Forum: Offtopic Wafer Fragen


von Mister L. (Firma: yssir) (derbystar)


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Hi.

mal zwei Fragen zu Wafern, welch ich im Netz leider nicht beantworten 
kann:

- Weshalb macht man Waferscheiben 30cm Durchmesser? Würde man sie größer 
machen hätte man A: Weniger Verschnitt und B: Müsste man die Aufwendigen 
Prozesse nicht so oft durchführen

- Wie lang ist ein Siliziumstab? ca. 2 m? und wieso züchtet man diesen 
nicht weiter sodass er z.B. 10 m hat? So würde man mehr Scheiben aus 
einem Stab heraus bringen?

Merce schonmal und Gruß

: Verschoben durch Moderator
von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Man hat sie früher sogar noch viel kleiner gemacht. Ich glaube, der 
Anfang waren Scheiben von 1 Zoll Durchmesser. :-)

Sukzessive sind sie im Laufe der Jahre größer geworden (aber nicht für 
alle Halbleitermaterialien gleichermaßen), sowie man in der Lage war, 
die damit einhergehenden (sehr vielfältigen) technologischen Probleme in 
den Griff zu bekommen. Nur mal ein Beispiel für solcherart Probleme: in 
einem Diffusionsofen ist es nicht überall gleich heiß, was natürlich 
einen Einfluss auf die Diffusionsvorgänge hat.

Auch bei der Länge des Kristalls hast du technologische Grenzen in dem, 
was so eine Maschine handhaben kann. Dort ist außerdem der "Gewinn" 
relativ noch geringer als bei den Scheibengrößen, wenn man den Stab nun 
3 Meter statt 2 Meter lang baut, denn lediglich der "Verschnitt" an 
Anfang und Ende wird dadurch relativ weniger.

von Gerald B. (gerald_b)


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Große Wafer haben nicht nur Vorteile. Große Scheiben rechnen sich nur 
bei echten Massenprodukten. Anfangs hat man deshalb auf 300mm Wafern 
z.B. nur DRAM hergestellt, weil eine Lithomaske sich erst ab einer 
bestimmten Scheibenanzahl rechnet und eine größere Lithomaske kostet 
halt auch mehr. Deshalb haben kleine FABs, die Nischenprodukte fertigen, 
teils auch noch 150mm Scheiben.
Zweitens sind die Produktionsanlagen für die Chipherstellung für größere 
Wafer zumindest am Anfang teurer. Man muß ja die Entwicklungskosten 
wieder reinholen. Bei mehr Waferfläche wird es immer komplizierter, eine 
gleichmäßige Uniformity über den ganzen Wafer zu erzielen. D.h. bei 
allen chmischen und physikalischen Prozessen muß die Gaskontentration, 
die Fließgeschwindigkeit von Gasen und die Energiedichte im Plasma an 
allen Stellen gleich groß sein.
Du hast  z.B. den Wafer mitten in der Prozesskammer liegen, die Ätzgase 
kommen von oben - müssen aber auch irgendwo hin. Der Wafer legt wie auf 
einer Insel, unten wird ringförmig abgesaugt. Wenn der Wafer größer 
wird, werden am Rand Turbulenzen wahrscheinlicher, je größer der Wafer 
wird.
Beim Belichten in der Litho werden Unschärfen und Verzeichnungen in den 
Randbereichen bei steigender Größe wahrscheinlicher. Stelle dir den 
optischen Strahlengang vor. In einer gewissen Höhe über dem Wafer ist 
der Brennpunkt. Ein senkrecht drunterliegender Punkt hat die kürzeste 
Strecke. Je weiter du nach außen kommst, desdo länger wird diese 
Strecke, vom Brennpunkt aus, je größer der Waferdruchmesser wird.
Und es gibt noch weitere "Nebeneffekte" an die niemand im Vorfeld denkt.
es gibt Prozesse, die mit hohen Temperaturen der Wafer einhergehen (CVD, 
Ofenprozesse) Durch bereits abgeschiedene Schichten krümmt sich der 
Wafer bei Erhitzung, ähnlich wie bei Bimetall. Diese Krümmug ist von 
Scheibe zu Scheiben aber zufällig, ob nach oben oder nach unten.
Die Shelfs in der Anlage, wo die Wafer wie in einem Regal liegen, haben 
10mm Abstand. Wenn der Robbi zwischen die Wafer einfährt, um sie 
anzuheben und abzulegen, wurde das schon bei 300mm grenzwertig, wenn 
einer nach oben und einer nach unten verzogen ist.
450mm war bei Einführung von 300mm mal angedacht, wurde in den letzten 
22 Jahren aber nie in Angriff genommen.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Gerald B. schrieb:
> Anfangs hat man deshalb auf 300mm Wafern
> z.B. nur DRAM hergestellt, weil eine Lithomaske sich erst ab einer
> bestimmten Scheibenanzahl rechnet und eine größere Lithomaske kostet
> halt auch mehr.

Die Maske bleibt in der Größe gleich, sie wird nur auf einer Scheibe 
häufiger repliziert bei der Belichtung. Die Zeiten, wo man mit einer 
Maske eine ganze Scheibe belichten konnte, sind schon lange vorbei.

> Deshalb haben kleine FABs, die Nischenprodukte fertigen,
> teils auch noch 150mm Scheiben.
> Zweitens sind die Produktionsanlagen für die Chipherstellung für größere
> Wafer zumindest am Anfang teurer.

Das dürfte der wesentliche Grund sein, warum kleinere Fabs mit kleineren 
Scheiben arbeiten. Die Investitionssummen für 300 mm sind nicht 
unerheblich. Als Bosch hier in Dresden ihre 300-mm-Fab eingeweiht hat, 
war die Rede von der größten Einzelinvestition des Unternehmens in 
seiner Geschichte.

: Bearbeitet durch Moderator
von Gerald B. (gerald_b)


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Jörg W. schrieb:
> Das dürfte der wesentliche Grund sein, warum kleinere Fabs mit kleineren
> Scheiben arbeiten. Die Investitionssummen für 300 mm sind nicht
> unerheblich. Als Bosch hier in Dresden ihre 300-mm-Fab eingeweiht hat,
> war die Rede von der größten Einzelinvestition des Unternehmens in
> seiner Geschichte.

Das ist auch der Grund, warum die Chipkriese nicht von heute auf morgen 
zu lösen ist.
Kleine Fabs kaufen viele Produktionsalangen Secondhand von den großen 
Platzhirschen, wenn die sich für die neuesten Technologien neu 
ausstatten. Der Markt an gebrauchten Anlagen gibt aber nicht mehr her, 
wenn sich der Bedarf an ICs sprunghaft erhöht.
Viele ICs sind aber eher trivial aufgebaut, wie Displaytreiber u.ä.
Deren Margen und Stückzahlen geben es garnicht her, auf größeren Wafern 
und moderneren Anlagen gefertigt zu werden. Davon abgesehen müßte dann 
der Prozess nochmals neu enwickelt und abgestimmt werden

von Michael B. (laberkopp)


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Mister L. schrieb:
> welch ich im Netz leider nicht beantworten kann

Es gibt so vieles, für das man selber nachdenken müsste.

Wafer sind hocheben. Das wird um so schwieriger, je grösser sie werden, 
zumal sie möglichst dünn sein sollen. Niemandem ist mit Wellblech 
geholfen, zudem zerbrechen sie dann leichter. Und alle Maschinen müssten 
grösser werden und damit teurer. Man behilft sich in der Realität halt 
gerne mit Kompromissen.

Nicht mal Stahlträger werden gerne mit über 6m ausgelieifert, weil es 
dann einfach zu unhandlich wird. Dein 10m x 50cm Rohling würde 5 Tonnen 
wiegen.
Und man hat kaum Gewinn, die abgesägten Enden werden wieder 
eingeschmolzen und kommen dann eben im nächsten Rohling unter die 
Diamantbandsäge.

von Alexander S. (alesi)


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Hallo,

wie bereits geschrieben wurde sind größere Wafer a) schwieriger zu 
produzieren und b) erfordern sie aufwändigere Anlagen zur Bearbeitung.
Die Si-Wafer müssen einkristallin sein und dürfen nur sehr sehr sehr 
wenige Defekte und Verunreinigungen enthalten. Dafür müssen die 
Bedingungen beim Wachstum sehr homogen sein und genau kontrolliert 
werden. Ein 200 mm Wafer ist noch einigermaßen stabil, ein 300 mm Wafer 
biegt sich schon deutlich durch und ein 450 mm Wafer zerbricht 
wahrscheinlich sofort, wenn man ihn nur am Rand auflegt.

Mister L. schrieb:
> welch ich im Netz leider nicht beantworten
> kann:

https://www.extremetech.com/computing/242699-450mm-silicon-wafers-arent-happening-time-soon-major-consortium-collapses

: Bearbeitet durch User
von Mister L. (Firma: yssir) (derbystar)


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Servus zusammen.
Merce für die vielen Antowrten :)

von Christoph Z. (christophz)


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Jörg W. schrieb:
> Man hat sie früher sogar noch viel kleiner gemacht. Ich glaube, der
> Anfang waren Scheiben von 1 Zoll Durchmesser. :-)

Scheinbar war der beginn bei 20 mm:
"From 20 mm to 450 mm: The Progress in Silicon Wafer Diameter Nodes"
https://www.tel.com/museum/magazine/material/150430_report04_03/index.html

Alexander S. schrieb:
> 
https://www.extremetech.com/computing/242699-450mm-silicon-wafers-arent-happening-time-soon-major-consortium-collapses

Habe einen Artikel aus 2022 gefunden, der deinen verlinkten Artikel von 
2017 nochmals bestätigt und dass sich nix geändert hat:
https://community.cadence.com/cadence_blogs_8/b/breakfast-bytes/posts/450mm-wafers

von Matthias S. (da_user)


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Alexander S. schrieb:
> Ein 200 mm Wafer ist noch einigermaßen stabil, ein 300 mm Wafer
> biegt sich schon deutlich durch und ein 450 mm Wafer zerbricht
> wahrscheinlich sofort, wenn man ihn nur am Rand auflegt.

Ich habe früher 8" Wafer dünn geschliffen.
Eine 20cm Scheibe mit einer Dicke im Zehntelmillimeterbereich und der 
Stabilität einer Glasscheibe ist nicht gerade einfach zu handeln. Da 
gingen sicherlich auch ein paar Mio € zu Bruch.
Mit 300mm wäre das wohl noch schwerer gewesen.
Hin und wieder gabs dann mal eine 6" Scheibe aus einem anderen Werk, die 
waren praktischer...

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Matthias S. schrieb:
> Mit 300mm wäre das wohl noch schwerer gewesen.

Die fasst keiner mehr mit der Hand an.

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