Eine Bekannte erbte kürzlich ein erst vor kurzer Zeit gekauftes "Globus Genesy 3000" Elektrotherapiegerät, und wunderte sich, dass dieses - ohne in Betrieb zu sein - einen fühlbaren Patientenableitstrom abgibt, sofern das mitgelieferte Netzteil an das Stromnetz angeschlossen ist. Ich kann ebenfalls bestätigen, dass man bei leichter Berührung der Patientenelektroden jene Art des typischen 50Hz "Kribbelns" spüren kann, das man auch als Berührstrom von nicht geerdeten Geräten kennt. Das Gerät kann und darf laut Anleitung definitiv mit angeschlossenem (Schutzklasse II) Netzteil betrieben werden: https://cache.tradeinn.com/images/pdf/manuales/eng_manu_globus_genesy_3000.pdf#page=11 Und der Hersteller des Netzteils schreibt unter https://en.globtek.com/model/medical-ict-ite-household-use-power-supply/wall-plug-in-desktop-combination/gtm91099-60vv-t2/w70500 "Touch Current: Maximum allowed values: 100uA NC(Normal condition)" Aber kann so ein spürbares "Kribbeln" wirklich konform zu den Grenzwerten der EN 60601-1 sein? Die auch unter https://de.wikipedia.org/wiki/Ableitstrom#Ableitstrom_in_der_Medizintechnik genannten 100µA Wechselstrom im Normalfall dürften doch noch deutlich unter der Wahrnehmungsschwelle an der Haut liegen, oder?
Grenzwerter schrieb: > Aber kann so ein spürbares "Kribbeln" wirklich konform > zu den Grenzwerten der EN 60601-1 sein? Scheint mir plausibel. > Die auch unter > https://de.wikipedia.org/wiki/Ableitstrom#Ableitstrom_in_der_Medizintechnik > genannten 100µA Wechselstrom im Normalfall dürften doch > noch deutlich unter der Wahrnehmungsschwelle an der Haut > liegen, oder? Nein, meines Wissens ist das die Größenordnung, die man noch wahrnimmt. Habe das aber nicht selbst gemessen, daher keine Gewähr für Korrektheit...
Die typischen 100uA können durchaus als Kribbeln wahr genommen werden. Gefährlich wird es etwa oberhalb 5mA
Grenzwerter schrieb: > "Touch Current: Maximum allowed values: 100uA NC(Normal condition)" kommt mir etwas viel vor auch wenn im Datenblatt 2 x MOPP (Patientenisolation) steht. Selbst Meanwell spezifiziert < 50uA für die GSM 18 E Serie. Friwo FOX12-XM Serie spezifiziert < 10uA. kritisch sehe ich die Spec: > "500uA SFC(single fault condition)" -> vielleicht ist das Gerät ja bereits defekt? Gruß Anja
Grenzwerter schrieb: > Aber kann so ein spürbares "Kribbeln" wirklich konform zu den > Grenzwerten der EN 60601-1 sein? Ganz sicher. Wir haben eine Induktions-Kochplatte, die sicher 5-6mm starkes Glas hat. Sprich, eine aberwitzige Isolation gegenüber dem Netz. Wenn dort Töpfe drauf stehen, merkt man trotzdem deutlich dieses Brummen, wenn man leicht über sie streicht. Es ist natürlich die kapazitive Kopplung, die die Töpfe mit dem Netz mitschwingen lässt, keine ohmsche Verbindung. Und bei nur 50Hz können das allenfalls einstellige µA sein, die man dort ableiten kann. Dennoch merkt man es deutlich. Dieses Brummen ist offenbar Größenordnungen unterhalb der Ströme feststellbar, die man durch Nerven/Muskeln erkennen würde.
Grenzwerter schrieb: > Aber kann so ein spürbares "Kribbeln" wirklich konform zu den > Grenzwerten der EN 60601-1 sein? "Kribbeln" ist keine Messung! Nächstens kommt noch einer mit 0,6 Promille, "Aber ich fühle mich garnicht betrunken". Es gibt etliche Ursachen die einen aber nicht den anderen von "Kribbeln" reden lassen: -kühler Lufthauch ("Gänsehaut") -dicke Titten ("Erotisches Knistern") -Gewaltdarstellungen ("Es geht mir Kalt über den Rücken) Da jetzt Patentientenableitstrom höher als Grenzwert ermittelt haben zu wollen ist komplette Scharlatanerie und Quacksalberei. https://www.youtube.com/watch?v=ocm9h8Bjm-U Was ist so schwierig daran, den tatsächlichen Ableitstrom mit Hausmitteln (Multimeter) wenigstens grob zu messen? Sowas sollte auch der lokale Elektriker anbieten.
Grenzwerter schrieb: > Aber kann so ein spürbares "Kribbeln" wirklich konform zu den > Grenzwerten der EN 60601-1 sein? Bei Grenzwerten geht es darum, schädliche Werte nicht zu überschreiten. Zwischen "spürbar" und "schädlich" liegt ein weites Feld.
Wolfgang schrieb: >> Aber kann so ein spürbares "Kribbeln" wirklich konform zu den >> Grenzwerten der EN 60601-1 sein? > > Bei Grenzwerten geht es darum, schädliche Werte nicht zu überschreiten. > Zwischen "spürbar" und "schädlich" liegt ein weites Feld. Und was man da spürt, ist nicht unbedingt der Ableitstrom. Allergische Reaktion der Haut wäre auch ein Thema. Oder über den "natürlichen SAäuremantel der haut baut sich bei Berührung mit Metall eine Batterie auf, deren Ströme man spürt.
Beitrag #7257419 wurde von einem Moderator gelöscht.
Grenzwerter schrieb: > sofern das mitgelieferte Netzteil an das Stromnetz angeschlossen ist. Dann ersetze das mitgelieferte (Schalt-) Netzteil eben durch einen klassischen galvanisch getrennten Trafo. Diese Schaltnetzteile sind praktisch immer kapazitiv zum Netz gekoppelt. Manchmal hilft es auch einfach den Stecker anders herum einzustecken.
Michael schrieb: > Dann ersetze das mitgelieferte (Schalt-) Netzteil eben durch einen > klassischen galvanisch getrennten Trafo. Das reicht für Medizingeräte nicht immer aus um 2 x MOPP Isolation zu erreichen. Auch ein klassischer Trafo hat Koppelkapazität vom Eingang zum Ausgang. Und nicht immer 8 mm Kriechstrecke. Gruß Anja
Anja schrieb: > Auch ein klassischer Trafo hat Koppelkapazität vom Eingang zum Ausgang. Ich hatte noch keinen klassischen Trafo der gekribbelt hat.
Das Kribbeln wird vermutlich nicht durch 50Hz Ableitströme verursacht sondern durch Leckströme aus dem hochfrequenten Teil des SMPS. Ich kenne die vorgeschriebenen Meßmethoden IEC/EN/UL60601-1 / 2xMOPP nicht, könnte aber vermuten, daß diese auf den 50Hz Bereich abgestimmt sind. Ein Kribbeln kann aber auch bei z.B. 100kHz Ableitstrom entstehen. Ein klassisches Trafonetzteil kann demzufolge diese Art Ableitströme nicht haben. Es dürfte heutzutage nur sehr schwer sein, ein Eisennetzteil mit 2xMOPP zu bekommen.
Und da es sich bei den genannten Gerät eines aus der Geräteklasse Elektrotherapie handelt sei ausdrücklich hingewiesen, das Patientenableitstrom und Thearapiestrom nicht das selbe sind: https://www.juntermanns.com/images/pdf/therapie-anl-reizstrom-deu.pdf Der Grenzwert für den Reizstrom wird dort als Stromflächendichte definiert, nicht als Strom allein. Auch der Strompfad ist ein anderer, bei der Elektrothearpie/Reizstrom geht er über zwei Elektroden durch einen Teil der oberflächennahen Schichten, während beim Ableitstrom vom einem Fluß durch den Körper zur "Masse" ausgegangen wird. (siehe Anhänge).
Beitrag #7257636 wurde von einem Moderator gelöscht.
Elektrischer Reiter schrieb im Beitrag #7257636: > Bitte: Sollte das hier wieder mal "verschwinden", bitte ich jemand > Anderen, o.g. Hinweis zu wiederholen. Ich schreibe hier nicht zum > Vergnügen eines Miller, Wunsch, Drube und Konsorten. Nee, wer auf die Tipps aus einen Interforum angewiesen ist um Medizingeräte korrekt zu bauen, sollte keine Medizingeräte bauen. Ein Forum mit seinen selbstgefälligen Wichtugtuern ersetzt kein Ausbildung/Studium.
Beitrag #7257653 wurde von einem Moderator gelöscht.
Michael schrieb: > Ich hatte noch keinen klassischen Trafo der gekribbelt hat. Glaub ich nicht sooo ganz, ganz leichter Ableitstrom ist bei den "normalen" stärker aufbaubedingt... Die Medizin-Trafos haben afaik bessere Isolation und Prüfspannung 5 kV. Gibt auch Trafos mit Schirmwicklung zwischen Sekundären und Primären. Die geht an PE. ciao gustav
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mark space schrieb: > Gefährlich wird es etwa oberhalb 5mA Für wen? Für eine Fliege, im Geburtsmoment?
Anja schrieb: > Das reicht für Medizingeräte nicht immer aus um 2 x MOPP Isolation zu > erreichen. > Auch ein klassischer Trafo hat Koppelkapazität vom Eingang zum Ausgang. > Und nicht immer 8 mm Kriechstrecke. Richtig. Deshalb muss man dort Trafos mit LL-Kern benutzen, die eine mechanische Trennung von Primär- und Sekundärwicklung erlauben. Bitte: Sollte das hier wieder mal "verschwinden", bitte ich jemand Anderen, o.g. Hinweis zu wiederholen. Ich schreibe hier nicht zum Vergnügen eines Miller, Wunsch, Drube und Konsorten.
Uwe S. schrieb: > Wir haben eine Induktions-Kochplatte, die sicher 5-6mm > starkes Glas hat. Sprich, eine aberwitzige Isolation gegenüber dem Netz. > Wenn dort Töpfe drauf stehen, merkt man trotzdem deutlich dieses > Brummen, wenn man leicht über sie streicht. > Es ist natürlich die kapazitive Kopplung, die die Töpfe mit dem Netz > mitschwingen lässt, keine ohmsche Verbindung. Und bei nur 50Hz können > das allenfalls einstellige µA sein, die man dort ableiten kann. Dennoch > merkt man es deutlich. Dieses Brummen ist offenbar Größenordnungen > unterhalb der Ströme feststellbar, die man durch Nerven/Muskeln erkennen > würde. Kapazitive Kopplung durch 5-6 mm Glas bei 50 Hz kann man wohl vernachlässigen. Könnte aber sein dass da etwas bei der Arbeitsfrequenz der Kochplatte (also XX kHz) gekoppelt wird. Und das Signal ist wahrscheinlich mit den gleichgerichteten 50 Hz (also effektiv 100 Hz + etwas Oberwellen) moduliert, sonst bräuchte man dicke Glättungskondensatoren und eine aufwändige PFC. Dadurch ist das hochfrequente Signal dann eventuell doch wieder als "Brummen" zu spüren.
Danke für die vielen Antworten. Ich hatte inzwischen Gelegenheit, nochmal "mit Digitalmultimeter" bei der Dame vorbeizuschauen. Zwischen Schutzerde an der Steckdose und jedem der Patientenkabelstecker misst das Multimeter (bei ca. 10MOhm Innenwiderstand) 99V Wechselspannung (solange das Netzteil angeschlossen ist), bei Verwendung des µA Messbereichs (Multimeter Innenwiderstand 103 Ohm) wird auf der gleichen Strecke dauerhaft ein Wechselstrom von 59µA gemessen. Bei Verwendung des mA Messbereichs (Multimeterinnenwiderstand 2,6 Ohm) werden 0.12mA gemessen. Das wäre im Rahmen der Messungenauigkeiten wohl gerade am oberen Grenzwert von 100µA. Für mich aber dennoch peinlich viel, wenn man bedenkt, dass der Hersteller des Gerätes u.a. "micro current therapy" als einen Behandlungsmodus bewirbt, bei dem angeblich noch kleinere als diese Ableitströme wirken sollen: https://cache.tradeinn.com/images/pdf/manuales/eng_manu_globus_genesy_3000.pdf#page=36
Jakob L. schrieb: > Kapazitive Kopplung durch 5-6 mm Glas bei 50 Hz kann man wohl > vernachlässigen. Könnte aber sein dass da etwas bei der Arbeitsfrequenz > der Kochplatte (also XX kHz) gekoppelt wird. Und das Signal ist > wahrscheinlich mit den gleichgerichteten 50 Hz (also effektiv 100 Hz + > etwas Oberwellen) moduliert, sonst bräuchte man dicke > Glättungskondensatoren und eine aufwändige PFC. Dadurch ist das > hochfrequente Signal dann eventuell doch wieder als "Brummen" zu spüren. Richtig, die HF ist moduliert durch die gleichgerichteten 100Hz des Netzes. Und das Brummen wird wohl eher Magnetrestriktion sein, d.h. das Metall des Topfes dehnt sich aus und zieht sich zusammen im Takt des Magnetfelds.
Jakob L. schrieb: > Kapazitive Kopplung durch 5-6 mm Glas bei 50 Hz kann man wohl > vernachlässigen. Könnte aber sein dass da etwas bei der Arbeitsfrequenz > der Kochplatte (also XX kHz) gekoppelt wird. Doch, das ist schon die Kopplung der 50Hz. Denn es ist auch im ausgeschalteten Zustand der Platte so. Die Fläche macht es, diese ist bei einem Topfboden ja gar nicht mal klein. Dennoch handelt es sich wohl nur um pF und µA, die aber schon für dieses Brummen ausreichen.
loeti2 schrieb: > Magnetrestriktion uuups: https://de.wikipedia.org/wiki/Magnetostriktion ciao gustav
Mcn schrieb: > Der Grenzwert für den Reizstrom wird dort als *Stromflächendichte* > definiert, nicht als Strom allein. Genau! µA/mm² oder so ist die Kenngröße ob es kribbelt oder nicht.
Grenzwerter schrieb: > 100µA Wechselstrom im Normalfall dürften doch noch deutlich > unter der Wahrnehmungsschwelle an der Haut liegen, oder? Eher so eine Größenordnung darüber. Laut Wikipedia (Du wars eh schon fast am Ziel, nur ein weiterer Click auf »Elektrischer Schlag« hätte Dir bereits ein tolles Erfolgserlebnis bereiten können) beginnt die Wahrnehmungsschwelle bei Wechselstrom bei etwa 10µA. Außerdem wird es - wie bei allen anderen Sinnen - wahrscheinlich auch hier besonders feinfühlige Stromfühlende geben, die das fließen der Elektronen bereits bei nochmals deutlich geringeren Stromstärken zu erspüren in der Lage sind. Bzgl. kabelgebundener EM-Wellen ist mir zwar nichts konkretes bekannt, bei Funkwellen gibt es allerdings zahlreiche, sehr gut dokumentierte Fälle in denen diese, oft sogar von mehreren Personen, bereits mehrere Tage vor ihrer Ausstrahlung eindeutig wahrnehmbar waren.
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