Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Sallen-Key Filter: -6dB aber nur -75 Grad Phasenverschiebung


von Martin (martin912)


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Hallo

Ich habe ein Sallen-Key Filter aufgebaut. Die Grenzfrequenz liegt bei 
ca. 500 KHz. Bei dieser Frequenz erreicht der Betragsgang ca. -6dB. 
Sieht man sich die Phasenverschiebung in diesem Arbeitspunkt an, so 
liegt diese bei -75 Grad. Wie ist das möglich?

Ich erzeuge mein Signal mit einem Funktionsgenerator, gehe dann in das 
Sallen Key Filter mit vorgeschaltenem Impedanzwandler und messe dann die 
Ausgangsspannung mit einem Oszilloskop.
Bei sehr kleinen Frequenzen beträgt die Verstärkung 1 und die 
Phasendifferenz ist 0 Grad. Ich kann leider nur bis 2 Mhz ein Signal 
erzeugen. Da liegt die Phasenverschiebung bei -128 Grad.

Wie ist das möglich, dass bei -6dB im Betragsgang die Phasenverschiebung 
weniger wie 90 Grad ist?

Vielen Dank schon im Voraus!

von Axel R. (axlr)


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Weil eine EC92 eher ungeeignet ist, in einem Sallen-Key bei 500Khz 
eingesetzt werden zu wollen. Vielleicht macht auch die 
Impedanzwandlerstufe am Ende mit T4 Probleme.

von Arno R. (arnor)


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Martin schrieb:
> Ich habe ein Sallen-Key Filter aufgebaut. Die Grenzfrequenz liegt bei
> ca. 500 KHz. Bei dieser Frequenz erreicht der Betragsgang ca. -6dB.
> Sieht man sich die Phasenverschiebung in diesem Arbeitspunkt an, so
> liegt diese bei -75 Grad. Wie ist das möglich?

Ist nur eine Frage der Dimensionierung, siehe hier:
Beitrag "Re: Filter für akustische Lichtorgel"

Da ist bei der Grenzfrequenz die Phase aller Filter -90°, die Amplitude 
aber ist von der eingestellten Filtercharakteristik abhängig.

von Martin (martin912)


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Aber wie ist das möglich, dass Phase und Betrag entkoppelt sind?
Die OPVs können selber Tiefpassverhalten zeigen und die Sallen-Key 
Schaltung soll das gewünschte Tiefpassverhalten zeigen. Somit kommen 
einfach gesagt immer PT1 Glieder vor. Also mindestens PT2 aufgrund der 
Sallen Key Filterung und eventuell noch zusätzliche PTn Glieder aufgrund 
des Frequenzverhaltens der OPVs. Aber dort sind Phase und Betrag immer 
gekoppelt. Somit ist es eigentlich nicht möglich, dass ich im 
Betragsgang -6dB und gleichzeitig nur 75 Grad Phasenverschiebung habe. 
Das Sallen Key Filter ist so ausgelegt dass R1 = R2 und C1 gleich C2 
ist. Darum liegen beide Grenzfrequenzen (ohne Bauteilabweichungen) im 
selben Punkt. Die Grenzfrequenz der OPVs sollte darüber liegen. Ich 
verwende OPA828 von TI.
Somit müsste ich bei -90 Grad meine -6dB haben oder?

von Axel R. (axlr)


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Dein OPV macht eben vorher schon "schlapp". Kann das sein?
Was hast Du denn nun für Bauteile verwendet?

von Klaus R. (klara)


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Martin schrieb:
> Wie ist das möglich, dass bei -6dB im Betragsgang die Phasenverschiebung
> weniger wie 90 Grad ist?

Was sagt denn LTspice dazu?
mfg Klaus

von Arno R. (arnor)


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Martin schrieb:
> Aber wie ist das möglich, dass Phase und Betrag entkoppelt sind?

Wer sagt denn, daß die entkoppelt sind? Natürlich gibt es einen 
bestimmten Zusammenhang, aber der ist abhängig von der 
Filtercharakteristik und nicht allgemein so:

> Somit müsste ich bei -90 Grad meine -6dB haben oder?

von Arno R. (arnor)


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Martin schrieb:
> Das Sallen Key Filter ist so ausgelegt dass R1 = R2 und C1 gleich C2
> ist.

Das hatte ich überlesen. Hat die Schaltung eine Verstärkung?

von Arno R. (arnor)


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-6db und ~-75°Phase bekommt man bei R1=R2 und C1=C2, wenn die 
rückgeführte Spannung die Hälfte der OPV-Ausgangsspannung ist

von Martin (martin912)


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Nein die Schaltung hat keine Verstärkung.
Laut OPV Datenblatt schafft das der OPV (je nach Höhe der 
Eingangsspannung). Wenn sie niedriger ist gehts natürlich höher hinauf 
mit der Frequenz.

Ich habe jetzt einen OPV genommen und als Impedanzwandler verschalten. 
Da sieht man oft ein eigenartiges Verhalten. Die Ausgangsspannung folgt 
der Eingangsspannung oft sehr gut doch dann plötzlich fährt es der 
steigenden Flanke noch schön nach, doch der fallenden Flanke fährt es 
dann nicht mehr nach. Da bleibt das Signal ungefähr auf einer Höhe. Bei 
der nächsten steigenden Flanke kommt es dann manchmal zu einer 
Überhöhung über die Eingangsspannung hinaus. Nach ein paar Perioden 
pendelt sich das wieder und dann tritt dann etwas später wieder in 
ähnlicher Form auf. Bei niedrigeren Frequenzen tritt das Problem nicht 
auf.

Ich kann leider kein Oszi Bild einfügen, da mir mittlerweile der OPV den 
Geist aufgegeben hat...

In Lt spice kann ich es nicht simulieren, da es zu diesem OPV kein 
Modell gibt.

von Arno R. (arnor)


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Martin schrieb:
> In Lt spice kann ich es nicht simulieren, da es zu diesem OPV kein
> Modell gibt.

Siehe Anhang. Lässt sich auch in LTSpice einbinden.

von Martin (martin912)


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Danke! Auf der TI Seite gab es kein Modell.

von Martin O. (ossi-2)


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Wie sehen Schaltplan und Komponentenwerte aus? Dann können wir auch 
simulieren.

von Martin (martin912)


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Sie Schaltung sieht so aus. Als OPVs sind OPA828 eingebaut. Die 
Versorgung des OPVs wird zusätzlich noch über 100nF Kondensatoren 
stabilisiert.

von Martin (martin912)


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Zu Testzwecken verwende ich gerade aber nur den vorgeschaltenen 
Impedanzwandler.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Martin schrieb:
> Sie Schaltung sieht so aus.

Viel zu hochohmig. Und 10pF als frequenzbestimmende Kondensatoren?
Da versauen dir parasitäre Kapazitäten den Frequenzgang. Mach das
mal Faktor 10 (mindestens) niederohmiger.

> Die Versorgung des OPVs wird zusätzlich noch
> über 100nF Kondensatoren stabilisiert.

Nicht "stabilisiert" sondern abgeblockt. Besser als nichts.
Aber hoffentlich nah am OPV und induktivitätsarme Bauform.

von Martin O. (ossi-2)


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Hab den OPA828 nicht eingebunden bekommen. Hab stattdessen mal den 
OPA350 genommen.

Simulation mit LtSpice
Im 13k,10p Design liegt der -6dB Punkt bei ca. 895kHz mit -86 Grad 
Phase.
Im 1.3k 100pF Design liegt der -6dB Punkt bei ca. 1.17MHz mit -91 Grad 
Phase.

Man sieht, daß das niederohmigere Design eine deutlich höhere 
Grenzfrequenz besitzt. Die Eingangkapazität des OP spielt vermutlich 
eine Rolle. Die Eingangskapazität des OPA282 liegt bei 6 bzw 9pF 
(Common/Differential mode). Die Phase liegt in beiden Fällen halbwegs 
nahe bei 90 Grad.

Bisher also keine Erklärung der gemessenen -75 Grad Phase.

Beitrag #7410403 wurde vom Autor gelöscht.
von Martin (martin912)


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Danke!

Ich hab mir jetzt eine Testplatine gefräst und den OPA828 als 
Impedanzwandler verschalten.
Da zeigt sich jetzt folgendes Verhalten (siehe Oszibilder).
Einmal mit 100 Hz und einmal mit 1 MHz Sinus.

Man sieht auch eine starke Rückwirkung auf den Eingang.
Und es existiert dieses Hochfrequente Schwingen. Meiner Meinung nach 
kann es kein Resonanzproblem sein, da es auch bei der niedrigen Frequenz 
auftritt.

Woher kann dieses Verhalten kommen?

von Martin O. (ossi-2)


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Jetzt mit OPA828!

Simulation mit LtSpice
Im 13k,10p Design liegt der -6dB Punkt bei ca. 626kHz mit -76 Grad (!)
Phase.
Im 1.3k 100pF Design liegt der -6dB Punkt bei ca. 1.18MHz mit -92 Grad
Phase.

Jezt stimmt die Simulation mit der -75 Grad Messung überein. Muss 
irgendwie an der Hochohmigkeit der Schaltung liegen. Genauer Grund also 
noch unbekannt. Der Unterschied in der Frequenz des -6dB Punktes ist 
gigantisch.

von Martin (martin912)


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Vielen Dank!
Könnten sie mir die Simulationsfiles vielleicht zukommen lassen?

von Martin O. (ossi-2)


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Schwingt die Schaltung auch wenn Sie den Eingang kurzschliessen? 
Schwingt die Versorgungsspannung mit?

von Martin O. (ossi-2)


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Anbei die Simulationsfiles für LTspice.

von Martin (martin912)


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Vielen Dank!

Ich hab jetzt meine Kabel alle gegen BNC Kabel getauscht und gehe mit 
denen soweit wie möglich zum OPV -> Schwingen ist verschwunden.

Ich kann es mir aber nicht erklären warum dieses Schwingen davor sowohl 
bei 100 Hz als auch bei 1 MHz aufgetreten ist. Bei 1 MHz kann schon viel 
passieren, aber 100 Hz ist ja fast noch DC.

von Arno R. (arnor)


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Martin schrieb:
> Ich kann es mir aber nicht erklären warum dieses Schwingen davor sowohl
> bei 100 Hz als auch bei 1 MHz aufgetreten ist. Bei 1 MHz kann schon viel
> passieren, aber 100 Hz ist ja fast noch DC.

Die Signalfrequenz hat nichts mit der Schwingfrequenz des instabilen OPV 
zu tun. Dem ist es (in gewissen Grenzen natürlich) schlicht egal, ob du 
seiner Eigenschwingung noch ein beliebiges Signal überlagerst. Das 
Schwingen des OPV wird nicht durch das Signal ausgelöst, sondern durch 
Einhalten der Schwingbedingung und angefacht wird es durch Rauschen. 
Auch ohne dein Signal schwingt der dann.

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