Forum: HF, Funk und Felder Impedanzanpassung bei unabgeschlossenem Port


von Sawyer M. (sawyer_ma)


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Hallo alle zusammen,

ich habe folgendes Szenario. Ich habe einen breitbandigen 
Wilkinsondivider aufgebaut. Dieser funktioniert auch tadellos von 
100-1000MHz. Die Ports 2 und 3 sind super isoliert und die 
Durchgangsdämpfung hat ca. 3.5dB.

Nun zum Problem:

Es kann immer mal wieder vorkommen, dass der Wilkinsonteiler am Eingang 
umgesteckt wird. Dann habe ich leider am Port 1 (Eingang) nicht mehr die 
50Ohm Impedanz. Demzufolge ist auch die Isolation in dieser Zeit von 
Port 2 und 3 nicht mehr gegeben. Genau in diesem Fall würde die 
restliche Schaltung nach dem Wilkinsonteiler zerstört werden. 
Ungünstigerweise geht die einfache Lösung des ausschalten nicht, da der 
Messaufbau nicht ohne extrem aufwendiger Kalibration kurz aus und 
eingeschalten werden kann. Die Lösung eines Schalters, welches der zu 
Messende auf 50 Ohm schaltet, geht bedauerlicherweise auch nicht, da der 
Messaufbau die Fehlanpassung selbst detektieren soll. Der Messaufbau ist 
zu teuer, dass evtl. der Messende es einmal vergisst, die Schaltung 
umzustellen.

Nun suche ich nach einer Lösung, wie ich trotz des Umsteckens meines SMA 
Kabels immer die 50 Ohm bereitstellen kann.

Nun die Frage an euch:

Evtl. eine Detektorschaltung, die eine Fehlanpassung detektiert und eine 
Pindiode gegen 50Ohm schaltet? Aber wie soll diese Schaltung eine 
Fehlanpassung detektieren?

Ein breitbandiger Stub?

Derzeit fällt mir absolut keine Lösung ein, weshalb ich mich an euch 
wende. Ich bedanke mich vielmals für eure Ideen und bin gespannt, was 
ich dazulernen kann.

Viele Grüße

von Wolf17 (wolf17)


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Schon über einen Zirkulator nachgedacht?

von Kay-Uwe R. (dfias)


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Wolf17 schrieb:
> Schon über einen Zirkulator nachgedacht?
Wenn, dann Isolator (= Zirkulator + R).

von Sawyer M. (sawyer_ma)


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Vielen Dank für die schnellen Rückmeldungen. Benötigt ein Zirkulator 
keine allseits bereite Anpassung?

Derzeit stand ein Zirkulator nicht zur Debatte, da wir geringe 
Platzverhältnisse haben und eine extrem hohe Isolation über die gesamte 
Bandbreite benötigen.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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>100-1000MHz
etwas breit für eine Zirkulator.
Aber eine Limiter-Diode könnte helfen:
https://www.minicircuits.com/WebStore/Limiters.html

von Bernhard S. (gmb)


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Ein Dämpfungsglied ist der Isolator des kleinen Mannes. 3 dB Dämpfung 
sorgen dafür dass die Reflexionsdämpfung nicht schlechter als -6 dB 
wird.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Selbst für Limiterdioden  ist der Frequenzbereich etwas breit.
Aber ein paar Typen erfüllen diese Forderung. Die gibt es zum Einlöten 
oder mit Koaxsteckern.

0,2-3000 MHz https://www.minicircuits.com/pdfs/RLM-33-2W+.pdf
Einfügungsdämpfung typ. 0,25 dB, also jedenfalls weniger als ein 3dB 
Dämpfglied. Einzelpreis bei Mouser 18,59 €

von Sawyer M. (sawyer_ma)


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Hm, das ist eine tolle Idee. Aber wenn ich es richtig verstehe, 
detektiere ich damit den Pegel. Also kein Pegel da, dann schalte auf 50 
Ohm ansonsten halt durchschalten und ein klein wenig Einfügedämpfung 
haben. Jedoch ist die Frage des schnellen Durchhaltens immer gegeben.

Habe ich die Limiter Diode nicht richtig verstanden?

Gibt es kein IC oder etwas anderes, das immer 50Ohm bereitstellt, egal 
was am Eingang anliegt? Ich muss halt absolut verhindern, dass sich in 
unserem Messaufbau eine Umlaufverstärkung ausbildet. Wie machen, dass 
Hersteller die Verstärker für Antennen anbieten, dort ist ja, auch wenn 
die Antenne nicht dran ist keine 50Ohm geboten, haben die da einen 
Trick, den ich auf meine Anwendung ummünzen könnte?

Vielen Dank für eure Unterstützung

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Die Limiterdiode begrenzt nur den Pegel. Unter -10 dBm ist sie einfach 
ein 0,25dB Dämpfungsglied, über +13dBm bleibt die Ausgangsleistung fast 
konstant, mehr als +33 dBm (2 Watt) sollte sie aber nicht abbekommen.

Man kann sie z.B. benutzen um einen Spektrumanalyzer-Eingang deppenfest 
zu machen (p.c. "laiensicher"). Gegen DC auf dem Eingangsmischer oder 
-Teiler hilft allerdings nur ein Hochpass.

Lässt sich eine Limiterdiode nicht irgendwo in der
>restlichen Schaltung nach dem Wilkinsonteiler
nutzbringend zwischenschalten, um dort den Pegel auf 20 Milliwatt zu 
begrenzen?

: Bearbeitet durch User
von Kay-Uwe R. (dfias)


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Sawyer M. schrieb:
> Evtl. eine Detektorschaltung, die eine Fehlanpassung detektiert und eine
> Pindiode gegen 50Ohm schaltet? Aber wie soll diese Schaltung eine
> Fehlanpassung detektieren?
Mit einem Richtkoppler? Entweder vorwärts und rückwärts zusammen oder 
bei bekannter Vorwärtsleistung nur rückwärts detektieren. -10 dB 
Auskopplung (das geht auch sehr breitbandig) belastet den Hauptpfad 
kaum, dann das ausgekoppelte Signal mit Dioden gleichrichten, wenn der 
Pegel ausreicht. Notfalls aktiven Detektor oder Signal verstärken.
Üblicherweise reduziert man die Senderausgangsleistung bei entsprechend 
hohem Rücklauf. Gibt es hier diese Möglichkeit nicht?

von Robert M. (r0bm)


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Sawyer M. schrieb:
> Es kann immer mal wieder vorkommen, dass der Wilkinsonteiler am Eingang
> umgesteckt wird. Dann habe ich leider am Port 1 (Eingang) nicht mehr die
> 50Ohm Impedanz. Demzufolge ist auch die Isolation in dieser Zeit von
> Port 2 und 3 nicht mehr gegeben. Genau in diesem Fall würde die
> restliche Schaltung nach dem Wilkinsonteiler zerstört werden.

Nach deiner Beschreibung sind die Ausgänge des 
Wilkinson-Leistungsteilers mit zwei Eingängen einer hier unbekannten 
Schaltung verbunden. Warum und was soll an den Eingängen genau kaputt 
gehen?

von Sawyer M. (sawyer_ma)


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Hallo Robert,

nicht die Eingänge gehen kaputt, sondern bei unabgeschlossenen Teiler 
geht die Isolation vollständig flöten. Port 2 und 3, welche isoliert 
zueinander sind, sind immer fest verlötet und werden nie vom System 
getrennt. Jedoch gibt es beim DUT wechsel den Fall, dass Port 1 (der 
Eingang) nicht abgeschlossen / verbunden ist. Das entspricht dann einer 
offenen Leitung. Diese offene Leitung verursacht, dass die Isolation 
vollständig verloren geht und es dadurch zu einer Umlaufverstärkung 
kommt. Diese zerstört unser komplettes Messsystem.

Deshalb die Frage:

Wie kann ich trotz Wechsel des DUT und der damit unabgeschlossenen 
Leitung, das System so sicher bekommen, dass sich beim Wechsel Port 1 
automatisch abschließt.

: Bearbeitet durch User
von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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"Umlaufverstärkung" nie gehört, was soll das sein?

Eine "Kreisverstärkung" gibt es, z.B. in Regelkreisen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Positive_R%C3%BCckkopplung
"Kreisverstärkung (die Gesamtverstärkung im rückgekoppelten Kreis)"

In der HF-Technik würde man einen Zirkulator einsetzen, aber die sind 
schmalbandig. Es gibt auch Zirkulatorschaltungen mit 
Operationsverstärkern, aber das ist eher eine theoretische Schaltung 
ohne praktische Bedeutung.

Jeder Verstärker hat eine Art Zirkulatorwirkung, die Dämpfung in 
Rückwärtsrichtung muss größer als die Vorwärtsverstärkung sein, sonst 
schwingt er. Also könnte man vielleicht einen Verstärker vor den 
Wilkinsonteiler setzen.

: Bearbeitet durch User
von Hans W. (Firma: Wilhelm.Consulting) (hans-)


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Bernhard S. schrieb:
> Ein Dämpfungsglied ist der Isolator des kleinen Mannes. 3 dB Dämpfung
> sorgen dafür dass die Reflexionsdämpfung nicht schlechter als -6 dB
> wird.

Wenn dir die zusätzliche Dämpfung kein Problem macht, würde ich das 
genau so machen. Einfacher und effektiver wie 3 Widerstände wird's 
glaube ich nicht :)

73

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Die englische Übersetzung zu "Kreisverstärkung" scheint "Closed-loop 
gain" zu sein. "Umlaufverstärkung" muss ein regionaler Ausdruck aus der 
Schweiz oder Österreich sein oder sonst woher. Vielleicht wollte auch 
ein Professor besonders originell sein.

Also mal angenommen, es geht um die Kreisverstärkung.

Für Verstärker gibt es die S-Parameter, hier speziell S21 und S12. Um 
die Stabilität eines Verstärkers zu messen, gibt es "Stabilitätskreise" 
im Smith-Diagramm, die aus den gemessenen S-Parametern berechnet werden.
Daraus kann man die Schwingneigung eines Verstärkers weissagen. 
Kristallkugeln sind auch rund, aber hier scheint es tatsächlich auf 
Tatsachen zu beruhen.

Ein Verstärker vor dem Wilkinsonteiler würde vielleicht bei Leerlauf am 
Eingang dem Teiler einen halbwegs angepassten Widerstand präsentieren. 
Mit etwas Glück geht dann auch die nachfolgende Schaltung nicht kaputt.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


Angehängte Dateien:

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Hier noch eine Beschreibung der Stabilitätsuntersuchung mit dem 
Smith-Diagramm. Eine Hewlett-Packard Application-Note vom Feb. 1967:
http://hparchive.com/Application_Notes/HP-AN-95-1.pdf

Nur wenn die Transformationswege der Verstärkerschaltung durch das rot 
markierte Gebiet verlaufen, kann der Verstärker in dem Frequenzbereich 
schwingen.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Um mal einen konkreten Vorschlag zu machen:

Auf den Seiten von mini-circuits finde ich mit dem Suchbegriff 
"unconditional" die Aussage, dass die bekannten MMICs der ERA-Reihe 
"unconditional stability" aufweisen, was nicht für alle Produkte 
zutrifft:
https://www.minicircuits.com/appdoc/AN60-045.html
z.B. ERA-1 (bei box73.de 3,80€):
https://www.minicircuits.com/WebStore/dashboard.html?model=ERA-1%2B

Aus den S-Parametern könnte man noch mit einem HF-Simulationsprogramm 
herausfinden, wie weit sich bei offenem Eingang die Ausgangsimpedanz von 
50 Ohm wegbewegt.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Noch eine Idee, genannt "Sondenbrucherkennung".
Ein Sensor, der eine Wechselspannung abgibt, wird zusätzlich von einem 
kleinen Gleichstrom durchflossen. Die kann man über einen einfachen 
RC-Tiefpass vom  eigentlichen Signal abtrennen und auswerten. Fehlt 
dieser Strom, dann ist irgendetwas faul. Damit ließe sich die Schaltung 
schützen.

>Richtkoppler
Man kann Sendeendstufen schützen, indem man am Senderausgang einen 
Richtkoppler mit Detektordiode anbringt und eine Schwellenüberschreitung 
zur Abschaltung oder Reduzierung der Sendeleistung nutzt. Leider ist das 
für einen Eingang nicht möglich.

: Bearbeitet durch User
von Tobias P. (hubertus)


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Sawyer M. schrieb:
> Jedoch gibt es beim DUT wechsel den Fall, dass Port 1 (der Eingang)
> nicht abgeschlossen / verbunden ist. Das entspricht dann einer offenen
> Leitung. Diese offene Leitung verursacht, dass die Isolation vollständig
> verloren geht und es dadurch zu einer Umlaufverstärkung kommt. Diese
> zerstört unser komplettes Messsystem.

Dann würde ich am Port 1 einen Verstärker anschliessen, der von der 
Anpassung her OK ist. Von Minicircuits gibts fertige kleine Module, wo 
du nur noch Kabel mit Bananensteckern anlöten musst.
Falls man an dem Zweig keine Verstärkung brauchen kann, kann man noch 
Attenuatoren in der Höhe der Verstärkung zuschalten, was dann sogar noch 
der Anpassung zuträglich ist. Stichwort aktiver Isolator.

von Herbert Z. (herbertz)


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Da müsste sich doch mit einem Koaxrelai ein 50 ohm Abschluss 
draufschalten lassen das man genauso schaltet, wie zb. eine HF Vox 
arbeitet. Die Einfügedämpfung ist natürlich dann frequenzabhängig.

von Hp M. (nachtmix)


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Sawyer M. schrieb:
> habe einen breitbandigen
> Wilkinsondivider aufgebaut. Dieser funktioniert auch tadellos von
> 100-1000MHz.

Wie geht das denn so breitbandig, wenn die Schaltung von λ/4 Leitungen 
lebt?

von Kay-Uwe R. (dfias)


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Hp M. schrieb:
> Wie geht das denn so breitbandig, wenn die Schaltung von λ/4 Leitungen
> lebt?
So:
https://www.sprut.de/electronic/rf/pictures/wilkinson_breit.jpg

von Hp M. (nachtmix)


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Kay-Uwe R. schrieb:
> So:
> https://www.sprut.de/electronic/rf/pictures/wilkinson_breit.jpg

Dieses Bild kannte ich schon, aber bisher habe ich keine Messergebnisse 
und Formeln zur Berechnung gesehen.
Auch nicht auf dieser Seite.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


Angehängte Dateien:

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Die meisten Fundstellen wollen erst eine Registrierung.

Hier ohne, allerdings "mmWave":
https://www.microwavejournal.com/articles/8731-ultra-broadband-mmwave-wilkinson-power-divider

Künstlerisch wertvoll:
https://core.ac.uk/download/pdf/169433655.pdf

simpler Suchbegriff "broadband wilkinson power divider"

: Bearbeitet durch User
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