Hallo zusammen, beruflich setze ich mich aktuell mit der Leistungselektronik auseinander. Mein neuer Brötchengeber produziert Umrichter im mittleren Leistungsbereich. Parallel zur Einarbeitung versuche ich meine angestaubten Drehstromkenntnisse wieder auf Stand zu bringen und setze mich auch mit Schaltungstechnik auseinander (aktuell arbeite ich das Buch "Leistungselektronik" vom Vogel Fachbuch-Verlag durch). Gerade als ich die B6-Brückschaltung mit Dioden kapiert habe, kommt zwei Seiten weiter die Schaltung eines lastgeführten Stromrichters für Synchronmaschinen auf mich zu und ich verstehe nur Bahnhof. Ich versuch es mal in meinen Worten: Die B6-Brücke (nennen wir sie B6L) auf der linken Seite Macht aus dem 3-phasigen Wechselstrom einen Gleichstrom der über die Spule in die rechte B6-Brücke (B6R) fließt. Die Spule dient als Drossel zu Glättung des Gleichstroms, der von B6L zur Verfügung gestellt wird. Jetzt will ich daraus ja wieder einen 3-phasigen Wechselstrom in der Synchronmaschine machen, aber die Frequenz ändern. Die Frequenz ist wiederum abhängig von den Schaltzeiten/Impulsen die von den Thyristoren in B6R ausgehen. Jetzt kommt die Gretchenfrage: Woher wissen die Thyristoren, wann sie schalten müssen (und ich rede von beiden Brücken!)? Der Thryistor braucht einen Gate-Strom, damit er durchsteuert. Im Gegensatz zu Dioden müssen doch Thyristoen, IGBTs, MOSFETs usw. angesteuert werden. Mal angenommen die Spannung an L1 ist positiv, L2 und L3 sind negativ. Der Strom fließt jetzt über T1 durch die Drosselspule L in die rechte Brücke. Und dann? Um im Synchronmotor wiederum einen Drehstrom zu erhalten, muss ich den Strom dazu zwingen, dass er dann z.B. - von T7 nach T12 nach T6 zu L3 - oder von T7 nach T11 nach T5 zu L2. In welcher Frequenz der Stromfluss in B6R stattfindet ist wiederum davon abhängig, wie häufig die Thyristoren angesteuert werden. Woher kommen also die Steuerimpulse für die Thyristoren in der Schaltung? So ganz klar ist mir das noch nicht... Ich weiß, es ist ein Thema der Leistungselektronik - aber ich hoffe, dass ihr mir beim Lesen der Schaltung weiterhelfen könnt! Beste Grüße
Luzian F. schrieb: > Woher wissen die Thyristoren, wann sie schalten müssen (und ich rede von > beiden Brücken!)? Der Thryistor braucht einen Gate-Strom, damit er > durchsteuert. Vom Steuergerät, was im Bild rot im Kästchen steht. Da sitzt normalerweise ein Microcontroller drinnen, der überall (vor dem Gleichrichter und hinter dem Wechselrichter) Strom und Spannung misst, und damit die Regelschleife schließt. Diese Regelschleife gibt vor, welche Transistoren wie lange durchsteuern sollen, um das gewünschte Verhalten zu erreichen. Die komplette Regelungstechnik deines Umrichters ist allerdings ein Thema für sich. Stichwort: Feldorientierte Regelung. Gruß,
Klaus schrieb: > Vom Steuergerät, was im Bild rot im Kästchen steht. Da sitzt > normalerweise ein Microcontroller drinnen, der überall (vor dem > Gleichrichter und hinter dem Wechselrichter) Strom und Spannung misst, > und damit die Regelschleife schließt. > Diese Regelschleife gibt vor, welche Transistoren wie lange durchsteuern > sollen, um das gewünschte Verhalten zu erreichen. > > Die komplette Regelungstechnik deines Umrichters ist allerdings ein > Thema für sich. Stichwort: Feldorientierte Regelung. > > Gruß, Hi - danke für die schnelle Antwort! Ok, ich dachte schon, ich bin komplett neben der Spur... Dann würde ich das Schalten der Tyhristoren (T)so erklären: Die T's in der linken Brücke werden zwar auch von einem extern Gerät angesteuert, erhalten aber ihre Steuerimpulse direkt von den drei Phasen L1/2/3. Das wäre IMO die rationalste Lösung. Auf der rechten Seiten werden die T's also von einem MC mit Treibersoftware angesteuert; je nachdem, welche ich Frequenz ich am Ausgang haben will. Das macht Sinn! Für mich ergibt sich daraus aber noch einen Gegenfrage: Was ist dann mit fremd- und selbstgeführten Stromrichtern gemeint? Brauche ich nicht IMMER ein "fremdes" Steuergerät, um die Halbleiter durchzuschalten?!
In der Linken Hälfte, dem Gleichrichter verwendet man Dioden. Ich kann nicht nachvollziehen, warum dein Buch dort Thyristoren verwenden will. Ohne Steuerung kann das jedenfalls nicht funktionieren. Auf der rechten Seite kannst du keine Thyristoren verwenden, weil die nicht mehr aus gehen, wenn sie einmal eingeschaltet sind. Du brauchst dort Transistoren.
Stefan F. schrieb: > In der Linken Hälfte, dem Gleichrichter verwendet man Dioden. Ich > kann > nicht nachvollziehen, warum dein Buch dort Thyristoren verwenden will. Wegen der Rückspeisung. > Auf der rechten Seite kannst du keine Thyristoren verwenden, weil die > nicht mehr aus gehen, wenn sie einmal eingeschaltet sind. Du brauchst > dort Transistoren. Nö, man nimmt z.B. GTO-Thyristoren.
H. H. schrieb: > Nö, man nimmt z.B. GTO-Thyristoren. Interessante Bauteile, kannte ich noch nicht. Nur schade, dass das Lehrbuch nicht die richtigen Schaltzeichen verwendet.
Stefan F. schrieb: > Nur schade, dass das Lehrbuch nicht die richtigen Schaltzeichen > verwendet. Soll doch nur das Prinzip darstellen.
H. H. schrieb: > Stefan F. schrieb: >> In der Linken Hälfte, dem Gleichrichter verwendet man Dioden. Ich >> kann >> nicht nachvollziehen, warum dein Buch dort Thyristoren verwenden will. > > Wegen der Rückspeisung. > >> Auf der rechten Seite kannst du keine Thyristoren verwenden, weil die >> nicht mehr aus gehen, wenn sie einmal eingeschaltet sind. Du brauchst >> dort Transistoren. > > Nö, man nimmt z.B. GTO-Thyristoren. Ok, danke erstmal hier für die Klärung. Trotzdem nochmal zurück zu meiner Nachfrage von oben: > Was ist dann mit fremd- und selbstgeführten Stromrichtern gemeint? > Brauche ich nicht IMMER ein "fremdes" Steuergerät, um die Halbleiter > durchzuschalten?!
Stefan F. schrieb: > In der Linken Hälfte, dem Gleichrichter verwendet man Dioden. Ich kann > nicht nachvollziehen, warum dein Buch dort Thyristoren verwenden will Das ist ein netzgeführter Gleichrichter bei dem über den Zündwinkel der Ausgangsstrom geregelt werden kann. Stefan F. schrieb: > Ohne Steuerung kann das jedenfalls nicht funktionieren. Die Steuerung wird in den seltesten Fällen explizit mit abgebildet. Natürlich muss man die Thyristoren ansteuern, sonst passiert nichts. Stefan F. schrieb: > Auf der rechten Seite kannst du keine Thyristoren verwenden, weil die > nicht mehr aus gehen, wenn sie einmal eingeschaltet sind. Du brauchst > dort Transistoren. Nein, das ist ein Wechselrichter mit einem Stromzwischenkreis (nicht Spannungszwischenkreis) der von der Maschine geführt wird. H. H. schrieb: > Nö, man nimmt z.B. GTO-Thyristoren. Das ist bei einem Stromzwischenkreisumrichter definitiv nicht zu empfehlen weil du dann den Strom in der Zwischenkreisinduktivität abschalten müsstest, was zur Zerstörung der Bauteile führen würde. Was du vor dir hast ist ein Stromzwischenkreisumrichter (Current Source Converter) bei dem du keinen DC-link mit einem Kondensator hast, wie das bei den normalen Vollbrücken und Dreiphasenbrücken (Spannungszwischenkreisumrichter bzw. Voltage Source Converter) der Fall ist. Die Grundidee ist die, dass der Strom in der Spule konstant ist, du kannst sie daher durch eine Stromquelle ersetzen und die linke und die rechte Schaltungsseite unabhängig voneinander Betrachten. Ähnlich macht man das ja auch bei Umrichtern mit DC-link Kondensator, dort kann man z.B. eine netzseitige PFC unabhängig von einem maschinenseitinge Dreiphaseninverter betrachten und nimmt dazu eine konstante DC-link Spannung an. Die Frequenz mit der die Bauteile schalten ist links immer die Netzfrequenz, rechts immer die Frequenz der Maschine, also drehzahlabhängig (daher "netzgeführ" bzw. "maschinengeführt"). Die Ansteuerung der Bauteile muss sich dabei natürlich mit dem Netz/der Maschine synchronisieren. Die Zündpulse zum Schalten der Thyristoren werden dabei relativ zum natürlichen Kommutierungspunkt verzögert. Auf die schnelle sollte das hier weiterhelfen: https://www.jade-hs.de/fileadmin/fb_ingenieurwissenschaften/Download/WE/Mechatronik/Elektronik/Renken/Download/LEK/Leistungselektronik_Kap3_V01.pdf Ansonsten sind die Vorlesungsskripte der ETH Zürich sehr zu empfehlen, die finde ich aber mit Google grad nicht. Luzian F. schrieb: > Mein neuer Brötchengeber produziert Umrichter im mittleren > Leistungsbereich. Rein aus interesse: was verstehst du unter "mittlerem Leistungsbereich"? Mittlere Leistung fängt bei mir irgendwo zwischen 100 kW und 1 MW an, ist aber arg kontextabhängig. Thyristorumrichter werden heute eigentlich kaum mehr eingesetzt, heute sind fast alle Motorumrichter Zweilevel-Dreiphaseninverter. Die Gründe sind die viel niedrigeren Verluste, der reduzierte Filteraufwand und das bessere dynamische Verhalten. Ausnahmen sind Bestandlösungen oder Umrichter am oberen Ende der Leistungsskala (> 10 MW), wobei man dort auch eher IGCTs mit Spannungszwischenkreis einsetzt.
Thyristor schrieb: > Das ist bei einem Stromzwischenkreisumrichter definitiv nicht zu > empfehlen weil du dann den Strom in der Zwischenkreisinduktivität > abschalten müsstest, was zur Zerstörung der Bauteile führen würde. Ist mir schon klar, aber auf den Unterschied im Zwischenkreis wollte ich nicht eingehen. Es ging nur um die Aussage Thyristoren seine nicht abschaltbar.
Luzian F. schrieb: > Was ist dann mit fremd- und selbstgeführten Stromrichtern gemeint? Die Freitagsantwort: fremdgeführt, d.h. kommt aus Fernasien. selbstgeführt, d.h. kommt aus GER
H. H. schrieb: > https://www.energie-lexikon.info/wechselrichter.html Das hat leider mit dem obigen Umrichter nicht viel zu tun, der Begriff wird hier anders verwendet. Der englische Beriff "line commutated converter" wäre hier wohl eindeutiger.
Es gibt auch Schaltungen mit Löschthyristor, d.h. Löschkreis: https://www.leybold-shop.de/735343.html Im Schema ist aber häufig nur ein Thyristor eingezeichnet.
Hi - danke für die Antwort. Zu deiner Frage zwecks Leistunsbereich: V.A. Umrichter für Industrieanlagen (WKA, PVA, Produktionsanlagen,...) aber auch immer mehr Elektromobilität.
Luzian F. schrieb: > V.A. Umrichter für Industrieanlagen (WKA, PVA, Produktionsanlagen,...) > aber auch immer mehr Elektromobilität. Klingt nicht nach Thyristoren, und auch nicht nach Stromzwischenkreis.
H. H. schrieb: > https://www.energie-lexikon.info/wechselrichter.html Super - danke für den Link! Ich habe es so verstanden, dass mit "fremd-" und "selbstgeführt" die Ansteuerung der Halbleiter gemeint war (wobei der Gedankengang bei Dioden ja schon wieder hinfällig ist)... Also Fazit für mich: Umrichter mit Schaltern (MOSFETs, Thyristoren, IGBT's, ...) benötigen immer ein externes Steuermodul, dass die Halbleiter durchsteuert (je nachdem was gefordert ist). Fremd- und selbstgeführte Umrichter unterscheiden sich nach ihrem Einsatzort (jetzt mal ganz abstrakt runtergebrochen)... Ich denke, damit wären erstmal meine initialen Fragen geklärt - Danke euch! Beim Thema "Löschen eines Thyristors" kommen ich nochmal auf euch zu - bestimmt :-D
H. H. schrieb: > Luzian F. schrieb: >> V.A. Umrichter für Industrieanlagen (WKA, PVA, Produktionsanlagen,...) >> aber auch immer mehr Elektromobilität. > > Klingt nicht nach Thyristoren, und auch nicht nach Stromzwischenkreis. Nein, dort werden auch IGBTs verbaut. Das Thema Stromzwischenkreis kam jetzt speziell von mir, da ich mich, wie erwähnt, aktuell durch Fachliteratur durchbeiße um mein Verständnis für die Themen aufzubauen.
Luzian F. schrieb: > H. H. schrieb: > >> https://www.energie-lexikon.info/wechselrichter.html > > Super - danke für den Link! Ich habe es so verstanden, dass mit "fremd-" > und "selbstgeführt" die Ansteuerung der Halbleiter gemeint war (wobei > der Gedankengang bei Dioden ja schon wieder hinfällig ist)... Luzian F. schrieb: > Fremd- und selbstgeführte Umrichter unterscheiden sich nach ihrem > Einsatzort (jetzt mal ganz abstrakt runtergebrochen)... Siehe meine Antwort oben, das ist nicht das was in diesem Zusammenhang mit fremd/selbstgeführt gemeint ist. Bei fremdgeführten Umrichtern ist die Schaltfrequenz der Halbleiter vom Netz (bzw. im Falle einer Maschine von der Maschine) vorgegeben. Der von dir eingangs gezeigte Umrichter kann die Thyristoren nicht selbst abschalten, das Abschalten passiert erst dann wenn der nächste Thyristor gezündet wird. Der Zeitpunkt wird aber vom Netz vorgegeben, d.h. er ist nicht frei wählbar (d.h. der Umrichter wird vom Netz geführt). Bei den sonst üblichen Spannungszwischenkreisumrichtern ist das anders: dort werden die Halbleiter mit einer PWM angesteuert und können beliebig ein und ausgeschaltet werden. Insbesondere kann die Schaltfrequenz beliebig gewählt werden und muss nicht mit dem Netz synchronisiert werden.
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