Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik ausgelaufene Goldcaps


von Rene M. (reneindd)


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Hallo an alle,

ich habe hier einen sehr schönen Technics Equalizer  SH-8066 Baujahr 87 
bis 90.

Das Gerät funktioniert soweit ganz gut und ich möchte ihn verkaufen, 
mach ihn sauber und seh mir auch mal die Leiterplatte an. Es sind 2 
Goldcaps verbaut. Warscheinlich für die Speicherung von individuellen 
Frequenzprofilen die man mit dem Gerät anlegen kann.

Einer der der Beiden hat eine bräunlich angelaufene Lötstelle.
Ich hab vorher nicht entladen, wusste auch nicht, daß diese 
Kondensatoren Spannungen über längere Zeit halten können, hab mich 
inzwischen allerdings eines Besseren belesen. Ich will also auslöten um 
mir die mal genauer anzusehen.

Nun will ich es nicht behaupten, glaube allerdings nicht mit der 
Lötspitze kurzgeschlossen zu haben, jedenfalls knallt es (Magnitude - 
kleinere Knallerbse) und das Lötzinn fliegt davon, nichts tragisches, 
allerdings war ich schon echt überrascht.

Die Caps sind beide ausgelaufen (siehe Bilder) und nach über 30 Jahren 
eh mal dran.

Was mich allerdings wundert, es war kein Entladunsgsfunken zu sehen.
Kann es gegebenenfalls sein, daß sich entstandene Salze des 
Dielektrikums
(oder was auch immer bei Goldcaps) am Lötkolben entzündet haben?

Ist jemandem von Euch schon mal so was passiert?

Schönes Wochenende:  Rene´

von Simon A. (raster_a)


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Das witd schon eine Entladung hewesen sein. Selbst so kleine 
Superkondensatoren können problemlos Ströme im höheren zweistelligen 
bereich liefern und bei einer Kapazität von 3.3F steckt genug Energie 
dahinter um Lötzinn aufzuschmelzen.
Dass die Teile auslaufen ist ein bekanntes Problem. Du hast Glück, dass 
es nicht schlimmer ist.

: Bearbeitet durch User
von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Was das Auslaufen angeht sind manche Serien solcher 
Speicherkondensatoren dafür berüchtigt. Die Suppe, die da rauskommt 
zerstört bei vielen Geräten die Platine, dann wird eine Reparatur 
schwierig. Bei manchen Gerätetypen ist das ein echter Serienfehler, aber 
normalerweise nutzt heute sowieso keiner mehr VCRs.

von Klaus H. (hildek)


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Goldcaps können, im Gegensatz zu den Supercaps, keine großen Ströme 
liefern, höchstens so in der Größenordnung 100mA. Die sind nicht 
imstande einen Funken zusammen mit einem Knallgeräusch zu produzieren.
Es wäre also zu klären, welche Art eingebaut sind (gut, es steht Goldcap 
drauf).
Was aber auch noch sein könnte: parallel zu dem Goldcap ist noch ein 
größerer Elko geschaltet, z.B. um kurzzeitig höhere Spitzenströme zu 
liefern. Der kann schon einen knallenden Funken erzeugen. Dass du ihn 
nicht sehen konntest, kann an vielerlei Dingen liegen - verdeckt, zu 
hell im Zimmer oder was auch immer ...

Was intern für ein Zeug verwendet wird und wie es z.B. auf Hitze 
reagiert entzieht sich meiner Kenntnis.

von H. H. (Gast)


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Klaus H. schrieb:
> Goldcaps können, im Gegensatz zu den Supercaps, keine großen Ströme
> liefern, höchstens so in der Größenordnung 100mA.

Der TE hat keine Knopfzelle, sondern welche aus der Serie AL (bzw deren 
Vorgängerserie). Die haben einen weit kleineren ESR, und können durchaus 
so einen Schaden anrichten.

von Vanye R. (vanye_rijan)


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> Die haben einen weit kleineren ESR, und können durchaus
> so einen Schaden anrichten

Das sind eigentlich keine traditionelle Goldcaps, die haben ja
auch noch eine andere Bauform. Ich wuerde die daher auch eher
als Doppelschichtkondensator bezeichnen. Allerdings wenn der
Hersteller selber Goldcaps drauf schreibt dann kann man da
schlecht gegen argumentieren. :-)

Ich hab im uebrigen zwar schoen oefters Goldcaps gesehen
die keine Ladung mehr halten konnte, aber noch nie welche
wo Saft rauskam.
Die in dem Bild sind auch von den 2.3V sehr fruehe Doppelschichter.
ICh glaube aktuell sind die ja bei 2.6 oder sogar 2.8V angekommen.
Daher hatten die Hersteller das damals vielleicht noch nicht so im 
griff.

Vanye

von H. H. (Gast)


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Vanye R. schrieb:
> Die in dem Bild sind auch von den 2.3V sehr fruehe Doppelschichter.
> ICh glaube aktuell sind die ja bei 2.6 oder sogar 2.8V angekommen.
> Daher hatten die Hersteller das damals vielleicht noch nicht so im
> griff.

Naja, die Lebensdauer sinkt ja mit der Betriebsspannung.

Die 2,3V waren ehr einfach ehrlicher...

von Vanye R. (vanye_rijan)


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> Die 2,3V waren ehr einfach ehrlicher...

Ich glaube die arbeiten wirklich dran das zu verbessern. So vor 
>10Jahren
war das niedriger wie heute. Ich glaube der heilige Gral sind dann 3.3V,
aber da ist man noch weit von entfernt.
Ich hab hier noch irgendwo ein paar Muster mit 2.4, 2.5 und 2.6V.
Das wurde ueber die Jahre langsam verbessert.

Vanye

von Klaus H. (hildek)


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Vanye R. schrieb:
> Das sind eigentlich keine traditionelle Goldcaps, die haben ja
> auch noch eine andere Bauform.
Ich habe bisher immer zwischen Goldcaps (großer Ri) und Supercaps 
unterschieden. Dass hier Doppelschichtkondensatoren offiziell mit 'Gold 
Cap' bezeichnet werden (steht ja drauf), war mir neu.

@hhinz: Danke für die Aufklärung.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Marketing. Die "Gold Caps" wie man sie kennt gibt's seit mindestens 25 
Jahren, das sind auch nur "Superkondensatoren" mit 2,3V - bei den 
bekannten schwarzen Modellen in Tablettenform sind zwei dieser Zellen in 
einer Packung verbaut.

Die geringe Spannungsfestigkeit kommt daher, daß sie unterhalb der 
Zersetzungsspannungs des Elektrolyts liegen muss. Wird diese 
überschritten, wird das Elektrolyt aufgespalten und der Kondensator 
zerstört.

von H. H. (Gast)


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Ben B. schrieb:
> Die "Gold Caps" wie man sie kennt gibt's seit mindestens 25
> Jahren,

Panasonic hat die 1978 auf den Markt gebracht.


> das sind auch nur "Superkondensatoren" mit 2,3V

Der Überbrgriff heißt Doppelschicht-Kondensator. Unter Superkondensator 
versteht man solche davon mit sehr kleinem ESR.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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> Panasonic hat die 1978 auf den Markt gebracht.
Echt, so alt sind die Dinger? Das ist deutlich mehr als ich dachte.

von J. T. (chaoskind)


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Ben B. schrieb:
>> Panasonic hat die 1978 auf den Markt gebracht.
>
> Echt, so alt sind die Dinger? Das ist deutlich mehr als ich dachte.

Ich hät auch 20 Jahre später gesagt, hätte ich raten müssen. Ich meine 
mich zu erinnern, Ende der 90er Jahre mal nen Artikel gelesen zu haben, 
wo die Dinger als DER heiße neue Scheiß feilgeboten wurden.
Nuja, manchmal hinkt die Presse wohl ein, zwei Dekaden hinterher :D

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Ich fand die Dinger als Jugendlicher im Conrad-Katalog interessant, aber 
die wirklich großen waren für einen Halbstarken zu teuer und ich habe 
damals auch noch nichts mit 3..5V gebastelt, wo man sowas hätte sinnvoll 
einsetzen können.

Ich weiß, daß ich hier 2..3 Stück davon auf irgendwelchen Teilespendern 
habe... aber gebaut habe ich immer noch nichts damit. :) Die Dinger 
hatten bei mir wohl von Anfang an gegen Akkus verloren.

von Vanye R. (vanye_rijan)


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> Ich hät auch 20 Jahre später gesagt, hätte ich raten müssen.

Man muss wohl unterscheiden zwischen neu und teuer und nur fuer
Industriekram oder taucht in Konsumerzeugs auf. Letzeres
 war dann wirklich erst in den 90ern.
Ausserdem was wolltest du damit in den 80ern? Den Speicher
eines MCS48 1min warm halten? :-D

Vanye

von H. H. (Gast)


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Die ersten Doppelschichtkondensatoren am Markt kamen von NEC, das war 
bereits 1971.

von H. H. (Gast)


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Vanye R. schrieb:
> Man muss wohl unterscheiden zwischen neu und teuer und nur fuer
> Industriekram oder taucht in Konsumerzeugs auf. Letzeres
>  war dann wirklich erst in den 90ern.

Sicher nicht, die wurden schnell als Alternative für Stützakkus 
verwendet.


> Ausserdem was wolltest du damit in den 80ern? Den Speicher
> eines MCS48 1min warm halten? :-D

MCS48 war in den '70ern, in den '80ern gab es längst CMOS in dem 
Bereich.

von Manfred P. (pruckelfred)


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Rene M. schrieb:
> jedenfalls knallt es (Magnitude -
> kleinere Knallerbse) und das Lötzinn fliegt davon, nichts tragisches,
> allerdings war ich schon echt überrascht.

Ausgesabberte Elkos hatte ich schon, die lassen sich schlecht auslöten. 
Das Gesabbere besteht aus Lösungsmittel und oder Wasser, was beim 
Erhitzen Dampf bildet. Da war irgendwo ein bisschen Sauce 
eingeschlossen, bildet unter der Hitze Dampf und macht dann bumm.

von Vanye R. (vanye_rijan)


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> Sicher nicht, die wurden schnell als Alternative für Stützakkus
> verwendet.

Ich welchem Consumerprodukt denn? Ich hab meinen ersten Goldcap
als Consumer in einem Sony-CD Player von 1988 besessen. (ohne es
damals zu wissen)

> MCS48 war in den '70ern, in den '80ern gab es längst CMOS in dem
> Bereich.

Das ist technisch richtig, aber bei uns Bastlern im Kinderzimmer
tauchten die erst Mitte der 80er auf. Ich hab damals noch
mit den normalen rumgemacht die halt bei Voelkner oder sonstwo
ausgeschlachtet anfielen.

Aber hey, ich hab meine Schaetze noch aufgehoben. :)

Damit hab ich Mitte der 80er als 16jaehriger in meinem Kinderzimmer
rumgebastelt. Du siehst, das meiste ist NMOS. Man sieht sogar
wann die hergestellt wurden.

Vanye

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