Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik OPV - Filterschaltung


von Martin (martin912)


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Hallo

Ich möchte ein Anti-Imaging bzw. Anti-Aliasing Filter aufbauen. Es wird 
eine Sallen-Key Struktur verwendet. An den Eingängen soll jeweils ein 
Impedanzwandler vorgeschalten sein.

Die Cut-off Frequenz des Anti-Imaging Filters beträgt 500 kHz, die des 
Anti-Aliasing Filters 1 Mhz.

Das bedeutet, dass ich OPVs auswählen muss welche eine Grenzfrequenz 
oberhalb dieser Frequenzen aufweisen.

Die zu verarbeitenden Signale sind im Bereich von +- 10 V.

Bei meiner Suche konnte ich jetzt keine geeigneten OPVs finden, da immer 
die Vpp Ausgangsspannung der OPVs bei den genannten Frequenzen zu weit 
einbricht.

Vielleicht hat jemand Erfahrung damit und kann mir geeignete OPVs 
vorschlagen.

Vielen Dank schon im Voraus!

mfg
Martin

von Lutz V. (lvw)


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Martin schrieb:
> >
> Das bedeutet, dass ich OPVs auswählen muss welche eine Grenzfrequenz
> oberhalb dieser Frequenzen aufweisen.

Zunächst mal ist es die Transitfrequenz des OPV, welche groß genug sein 
muss. Wie groß dieses "groß genug" nun sein muss, hängt von Deinen 
Genauigkeitsanforderungen ab, denn die Frequenzeigenschafen des OPV 
beeinflussen natürlich sowohl Güte als auch Grenzfrequenz des Filters, 
welches ja normalerweise für ideales OPV-Verhalten dimensioniert wird.

Noch ein Hinweis: Hinsichtlich der Empfindlichkeit der Filterstruktur 
auf Nicht-Idealitäten des Verstärkers gibt es aber eine bessere 
Alternative als Sallen-Key: Die GIC-Struktur (auch als "Fliege"-Struktur 
bezeichnet).
Dabei werden zwei baugleiche OPVs (auf einem Chip) so miteinander 
kombiniert, dass sich deren nichtideale Eigenschaften (Frequenzabhängige 
Verstärkung) teilweise gegenseitig kompensieren.

: Bearbeitet durch User
von Michael B. (laberkopp)


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Martin schrieb:
> Das bedeutet, dass ich OPVs auswählen muss welche eine Grenzfrequenz
> oberhalb dieser Frequenzen aufweisen.

Und zwar WEIT oberhalb.

Ich sag mal 100MHz OpAmps. Achte bei denen sehr auf das 
Leiterplattenlayout.

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Ich wuerde bei den Frequenzen mal ganz stark in mich gehen, ob's die 
Impedanzverhaeltnisse nicht irgendwie erlauben wuerden, das Filter 
passiv aus L und C aufzubauen und maximal die Impedanzwandler als OpAmp. 
Wenn's die wirklich braucht.

Gruss
WK

von Martin (martin912)


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Danke für die Hinweise!
Meiner Meinung nach ist das Problem, dass die maximale Ausgangsspannung 
der OPVs mit steigender Frequenz sehr stark einbricht. Das heißt sie 
können bei dem 1 MHz die benötigten +-10V nicht mehr liefern. Ich will 
aber ungefähr Verstärkung 1 haben (bis zur Cut-off Frequenz). Der 
Frequenzgang der Filter soll später dann auch vermessen werden um den 
Einbruch vor der Cut-off Frequenz via Software zu kompensieren, da ich 
sehr genau messen will.

Vielleicht wäre wirkliche eine passive Filterschaltung besser.

Die Impedanzwandler sind auf jeden Fall notwendig, somit komme ich um 
dieses Problem nicht herum.

von Martin (martin912)


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z.b. im Datenblatt des OPA182 auf Seite 16 rechts unten ist dieses 
Einbrechen der maximalen Ausgangsspannung in Abhängigkeit der Frequenz 
aufgetragen.

von Lutz V. (lvw)


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Martin schrieb:
> Danke für die Hinweise!
> Meiner Meinung nach ist das Problem, dass die maximale Ausgangsspannung
> der OPVs mit steigender Frequenz sehr stark einbricht.


Ja - da sprichst Du wirklich einen kritischen Punkt an.
Du meinst wahrscheinlich die max. Slewrate 
(Großsignal-Anstiegsgeschwindigkeit).
Auf diesen Parameter muss man in der Tat achten.

von Joe L. (joelisa)


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Lutz V. schrieb:
> Martin schrieb:
>> >
>> Das bedeutet, dass ich OPVs auswählen muss welche eine Grenzfrequenz
>> oberhalb dieser Frequenzen aufweisen.
>
> Zunächst mal ist es die Transitfrequenz des OPV, welche groß genug sein
> muss. Wie groß dieses "groß genug" nun sein muss, hängt von Deinen
> Genauigkeitsanforderungen ab, denn die Frequenzeigenschafen des OPV
> beeinflussen natürlich sowohl Güte als auch Grenzfrequenz des Filters,
> welches ja normalerweise für ideales OPV-Verhalten dimensioniert wird.

In einem nicht-trivialen Filterdesign werden die nicht-idealen 
OP-Eigenschaften berücksichtigt, u.A. auch durch angepasste 
Filter-Topologien. Es muss nicht immer Sallen-Key sein ...

Ich empfehle hierzu Spezial-Literatur - gerne auch antiquarisch, 
Stichwort: (active) analog filters.

WIMRE war "N. Fliege, Lineare Schaltungen mit Operationsverstärkern" 
schon ganz brauchbar. Müsst ich noch mal in meinem Fundus wühlen ...

von Lutz V. (lvw)


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Joe L. schrieb:
> > In einem nicht-trivialen Filterdesign werden die nicht-idealen
> OP-Eigenschaften berücksichtigt, u.A. auch durch angepasste
> Filter-Topologien.

Ich kenne zwei Verfahren dafür....falls Interesse besteht.....
Allerdings: Das slew-rate-Problem besteht weiterhin.

: Bearbeitet durch User
von Horst S. (Firma: Chaos Ltd) (hst)


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Bei Frequenzen ab 500kHz sind LC-Filter mit vernünftigen Bauteilwerten 
durchaus machbar. Da keine Angaben bezüglich Impedanz und 
Flankensteilheit vorliegen, habe ich mal ins Blaue hinein ein TP-Filter 
5. Ordnung für 500kHz mit einer Impedanz von 500 Ohm (Tcheychev 0,2db) 
als Beispiel berechnet. L und C kann man ja je nach Impedanz skalieren.

MfG,  Horst

von Klaus R. (klara)


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Martin schrieb:
> Die Cut-off Frequenz des Anti-Imaging Filters beträgt 500 kHz, die des
> Anti-Aliasing Filters 1 Mhz
...
> Vielleicht hat jemand Erfahrung damit und kann mir geeignete OPVs
> vorschlagen.

Ich habe vor ca. 4 Jahren ein ähnliches Filter entwickelt. Der 
Auftraggeber hatte sogar noch engere Vorgaben gemacht.

Sehr hilfreich war das Filter-Tool von TI.

https://www.ti.com/design-resources/design-tools-simulation/filter-designer.html

Das Schöne ist, man bekommt sofort Vorschläge zur Wahl der OPV. Es 
werden natürlich nur IC von TI angeboten. Aber das genügt ja in der 
Regel. Je steiler die Flanken werden, desto anspruchsvoller werden dann 
die Anforderungen an die Transitfrequenz einiger OPV in der Kette. Man 
staunt da nur wenn man das beim ersten Mal sieht. Und dann wird man in 
der Regel bescheidener. Viel Spaß.

mfg Klaus

von Klaus R. (klara)


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Martin schrieb:
> Ich möchte ein Anti-Imaging bzw. Anti-Aliasing Filter aufbauen. Es wird
> eine Sallen-Key Struktur verwendet. An den Eingängen soll jeweils ein
> Impedanzwandler vorgeschalten sein.
>
> Die Cut-off Frequenz des Anti-Imaging Filters beträgt 500 kHz, die des
> Anti-Aliasing Filters 1 Mhz.
>
> Das bedeutet, dass ich OPVs auswählen muss welche eine Grenzfrequenz
> oberhalb dieser Frequenzen aufweisen.

Du hast den erforderlichen Störabstand entsprechend dem 
Nyquist-Abtasttheorem nicht genannt. Im Beispiel von Horst liegen wir 
bei 1 MHz bei ca. -37 dB Abschwächung. Die Alias-Effekte werden "nur" um 
37 dB gedämpft. Wenn das genügt ist es in Ordnung. Ansonsten muß die 
Flanke steiler werden.
mfg Klaus

: Bearbeitet durch User
von Vanye R. (vanye_rijan)


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>  Im Beispiel von Horst liegen wir bei 1 MHz bei ca. -37 dB Abschwächung.

Aber irgendwann koppelt dann die erste Spule in die letzte rueber...

> die Anforderungen an die Transitfrequenz einiger OPV in der Kette.

TI hatte da einen mit 1Ghz. Dann friert die Platine auch im
Winter nicht ein. Aber die Anforderung von den 10V wird man
wohl eher nicht erfuellen koennen.

Vanye

von Klaus R. (klara)


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Vanye R. schrieb:
> Aber irgendwann koppelt dann die erste Spule in die letzte rueber...

Das passive Filter hatte ich gar nicht angesprochen sondern ich bezog 
mich nur auf das Diagramm des Frequenzgangs.

Ob der Einsatz eines passiven Filter hier überhaupt möglich wäre 
bezweifele ich. Gibt es Induktivitäten die eine Toleranz von kleiner 1% 
haben?
mfg Klaus

von Jobst M. (jobstens-de)


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Lutz V. schrieb:
> Die GIC-Struktur

Benötigt von sich aus schon OPVs, die einige 100 mal flinker sind, als 
das Signal selbst.

@TO:

Ein paar mehr Eckdaten wären schon toll!

Ich würde, wenn schon aktiv, zunächst mit kleinem Pegel filtern 
(benötigt kleinere Slew rate) und dann wieder auf den gewünschten Pegel 
bringen (mit viel Slew rate, dafür aber evtl. geringerem GBW).

Die Möglichkeit schneller zu samplen und dann digital zu filtern hast Du 
nicht?

Und: Wo verwendet man denn Umsetzer, die +/-10V verarbeiten?


Gruß
Jobst

von Lutz V. (lvw)


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Jobst M. schrieb:
> Lutz V. schrieb:
>> Die GIC-Struktur
>
> Benötigt von sich aus schon OPVs, die einige 100 mal flinker sind, als
> das Signal selbst.

> Gruß
> Jobst

Ich hab nur versucht, die m.E. - im Vergleich zu anderen Topologien - 
beste Variante hinsichtlich der aktiven Empfindlichkeit zu erwähnen.
Dass die Transitfrequenz nun deutlich über der angestrebten Grenze des 
Filter- Durchlassbereichs liegen muss, ist ja logisch.
Über den Faktor 100 kann man aber streiten - nein, besser nicht 
streiten.
So ein Mindest-Faktor hängt ab von der geforderten Genauigkeit von Güte 
und Frequenzgrenze.

von Horst S. (Firma: Chaos Ltd) (hst)


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Klaus R. schrieb:

> Ob der Einsatz eines passiven Filter hier überhaupt möglich wäre
> bezweifele ich. Gibt es Induktivitäten die eine Toleranz von kleiner 1%
> haben?
> mfg Klaus
<1% - kein Problem, bei schmalen Bandfiltern ohnehin erforderlich.

Ein bisschen Erfahrung bei Analogfiltern hilft ungemein. TP-Filter sind 
in der Dimensionierung extrem unkritisch. Die Werte auf die dritte 
Stelle hinterm Komma sind dem Programm geschuldet. Hier reichen 
Genauigkeiten von 5% durchaus aus. Muss man halt evtl. (mit einem 
preiswerten LC-Meter) messen. Für die Kapazitäten reichen Normwerte bzw. 
deren Kombination aus.
War nur ein Beitrag, dass so etwas durchaus mit Analogfiltern machbar 
ist (ist ja schon HF). Der Trend hier geht nun einmal zu OPVs, ich halte 
mich daher zurück.

von Horst S. (Firma: Chaos Ltd) (hst)



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Ist schon doof, wenn die Spezifikationen immer noch ein Geheimnis sind 
(min. Dämpfung, Impedanz).
Anbei nochmal zwei LC-Filter für fg= 500 und 1000kHz, diesmal mit 
Normgrößen für L und C. Die gewählte 500 Ohm Impedanz ist immer noch 
geraten. Solche passiven Filter haben mit +/-10V kein Problem.

Vanye R. schrieb:
> Aber irgendwann koppelt dann die erste Spule in die letzte rueber...

Ein so miserables Layout, dass das erlaubt, gehört in die Tonne. Spulen 
für diese Frequenzen werden meist als Ferrit- Kappen-, Ring- oder 
Topfkerne ausgeführt, die kaum Streufelder besitzen. Selbst 
Zylinderspulen lassen sich mit wenig Aufwand abschirmen. Ist seit fast 
hundert Jahren Standardtechnik.
MfG, Horst

von Vanye R. (vanye_rijan)


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> Die Werte auf die dritte Stelle hinterm Komma sind dem
> Programm geschuldet. Hier reichen Genauigkeiten von 5% durchaus aus.

Ja, bei der Installationsversion von dem TI-Filterprogramm,
von dem sie nicht mehr moechten das ihr davon wisst weil sie
online jeden Klick abgreifen, kann man am Ende der Simulation
wenn es die Bauteile anzeigt die Bauteilreihe angeben, also
z.B E12 und dann wird das Filter damit neu gerechnet.
Dann sieht man was geringe Abweichungen ausmachen und ob
man damit leben kann.

Ausserdem schadet es natuerlich nicht danach nochmal die Werte
in LT-Spice einzugeben und dort mit Step etwas zu varieren.

Vor einer ernsten Operation eine zweite Meinung einzuholen ist
nie falsch. :)

Vanye

p.s: Falls ihr die Installationsversion des Programms in einer
Virtuellen Maschine nutzt dann friert die nach dem Start 2-3min
ein. So das man glaubt das sie abgestuerzt ist. Das liegt vermutlich
auch daran das die Nachhause telefonieren will. Dann einfach die
Zeit abwarten, danach funktioniert es.

von Martin (martin912)


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Vielen Dank für die vielen Antworten!

Ich kann das ganze jetzt auflösen.
Ich habe den TI-Filter Designer benutzt. Dort kamen dann 2 OPVs raus.
LMH6321
OPA828

Da beim LMH6321 nichts über die maximal mögliche Ausgangsspannung in 
Abhängigkeit der Frequenz im Datenblatt steht, hab ich Kontakt mit TI 
aufgenommen. Die haben dann eine Simulation angeworfen und es wurde 
bestätigt, dass +-10 V bei 1 MHz bei genügend hohem Lastwiderstand 
erreicht werden können.

Beim OPA828 ist eine Kennlinie dazu im Datenblatt vorhanden.

Ich hab jetzt den OPA828 gewählt und bin mit meiner Filterfrequenz auf 
500 kHz hinunter gegangen.

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