Forum: Offtopic Allgemeine Qualitäts-Bewertungskriterien für eine Platine


von Finarfin (finarfin)


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Hallo zusammen,

bin auf der Suche nach Bewertungskriterien mit denen man auf Sicht eine 
erste Einschätzung zur Qualität einer Schaltung bekommen kann.

Gibt es/kennt ihr einen „Guide“ oder Checkliste die man sich vornehmen 
kann?

Aktuell habe ich englisch sprachige Reviews zu 
Gitarren/Röhrenverstärkern geschaut und war doch recht überrascht wie 
unterschiedlich zum Beispiel der Abstand von Bauteilen zur Leiterplatte 
bewertet werden. Der Eine meint das ist gut um eine bessere Kühlung zu 
erreichen, der Andere meint das wäre problematisch betreffend der 
Lötstellen. Ich bin da eher bei ersterem, solange das Bauteil nicht 
ungewollten Kontakt bekommen kann, dieses nicht in Bewegung kommt, 
sollte doch ein gewisser Abstand von Vorteil sein, um Wärme besser 
abzuleiten und vom Board fern zu halten.

Wonach bewertet ihr, was wären Kriterien die man checken sollte, die ihr 
prüft?

Schaut ihr euch die Bauteile im Detail an und gibt es eine Datenbank 
oder ähnliches mit denen man das Bauteil im Sinne Qualität prüfen kann? 
Ist der Preis immer eine sichere Größe zur Qualität? Etc. …

Vielen Dank für eure Mühen und eventuellen Beiträge im Voraus!

Grüße fin

von Achim M. (minifloat)


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Finarfin schrieb:
> Der Eine meint das ist gut um eine bessere Kühlung zu erreichen, der
> Andere meint das wäre problematisch betreffend der Lötstellen.

Schwebend montierte Bauteile sind bezüglich Vibration problematisch.

Bei gut belasteten Leistungswiderständen möchte man andererseits auch
* nicht die Platine grillen
* die Lötstellen durch wärmebedingte Ausdehnung strapazieren

Manche Bauteile, z.B. lineare Spannungsregler müssen leider 
Kupferflächen auf der Platine als Wärmesenke nutzen.

"It depends"

Finarfin schrieb:
> Schaut ihr euch die Bauteile im Detail an und gibt es eine Datenbank
> oder ähnliches mit denen man das Bauteil im Sinne Qualität prüfen kann?

Bauteilqualität und -Wertigkeit ist ein anderes Thema.

mfg mf

von Finarfin (finarfin)


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Danke für Deinen Betrag! Somit leider wieder nicht so einfach in schwarz 
oder weiß zu teilen, wie es einem am Ende das Leben, die Bewertung, 
erleichtern würde.

In diesem Fall reden wir hier von Röhrenverstärkern. Diese werden gern 
stärker angefahren, um das Verzerren zu erreichen bei Bedarf. Wie stark 
die zu erwartenden Schwingungen sind ist wahrscheinlich auch wieder eine 
Frage der genutzten Röhren und der Stärke des Anfahrens. Wahrscheinlich 
wäre ein gutes Design, Röhren zu separieren von der Platine und 
entsprechend für Dämpfung zu sorgen zum Board…

Aber gut.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Finarfin schrieb:
> In diesem Fall reden wir hier von Röhrenverstärkern. Diese werden gern
> stärker angefahren, um das Verzerren zu erreichen bei Bedarf.
So mancher Röhrenverstärker/-combo klingt nur deshalb so "gut" wie er 
klingt, weil genau diese Entkopplung nicht passiert und der Lautsprecher 
direkt auf die Röhreninnereien einkoppelt.

Nach einem Röhrentausch ändert sich dann der Sound, weil die neue Röhre 
mechanisch stabiler oder anders aufgebaut ist und andere Resonanzen 
hat...

Finarfin schrieb:
> Ist der Preis immer eine sichere Größe zur Qualität?
Garantiert nicht. Der Preis bestimmt sich vorrangig aus Nachfrage und 
Angebot. Und speziell bei Gitarristen aus einem guten Stück "An etwas 
glauben"...  ;-)

von Irgend W. (Firma: egal) (irgendwer)


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Achim M. schrieb:
> Bauteilqualität und -Wertigkeit ist ein anderes Thema.
Und sinnvolle Dimensionierung der Bauteile nochmals eine ganz andere. 
Man kann auch eine super designte Platine mit den hochwertigsten 
Bauteilen in kurzen Zeit zerstören, wenn sie total falsch dimensioniert 
wurde (oder für was verwendet wird wo sie überhaupt nicht dafür gedacht 
ist).

Finarfin schrieb:
> In diesem Fall reden wir hier von Röhrenverstärkern.
Also extreme Exotentechnik. Selbst wenn es so eine allgemeingültige 
"Qualitäts-Beurteilungs-Liste" wie von dir gewünscht geben würde, dann 
wären deine Bauteile da mit großer Sicherheit garnicht drin.

Wenn, findest du sowas in den entsprechenden Normen für so 
Spezialanforderung wie z.B. der Avionik. Ggf. noch einzelnen 
Autohersteller gegenüber ihren Zulieferern usw. Also immer bezogen auf 
einen ganz konkreten Verwendungszweck. Für Consumer Technik gilt eher 
Hauptsache Billig genug damit die Kunden es Kaufen. Da juckt die 
"innere" Designqualität kaum jemanden, Hauptsache es funktioniert 
irgendwie.

Vielleicht, wenn die NASA mal einen Röhrenverstärker zur Venus schicken 
will, dann werden die (dir) sowas schreiben:-) Aber ob die 
Eigenschaften, dass so ein Teil auch einen Raketenstart aushalten muss, 
sich mit deinen Anforderungen decken?

von Irgend W. (Firma: egal) (irgendwer)


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Finarfin schrieb:
> Ist der Preis immer eine sichere Größe zur Qualität? Etc. …
Höchstens für die Qualität der Verkäufer, wenn er es schafft dir was 
extra Teures anzudrehen:-)

Selbst wenn so mancher Hersteller früher mal für gute Qualität bekannt 
wer, heißt das noch lange nicht, dass es auch heute noch so ist. Ein 
Besitzerwechsel oder gar der Verkauf des Markennamens an eine andere 
Firma und schon kann alles anders sein (außer den Preis, der bleibt 
hoch).

Und selbst wenn alles noch unverändert ist. Viele Hersteller (bezogen 
auf alle möglichen Produkte) haben schonmal Serien im Programm gehabt, 
die einfach nur unterirdische Schrott waren und andere, die quasi 
"Unkaputtbar" sind.

Bei Röhrenverstärkern, die eventuell schon seit vielen Jahren 
unverändert auf dem Markt sind, kannst du Glück haben, dass in den 
entsprechenden Foren (also nicht hier) Langzeiterfahrungen vorliegen 
darüber welche Modelle/Baujahre eventuell Probleme machen bzw. eher 
unauffällig sind...

von Gunnar F. (gufi36)


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Finarfin schrieb:
> bin auf der Suche nach Bewertungskriterien mit denen man auf Sicht eine
> erste Einschätzung zur Qualität einer Schaltung bekommen kann.

Such mal nach IPC-A610 wenn es nach Norm sein soll.

von Old (Gast)


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Finarfin schrieb:
>
> Aktuell habe ich englisch sprachige Reviews zu
> Gitarren/Röhrenverstärkern geschaut und war doch recht überrascht wie
> unterschiedlich zum Beispiel der Abstand von Bauteilen zur Leiterplatte
> bewertet werden. Der Eine meint das ist gut um eine bessere Kühlung zu
> erreichen, der Andere meint das wäre problematisch betreffend der
> Lötstellen. Ich bin da eher bei ersterem, solange das Bauteil nicht
> ungewollten Kontakt bekommen kann, dieses nicht in Bewegung kommt,
> sollte doch ein gewisser Abstand von Vorteil sein, um Wärme besser
> abzuleiten und vom Board fern zu halten.
>

Welches Review war das denn?

Die paar notwendigen Bauteile von Röhrenverstärkern hat man mal 
klassisch handgelötet zwischen entscheidenden Lötösenleisten verbaut, 
wobei die Bauteilanschlüsse durch die Lötösen gesteckt und dann vor dem 
Verlöten mit diesen umgebogen wurden. Gerade Gitarren-Verstärker 
unterliegen ja deutlichen mechanischen Beanspruchungen beim harten 
Bühneneinsatz. Da bieten die fest umgebogenen Bauteilanschlüsse schon 
eine gewisse mechanische Stabilität, so dass die Lötung weniger 
mitbeansprucht wird. Noch besser/sicherer war mal das Verschweißen von 
Bauteilanschlüssen mit entsprechenden „Lötösen“.

Bei Leiterplatten ist es zweischneidig. Zum einen stimmt es, dass 
gewisse Bauteilabstände durchaus sinnvoll sein können, insbesondere eben 
wegen der Wärmeabfuhr. Zum anderen werden durch mechanische Schwingungen 
der Bauteile die Lötstellen der Bauteilanschlüsse stark mitbeansprucht.

von Finarfin (finarfin)


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Danke nochmal an alle die sich beteiligen, für die Beiträge und 
investierte Zeit!

Den Tipp mit der Zertifizierung schaue ich mir mal an, auch wenn dies 
etwas zu hoch gestochen wäre für eine private Person, die einfach ein 
Gefühl bekommen will, ob man bei den heutigen Preisen murks kauft oder 
eben doch noch was qualitativ Gutes für sein Geld bekommt.

Konkret ging es mir um einen neuen Marshall JTM ST20 Head, der gerade 
bei den Influencern und Verkaufskanälen bei YouTube arg gefeiert wird 
als JTM 45 in Zimmerlautstärke spielbar. Ende August ist der lieferbar 
für die Masse. Da es nicht eine negative oder positive Kritik mit 
Abstrichen gab, bin ich etwas stutzig geworden. Entweder ist der 
Verstärker wirklich ein Brett, es ist einfach gutes Marketing mit 
entsprechender Bezahlung an den jeweiligen Empfänger/Reviewer oder der 
jeweilige "Reviewer" will sich erkenntlich zeigen für den 
"Erststatus/Probierstatus" da man zum erlauchten Kreis gehört.

Das man heute allgemein gesprochen, eben auf wegwerfen und komplett neu 
kaufen produziert, ist eigentlich nichts neues. Der Gewinn muss 
maximiert werden, jedes Unternehmen versucht zu wachsen, die Kosten zu 
optimieren (z.B. irgendwie die Produktionskosten zu senken). Und wenn 
der Käufer nach 2-5 Jahren neu kauft (je nachdem worum es sich handelt 
kann der kalkulierte Zeitpunkt variieren) um so besser. Klar, früher 
kann ich mich noch erinnern, Mitte der 90er, dass zu meinem damaligen 
Ausbildungsbetrieb noch Wasserkocher oder ähnliches in die Reparatur 
gekommen sind. Doch gefühlt war das damals so die letzte Welle an 
Geräten die eben noch bei einer Reparatur preiswerter waren als die 
"Neuware". Da war ja auch nicht viel Magie drin. Auch war der Radio und 
Fernsehtechniker noch ein Beruf den man finden konnte/ den man wohl 
ausüben konnte mit ordentlicher Werkstatt. Doch auch das wurde immer 
weniger. Heute bringt doch kaum jemand seine HiFi Anlage oder ähnliches 
zur Reparatur...

Zurück zum Verstärker. Habe dann doch ein Review gefunden von einem 
Engländer, der nicht direkt von Marshall zum Bewerben des Verstärkers 
beliefert wurde, sondern das Teil selbst über Vitamin B gekauft hat. So 
seine Angabe. Dieser hat dann auch als Einziger einen Blick innen 
schweifen lassen und den Vergleich mit Friedmann herangezogen. Wobei der 
Marshall in der Verarbeitung immer noch in Milton Keynes gefertigt wird 
und er allgemein nichts negatives finden konnte.
Später habe ich ein Review zu meinem aktuellen Verstärker gefunden, der 
eben eher Friedmann favorisiert und die Dinge, die der Engländer gelobt 
hat bei Marshall, hier eher kritisiert hat.
Das fand ich dann doch verwunderlich, wie bestimmte Arten des Bestückens 
der Leiterplatte so unterschiedlich bewertet wird (Höhe der Bauteile 
oder die Anbringung der Schalter oder ähnliches). Somit scheine ich wohl 
2 Fanboys zugeschaut zu haben und nicht wirklich unvoreingenommene 
Reviews gesehen zu haben.

Da ist mir die Idee gekommen hier mal zu fragen, wie man/Ihr eure 
elektronischen Einkäufe bewertet...

Grüße
fin

von Old (Gast)


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Neuauflage des SC20H.

von Old (Gast)


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Wie ein traditioneller Marshall aufgebaut ist, sieht man sehr gut bei 
dem fast authentischen Nachbau

https://youtu.be/ULGN1bzr3yA

auch wenn da die gesprochene Kommentierung technisch nicht immer korrekt 
ist. Die Bauteile wurden auf einer Lötplatine mit fest eingemieteten 
Lötstützpunkten, die abgesetzt gedrehte Zylinder sind, an diese 
angelötet wurden, nach dem die Bauteilanschlüsse teilweise um die 
Lötstützen gewickelt wurden. Das ergibt dann die notwendige Stabilität 
der Lötstellen gegen mechanisch Schwingungsbelastungen durch die 
Bauteile. Leiterplatten sind nicht immer dazu die bessere Alternative, 
außer dass man eben die Fertigung damit enorm rationalisieren kann, um 
die Fertigungskosten minimieren zu können.

von Michael B. (laberkopp)


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Finarfin schrieb:
> die einfach ein Gefühl bekommen will, ob man bei den heutigen Preisen
> murks kauft oder eben doch noch was qualitativ Gutes für sein Geld
> bekommt.

Na ja, bei Verstärkern guckt man dazu auf die (bevorzugt unabhângig 
nachgemessenen) technischen Daten  Leistung, Klirr, Rauschabstand, 
Intermodulation, ob leerlauf- und kurzschlussfest, und heute teilweise 
nach dem Energieverbrauch und Robustheit für Bühneneinsatz. 
Röhrenverstärker kommen dafür schon seit 50 Jahren nicht mehr in Frage.

Bei Effektgeräten hingegen kommt es auf den Klang an, den man hört oder 
der einem empfohlen wurde.

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