Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Schaltplan und Design des µCurrent verstehen


von Thomas (muenchner11)


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Hallo Zusammen! :)

Ich habe vor kurzem eine Frage zur Strommessung mit Shuntwiderständen 
und OPs gestellt und wirklich sehr hilfreiche Antworten bekommen. Leider 
musste das Projekt zwischenzeitlich etwas ruhen und ich darf es nun 
wieder aufgreifen und möchte dazu erstmal versuchen, den "µCurrent" von 
David Jones besser zu verstehen und versuche mein Glück nochmal hier im 
Forum.

Hier der Link zum Schaltplan: 
http://www.eevblog.com/files/uCurrentRev5schematic.pdf

und ergänzend zu seinem Blog:
https://www.eevblog.com/projects/ucurrent/

Zum einen würde mich interessieren, warum die Verstärkung auf zwei 
OpAmps aufgeteilt wird, eine 100-Fache Verstärkung sollte doch 
eigentlich kein Problem für einen Operationsverstärker sein, oder nicht?

Des Weiteren verstehe ich den Zweck der Kondensatoren C3 und C4 noch 
nicht so ganz... Ich kenne so etwas wenn man den OP zum Beispiel als 
Integrator verwenden möchte, aber wozu dienen diese an der Stelle? 
Möchte man hier etwas Filtern?

Und zu guter Letzt würde mich interessieren , wozu R8 und R12 eingesetzt 
werden. Meine Vermutung ist, dass diese als Schutz der OPs dienen, aber 
Eingangsseitig verstehe ich das nicht ganz, was kann an dieser Stelle 
passieren? Und wieso ist zwischen dem Ausgang von U1 und dem Eingang von 
U4 dann kein Widerstand gesetzt?

Würde mich sehr über einige erklärende Antworten freuen und Bedanke mich 
schonmal im Voraus!

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Thomas schrieb:
> warum die Verstärkung auf zwei
> OpAmps aufgeteilt wird, eine 100-Fache Verstärkung sollte doch
> eigentlich kein Problem für einen Operationsverstärker sein,


"bandwidth (now you can measure fast changing “sleep” modes),"

Hallo, anscheinend soll der Messvorsatz eine gewisse Bandbreite bis zu 
wenigen hundert Herz bieten können und deshalb wurde die Verstärkung auf 
zwei OPVs aufgeteilt, wobei die beiden 10pf-Kondensatoren die Bandbreite 
begrenzen, somit Rauschen und wildes Schwingen möglichst unterbinden 
sollen. R8 hält eventuelle kapazitive Einflüsse vom OPV-Ausgang fern, 
R12 vermindert Eingangs-Offsetspannungen , da möglichst 
Eingangswiderstand gleich Ausgangswiderstand sein soll (1 kOhm parallel 
zu den beidem Gegenkopplungswiderständen). Solche 
Eingangs-Offsetspannungen würden dann 100-fach verstärkt hinten wieder 
erscheinen.

Thomas schrieb:
>Und wieso ist zwischen dem Ausgang von U1 und dem Eingang von
>U4 dann kein Widerstand gesetzt?

Dies mögen bitte ausgewisene Fachkräfte erklären.

mfg

: Bearbeitet durch User
von Klaus R. (klara)


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Thomas schrieb:
> Zum einen würde mich interessieren, warum die Verstärkung auf zwei
> OpAmps aufgeteilt wird, eine 100-Fache Verstärkung sollte doch
> eigentlich kein Problem für einen Operationsverstärker sein, oder nicht?

Das wichtigste hat Christian schon gesagt. Bei 100-facher Verstärkung 
mit einem OPV ist die mögliche Brandbreite geringer. Auch der 
Phasenverlauf ist bei 10 + 10 dabei günstiger.

Thomas schrieb:
> Und wieso ist zwischen dem Ausgang von U1 und dem Eingang von
> U4 dann kein Widerstand gesetzt?

Der Widerstand kann entfallen. U1 steuert sehr niederohmig an.
mfg Klaus

: Bearbeitet durch User
von Axel S. (a-za-z0-9)


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Christian S. schrieb:
> Thomas schrieb:
>>Und wieso ist zwischen dem Ausgang von U1 und dem Eingang von
>>U4 dann kein Widerstand gesetzt?
>
> Dies mögen bitte ausgewisene Fachkräfte erklären.

Das ist doch einfach. Der Widerstand R8 entkoppelt den Ausgang von U4 
von einer eventuell extern angeschlossenen Kapazität. Es weiß ja keiner 
was für ein Meßgerät da mal angeschlossen wird. Das Datenblatt nennt als 
maximale Lastkapazität 100pF für V=10. Mit 2m Meßstrippen am Ausgang 
kommt man schon in die Region.

Zwischen U1 und u4 braucht man keinen solchen Widerstand, weil die (im 
wesentlichen parasitäre) Kapazität da bekannt und unbedenklich ist.

Der Widerstand R8 macht darüber hinaus den Ausgang des µCurrent 
unbegrenzt kurzschlußfest. Das war bestimmt auch ein Designziel.

: Bearbeitet durch User
von Arno R. (arnor)


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Axel S. schrieb:
> Das ist doch einfach. Der Widerstand R8 entkoppelt den Ausgang von U4
> von einer eventuell extern angeschlossenen Kapazität.

Nein, das tut er nicht. Er vergrößert einfach nur die Ausgangsimpedanz 
des OPV und verringert dadurch die Phasenreserve der Schaltung, er macht 
die Schaltung also instabiler. Wenn R8 hinter dem Anschlußpunkt der 
Rückkopplung angschlossen wäre, dann würde er die Lastkapazität vom 
Ausgang des OPV entkoppeln.

von Peter D. (peda)


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Axel S. schrieb:
> Der Widerstand R8 entkoppelt den Ausgang von U4
> von einer eventuell extern angeschlossenen Kapazität.

Würde er, wenn C4 vor R8 angeschlossen wäre, also direkt an U4/1.

von Tobias .. (bitfehler)


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Zum kaskadieren von OPVs zur Vergrößerung der Bandbreite hat Dave auch 
ein Video gemacht:

https://www.youtube.com/watch?v=ZvT9hHG17tQ

Desweiteren hat Dave auch sehr viele Videos zu seinem µCurrent gemacht, 
hinsichtlich Design etc. Gerade die sehr alten Videos sind da 
interessant.

Ich spare mir aber die alle herauszusuchen, aber für den OP eventuell 
auch interessant.

: Bearbeitet durch User
von Andrew T. (marsufant)


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Thomas schrieb:
> Und zu guter Letzt würde mich interessieren , wozu R8 und R12 eingesetzt
> werden. Meine Vermutung ist, dass diese als Schutz der OPs dienen, aber
> Eingangsseitig verstehe ich das nicht ganz, was kann an dieser Stelle
> passieren?

Schutz gegen zu hohe Spannungen bei Fehlbedienung.


>  Und wieso ist zwischen dem Ausgang von U1 und dem Eingang von
> U4 dann kein Widerstand gesetzt?

Wie sollte da eine höhere Spannung als die Betriebsspannung hinkommen?
Somit was sollte da ein weiterer Widerstand?

Beitrag #7459502 wurde vom Autor gelöscht.
von Thomas (muenchner11)


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Vielen Dank euch allen! Die antworten helfen mir schonmal sehr und ich 
weiß nach welchen Stichworten ich weiter suchen muss.
Super, wie schnell einem hier geholfen wird, das macht richtig Spaß! :)

Mir kam bei der Betrachtung noch eine Weitere Frage, der U1 ist mit 
einem Stützkondensator C1 versehen, wieso wird darauf beim anderen OP U4 
verzichtet?

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Der C1 geht nicht zu "virtual GND", sondern zu V-. Es wird also nur die 
äußere Betriebsspannung abgestützt. C2 genauso. Sieht man bei 
oberflächlicher Betrachtung nicht gleich.

mfg

von PCB (pcbee)


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Was ist das besondere an der Schaltung?
Wäre ein TIA nicht besser, um einen Strom auszuwerten?

von Arno R. (arnor)


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PCB schrieb:
> Wäre ein TIA nicht besser, um einen Strom auszuwerten?

Nein, nicht bei den Bedingungen hier.

Der TIA muss den Eingangsstrom (also den zu messenden Strom) als 
Ausgangsstrom aufnehmen. Wie soll der OPV und die Batterie 1,25A Strom 
liefern? Außerdem wäre die Bandbreite abhängig vom Rückkoppelwiderstand, 
also vom gewählten Meßbereich.

: Bearbeitet durch User
von PCB (pcbee)


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Ich hätte angenommen, dass da maximal ein paar mA fließen.
Aber ja, so macht das natürlich Sinn, danke für die Klarstellung!

von Thomas (muenchner11)


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Christian S. schrieb:
> Der C1 geht nicht zu "virtual GND", sondern zu V-. Es wird also nur die
> äußere Betriebsspannung abgestützt. C2 genauso. Sieht man bei
> oberflächlicher Betrachtung nicht gleich.
>
> mfg

Ja genau, das habe ich soweit erkannt, aber wieso wird die 
Betriebsspannung des U4 nicht abgestützt bzw. wieso hat das der U2 
demnach "nötiger" als der U4? Instinktiv hätte ich beide mit einem 
Stützkondensator versehen, oder spricht da etwas dagegen?

Grüße
Thomas

von Arno R. (arnor)


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Thomas schrieb:
> aber wieso wird die
> Betriebsspannung des U4 nicht abgestützt bzw. wieso hat das der U2
> demnach "nötiger" als der U4? Instinktiv hätte ich beide mit einem
> Stützkondensator versehen

Diese Betrachtungsweise ist hier unangebracht, weil die Frequenzen und 
die Bandbreite der OPVs gering sind. Alle +V und -V-Anschlüsse sind 
miteinander verbunden und deswegen wirken C1 und C2 auch an allen OPV 
als Abblockkondensator, selbst dann wenn die Kondensatoren 1 oder 2cm 
vom OPV entfernt sind.

: Bearbeitet durch User
von Robert M. (r0bm)


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Thomas schrieb:
> Ja genau, das habe ich soweit erkannt, aber wieso wird die
> Betriebsspannung des U4 nicht abgestützt bzw. wieso hat das der U2
> demnach "nötiger" als der U4?

Nur weil der Stützkondensator so wie dargestellt im Schaltplan platziert 
wurde, heißt nicht dass es auf der Platine auch so sein muss.

Thomas schrieb:
> Instinktiv hätte ich beide mit einem
> Stützkondensator versehen, oder spricht da etwas dagegen?

Dein Instinkt ist korrekt. Es gibt keinen Grund mit der Anzahl an 
Kondensatoren zu geizen.

Selbst ein Dave L. Jones ist nicht unfehlbar. Z.B. wird im Schaltplan 
von "virtueller" Masse gesprochen. Der Knoten der als Masse (VGND) 
deklariert wurde ist, zwar künstlich erzeugt, jedoch absolut real, da 
ist nichts virtuelles dabei.
C4 sollte korrekterweise direkt zwischen OPV-Ausgang und 
nichtinvertierenden Eingang sitzen, was schon weiter oben erwähnt wurde. 
10pF sind ausreichend um eine kapazitive Last von 100...150pF (z.B. ein 
1m langes Koaxkabel + Eingangskapazität eines Oszilloskops) zu 
kompensieren.

von Harald W. (wilhelms)


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Thomas schrieb:

> Ich habe vor kurzem eine Frage zur Strommessung mit Shuntwiderständen
> und OPs gestellt und wirklich sehr hilfreiche Antworten bekommen. Leider
> musste das Projekt zwischenzeitlich etwas ruhen und ich darf es nun
> wieder aufgreifen und möchte dazu erstmal versuchen, den "µCurrent" von
> David Jones besser zu verstehen

Eigentlich ist der µCurrent garnichts besonderes, sondern nur
ein Shunt mit nachfolgendem Spannungsverstärker, also eine
typische OPV-Standardschaltung. Das besondere ist nur, das sehr
niederohmige Shunts verwendet werden und deshalb sehr niedrige
Spannungen verstärkt werden müssen. Deshalb braucht man einen
OPV mit sehr niedriger Offsetspannung und noch niedrigerer
Offsetspannungsdrift. Manche Sachen wurden m.E. auch unnötig
kompliziert gelöst. Statt eines Spannungsteiler-OPV würde ich
z.B. einfach zwei Batteriezellen in Reihe verwenden.

von Andrew T. (marsufant)


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Harald W. schrieb:
> Manche Sachen wurden m.E. auch unnötig
> kompliziert gelöst. Statt eines Spannungsteiler-OPV würde ich
> z.B. einfach zwei Batteriezellen in Reihe verwenden.

Tja, mit 2 Li-Batt: dann hätte man mit einen simplen INA240A3 eien 
ähnlich schöne Schaltung, , alle externe Präzisionswiderstände 
vermieden, und jede Menge Aufwand gespart.

Gibt halt immer verschiedene Möglichkeiten, eine Vorverstärker Lösung 
für Shunt zu bauen.

von Harald W. (wilhelms)


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Andrew T. schrieb:

> Gibt halt immer verschiedene Möglichkeiten, eine Vorverstärker Lösung
> für Shunt zu bauen.

Irgendwie habe ich den Eindruck, das eine nicht angemessene Hype
über den µCurrent im Netz betrieben wird, so als wäre das die
"beste Schaltung des Jahrhunderts". Dabei ist es eben nur eine
der vielen, möglichen Lösungen zur Auswertung von Shunts. Ich
habe ein 4 1/2 -stelliges Agilent Multimeter mit dem kleinsten
Messbereich 50mV. Wenn man sich da den passenden Shunt sucht und
sich vielleicht noch mit 10% des "Vollausschlags" begnügt, hat
man auch die passende Lösung für praktisch alle Strommessprobleme.
Übrigens hatten die "alten" analogen Multimeter normalerweise einen
wesentlich geringeren Spannungsabfall beim strommessen als di
"modernen" Digitalinstrumente (Typisch 10mV zu typisch 200mV).

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