Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Multiple-Feedback oder Sallen&Key-Filter besser in Röhrentechnik?


von A-Freak (Gast)


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Eines gleich an erster Stelle, es soll hier NICHT um Audiophoole 
Musikverbiegung gehen. Ich habe eine Idee für ein Retro-Messgerät 
(Frequenzzeiger) in Röhrentechnik.

Dazu bräuchte ich ein Paar aus Hoch- und Tiefpaß 2. Ordnung um 1kHz, 
Güte 0,7

Meine Frage wäre wie man das vernünftig mit jeweils einem einzelnem 
Röhrensystem pro Zweig lösen könnte, z.B. mit je einer halben ECC83. 
(niederohmige Quelle und hochohmiger Abschluß wären vorhanden)

Die näherliegende Variante wäre ein Sallen-Key-Filter, siehe z.B. 
https://www.ti.com/lit/an/sloa024b/sloa024b.pdf für mehr Mathematik und 
http://sim.okawa-denshi.jp/en/OPseikiLowkeisan.htm für einen 
Online-Rechner zur schnellen Dimensionierung.

Mit einer ECC83 als Kathodenfolger käme ich auf eine innere 
"Verstärkung" von ca. 0,95 also etwas weniger als ein OpAmp als Idealer 
Spannungsfolger. Ich stecke leider fest darin wie ich die Formeln 
umstellen müßte um Verhältnisse zwischen den Kondensatoren und 
Widerständen damit neu zu berechnen.


Die andere Variante wäre ein Multiple-Feedback-Filter, da gibt es 
ebenfalls einen schönen Online-Rechner dazu 
http://sim.okawa-denshi.jp/en/OPtazyuLowkeisan.htm

Hier käme ich mit einer halben ECC83 auf eine nutzbare 
Spannungsverstärkung von ungefähr 50, was auch wieder erheblich weniger 
als ein idealer OpAmp wäre.


Könnt ihr abschätzen wie schlimm die Filter jeweils darauf reagieren daß 
ein einzelnes Röhrensystem mit begrenzter Verstärkung kein idealer OpAmp 
ist?


Oder ganz andere Ideen um die Filterfunktion zu verwirklichen?

von Old (Gast)


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A-Freak schrieb:
>
> Könnt ihr abschätzen wie schlimm die Filter jeweils darauf reagieren daß
> ein einzelnes Röhrensystem mit begrenzter Verstärkung kein idealer OpAmp
> ist?
>

Nimmst du LTspice und simulierst die Schaltung mit einer Triode einer 
ECC83. LTspice-Modelle für die Triode gibt es wie Sand am Meer und 
Modelle für Widerstände sowie Kondensatoren sind in LTspice eh 
vorhanden.

Beachte, dass die Parameter von Elektronenröhren weitreichende 
Toleranzen haben (können).

Gruß

Old

von Käferlein (Gast)


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A-Freak schrieb:
> Mit einer ECC83 als Kathodenfolger käme ich auf eine innere
> "Verstärkung" von ca. 0,95

Das liegt am Durchgriff.
Verwende eine Pentode oder eine Cascode, mit der ECC88,
als Katodenfolger.

von A-Freak (Gast)


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Danke, Simulieren könnte ich das schon, aber dann einfach Werte zu 
verändern und sehen was heraus kommt ist nicht meine Art

Ich suche etwas grundlegenderes Verständnis

Mir geht es ehr um Fragen wie sich jetzt beide Filtertopologien 
grundsätzlich verhalten, welche in so einem Fall aus welchen Gründen 
besser paßt, oder Faustregeln daß z.B. die leerlaufverstärkung bei MFB 
jetzt größer 100*Q sein müßte oder sowas in der Art

von Peter D. (peda)


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Filter baut man vorzugsweise mit OPVs auf, z.B. mit dem K2-W:
http://www.philbrickarchive.org/k2-w_refurbished.pdf

von asd (Gast)


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> Mir geht es ehr um Fragen wie sich jetzt beide Filtertopologien
> grundsätzlich verhalten, welche in so einem Fall aus welchen Gründen
> besser paßt,

Solche Infos über filter hab ich auch schon mal gesucht. Das Wissen was 
über die üblichen Bücher oder App Notes hinausgeht ist schwierig zu 
finden. Ist Firmenintern oder in den Klöpfen von einzelnen Leuten die 
nicht unbedingt Lust haben in der Rente ein Buch zu schreiben.
Das einzige was ich beisteuern kann: Sallen-Key Tiefpassfilter neigen 
dazu bei hohen Frequenzen wieder durchlässig zu werden wenn der 
Verstärker in seiner Verstärkung nachlässt (weil die passiven Elemente 
dann das Signal durch lassen). Multiple-Feedback hat das Problem nicht 
bzw. weniger.
Und es ist eine gute Idee einen hochpoligen Filter aus Elementen 
2.Ordnung zu bauen die man hintereinander schaltet. In der Simulation 
kann man sich die Verstärkung auf jeder Zwischenstufe anschauen. Wenn 
das Signal zu hoch wird (Clipping) bevor es in einer späteren Stufe 
wieder weg gedämpft wird, dann die Stufen in einer anderen Reihenfolge 
anordnen.

von asd (Gast)


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> Filter baut man vorzugsweise mit OPVs auf, z.B. mit dem K2-W:

OPVs sind gut, aber in diesem Fall hier kann man auch mit einzelnen 
Verstärkerstufen arbeiten. Kathodenfolger für Sallen-Key und 
Kathodenschaltung für Multiple-Feedback.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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A-Freak schrieb:
> Könnt ihr abschätzen wie schlimm die Filter jeweils darauf reagieren daß
> ein einzelnes Röhrensystem

Hallo,

Du gehst von Ansätzen aus, die für Schaltungen mit Operationsverstärkern 
gedacht sind. Operationsverstärker haben am Ausgang üblicherweise nahe 0 
Ohm Ausgangswiderstand. Sobald rückgekoppelt wird, wie bei "multiple 
feedback" üblich, wird von diesen 0 Ohm ausgegangen.

In den Röhrenschaltungen sind die Ausgangswiderstände etwas höher, so 
daß man eher Literatur aus dem Röhrenzeitalter zu Rate ziehen sollte.

mfg

von Udo K. (udok)


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A-Freak schrieb:
> Könnt ihr abschätzen wie schlimm die Filter jeweils darauf reagieren daß
> ein einzelnes Röhrensystem mit begrenzter Verstärkung kein idealer OpAmp
> ist?

Wenn es geht, nimm einen MFB Filter.  Sallen Key ist nur notwendig, wenn 
ein sehr hoher Eingangswidersand und nicht-invertierende Phase nötig 
sind.

Ich habe dein Beispiel kurz mit einem Opamp mit Gain=50, BW=100kHz und 
Rout=500 in FilterSolution eingegeben.

Das gibt dir einen ersten Anhaltspunkt, wie empfindlich die Schaltung 
auf nicht-ideale Opamps ist.  Der Design-Widerstand ist in beiden Fällen 
10k (*).


Gruss,
Udo

(*) Wenn ich die Schaltung hochohmiger mit 100k simuliere, dann werden 
beide Schaltung etwas besser, der endliche Ausgangswiderstand des 
Opamps spielt dann nicht mehr eine so grosse Rolle, allerdings wird die 
Schaltung empfindlicher auf Störungen.

: Bearbeitet durch User
von Old (Gast)


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Gegenüber (fast) idealen OPVs kommen bei Elektronenröhren ganz allgemein 
und Trioden im speziellen dann solche nicht ideale und 
störende/beeinflussende Effekte wie Steuergitter(anlauf)strom und 
Millerkapazität hinzu.

Gruß

Old

von Lutz V. (lvw)


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Meine Antwort bezieht sich ausschließlich auf Filter mit 
Operationsverstärkern.
Eme allgemeine Antwort darauf, was die "beste" Filterstruktur ist, ist 
nicht möglich.
Man muss immer einen Kompromiss zwischen - oft gegenläufigen - 
Eigenschaften finden, wobei es ganz besonders auf die Anforderungen 
ankommt:
* Filter-Ordnung (Dämpfungsanforderungen)
* Frequenzbereich
* Abstimm-Forderungen
* Toleranzempfindlichkeiten (aktiv und passiv).

Zu den bereits genannten Strukturen 2. Ordung lässt sich sagen:
* Sallen-Key-strukturen haben relativ geringe aktive Empfindlichkeiten 
(auf Nichtidealitäten der OP-Verstärker) und relativ hohe 
passiv-Empfindlichkeiten (auf Toleranzen von R und C);

* Mehrfach- (Zweifach-) Gegenkopplungsstrukturen haben relativ hohe 
aktive und bessere passive Empfindlichkeutem

* Den besten Kompromiss bei den Empfindlichkeiten bieten die 
GIC-basierten Strukturen (aktive L-Nachbildung bzw. FDNR-Topologie)

von Zeno (Gast)


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Schau mal hier http://www.hifi-forum.de/viewthread-111-5187.html#10, da 
geht es um Dein Thema. In dem Beitrag wird unter anderem auf eine 
Simulation mit LT-Spice verwiesen 
(http://bilder.hifi-forum.de/max/861712/klangverbieger_680278.jpg), 
vielleicht bringt Dich das ja weiter.

Evtl. wäre auch das Buch "abc der Niederfrequenztechnik" von Klaus K. 
Streng was für Dich. Ich habe gerade mal in meinem Exemplar (Auflage von 
1969) nachgeschaut, da wird dieses Thema im Kapitel 9.4 behandelt. Dort 
gibt es auch ein praktische Beispiel mit Röhren (ECC82, Flankensteilheit 
20dB/Oktave). Das Buch ist noch antiquarisch erhältlich 
(https://www.eurobuch.com/buch/nr/5fbeb93f92e664a85121e74079e48e54.html), 
Prteis um die 12€. Wenn Du auf diesem Gebiet noch mit Röhren unterwegs 
bist, kann ich Dir dieses Buch empfehlen und bei ca. 12€ macht man da 
auch nicht viel verkehrt.

von Old (Gast)


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Zum praxisnahen Simulieren findet man dann dort

https://www.dropbox.com/s/358915gpxfvo2nb/12AX7.TSr4.txt?dl=0

ein LTspice-Modell der ECC83/12AX7 Triode, was auch den Gitterstrom 
berücksichtigt.

Gruß

Old

von A-Freak (Gast)


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Ein bißchen verspätet meinen Dank @Zeno:

Im Prinzip wollte ich es ungefähr so machen, allerdings habe ich heute 
aufgegeben. Die tatsächliche Filterfunktion zu simulieren ist das eine, 
bekomme ich gut genug hin.

Die gewünschte Funktion unter den Umständen einer Röhre als sehr 
nicht-idealen OpAmp vorauszuberechnen geht weit über meine Fähigkeiten 
hinaus.

Vielelicht wickel ich doch besser eine Spule mit 2 bis 3H

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