Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Kondensator im Stromkreis


von Sebastian (Gast)


Lesenswert?

Mich beschäftigt folgende Frage:
Nach dem Kirchhoff'schen Gesetz der Maschenregel sind in einem 
Stromkreis an jedem Bauteil die Ströme gleich.
Nehmen wir einen Widerstand mit Kondensator und laden diesen auf. Es ist 
egal, ob man das Strommessgerät zwischen Widerstand und Kondensator oder 
Widerstand und Batterie schaltet, um den Strom zu messen.
Jetzt das Problem: Wenn man den Kondensator auflädt, bleiben ja 
Elektronen im Kondensator stecken, es müssten also weniger fließen.

I=Q/t
U=Q/c

von Fachkräfte statt dumme Jungs (Gast)


Lesenswert?

Sebastian schrieb:
> Nach dem Kirchhoff'schen Gesetz der Maschenregel sind in einem
> Stromkreis an jedem Bauteil die Ströme gleich.

Nein, das ist nicht die Kirchoffsche Regel.

Geh noch mal in die Schule und lerne es richtig. Und leg dazu eine 
Prüfung ohne Schummelmöglichkeit ab.

von Gunnar F. (gufi36)


Lesenswert?

Nein, die Elektronen bleiben nicht stecken, sie fließen auf der anderen 
Seite genauso raus, wie vorne rein. Herr Kirchhoff hatte Recht!

von Georg M. (g_m)


Lesenswert?


von Wolfgang (Gast)


Lesenswert?

Sebastian schrieb:
> Wenn man den Kondensator auflädt, bleiben ja Elektronen im Kondensator
> stecken, es müssten also weniger fließen.

Wenn du es zeitlich betrachtest, hast du Recht. Guck dir die 
Aufladekurve an.

von HildeK (Gast)


Lesenswert?

Sebastian schrieb:
> Jetzt das Problem: Wenn man den Kondensator auflädt, bleiben ja
> Elektronen im Kondensator stecken, es müssten also weniger fließen.

Bei anfangs leerem Kondensator wirkt der beim Anlegen der Spannung wie 
ein Kurzschluss. Es fließt in dem Netzwerk anfangs also ein Strom wie 
wenn der C durch eine Brücke ersetzt wurde. Den kann man kaum mit einem 
Multimeter messen, weil es meist zu langsam ist (hängt von den Werten 
ab).
Aber rechnen kann man es: C durch Brücke ersetzen.

Nach längerer Zeit (abhängig von den Werten des Cs und der anderen 
Bauelemente) wirkt er wie eine Unterbrechung.

Aber die Netzwerkberechungsmethoden gelten trotzdem; in Schaltungen mit 
C (und L) üblicherweise für den Betrieb mit Wechselspannungen und 
-strömen.
Denn dann wirkt der kapazitive Widerstand der praktisch wie ein ohmscher 
betrachtet werden kann - allerdings geht das für die Berechnung nur mit 
der komplexen Rechnung und auch bei einer Messung wirkt die 
Phasenverschiebung des Cs.
Auch wenn Cs in Schaltungen an einer DC-Spannung liegen, dann nur 
deshalb, um z.B. wechselnde Lasten zu puffern oder den Wechselanteil 
abzutrennen.

von Michael M. (Firma: Autotronic) (michael_metzer)


Lesenswert?

Gunnar F. schrieb:
> Nein, die Elektronen bleiben nicht stecken, sie fließen auf der anderen
> Seite genauso raus, wie vorne rein.

Bei einem Kondensator funktioniert das nicht, weil das Dielektrikum als 
Isolierschicht dazwischen liegt!

Die Elektronen müssen sich schon die Mühe machen und an der Isolierwand 
anklopfen um "drüben" auf der anderen Seite der Mauer Bescheid zu sagen, 
dass der entsprechende "Zwillingsbruder" jetzt rausfließen soll.

von Udo S. (urschmitt)


Lesenswert?

Michael M. schrieb:
> Die Elektronen müssen sich schon die Mühe machen und an der Isolierwand
> anklopfen um "drüben" auf der anderen Seite der Mauer Bescheid zu sagen,
> dass der entsprechende "Zwillingsbruder" jetzt rausfließen soll.

Nein, denn der Kondensator ist mit beiden Polen an eine Spannungsquelle 
angeschlossen.
Also wird an dem positiven Potential der gleiche Verschiebungsstrom 
stattfinden wie an dem negativen Pol, nur in umgekehrter Richtung.

von Sebastian (Gast)


Lesenswert?

Udo S.
>Nein, denn der Kondensator ist mit beiden Polen an eine Spannungsquelle
>angeschlossen.
>Also wird an dem positiven Potential der gleiche Verschiebungsstrom
>stattfinden wie an dem negativen Pol, nur in umgekehrter Richtung.

Das klingt eingängig. Von der einen Seite fließen Elektronen in den 
Kondensator und von der anderen Seite fließen Löcher in den Kondensator. 
Da die Stromrichtung der Löcher umgekehrt ist, sieht es so aus, als wenn 
der Strom im Kreis in die selbe Richtung fließt.

von Wolfgang (Gast)


Lesenswert?

Auf der einen Seite fließen Elektronen rein, auf der anderen Seite raus.
Auf der Seite, wo die Elektronen raus fließen, bleiben die Löcher im 
Kondensator zurück.

von Grummler (Gast)


Lesenswert?

Wolfgang schrieb:

> Auf der Seite, wo die Elektronen raus fließen, bleiben
> die Löcher im Kondensator zurück.

Löcher?! In metallischen Leitern?

von Michael M. (Firma: Autotronic) (michael_metzer)


Lesenswert?

Wolfgang schrieb:
> Auf der Seite, wo die Elektronen raus fließen, bleiben die Löcher im
> Kondensator zurück.

Löcher haben in der Regel das starke Bedürfnis gestopft zu werden. Die 
Elektronen auf der Überschussseite können, wie durch eine Glasscheibe 
hindurch, nur lechzend auf die Seite mit den Löchern rüberglotzen und 
sich die weit geöffneten Löcher nur anschauen, mehr geht leider nicht.

Auch wenn der Kondensator bereits von der Spannungsquelle abgeklemmt 
ist, bleibt dieses Grundbedürfnis der Elektronen auf beiden Seiten 
weiterhin erhalten.

: Bearbeitet durch User
von Sebastian (Gast)


Lesenswert?

Michael M.
>Auch wenn der Kondensator bereits von der Spannungsquelle abgeklemmt
>ist, bleibt dieses Grundbedürfnis der Elektronen auf beiden Seiten
>weiterhin erhalten.

Das ist richtig. Und wenn man den Kondensator kurzschließt, erkennen die 
Elektronen wie durch ein Wunder, dass sie Löcher erreichen können. Sie 
nehmen dann einen geographischen Umweg in Kauf, um ihr Ziel zu 
erreichen.

Grummler schrieb:
>Löcher?! In metallischen Leitern?

Ein guter Einwand: Die Löcherleitung wird ja eher positiv dotierten 
Halbleitern zugeschrieben:

https://www.chemie.de/lexikon/L%C3%B6cherleitung.html

von Purzel H. (hacky)


Lesenswert?

Bei Kirchhoff geht es um Stroeme. Ein Kondenser integriert den Strom.
Uc =  (1/C)*integral(Ic)  resp differenziert die spannung
Ic = C * d/dt (Uc)

fertig. Fuer feste Frequenzen kann man nun mit komplexen Zahlen kommen. 
Resp die Frequenz als parameter verwenden  Zc = 1/(i Omega C)

: Bearbeitet durch User
von Mike (Gast)


Lesenswert?

Udo S. schrieb:
> Michael M. schrieb:
>> Die Elektronen müssen sich schon die Mühe machen und an der Isolierwand
>> anklopfen um "drüben" auf der anderen Seite der Mauer Bescheid zu sagen,
>> dass der entsprechende "Zwillingsbruder" jetzt rausfließen soll.
>
> Nein, denn der Kondensator ist mit beiden Polen an eine Spannungsquelle
> angeschlossen.
> Also wird an dem positiven Potential der gleiche Verschiebungsstrom
> stattfinden wie an dem negativen Pol, nur in umgekehrter Richtung.

Im Isolator baut sich ein elektrisches Feld auf. James Clerk Maxwell hat 
erkannt, dass ein sich zeitlich änderndes elektrisches Feld sich wie ein 
durch Ladungsträger vermittelter Strom verhält, u.a. auch ein Magnetfeld 
erzeugt. Der Strom fließt also durch den Kondensator hindurch.

von Martin H. (horo)


Lesenswert?

Mike schrieb:
> Der Strom fließt also durch den Kondensator hindurch.

https://de.wikipedia.org/wiki/Verschiebungsstrom

von Michael M. (Firma: Autotronic) (michael_metzer)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Mike schrieb:
> Der Strom fließt also durch den Kondensator hindurch.

Für den außenstehenden Betrachter mag das tatsächlich so aussehen, aber 
wenn man den reinfließenden Elektronen eine Nummer oder eine Tafel 
Schokolade in die Hand gibt, wird man feststellen, dass die 
rausfließenden Elektronen keine Tafel Schokolade mehr in der Hand haben.

Klingt zunächst komisch, ist aber so.

: Bearbeitet durch User
von H. H. (Gast)


Lesenswert?

Michael M. schrieb:
> Klingt zunächst komisch,

...und ist auch Unsinn.

https://de.wikipedia.org/wiki/Ununterscheidbare_Teilchen

von Stefan M. (stefan_m833)


Lesenswert?

Gunnar F. schrieb:
> Nein, die Elektronen bleiben nicht stecken, sie fließen auf der
> anderen
> Seite genauso raus, wie vorne rein. Herr Kirchhoff hatte Recht!

Also von außen betrachtet sieht es so aus, jedoch ist es so wie manche 
hier schreiben: Die Elektronen bleiben "stecken".

Bei Metall ist die Elektronendichte so hoch, dass man es nicht "merkt", 
dass eine Seite auf der Oberfläche einen zunehmenden 
Elektronenüberschuss besitzt und die Elektronen auf der anderen Seite 
auf der Oberfläche fehlen. In anderen Materialien, z.B. dotierte 
Halbleiter, sind "so wenige" freie Elektronen (oder elektronen-Plätze) 
vorhanden, dass die Materialien sich tatsächlich geometrisch messbar 
entlang vieler µm entladen ("Raumladungszone") und die Kapazität 
drastisch zusammenbricht.

Ich würde fast tippen, dass man den Effekt vmtl. auch metallisch mit 
einer CVD 1-Atomlagenschicht messen könnte - das würde mich jetzt 
wirklich interessieren, ob man da einen Plattenkondensator "leersaugen" 
kann und die Kapazität ab einer "Sättigungsspannung" zusammenbricht (?). 
Letztendlich bräuchte man ein Dielektrikum, welches eine höhere 
Feldstärke aushält, als die Feldstärke durch die 1-Lagen Metallschicht 
wieder abgebaut werden kann.

Zurück zum realen Kondensator: In einem Kondensator wechseln die 
Elektronen nur marginal parasitär die Seiten - durch nicht-ideale 
Leitwiderstände, durch Ionenfluss, selbst im absoluten Vakuum durch 
thermische Elektronen oder Tunneleffekt - bestimmt noch durch weitere 
bekannte Effekte. Hat aber nichts mit dem kapazitiven Umladen zu tun.

von Michael M. (Firma: Autotronic) (michael_metzer)


Lesenswert?

H. H. schrieb:
> ...und ist auch Unsinn.

Natürlich sind es die gleichen Elektronen die auf der anderen Seite 
wieder rauskommen, aber es sind nicht dieselben! Das ist der 
Unterschied.

Die werden ja nicht mühsam durch das Dielektrikum durchgepresst. Dann 
könnte man ja gleich den Kondensator durch ein Stück Draht ersetzen. Das 
ist einfacher und preiswerter.

von H. H. (Gast)


Lesenswert?

Michael M. schrieb:
> H. H. schrieb:
>> ...und ist auch Unsinn.
>
> Natürlich sind es die gleichen Elektronen die auf der anderen Seite
> wieder rauskommen, aber es sind nicht dieselben! Das ist der
> Unterschied.

Du hast es nicht verstanden.

von Michael M. (Firma: Autotronic) (michael_metzer)


Lesenswert?

H. H. schrieb:
> Du hast es nicht verstanden.

Nein, du hast es nicht verstanden. Wenn du deinen logischen 
Menschenverstand einschaltest, dann merkst du plötzlich, dass das 
Dielektrikum bei deinem Beispiel keinen Sinn mehr ergibt.

von H. H. (Gast)


Lesenswert?

Michael M. schrieb:
> Wenn du deinen logischen
> Menschenverstand einschaltest,

Sobald die Quantenmechanik zuschlägt, kannst du den wegwefen.

von Michael M. (Firma: Autotronic) (michael_metzer)


Lesenswert?

H. H. schrieb:
> Sobald die Quantenmechanik zuschlägt, kannst du den wegwefen.

Na gut. Dann habe ich es eben nicht verstanden, bzw. meine 
Vorstellungskraft reicht für Quantenmechanik nicht aus.

Ich packe jetzt sowieso meine 7 Sachen und gehe heimlich vorzeitig nach 
Hause.

Schüss 🙋‍♂️

von Georg (Gast)


Lesenswert?

Michael M. schrieb:
> Ich packe jetzt sowieso meine 7 Sachen und gehe heimlich vorzeitig nach
> Hause.

Das kann sich auf die Qualität dieses Threads nur positiv auswirken.

Georg

von Elektrofan (Gast)


Lesenswert?

> ...In einem Kondensator wechseln die
> Elektronen nur marginal parasitär die Seiten - durch nicht-ideale
> Leitwiderstände, durch Ionenfluss, selbst im absoluten Vakuum durch
> thermische Elektronen oder Tunneleffekt...

Gedankenexperiment:
Wenn der gesamte Stromkreis inklusive der Quelle nur aus
Elektrolytbrühen bestände, mit einer wie ein Plattenkonsator
geformten Trennstelle mit "Nichts" (Vakuum) dazwischen?

Dann wären gar keine Elektronen vorhanden, nur Ionen, die ja
viel 'grösser' sind.

Solch ein "Kondensator" hätte immer noch (näherungsweise, weil das Feld
nicht überall homogen ist) die Kapazität eines Plattenkondensators,
also reziprok zum Plattenabstand.
Den Tunneleffekt gibt's aber nur bei sehr 'kleinem' Abstand und wird
mit diesem exponentiell schwächer.

von Sebastian (Gast)


Lesenswert?

Stefan M.:
>Ich würde fast tippen, dass man den Effekt vmtl. auch metallisch mit
>einer CVD 1-Atomlagenschicht messen könnte - das würde mich jetzt
>wirklich interessieren, ob man da einen Plattenkondensator "leersaugen"
>kann und die Kapazität ab einer "Sättigungsspannung" zusammenbricht (?).

>Ich würde fast tippen, dass man den Effekt vmtl. auch metallisch mit
>einer CVD 1-Atomlagenschicht messen könnte - das würde mich jetzt
>wirklich interessieren, ob man da einen Plattenkondensator "leersaugen"
>kann und die Kapazität ab einer "Sättigungsspannung" zusammenbricht (?).

Wenn man einen Plattenkondensator kurz schließt, entlädt er sich und die 
Ladungen sind auf beiden Seiten ausgeglichen.
Wenn man die Spannung am Kondensator erhöht, werden es auf der negativen 
Seite immer mehr Elektronen, die sich gegenseitig abstoßen und zur 
anderen Seite wollen, auf der weniger Elektronen sind. Wenn man die 
Spannung genügend erhöht, wird die Feldstärke so groß, dass der 
Kondensator durchschlägt.

Interessant ist schon, was bei einer hohen Feldstärke im Metall 
passiert.
Könnte man alle Valenzelektronen aus dem Metall mit einem genügend 
starken Fled heraus ziehen?
Die Ladungsträgerdichte von Kupfer wird
https://www.eit.hs-karlsruhe.de/hertz/teil-b-gleichstromtechnik/ladung-elektrisches-feld-und-elektrischer-strom/leiter-halbleiter-und-isolatoren/leiter.html?type=1

hier mit 8.2e22/cm³ angegeben.




> einer CVD 1-Atomlagenschicht
Was ist "CVD"?

von InfluenzMann (Gast)


Lesenswert?

Sebastian schrieb:
> Jetzt das Problem: Wenn man den Kondensator auflädt, bleiben ja
> Elektronen im Kondensator stecken, es müssten also weniger fließen.

Daruas würde folgen, dass mehr Strom in das RC Glied reinfließt als 
rausfließt. Das ist falsch. Tatsächlich fließt genauso viel Strom rein 
wie raus. Im Kondensator selber werden durch zufließende Elektronen auf 
der einen Seite genauso viele Elektronen auf der anderen Seite 
verdrängt.


Siehe: Influenz, Kapazität

von InfluenzMannV2 (Gast)


Lesenswert?

Sebastian schrieb:
> Was ist "CVD"?

Chemical Vapour Deposition, eine Methode um einen Stoff auf einem 
Material abzuscheiden.

von H. H. (Gast)


Lesenswert?

Sebastian schrieb:
> Könnte man alle Valenzelektronen aus dem Metall mit einem genügend
> starken Fled heraus ziehen?

Klar, aber es wird dir schwer fallen das entstandene Plasma in Form zu 
halten.

von Mike (Gast)


Lesenswert?

H. H. schrieb:
> Sebastian schrieb:
>> Könnte man alle Valenzelektronen aus dem Metall mit einem genügend
>> starken Fled heraus ziehen?
>
> Klar, aber es wird dir schwer fallen das entstandene Plasma in Form zu
> halten.

Richtig, das Metall würde schlagartig explodieren, da die durch die 
Valenzelektronen vermittelten Gitterbindungskräfte fehlen und die 
positiven Ionen sich gegenseitig abstoßen.

von römischer tierpfleger (Gast)


Lesenswert?

Michael M. schrieb:
> Löcher haben in der Regel das starke Bedürfnis gestopft zu werden.

Eric Rotbarth

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.