Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Luxman A311 Vollverstärker - Wackler am Basspoti beseitigt


von Christian S. (roehrenvorheizer)



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Hallo allerseits

ich möchte mal zum Besten geben, wie ich den Luxman A311 - 
Vollverstärker repariert habe. Als Nebeneffekt habe ich einen 
Testlautsprecher geschrottet.

Der Verstärker ist im Prospekt von 1991/92 zu finden mit etwa 40..60W je 
nach Lautsprecherimpedanz. 2x 6800µF/50V-Elkos an der Endstufe.

Im Prinzip funktionierte alles, man konnte von allen Eingängen Musik 
hören, nur beim Drehen des Baß-Klangregel-Knopfes im Bereich der Mitte, 
wo er einrastet, da gab es oft einen mehr oder weniger starken Knacks im 
rechten Lautsprecher, nicht immer gleichartig. Klar, ein Wackelkontakt. 
So lange das nicht so schlimm war, wollte ich es ertragen.

Mit der Zeit wurde der Knacks aber zum herben Schlag für den 
Baßlautsprecher, dessen Membran sich weit bewegte. Eingestellt war 
"Nachtlautstärke". Es kam mir vor, als käme die volle Betriebsspannung 
raus. Die Schutzschaltung schaltete das Relais ab. Ich stellte den 
Verstärker weg, um zu vermeiden, daß die Lautsprecher noch beschädigt 
werden.

Ich studierte das Schaltbild.

https://elektrotanya.com/luxman_a-311_amplifier.pdf/download.html

Die Schleifer des Baßsteller-Potis gehen direkt an die invertierenden 
Eingänge der nachfolgenden Operationsverstärker. Lautstärke- und 
Balance-Steller sind weiter vorne, also links davon im Schaltbild 
angebracht. Setzt der Kontakt am Schleifer aus, liegt der invertierende 
Eingang offen und vermutlich geht der OPV-Ausgang gegen eine der 
Betriebsspannungen. Der 100pF-Kondensator nützt da auch nicht viel. 
Dahinter kommt direkt die Endstufe und nicht der runter gedrehte 
Lautstärke-Steller.

Idee: Mangels Ersatzpoti 10 kOhm könnten zwei Widerstände helfen, die 
ich da parallel zum Poti einbaue, also vom Schleifer zum einen Ende und 
vom Schleifer zum anderen Ende. Als Wert würfelte ich mir 22 kOhm 
herbei. Die Klangregel-Charakteristik sollte sich nicht zu sehr 
verändern, aber "offen" soll der Signalweg noch perfekt erhalten 
bleiben. Beide Kanäle sollen die gleiche Veränderung erfahren, damit 
"Stereo" noch vernünftig funktioniert. Der Schalter für CD-Direkt ist 
auch nicht vorne dran. Es gibt keinen Schalter, der Balance-Steller und 
alle Klangsteller überbrückt.

Im Schaltplan-Ausschnitt sieht man den Klangsteller mit 
Puffer-Verstärker links mit IC301. Aus seinem niederohmigen Ausgang wird 
der Klangsteller mit IC302 versorgt, danch erfolgt wieder ein 
Puffer-Verstärker mit IC303, damit das Signal niederohmig an die 
Endstufe weiter gereicht werden kann.

Um mal vorzugreifen: Am Ende haben die Widerstände den Erfolg gebracht. 
Es kracht überhaupt nicht mehr und zumindest mit den Testlautsprechern 
arbeiteten die Klangsteller wie gewohnt. Die besseren Lautsprecher waren 
noch nicht dran. Frequenzgang kann ich hier nur sehr umständlich messen.

Um den Eingriff vorzunehmen, mußte ich von unten an die Platine vorne 
unten heran kommen. Diese mußte raus und dafür muß man die Front 
abbauen. Es genügt, die Front zu lösen, aber ohne die Platine hinter den 
Tasten zu entfernen. Raus muß auch der Netzschalter, die Muttern von den 
Potis müssen ab, sowie die Platine mit dem Gleichrichter, den 
A-B-Schaltern und der Kopfhörerbuchse. Diese ist mit drei Schrauben 
befestigt, wobei zwei davon so eine Kontaktfläche auf der Platine oben 
und unten haben, damit es gut Kontakt gibt zum Gehäuse. Die OPVs liegen 
links wo die vielen Elkos zu sehen sind. Das sind Bipolar-Elkos im 
Signalweg, wie es sich gehört.

Die Platine habe ich ausgebaut bekommen, konnte sie hoch klappen ohne 
daß irgendein Draht oder Stecker abgezogen werden mußte. Es waren also 
alle Verbindungen noch dran. Die Widerstände anzubringen war keine große 
Kunst.

So sollte nun vor dem Zusammenbau der Verstärker mal zeigen, wie sich 
die neuen Widerstände auswirken. Je nachdem hätte ich nochmals den Wert 
geändert, z.B. größere eingebaut, die die Charakteristik noch weniger 
verändern. Signal dran. Ich habe darauf geachtet, daß nirgends 
unerwünschte Kontakte entstehen und schaltete Strom dran.

Nichts passierte. In der 220V-Position des Spannungswählers gingen nach 
Minuten wenigstens die LEDs an, ohne daß das Relais einschaltete. Das 
habe ich dann mehrfach wiederholt. Dann schraubte ich die untere Platine 
wieder an, die an den Schraublöchern die Extra-Kontakte hatte.

Eingeschaltet und gewartet. Oh Schreck, es brüllt! Darauf war ich nicht 
vorebereitet bis ich das abstellen konnte, hatte es schon den einen 
Baßlautsprecher zerstört. Die Schwingspule war auseinander und er 
kratzte stark. Waren nur die wertlosen Testlautsprecher vom Sperrmüll, 
aber Nutzwert hatten sie inzwischen bekommen. 5 Sekunden haben gereicht, 
um den 5-Watt-Lautsprecher zu schrotten, der Hochtöner geht noch. Der 
Verstärker ist gewöhnlich schon in 9-Uhr-Stellung des Lautstärke-Knopfes 
gut laut. Da hatte ich ihn wohl schon drüber raus gedreht.

Danach habe ich die Widerstände so gelassen und den Verstärker wieder 
zusammen geschraubt.

Noch zur Innenansicht: Der hartnäckige Staub ist von den spendablen 
Vorbesitzern, die anscheinend Teppiche und evtl ein Haustier hatten. 
Druckluft ist bei mir nicht einsatzbereit. Unter dem freien Teil der 
großen Platine werden die Audiosignale erst mal von ganz hinten nach 
ganz vorne zu den Steckern, dann über die Kabel in die Front auf die 
senkrechte Platine zu den Tasten geführt. Von dort wieder runter zur 
ausgebauten Klangsteller-Platine. Die Platine mit der Schrift ist nur 
drauf geklebt.

Erkenntnis:
Ohne daß die Platine angeschraubt ist, schaltet das Lautsprecherrelais 
nicht ein und sogar die Steuerung der LEDs setzt aus. Es ging dabei 
nichts kaputt, aber die Verbindung zum Chassis darf also nicht fehlen.

Einzige Frage:
Ist das oft/immer bei Industriegeräten so der Fall? Daß es so einen 
gravierenden Unterschied macht, ob die Platine frei drin ist oder 
angeschraubt, hätte ich nicht erwartet. Ich dachte, solche Kontakte zum 
Chassis sollen hauptsächlich das Brummen vermeiden.

mit freundlichem Gruß

: Bearbeitet durch User
von Andre (Gast)


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Christian S. schrieb:
> Ich dachte, solche Kontakte zum
> Chassis sollen hauptsächlich das Brummen vermeiden.

Das finde ich jetzt auch merkwürdig! Besonders wo die so einen 
werbewirksamen Aufriss um ihre sternförmige Stromversorgung machen...
Ich persönlich würde da die Steckverbinder prüfen und ggf. ein paar 
Brücken zwischen den Platinen einlöten. Die Schraubverbindung an das 
Blech hält nicht ewig, mit etwas Korrosion fängst du dir da tolle 
Effekte ein.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Ich hätte noch die leise Vermutung anzubieten, daß die DC-Überwachung 
angeschlagen haben könnte, weil vielleicht eine Gleichspannung von 200 
mV oder ähnlich am Ausgang aufgetaucht sein könnte aufgrund schlechter 
Masse. Aber gemessen habe ich nichts, da das Relais aus war und ich 
nicht ohne Kenntnis bei den Ausgangstransistoren herumstochern wollte. 
Einmal abgerutscht...

mfg

von Rainer Z. (netzbeschmutzer)


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Christian S. schrieb:
> Noch zur Innenansicht: Der hartnäckige Staub ist von den spendablen
> Vorbesitzern, die anscheinend Teppiche und evtl ein Haustier hatten.

Lass das mal nicht Rudi lesen, dann muss er in die Badewanne (der 
Verstärker, nicht der TO). :)

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Er wird auch gleich alle Elkos auswechseln.

mfg

von Onkel Hotte (Gast)


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Christian S. schrieb:
> Luxman A311 - Vollverstärker repariert habe.

Naja, zurechtgemurkst.

> Mangels Ersatzpoti

Warum? Gängige Bauart, kann man bestellen. Oder öffnen und aufbereiten.

> könnten zwei Widerstände helfen

Aber nur hilfsweise, bis das Ersatzpoti da ist, weil das hier...

> Die Klangregel-Charakteristik sollte sich nicht zu sehr verändern

...eine Fehleinschätzung ist.

> Ohne daß die Platine angeschraubt ist, schaltet das Lautsprecherrelais
> nicht ein und sogar die Steuerung der LEDs setzt aus.

Das darf nicht passieren, da ist noch was anderes faul. Die 
Steckverbinder wie in Luxman_A311_grosse_Platine.JPG linksseitig zu 
sehen setzen gerne mal aus und/oder der nicht routinierte Bastler reisst 
beim Zerlegen gerne mal dran, ohne es merken.

von Onkel Hotte (Gast)


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Andre schrieb:
> Besonders wo die so einen
> werbewirksamen Aufriss um ihre sternförmige Stromversorgung machen...

Die auch tatsächlich so ausgeführt wird. Die im Schaltbild angedeuteten 
Verbindungen findet man auch so im Layout wieder.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Danke für die Einschätzung. Bestellen werde ich vermutlich erst im 
nächsten Jahr wieder mengenmäßig beim Elektronikversand.

Das Poti hätte ich vermutlich nicht ohne irgendwelche Zerstörungen 
heraus bekommen, deshalb die Methode mit den Widerständen. Da fehlt mir 
noch Entlötequipment und Erfahrung. Das Poti dürfte ein Standardmodell 
sein. Vielleicht werde ich es irgendwann mal ersetzen.

Den Verstärker kann ich wieder einsetzen und darauf kam es an.

Natürlich kann man auf höherem Niveau reparieren als ich es hier gezeigt 
habe. Solche Geschichten kommen bei mir nur alle paar Jahre mal vor.

mfg

: Bearbeitet durch User
von Monk (roehrmond)


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Für meinen Geschmack war das zu viel Text für die kleine Änderung. 
Dennoch freue ich ich mich, dass es noch Leute gibt, die solche Tipps 
teilen. Dafür ist das Internet doch gemacht, finde ich.

von Peter D. (peda)


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Christian S. schrieb:
> 5 Sekunden haben gereicht,
> um den 5-Watt-Lautsprecher zu schrotten

Ein 5W-Lautsprecher an einem 40W Verstärker, sehr leichtsinnig.
Der Lautsprecher sollte immer gut Reserve haben gegenüber dem 
Verstärker.
Man steckt ja auch keine 115V-Birne in ne 230V Steckdose.

: Bearbeitet durch User
von Onkel Hotte (Gast)


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Peter D. schrieb:
> Ein 5W-Lautsprecher an einem 40W Verstärker

Das ist für Testzwecke völlig Latte, solange man nicht aufdreht.

> Man steckt ja auch keine 115V-Birne in ne 230V Steckdose.

Äpfel, Birnen. Wie üblich.

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