Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Low-Power Flyback - Übertrager wird sehr warm


von Marius S. (lupin) Benutzerseite


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Hallo,

ich bastele gerade an einem Mini-Flyback von 120VDC auf 28VDC 0,3 
Ampere.
Übertrager ist ein E13/7/4 (EF12.6) mit N87 Material (gap=0,13mm, 
AL=112, µe=215).
Der Regler arbeitet im Boundary-Conduction-Mode. Das heißt die 
Schaltfrequenz ändert sich abhängig von der Last und die Stromregelung 
erfolgt primärseitig am Source.

Als Anhaltspunkt ob der Übertrager geeignet ist habe ich die Flussdichte 
betrachtet, welche überschlagsweise bei 323mT sein müsste. Maximal ist 
das Material für 500mT ausgelegt. Ich vermute (!) dass mein Überschlag 
richtig ist, da zwischen 400mA und 500mA am Ausgang der Regler aussteigt 
(Kern geht in Sättigung).

Kann jemand abschätzen (mit irgend einer Rechnung die nicht von mir ist 
;-)) ob der Übertrager geeignet sein könnte?
Und wie ermittele ich die theoretische Verlustleistung? Im Datenblatt 
des N87 Materials ist nur ein Kernverlust bis 200mT definiert.

Jedenfalls sieht es jetzt so aus, dass die Schaltung läuft, aber sehr 
heiß wird. Der Übertrager erreicht ca. 70°C bei Raumtemperatur, also bei 
300mA am Ausgang. Es gehen 11 Watt rein und 8 Watt raus. Der Rest der 
Schaltung bleibt ziemlich kühl, daher sind die 3 Watt Verlust wohl 
hauptsächlich im Übertrager wieder zu finden.
Snubber ist drin, Uds und co sehen recht sauber aus - bei 120V und 2:1 
Übertrager peakt Uds kurz bis 200 Volt und schwingt ein wenig in der 
Totzeit.

Ich habe mehrere Übertrager mit unterschiedlicher Primärinduktivität, 
Übertragungsverhältnis und Drahtstärken gewickelt. Der Wirkungsgrad 
bleibt gleich, ziemlich egal was ich mache. Bei sehr hoher Induktivität 
oder ungeeigneten Kernen geht der Kern nur früher in die Sättigung (habe 
noch andere Kerne zum Ausprobieren, aber N87 mit lg=0,13 geht am 
besten).

Hier einer meiner gewickelten Übertrager (der funktioniert noch am 
besten):
Primär: Np=40 Lp=255µH Rp=280mR
Sekundär: Ns=20 Ls=56µH Rs=131mR
Streu-Induktivität (sek kurzgeschlossen) liegt bei 39µH
Schaltfrequenz liegt mit diesem Exemplar bei ca. 150kHz.

Habe auch einen mit 30 Primärwindungen und 15 Sekundär gewickelt - 
einziger Effekt ist, dass sich die Schaltfrequenz erhöht auf etwa 
200kHz.

Datenblatt EF12.6 Wickelkörper+Kern:
https://www.tdk-electronics.tdk.com/inf/80/db/fer/e_13_7_4.pdf

Datenblatt N87 Material:
https://www.tdk-electronics.tdk.com/download/528882/990c299b916e9f3eb7e44ad563b7f0b9/pdf-n87.pdf

von H. H. (Gast)


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Marius S. schrieb:
> Als Anhaltspunkt ob der Übertrager geeignet ist habe ich die Flussdichte
> betrachtet, welche überschlagsweise bei 323mT sein müsste.

Viel zu viel!

Zur Auslegung kannst du MDT nutzen.

von Mark S. (voltwide)


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Die Angabe der Sättigungsinduktivität bezieht sich auf den statischen 
DC-Fall. Bei 150kHz kommen aber diverse Hochfrequenzverluste hinzu, die 
alle mit der Frequenz zunehmen:
Die Ummagnetisierungsverluste im Kernmaterial, das Datenblatt liefert 
frequenzabhängige Ummagnetisierungsverluste.
Gerade beim Sperrwandler kommen Wicklungsverluste infolge von Skin- und 
Proximity Effekt hinzu.
Verluste infolge der Streuinduktivität. Neben der geforderten engen magn 
Kopplung zwischen Primär- und Sekundärwicklung transformiert sich jeder 
cm Leiterbahnlänge sekundärseitig als zusätzliche Streuinduktivität in 
den Primärkreis, das wird üblicherweise am Primärsnubber verheizt.
Alles in allem war nach meiner Erfahrung der Trafo IMMER heißer als 
ursprünglich angenommen.
Generell ist der Sperrwandler nur auf den ersten Blick einfach, bei 
genauer Betrachtung zeigen sich die Probleme, es ist die Topologie mit 
dem maximalen Bauteilestress mit den größten ripple-Strömen, 
insbesondere sekundärseitig. Was dazu führt dass ein Großteil der 
Ausfälle der beliebten "Wandwarzen" auf überlastete Sekundärelkos zurück 
zu führen ist.
An deiner Stelle würde ich erstmal auf ee20 gehen und die Taktfrequnenz 
bei Volllast auf <100kHz bemessen.

: Bearbeitet durch User
von Michael B. (laberkopp)


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Marius S. schrieb:
> Als Anhaltspunkt ob der Übertrager geeignet ist habe ich die Flussdichte
> betrachtet, welche überschlagsweise bei 323mT sein müsste.

Zu hoch.

Marius S. schrieb:
> Im Datenblatt des N87 Materials ist nur ein Kernverlust bis 200mT
> definiert.

Siehste.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Die Schaltfrequenz ist auch sportlich für einen Sperrwandler.

von Arno R. (arnor)


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Marius S. schrieb:
> Primär: Np=40 Lp=255µH Rp=280mR
> Sekundär: Ns=20 Ls=56µH Rs=131mR
> Streu-Induktivität (sek kurzgeschlossen) liegt bei 39µH
> Schaltfrequenz liegt mit diesem Exemplar bei ca. 150kHz.

> Übertrager ist ein E13/7/4 (EF12.6) mit N87 Material (gap=0,13mm,
> AL=112, µe=215).

40Wdg bei AL=112 ergeben aber nur 180µH, der Kern hat also AL=160 und 
verträgt daher weniger Strom. Außerdem ist der Koppelfaktor mit 0,92 
ziemlich schlecht. Die Seite von Heinz Schmidt-Walter sagt bei deinen 
Werten und sonst idealem Verhalten (Koppelfaktor=1, usw.) einen primären 
Maximalstrom von 0,67A bei 1,43µs, d.h. die Flußdichte ist dann bei 
350mT.

von Arno R. (arnor)


Angehängte Dateien:

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Arno R. schrieb:
> Die Seite von Heinz Schmidt-Walter

Hier noch das Bild dazu.

von Marius S. (lupin) Benutzerseite


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Vielen Dank für die Antworten. Es wird klar, dass der Kern ziemlich 
klein ist. Allerdings ist der Bauraum sehr begrenzt.

Wie kann man die Flussdichte am einfachsten ermitteln? Ich habe mehrere 
Formeln gefunden die alle unterschiedliche Ergebnisse liefern...
z.B:
 B=U*d/(2*N*f*Ae)
 d ist der Duty-Cycle
oder:
 B=L*I/(N*Ae)
 Nehme ich dort für I den Peak-Strom oder Effektivwert?
oder ganz ähnlich:
 B=U*t/(N*Ae)

Ich glaube das ist nicht so komplex, aber ich komme da leider ziemlich 
durcheinander :-(

Auch wenn ich ein bisschen verwirrt bin von den Formeln steht N im 
Nenner.
Um die Flussdichte runter zu bekommen muss ich also die Windungszahl 
erhöhen. Also wähle ich einen großen Luftspalt, erhöhe die Windungen 
(bei gleicher Induktivität) und alles müsste wunderbar funktionieren, 
oder wo ist mein Denkfehler?

von H. H. (Gast)


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Marius S. schrieb:
> Um die Flussdichte runter zu bekommen muss ich also die Windungszahl
> erhöhen. Also wähle ich einen großen Luftspalt, erhöhe die Windungen
> (bei gleicher Induktivität) und alles müsste wunderbar funktionieren,
> oder wo ist mein Denkfehler?

Der Wickelraum ist begrenzt.

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