Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Trafo 100kVA: Ohmsche/ induktive Widerstände primärseitig?


von H. P. (hobbybastler2)


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Liebe Mitforisten,

zunächst hoffe ich, daß dieser Beitrag im richtigen Forum steht, sollte 
dies nicht der Fall sein, bitte ich einen Moderator, den Beitrag 
entsprechend zu verschieben. Danke!

Kürzlich sah ich ein Video (Link: 
https://www.youtube.com/watch?v=We7XFrIT9Og), in dem die Produktion 
eines leistungsfähigen Transformators (100kVA) gezeigt wird. Ich 
vermute, daß die Spannungen primärseitig ca. 15kV, sekundärseitig ca. 
400V betragen. Meine Frage lautet, ob jemand von Euch eine zuverlässige 
Angabe machen kann, welche ohmschen und induktiven Widerstände die 
Primärseite hat? Hinter meiner Frage verbirgt sich eine gewisse 
Verwunderung darüber, daß so wenige Windungen der Spulen auf der 
Hochspannungsseite ausreichen, den Strom anscheinend auf wenige Ampere 
zu begrenzen. (Minuten 9:00 bis 13:00 zeigen m. E. die 
Hochspannungswicklungen.) Mir ist natürlich klar, daß der induktive 
Widerstand sehr viel höher ist als der ohmsche, das sieht man bei jedem 
gewöhnlichen Kleintrafo, aber etwa 15 bis 20kV sind der Induktiviät zum 
Trotze doch eine ganz andere "Hausnummer" als 230V.

Ich danke Euch im Voraus für Hinweise zu dem Thema!

: Bearbeitet durch User
von Dietrich L. (dietrichl)


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H. P. schrieb:
> Hinter meiner Frage verbirgt sich eine gewisse
> Verwunderung darüber, daß so wenige Windungen der Spulen auf der
> Hochspannungsseite ausreichen, den Strom anscheinend auf wenige Ampere
> zu begrenzen.

Bei einem Trafo bewirkt der ohmsche Widerstand Verluste, und die sollen 
möglichtst klein sein. Ein idealer Trafo hat 0Ω.
Für eine Strombegrenzung ist der Trafo nicht zuständig, dafür muss die 
Umgebung sorgen.
Der Strom im Leerlauf wird durch die Hauptinduktivität des Trafos 
bestimmt, und die erforderliche Anzahl von Windungen ist abhängig von 
der Spannung und dem Kern. Die Windungszahl muss so groß sein, dass der 
Kern nicht in die Sättigung geht.

von H. H. (Gast)


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von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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H. P. schrieb:
> Minuten 9:00 bis 13:00 zeigen m. E. die Hochspannungswicklungen.
Eine der Hochspannungsspulen wird um die 5. Minute herum gewickelt.

H. P. schrieb:
> daß so wenige Windungen der Spulen auf der Hochspannungsseite
> ausreichen
Die Niederspannungsspulen werden anfangs um die 2. Minute gewickelt. Und 
die haben 20 Windungen: https://youtu.be/We7XFrIT9Og?t=174

Die Hochspannungsseite muss dann also etwa 20x 15000/400 = 750 
Windungen. Das passt schon recht gut zusammen.

> aber etwa 15 bis 20kV sind der Induktiviät zum Trotze doch eine ganz
> andere "Hausnummer" als 230V.
Der Kern ist ja auch nicht ganz klein. Da passt schon ordentlich 
Magnetismus drauf.

von H. P. (hobbybastler2)


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Vielen Dank!

Dann setze ich nun

750 Windungen,
50 Hz als Netzfrequenz für die Hochsspannungsseite,
Bmax = 1,3 T und
eine Fläche von 25 cm x 25 cm = 625 cm^2 = 0,0625 m^2 an, außerdem gelte

1 Tesla = 1 (Vs)/m^2, https://de.wikipedia.org/wiki/Tesla_(Einheit),
1 Hertz = 1/s, https://de.wikipedia.org/wiki/Hertz_(Einheit).

Ueff sollte also laut 
https://de.wikipedia.org/wiki/Transformator#Transformatorenhauptgleichung 
nach den entsprechenden Kürzungen annähernd

4,44 x 1,3V x 0,0625 x 50 x 750 = 13528V betragen.

("x" entspricht dem Multiplikationszeichen, weil der Stern in der obigen 
Rechnung bei mir nicht dargestellt wird.)

Und Ueff entspricht damit der zulässigen Spannung für den Transformator, 
wenn ich das richtig verstehe. Passen würde es ja grob, die 
Querschnittsfläche ist sowieso nur geschätzt.

: Bearbeitet durch User
von H. P. (hobbybastler2)


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Dietrich L. schrieb:
> Bei einem Trafo bewirkt der ohmsche Widerstand Verluste, und die sollen
> möglichtst klein sein. Ein idealer Trafo hat 0Ω.

Das ist ein wertvoller Hinweis! Ist eigentlich klar, aber es zeigt, daß 
ich das ideale Berechnungsmodell deutlich von der schlechteren realen 
Schaltung trennen muß. Der ohmsche Widerstand dürfte für die 
grundsätzliche Aufgabe des Trafos idealerweise also gar nicht ins 
Gewicht fallen...

von Klaus R. (klara)


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H. P. schrieb:
> Kürzlich sah ich ein Video (Link:
> https://www.youtube.com/watch?v=We7XFrIT9Og), in dem die Produktion
> eines leistungsfähigen Transformators (100kVA) gezeigt wird.

Baut man solch einen Trafo in Deutschland ebenso in dieser Art?
mfg Klaus

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Klaus R. schrieb:
> Baut man solch einen Trafo in Deutschland ebenso in dieser Art?
Grundsätzlich schon, nur sind die Maschinen etwas neumodischer und man 
nimmt Sicherheitsschuhe statt Sandalen.

von Karl B. (gustav)


Angehängte Dateien:

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Lothar M. schrieb:
> Klaus R. schrieb:
>> Baut man solch einen Trafo in Deutschland ebenso in dieser Art?
> Grundsätzlich schon, nur sind die Maschinen etwas neumodischer ....

Yep.

ciao
gustav

von U. B. (Gast)


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> Trafo 100kVA: Ohmsche/ induktive Widerstände primärseitig?

So'n Ding dürfte ca. 4% Kurzschlussspannug haben,
was sagt denn das Datenblatt?

In dieser Leistungsklasse resultiert die Kurzschlussspannung
zu ca. 2/3 aus den Wicklungswiderständen
(der Rest aus den Streuinduktivitäten)
-nach meiner Erinnerung aus der Vorlesung E-Maschinen-.

Damit kann man die Wicklungswiderstände schon abschätzen.

von Peter G. (ham)


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Hallo

Lothar M. schrieb:
> Grundsätzlich schon, nur sind die Maschinen etwas neumodischer und man
> nimmt Sicherheitsschuhe statt Sandalen.

Und leider (!) stellt man keine solch interessanten Videos ins Netz.

Wenn überhaupt werden, da nur einige High Tech Szenen dargestellt, 
tunlichst darauf geachtet, dass alles "super korrekt (BG, Gewerkschaften 
und Co. könnten ja zusehen), herüberkommt - wenn irgendein "Hennes" 
nicht will, wird er natürlich unkenntlich gemacht, und wenn es ganz 
schlimm kommt, werden sogar Nummernschilder oder bestimmte 
Herstellerlogos von zufällig mit in Video gelangte Fahrzeugen oder 
Maschinen "verpixelt".
Und natürlich:
Eine grüne Botschaft wird auch immer mit eingeschoben...

Da ist mir letztendlich ein doch recht lieblos (unmotivierter Schnitt, 
schneller Vorlauf, keine erklärende Kommentare, irgendwie "Nebenbei im 
Auftrag des Chefs vom Azubi mit dem Smartphone 
aufgenommen"...)erstelltes , aber auch nicht beschönigendes und 
(wahrscheinlich) alle Arbeitsschritte darstellende Video wo nichts 
verpixelt oder vorsätzlich "verschmiert" (extremer punktueller 
Weichzeichner => gewollter Pixelbrei) wird in dieser Art immer noch 
lieber als ein von einer professionellen Agentur in Auftrag gegebenes 
"Firmen und Produktionsvideo" aus EU-Europa oder USA.

von Thomas R. (thomasr)


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Peter G. schrieb:
>
> Da ist mir letztendlich ein doch recht lieblos (unmotivierter Schnitt,
> schneller Vorlauf, keine erklärende Kommentare, irgendwie "Nebenbei im
> Auftrag des Chefs vom Azubi mit dem Smartphone
> aufgenommen"...)erstelltes , aber auch nicht beschönigendes und
> (wahrscheinlich) alle Arbeitsschritte darstellende Video wo nichts
> verpixelt oder vorsätzlich "verschmiert" (extremer punktueller
> Weichzeichner => gewollter Pixelbrei) wird in dieser Art immer noch
> lieber als ein von einer professionellen Agentur in Auftrag gegebenes
> "Firmen und Produktionsvideo" aus EU-Europa oder USA.

In Indien wirst du aber auch nicht wegen eines solchen Videos auf alles 
mögliche verklagt ;-))

Hier gilt das womöglich als Beweismittel.

von Hp M. (nachtmix)


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H. P. schrieb:
> Und Ueff entspricht damit der zulässigen Spannung für den Transformator,
> wenn ich das richtig verstehe. Passen würde es ja grob, die
> Querschnittsfläche ist sowieso nur geschätzt.

Kommt mir aber deutlich kleiner vor als 25cm x 25 cm.
Vllt ist das auch kein 230V Trafo sondern nur 115V oder so, und evtl 
auch 60Hz.
Ich habe leider nicht erkannt, in welchem Land das "spielt".



H. H. schrieb:
> Und Bmax kannst du mit 1,3T ansetzen.

Auch bei so großen Trafos?
Die sind ja wahrscheinlich auf geringe Leerlaufverluste, also geringe 
Eisenverluste, hin ausgelegt.
Um die ohmschen Verluste bei Belastung zu minimieren, muss ordentlich 
Kupferquerschnitt drauf.

von Armin X. (werweiswas)


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Klaus R. schrieb:
> Baut man solch einen Trafo in Deutschland ebenso in dieser Art?

Hierzulande werden solche Verteiltransformatoren in der Größenklassen 
630 -2500kVA meist als Gießharz- Trockentrafos ausgeführt.

Ob er Kollege im folgenden Video, ab ca Minute 10 zu sehen, wohl noch 
die gute Blei-Mennige Grundierung aufbringt?
https://m.youtube.com/watch?v=Q69QOwVbzjY

von H. P. (hobbybastler2)


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Nochmals danke an alle für Eure interessanten und hilfreichen Beiträge!

von Manfred P. (pruckelfred)


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Dietrich L. schrieb:
>> Hinter meiner Frage verbirgt sich eine gewisse
>> Verwunderung darüber, daß so wenige Windungen der Spulen auf der
>> Hochspannungsseite ausreichen, den Strom anscheinend auf wenige Ampere
>> zu begrenzen.

> Für eine Strombegrenzung ist der Trafo nicht zuständig, dafür muss die
> Umgebung sorgen.

Das ist sehr mißverständlich oder sogar falsch.

Ein Trafo wird aus einem sehr niederohmigen Netz gespeist, was keinerlei 
Begrenzung hat. Da muß der Trafo schon selbst dafür sorgen, einen 
überschaubar großen Strom aufzunehmen. Da es sein omscher Widerstand 
nicht sein kann, sorgt der Magnetismus dafür, Scheinwiderstand.

hobbybastler2 darf gerne mal an eigenen Geräten mit Trafo deren 
Widerstand messen.

Mein Labornetzteil mit 210 Watt hat am Netzstecker 3 Ohm, das wären 77 
Ampere, kann nicht sein. Ohne Last dran fließen am Netz aber gerade mal 
um 100 mA, also hat der Trafo an 50 Hz etwa 2,3 kOhm.

Da ist die Induktivität ins Spiel: An 230V-Gleichspannung würde der 
binnen Sekundebruchteilen verglühen, an 50Hz-Wechselspannung passiert 
nichts.

230V x 0,1A wären 23 Watt, aber auch diese fallen nicht an, es sind 
nämlich 23 VA "Scheinleistung". Aufgrund der induktiven 
Phasenverschiebung werden in Ruhe gerade mal 6 Watt in Wärme verwandelt, 
"Wirkleistung".

Da ist Stoff elektrischer Berufsausbildungen und nicht auf Anhieb zu 
begreifen.

von Dietrich L. (dietrichl)


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Manfred P. schrieb:
>> Für eine Strombegrenzung ist der Trafo nicht zuständig, dafür muss die
>> Umgebung sorgen.
>
> Das ist sehr mißverständlich oder sogar falsch.

Ich setze mal voraus, dass der Trafo richtig dimensioniert ist und bei 
Nennspannung seine Leerlaufstromaufnahme (Magnetisierungsstrom) 
"vernünftig" ist und der Kern nicht in Sättigung geht.

Davon bin ich ausgegangen bei der Aussagen "Für eine Strombegrenzung ist 
der Trafo nicht zuständig", und da meine ich den Strom, der durch die 
Last verursacht wird.

Somit ist die Aussage pauschal gesehen tatsächlich missverständlich...

: Bearbeitet durch User
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