühlhebel da behalf man sich mit 
etwas Haltestrom, der abhängig von der aktuellen Größe des Bandwickels 
und erfassten Zählimpulsen reguliert wurde.

Allerdings würde ich die mechanische Bandführung nicht mit einer 
Seilführung vergleichen, die ständig am Material sägt.

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