Forum: Platinen Castellated Holes


von Luky S. (luky)


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Ich hätte da mal ein paar Fragen zu den "Castellated Holes". Sind zwar 
bei RF Modulen weit verbreitet, aber zum Designprozess finde ich nur 
sehr wenig...
Was ist der kleinstmögliche problemlos verarbeitbare "Pinabstand"? 2mm 
oder sind auch noch 1.27mm praktisch möglich und verlötbar?
Wie dick sollte das Modul sein? Gibt es da irgendwelche Einschränkungen? 
Bzw. Nachteile, wenn man 0,8mm PCB Dicke verwendet?
Wie groß sollen die Pads auf der Trägerplatine im Verhältnis zum 
Durchmesser und Höhe der Halblöcher sein?
Gibt es eine praktische Möglichkeit ein Modul mit Castellated Holes von 
einer Trägerplatine zerstörungsfrei runterzulöten, wenn die Rückseite 
des Trägers auch SMD bestückt ist? Von einseitig bestückten Platinen 
habe ich Module mit einer kleinen Hotplate problemlos runterbekommen, 
aber wie würde man das machen, wenn diese Methode nicht geht?

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Für die meisten Fragen musst du schlicht den Fertiger deiner Wahl 
befragen.

Ablöten: ggf. Heißluft, Luftstrom nicht zu hoch, und gaaaanz vorsichtig 
abheben.

von Christian B. (luckyfu)


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Diese aufgefrästen Bohrungen sind etwas komplizierter herzustellen. 
Prinzipiell kann man diese als kurze Kantenmetallisierung ansehen. Dabei 
wird die Platine zuerst komplett mit runden (oder teils auch 
Langlöchern) Löchern gefertigt und dann auch so galvanisiert. 
Anschließend wird jedes Loch mit 2 Fräsern bearbeitet. Einem 
Linksdrehenden und einem Rechtsdrehenden. Die Krux dabei ist, dass der 
Fräser immer zuerst ins Kupfer und dann ins Basismaterial schneiden 
muss, sonst besteht die Gefahr, dass die Hülsenwandung abgerissen wird. 
Die Platinendicke spielt somit weniger eine Rolle als der 
Lochdurchmesser. Dieser muss eine bestimmte Größe haben, damit man noch 
passende Fräser bekommt. Man kann, damit es schneller geht, auch zuerst 
einmal über alles Fräsen und dann nur noch partiell mit den passenden 
Fräsern die Feinarbeit erledigen (da nimmt man dann gern Langlöcher für, 
da man so mehr Hülsenwandung hat, die sich ablösen kann, bevor es 
Ausschuss wird). Da kommt es halt drauf an, wie gut der Fertiger seine 
vorgelagerten Prozesse im Griff hat und wie hoch die akzeptable 
Ausschußrate ist.

von Vanye R. (vanye_rijan)


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> aber zum Designprozess finde ich nur sehr wenig...

Fuer dein Bastelschreibtisch? Das solltest du selber wissen.

Fuer Serienfertigung? Rede mit deiner Fertigung. Da gibt es
gerne ERHEBLICHE Probleme.

Vanye

von Luky S. (luky)


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Mein Fertigungsleiter ist der Schwager vom Chef und hat seine 
Lehrabschlussprüfung mehrfach nicht geschafft. Da ist nicht viel zu 
erwarten.... Zudem gibt es im Haus keine Erfahrung mit Module auflöten 
und schon gar nicht mit Footprints dafür auslegen.
Die Geschichte mit den Fräsproblemen macht Sinn, ich versuche mal für 
den ersten Versuch mit einem 2,54mm "Pin" (wie nennt man die Dinger 
eigendlich? Pins sind es ja nicht...) Abstand auszukommen mit einem 
Lochdurchmesser von  1mm wie bei Standardstiftleisten.
Aber wie groß sollen dann die Pads auf der Trägerplatine werden?

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Schau dir doch einfach mal an, was andere Leute so als Module liefern 
und als Footprint dafür empfehlen. Funkmodule von Dresden Elektronik 
fielen mir jetzt spontan ein.

von Keks F. (keksliebhaber)


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Luky S. schrieb:
> Von einseitig bestückten Platinen habe ich Module mit einer kleinen
> Hotplate problemlos runterbekommen, aber wie würde man das machen, wenn
> diese Methode nicht geht?

Niedrigtemperaturlot und "Heiß"luft.
Die Platinen gibt es aber manchmal auch mit verlöteten Pads auf der 
Unterseite. Da dann machen, was der Jörg sagte.

: Bearbeitet durch User
von Gerhard O. (gerhard_)


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Moin,

In solchen Fällen ist es zweckmäßig sauber eine Lage Kaptonband auf die 
Modulunterseite anzubringen, so daß die kastellierten Lötpunkte einen 
kleinen Mindestabstand zwischen Trägerleiterplatte und Modulunterseite 
haben. Das hat zwei Vorteile:

Einmal wird verhindert, daß die Lötaugenunterseiten direkt mit der 
Träger LP verlötet werden. Durch das Kaptonband werden nur die 
zugänglichen Portionen der Lötaugen mit Lot benetzt und es kann sich 
kein Lot zwischen den Lötaugen reinsaugen.

Beim Entlöten mit Vakuumpumpe wird das Lot viel leichter vollständig 
entfernt und ein kleiner Luftspalt bildet sich, der individuelles 
Verbindungsentfernen möglich macht. Auch mit Entlötlitze kann man guten 
Erfolg haben. Das ist auch verständlich. Auch beim THT Absaugentlöten 
ist man ja davon abhängig, daß zwischen Lötäugenschaft und 
Komponentendraht noch genug Luftraum ist.

Jedenfalls mache ich das schon seit Jahren so und hatte nie Probleme mit 
dem Ablöten.

Für Prototypen und Testaufbauten fährt dabei ganz gut wenn man die 
Module später anderswo wiederverwenden will.

Zu dumm, jetzt habe ich aus der Schule geschwatzt und ein weiteres 
Laborgeheimnis verraten:-)

VG,
Gerhard

von Vanye R. (vanye_rijan)


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> In solchen Fällen ist es zweckmäßig sauber eine Lage Kaptonband auf die
> Modulunterseite anzubringen,

Ist schlecht wenn es ein HF-Modul ist das ein fettes Massepad hat,
sagen wir mal um 1W Leistung loszuwerden, seufz.

> Jedenfalls mache ich das schon seit Jahren so und hatte nie Probleme mit
> dem Ablöten.

MHP-30 rulez. NIE MEHR OHNE!

Vanye

von Luky S. (luky)


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MHP-30 funktioniert halt nur, wenn auf der Unterseite der Trägerplatine 
keine Bauteile sind... Der Tipp mit dem Kapton klingt gut, ich habe ja 
kein fettes Massepad

von Vanye R. (vanye_rijan)


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> MHP-30 funktioniert halt nur, wenn auf der Unterseite der Trägerplatine
> keine Bauteile sind...

Das ist natuerlich richtig. Je nach Modul kann es aber besser sein die
kurz runterzunehmen. Wenn du von oben mit Heissluft dran gehst
erhitzt du ja zuerst dein Modul von oben waehrend die Energie an den
Castellated Holes noch in die Platine gezogen wird.
Mit anderen worten die Bauteile auf deinem Modul werden lange vorher
aufschwimmen. Je nachdem was da drauf ist und wie teuer das Modul
ist muss man da abwaegen. .-)

Oh und es ist sicher hilfreich das Modul erstmal verbleit zu loeten
wenn man diese Wahl hat. Dann liegt man alleine dort ja schon mein 
20-30Grad besser als bei den Loetungen auf dem Modul.

> Der Tipp mit dem Kapton klingt gut,

Berichte mal ob sich beim Loeten darunter eine Luftblase gebildet
hat. Koennte ich mir vorstellen wenn irgendetwas aus dem Kleber
der Kaptonbandes ausduenstet. Waer halt doof wenn es die Platine
einen halben Millimeter anhebt.

Vanye

p.s: Was tut man nicht alles bei Lieferschwierigkeiten. :-D

von Rainer W. (rawi)


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Vanye R. schrieb:
> Ist schlecht wenn es ein HF-Modul ist das ein fettes Massepad hat,
> sagen wir mal um 1W Leistung loszuwerden, seufz.

Ob der Luftspalt nun 10um oder 125um dick ist, spielt für die 
Wärmeabfuhr praktisch keine Rolle, weil immer der 
Wärmeübergangswiderstand Metall-Luft-Metall dominant im Weg ist. 
Luftspalt ist Luftspalt - sonst musst du das als exposed Pad vom Modul 
auf die PCB flächig verlöten.

von Christian B. (luckyfu)


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Rainer W. schrieb:
> sonst musst du das als exposed Pad vom Modul
> auf die PCB flächig verlöten.

Das ist aber ohne reflow- oder Dampfphasenlötanlage quasi nicht machbar.

von Ge L. (Gast)


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Christian B. schrieb:
> Rainer W. schrieb:
>> sonst musst du das als exposed Pad vom Modul
>> auf die PCB flächig verlöten.
>
> Das ist aber ohne reflow- oder Dampfphasenlötanlage quasi nicht machbar.

Für Prototypen macht man ein großes Loch ins Diepad und verlötet das von 
hinten. Das Lot kriecht zwischen Chip bzw Modul und Platine, so bekommt 
man flächig Kontakt.

von Vanye R. (vanye_rijan)


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> Luftspalt ist Luftspalt - sonst musst du das als exposed Pad vom Modul
> auf die PCB flächig verlöten.

Genau das mache ich derzeit.

> Das ist aber ohne reflow- oder Dampfphasenlötanlage quasi nicht machbar.

Doch. MHP30 rulez. .-)

> Für Prototypen macht man ein großes Loch ins Diepad und verlötet
> das von hinten.

Auch eine Moeglichkeit! Geht aber nicht immer.

Vanye

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