Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik 50 Hz transformer im 60hz Netz


von Felice D. (flexbex)


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Hallo, ich hatte mir einst Transformer gekauft um  meine stepper 
controller für meine CNC zu versorgen. Die Transformer sind für 
220v/50hz ausgelegt und sollen eine 70v Spannung erzeugen. Das ist auch 
die Obergrenze meiner Controller. Jetzt bin ich aber umgezogen und hier 
in den Philippinen ist das Netz 220v/60hz. Ich habe heute 74v gemessen. 
Jetzt bin ich unsicher ob die Ausgangsspannung eines Transformers 
abhängig von der Frequenz ist? ich hatte bis heute angenommen es gelte 
allein N1/N2. Aber auch die 74v überschreiten die maximale Spannung. Wie 
könnte ich die Spannung veringern. Ich würde ungern den Blechkern 
Transformer auseinander bauen und sekundär Wicklungen entfernen. Zur Not 
ist dies aber eine Option? Ansonsten könnte ich die Eingangsspannung 
veringern. Aber aus meinem Elektrotechnik Studium meine ich mich zu 
erinnern dass einige spannungsregulierer wie Thyristoren Probleme mit 
induktiven Lasten hatte. Leider ist mein Wissen aus der 
Leistungselektronik begrenzt

von Michael B. (laberkopp)


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Es macht einem für 50Jz ausgelegten Trafo nichts aus, 60Hz zu 
transformieren.
Wenn der alte für 230V~ war und du nun 220V ~ hast, sollte die 
Ausgangsspannung etwas geringer sein.
Aber im Leerlauf steigt die Spannung immer an, die 70V gelten nur bei 
voller Belastung.
Ausserdem sind 220V~ nicht 220, sondern 208-242V (und in den 
Phillippienen sicher noch weiter abweichend).

Wenn deine Motortreiber damit ein Problem haben, waren es schon in 
Deutschland die falschen, viel zu knapp ausgelegt.

Man reduziert die Spannung nicht durch einen TRIAC-Dimmer durch 
Phasenanschnitt, sondern in dem man z.B. einen 24V~ Trafo besorgt, ihn 
an 220V~ anschliesst, und die 24V~ phasenrichtig von den 220V 
subtrahiert, dann sieht dein 220V Trafo nur noch 196V und liefert nur 
noch 62V, weit genug unter dem Limit. Der 24V Trafo muss nur 1/10 der 
Leistung deinen Netztrafos haben.

von Arno R. (arnor)


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Felice D. schrieb:
> Jetzt bin ich unsicher ob die Ausgangsspannung eines Transformers
> abhängig von der Frequenz ist? ich hatte bis heute angenommen es gelte
> allein N1/N2.

Beim idealen Trafo gilt das so. Beim Realen ist die Ausgangsspannung 
meist etwas niedriger, weil sich die Kernsättigung schon ein wenig 
bemerkbar macht (die Trafos sind zu knapp gewickelt). Bei 60Hz anstelle 
50Hz ist die Flußdichte um 20% geringer, der Trafo wird dadurch 
"idealer" und seine Ausgangsspannung steigt etwas an. Das hast du 
gemessen.

Spannung verringern geht durch abwickeln einiger Windungen oder 
aufwickeln einiger Windungen und verkehrtes in Reihe schalten zur 
Sekundärwicklung. Oder man nimmt einen kleinen Trafo mit ein paar Volt 
und schaltet dessen Sekundärwicklung so in Reihe, daß sich die 
Spannungen subtrahieren. Bei kleinen Strömen kann man auch 2 Z-Dioden in 
Reihe (AK-KA) schalten.

von Cha-woma M. (Firma: --------------) (cha-ar-196)


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Felice D. schrieb:
> Aber auch die 74v überschreiten die maximale Spannung.
Warum?
Wenn die Grenzen so eng sind, dann hätte es doch was anderes gebraucht. 
Spannungsschwankungen um 10% sind in fast allen Netzen möglich!
> Wie
> könnte ich die Spannung veringern.
Häng mal eine Last dran und miss dann noch mal.
50 oder 60 Hz sind kein großer Unterschied. Einzig die 
Magnetisierungs-Verluste nehmen mit steigender Frequenz zu. Der 
Eisenkern wird dadurch "wärmer". U.U. muß man die max Ausgangs-Leistung 
reduzieren (Strom weniger -> Magnetischer Strom weniger-> 
Verlustleistung nimmt ab!)

von Felice D. (flexbex)


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Michael B. schrieb:
> Man reduziert die Spannung nicht durch einen TRIAC-Dimmer durch
> Phasenanschnitt, sondern in dem man

AHH klar triac hießen die.

Da ich insgesamt vier Trafos habe wird es ziemlich teuer werden vier 
weitere zur Spannungsreduzierung zu kaufen. Z Dioden fallen tatsächlich 
weg wegen den hohen Strömen 8amper. Da scheint die Reduzierung der 
sekundär Wicklungen wirklich die beste Lösung zu sein. Besonders weil 
die Ausgangsspannung eh schon zu hoch in Deutschland bzw Vietnam wo ich 
sie gekauft habe. Sie wurden mir damals mitgeliefert deshalb hatte ich 
mir damals keine Gedanken gemacht.

: Bearbeitet durch User
von Harald W. (wilhelms)


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Arno R. schrieb:

> Spannung verringern geht durch abwickeln einiger Windungen

...der Sek.-Wicklung. Und da diese normalerweise als letzte
aufgebracht wird, geht das auch meist recht gut, ohne den
Kern zu entfernen. 50Hz-Trafos haben bei 60Hz-Betrieb weniger
Verluste, sodas ansonsten nichts gegen einen solche Betrieb
spricht. Umgekehrt ist da deutlich problematischer.

Beitrag #7416325 wurde vom Autor gelöscht.
von Gerald K. (geku)


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Felice D. schrieb:
> Da ich insgesamt vier Trafos habe wird es ziemlich teuer werden vier
> weitere zur Spannungsreduzierung zu kaufen.

Man könnte auch einen Spartrafo vor die vier anderen Trafos schalten. 
Welche Gesamtleistung wird benötigt?

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Spartransformator

https://amzn.eu/d/6tfjOBf

Man kann auch einen Transformator mit 220V auf 9V nehmen und die beiden 
Wicklungen in Serie schalten.

220V+9V ans Netz, 220V Wicklung an die anderen Transformatoren. Diese 
sorgen für die Potentialtrennung.


Die Leistung des Spartrafos kann kleiner als die Summe der Leistung der 
vier nachgeschalteten Trafos sein.

Dimensionierung des Spartrafos siehe: 
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Spartransformator#Beispiel

**Vosicht** beim Arbeiten mit Netzspannungen!

: Bearbeitet durch User
von Felice D. (flexbex)


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Harald W. schrieb:
> Arno R. schrieb:
>> Spannung verringern geht durch abwickeln einiger Windungen
>
> ...der Sek.-Wicklung. Und da diese normalerweise als letzte
> aufgebracht wird, geht das auch meist recht gut, ohne den
> Kern zu entfernen. 50Hz-Trafos haben bei 60Hz-Betrieb weniger
> Verluste, sodas ansonsten nichts gegen einen solche Betrieb
> spricht. Umgekehrt ist da deutlich problematischer.

Ich denke dass ich diesem Rat folgen werde. Ich bekomme ca 50m 1.2mm 
Draht für ca 10€. Dann werde ich es in Reihe schalten und gegenläufig 
wickeln. Dafür muss ich den Trafo nicht aufmachen. Genug Platz scheint 
es zu geben dafür

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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Wenn ein 50Hz Trafo bei 60Hz betrieben wird:

a) Es sinken die induktiven Ruhestromverluste, weil der induktive 
Widerstand mit der Frequenz zunimmt.

b) Es steigen die Eisenverluste, weil die Hysteresekurve häufiger pro 
Sekunde durchlaufen wird.

c) Es steigen die Verluste durch Wirbelströme im Blechpaket.

d) Es steigen die ohmschen Verluste durch den Skin-Effekt.

Wenn ein 60Hz Trafo bei 50Hz betrieben wird, geht das wegen a) häufig 
nicht gut aus.

Der Trafo sollte von der Leistung nicht zu knapp bemessen gewesen sein.

Felice D. schrieb:
> und gegenläufig wickeln.

Vermute, es dürfte sich um einen Ringkerntrafo handeln, weil es bei 
dieser Bauform meistens sehr einfach solche Wicklungen ergänzen lassen.

von Manfred P. (pruckelfred)


Angehängte Dateien:

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Felice D. schrieb:
> ich hatte mir einst Transformer gekauft

Transformator.

Felice D. schrieb:
> wegen den hohen Strömen 8amper

8 Ampere.

Felice D. schrieb:
> Da ich insgesamt vier Trafos habe wird es ziemlich teuer werden vier
> weitere zur Spannungsreduzierung zu kaufen.

Spannungsreduzierung per Spartrafo. Grob überschlagen geben 8A 560VA 
bzw. 2,6 Ampere primär. Da der volle Strom nur durch die kleine 
12V-Wicklung muß. wäre ein 12V-Trafo mit 35VA ausreichend. So man hat 
oder findet, waren diese für Halogenleuchten üblich und billig.

von Werner H. (werner45)


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Aus der Praxis:
Netztrafos in USA-Geräten sind für 60 Hz ausgelegt und werden 
unverändert auch in Ländern mit 50 Hz betrieben. Primär meist mit 
Anzapfungen von 100V (für Japan) und 240 V für die anderen Länder 
versehen. Die Amis wickeln keine  anderen Trafos für 50 Hz.
Ami-Trafos werden bei unseren 50 Hz auch nicht merklich heißer. 
Spannungsschwankungen von ± 10-15% sind mit einkalkuliert, die treten 
auch im schäbigen amerikanischen Netz auf...

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Dieter D. schrieb:
> d) Es steigen die ohmschen Verluste durch den Skin-Effekt.
So ein großer Trafo mit so dicken Drähten wird das wohl kaum sein, dass 
das eine messbaren Unterschied ausmacht. Denn die Eindringtiefe ist bei 
50Hz immerhin 9,2mm und die bei 60Hz luftige 8,6mm.

Felice D. schrieb:
> Die Transformer sind für 220v/50hz ausgelegt und sollen eine 70v
> Spannung erzeugen.
Wünschst du dir das, oder steht das so auf dem Typenschild? Denn die 
Leerlaufausgangsspannung eines Trafos kann locker 10-15% über für den 
Nennstrom angegebenen Nennspannung sein.

> Aber auch die 74v überschreiten die maximale Spannung.
Dann sind die Trafos von vorn herein falsch dimensioniert. Was willst du 
denn da überhaupt machen?

> meine CNC zu versorgen.
Welche ist das denn? Gibt es dafür eine Bestellbezeichnung oder eine 
Typnummer? Dir ist klar, dass aus den 70Vac nach Gleichrichtung über 
100Vdc werden?

von Felice D. (flexbex)


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Lothar M. schrieb:
> Bestellbezeichnung oder eine Typnummer? Dir ist klar, dass aus den 70Vac
> nach Gleichrichtung über 100Vdc werden?

Naja für die Trafos gibt's gar nichts. Die habe ich in Vietnam beim CNC 
Verkäufer dazu bekommen. Laut der Website 70v/20a. Der Stepper 
Controller ist HBS86h und hat genau wie du sagst 100Vdc oder 70Vac. Ist 
das eine Eigenheit bei Stepper Controllern das mit der Spannungs 
Amplitude und nicht dem effektiv Wert gerechnet wird? Hat es einen 
Nachteil das ich sie nicht mit 100v DC betreibe?

https://cnc3ds.com/products/hybrid-servo-86hbm80-hbs86h-leadshine

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Felice D. schrieb:
> Hat es einen Nachteil das ich sie nicht mit 100v DC betreibe?
Du wirst nicht das maximale Drehmoment bzw. die maximale Leistung aus 
den Motoren herausbekommen.

> Ist das eine Eigenheit bei Stepper Controllern das mit der Spannungs
> Amplitude und nicht dem effektiv Wert gerechnet wird?
Nein, es ist eine Eigenheit des Brückengleichrichters, der aus der 
effektiven Wechselspannung eine Gleichspannung erzeugt, die etwa um den 
Faktor 1,41 (= Wurzel aus 2) höher ist. Aus den 70Vac werden dann also 
sowieso 70Vac*1.41 = 100Vdc.

Und deine Steuerung ist eh' bis 80Vac spezifiziert. Passt also soweit 
alles.

von Felice D. (flexbex)


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Lothar M. schrieb:
> Und deine Steuerung ist eh' bis 80Vac spezifiziert. Passt also soweit
> alles.
Das ist das interessante bei chinesischen Herstellern dass das 
Datenblatt nämlich 70v max angibt

Lothar M. schrieb:
> Nein, es ist eine Eigenheit des Brückengleichrichters, der aus der
> effektiven Wechselspannung eine Gleichspannung erzeugt, die etwa um den
> Faktor 1,41 (= Wurzel aus 2) höher ist. Aus den 70Vac werden dann also
> sowieso 70Vac*1.41 = 100Vdc.
> Und deine Steuerung ist eh' bis 80Vac spezifiziert. Passt also soweit
> alles.

Das ist das interessante bei chinesischen Herstellern daß das Datenblatt 
70v AC angibt

https://kitaez-cnc.com/f/hbs86h.pdf&ved=2ahUKEwjYjtrv_oD_AhVMmVYBHYw-DpMQFnoECBIQAQ&usg=AOvVaw1x2Sn_MoMIp6CWq706weCQ


Ja das mit der Wurzel 2 ist mir schon klar. Nur wird's dann nach dem 
Brückengleichrichter auf 70v durch Kondensatoren geglättet.

von Peter D. (peda)


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Felice D. schrieb:
> ich hatte bis heute angenommen es gelte
> allein N1/N2.

Nö. Die Wicklungen haben einen ohmschen Widerstand, der Kern 
Wirbelstromverluste und die magnetische Kopplung ist nie 100%.
Daher gibt man die Sekundärspannung unter Nennlast an. 74V im Leerlauf 
ist ein guter Wert (94% Wirkungsgrad).

von Harald W. (wilhelms)


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Felice D. schrieb:

> Ja das mit der Wurzel 2 ist mir schon klar. Nur wird's dann nach dem
> Brückengleichrichter auf 70v durch Kondensatoren geglättet.

Die Spitzenspannung wird durch den Ladekondensator nicht verringert.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Felice D. schrieb:
> Nur wird's dann nach dem Brückengleichrichter auf 70v durch
> Kondensatoren geglättet.
Nach Gleichrichtung und Glättung werden aus 70Vaceff immer 100Vdc. Auch 
in China.

Und Reichelt gibt dann auch zwei zusammenpassende Spannungsbereiche an:

- Eingangsspannung: 24 - 70 V AC / 30 - 100 V DC

- 
https://www.reichelt.de/treiber-fuer-closed-loop-motoren-fuer-nema-34-24-70-v-act-hbs86h-p237927.html

: Bearbeitet durch Moderator
von H. H. (Gast)


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Lothar M. schrieb:
> Und Reichelt gibt dann auch zwei zusammenpassende Spannungsbereiche an:
>
> - Eingangsspannung: 24 - 70 V AC / 30 - 100 V DC
>
> -
> 
https://www.reichelt.de/treiber-fuer-closed-loop-motoren-fuer-nema-34-24-70-v-act-hbs86h-p237927.html

Im Datenblatt des Herstellers: 24~80VAC/30~100VDC.

von Purzel H. (hacky)


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>Felice D. schrieb:
>> Jetzt bin ich unsicher ob die Ausgangsspannung eines Transformers
>> abhängig von der Frequenz ist? ich hatte bis heute angenommen es gelte
>> allein N1/N2.
>
>Beim idealen Trafo gilt das so. Beim Realen ist die Ausgangsspannung
>meist etwas niedriger, weil sich die Kernsättigung schon ein wenig
>bemerkbar macht (die Trafos sind zu knapp gewickelt).

Nein, leider nicht. Wenn 230/70V drauf steht bedeutet das an 230V gibt's 
70V bei Nennlast. Also bei Nennstrom. Im Leerlauf ist's dann mehr. Das 
nennt sich dann die Leerlaufueberhoehung. Bei kleinen Trafos ist diese 
Ueberhoehung groesser, kann bei 1W Trafo auch Faktor 3 sein. Bei einem 
3W trafo immer noch 100%. Bei einem 100VA Trafo wuerd ich vielleicht 
10-20% erwarten, ohne gemessen zu haben. Sollte aber in einem Datenblatt 
stehen. Und sonst messen.
Und ja, alles hinten dran muss auf diese Ueberspannung dimensioniert 
sein.

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