Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Class D Endstufe zweckentfremdet


von Thomas R. (thomasr)


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Angestoßen durch den Parallelthread zu D-Class Amps möchte ich eure 
Meinung zu einer Zweckentfremdung wissen:

Für große (innerbetriebliche) Veranstaltungen nutze ich schon mal 
100Volt LS, Leitungslängen gerne 50m und mehr. Das sind meist JBL 
Control 25 in der ELA Ausführung. Da kommen schon mal 20 LS und mehr 
zusammen.

Um mir den teuren (und schweren) 100Volt Verstärker zu ersparen benutze 
ich dafür eine Behringer NU6000 Endstufe, die angeblich 2 x 3.100Watt an 
4 Ohm machen soll (hahahah, bei einem Anschluß mittels 
Kaltgerätestecker)

Tatsächlich liefert diese aber bei Vollaussteuerung knapp 100Volt ohne 
nennenswerte Verzerrungen und auch ohne spürbare Leistungsbegrenzung. 
Das wäre ja auch verständlich, denn wirklich viel Leistung wird ja im 
ELA Betrieb nicht abgenommen, vielleicht mal 500Watt oder so.

Aber warum ist das stabil? Immerhin besteht die Last ausschließlich aus 
den Transformatoren in den parallel geschalteten LS. Ein normaler HiFi 
Verstärker steigt sofort aus wenn man ihm einen Trafo zu befeuern 
gibt...

: Bearbeitet durch User
von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Können mehrere Gründe sein, zum Einen erzeugen die Trafos Blindleistung, 
mit denen die ELA-Endstufen klarkommen müssen bzw. das erzeugt halt in 
linearen Endstufen zusätzliche Verlustleistung und dann muss die 
Endstufe damit klarkommen, wenn ein nicht unerheblicher Teil dieser 
Leistung wieder zurückkommt. Dafür haben diese Endstufen Freilaufdioden 
am Ausgang wodurch Spannungsspitzen wieder zur Betriebsspannung 
zurückgeführt werden und der Rest wird halt in den Transistoren 
verheizt. Wenn man nun viel induktive Last an eine kleine Endstufe 
anschließt, führt das zur Überlastung. Entweder durch Überhitzung oder 
gleich durch Überstrom.

von H. H. (Gast)


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Thomas R. schrieb:
> Um mir den teuren (und schweren) 100Volt Verstärker zu ersparen benutze
> ich dafür eine Behringer NU6000 Endstufe, die angeblich 2 x 3.100Watt an
> 4 Ohm machen soll (hahahah, bei einem Anschluß mittels
> Kaltgerätestecker)

Da werkelt ein IRS20957S und zwei IRFB4227, und ein paar ES1D als 
zusätzliche Freilaufdioden. Die Endstufe läuft mit +/-83V.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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> IRS20957S
Also nicht ganz 500Wrms... für's Wohnzimmer reicht das gerade so.

von Heinrich K. (minrich)


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Thomas R. schrieb:
> Ein normaler HiFi Verstärker steigt sofort aus wenn man ihm einen Trafo
> zu befeuern gibt...

Märchen.

von Thomas R. (thomasr)


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Ben B. schrieb:
>> IRS20957S
> Also nicht ganz 500Wrms... für's Wohnzimmer reicht das gerade so.

Naja, bei einem Kennschalldruck von 98dB/W/m wird das schon etwas 
ungemütlich ;-))

500W RMS hört sich aber realistischer an als die propagierten 3.100W. 
Wobei ja die AusgangsSPANNUNG tatsächlich erreicht wird. Da muß eine 
gute Leistungsüberwachung drin werkeln ;-))

von Thomas R. (thomasr)


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Heinrich K. schrieb:
> Thomas R. schrieb:
>> Ein normaler HiFi Verstärker steigt sofort aus wenn man ihm einen Trafo
>> zu befeuern gibt...
>
> Märchen.

Im Vorfeld der Anschaffung des Behringer mit mehreren Verstärkern 
getestet. Selbst manche "Profiendstufen" mochten das nicht. Die hatten 
aber sowieso zuviel Gewicht für den Zweck.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Thomas R. schrieb:
> einen Trafo

Niemand weiß genaueres bezüglich des Trafos, ob er ähnich wie ein 
Lautsprecher etwa mindestens 2 bis 3 Ohm Impedanz an seinem Eingang 
zeigt.

mfg

von Heinrich K. (minrich)


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Es gibt hier keinen "einen" Trafo. Die verwendeten Boxen sind als 
100Volt-ELA-Version genannt worden. Der Übertrager ist bereits vom 
Hersteller in der jeweiligen Box eingebaut und auch richtig angepasst.

von Mark S. (voltwide)


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Ein normaler HiFi
> Verstärker steigt sofort aus wenn man ihm einen Trafo zu befeuern
> gibt...

Ach was!

von Harald W. (wilhelms)


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Ben B. schrieb:

> Also nicht ganz 500Wrms... für's Wohnzimmer reicht das gerade so.

Ja, fürs Heizen im Winter. :-)

von Peter D. (peda)


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Thomas R. schrieb:
> Ein normaler HiFi
> Verstärker steigt sofort aus wenn man ihm einen Trafo zu befeuern
> gibt...

Was ist denn ein "normaler", nenn dochmal eine exakte Bezeichnung.
Normalen AB-Endstufen macht ein Trafo nichts aus. Ein Unterschied kann 
nur bei D-Endstufen bestehen.
D-Verstärker für den Heimbereich sind oft extrem sparsam mit Filtern 
ausgestattet. Die können nur Lautsprecher direkt über kurze Strippen 
treiben. Es gibt sogar filterlose D-Verstärker, d.h. der Lautsprecher 
hängt direkt an den MOSFETs. Dann ist quasi der Lautsprecher die 
Filterdrossel.

D-Verstärker für Trafolast müssen so gut gefiltert sein, daß keine HF 
mehr zum Ausgang durchschlägt und Wirbelstromverluste usw. erzeugt.

von Hans W. (Firma: Wilhelm.Consulting) (hans-)


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Peter D. schrieb:
> Normalen AB-Endstufen macht ein Trafo nichts aus. Ein Unterschied kann
> nur bei D-Endstufen bestehen.

Dir ist schon klar, dass (A)B Stufen nicht beliebig cos-phi können?

Eine D-Endstufe kann dagegen vollkommen beliebige Lasten treiben.

Die Filter haben damit nix zu tun.

Ich sehe das an meiner günstigen 2.4kW (AB,,-)Endstufe regelmäßig. Die 
macht gute 115V@50/60Hz und die gehen dann an einen 115/230V Trenntrafo. 
Damit versorge ich meine testobjekte bei einigen Prüfungen.

Gelegentlich muss ich da dann noch einen 1kW Heizlüfter zum Messobjekt 
dazu hängen, um die Last etwas vergräglicher zu bekommen...

Ein billiger spartrafo für 115/230V geht da übrigens nicht... Da 
schwingt der Verstärker auf.

73

von Peter D. (peda)


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Hans W. schrieb:
> Ein billiger spartrafo für 115/230V geht da übrigens nicht... Da
> schwingt der Verstärker auf.

Ein Lautsprecher ist typisch eine hauptsächlich ohmsche Last, d.h. ein 
Chassis mit 8Ω Impedanz hat einen Wicklungswiderstand von etwa 6Ω (75%).
Ein Trafo wird dagegen deutlich unter 1Ω haben. Die Gegenkopplung für 
Trafolast muß daher entsprechend berechnet sein.

Eine Schwingspule ist ein Kompromiß aus ohmschen Widerstand, Masse und 
Magnetfeldstärke (Polabstand), daher hat sie einen so schlechten 
Wirkungsgrad. Ein Trafo hat diese Beschränkungen nicht.

: Bearbeitet durch User
von Hans W. (Firma: Wilhelm.Consulting) (hans-)


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Das hat mit dem Widerstand der Trafo Wicklung nicht unbedingt zu tun. 
Solange eine Last dran hängt siehst du ohnehin quasi nur die Last.

Audio verstärker sind eigentlich ziemlich langsame "op-amps". Daher ist 
der Phase margin das geringere Problem... Da hilft eigentlich immer der 
Heizstrahler um das gerade zu biegen, damit der Klirrfaktor schön klein 
bleibt.

Problematisch sind bipolare Endstufen (damit meine ich BJT und IGBT) 
Designs. Die können nicht alle 4 Quadranten und können daher nicht 
beliebige Lasten (weil eben cos-phi begrenzt). Nachdem man für audio 
doch etwas höheren Takt braucht sind bei class D eigentlich immer 
MOSFETs verbaut (zumindest ist mir noch kein igbt Design 
untergekommen... Ich komme aber nicht aus der Branche...)

Und genau da sehe ich mit dem spar Trafo meine Probleme. Strom steigt, 
transistor dreht Strom ab weil er nicht leiten kann und schwupps gibt's 
einen super Schwinger...

Da scheint die streuinduktivität von meinem echten Trenntrafo klein 
genug zu sein, damit das noch geht. Umgekehrt scheinen die PFCs gut 
genug die Kapazität zu "verstecken" (außerhalb der "Netzfrequenz" meine 
ich), dass es damit auch geht.

Besser wäre natürlich ein schöner closed-loop Class-D verstärker mit 
MOSFETs... Aber ich habe schnell was zum testen gebraucht und das Budget 
war für das ursprüngliche Projekt nicht groß genug... Jetzt hab ich 
meine BJT Class AB Verstärker und solange es nicht sein muss, bleibt er 
:)

Aber ich will diesen thread jetzt nicht komplett OT ziehen.. es ging ja 
um 100V Systeme und nicht um Netz-simulation ;)

73

von H. H. (Gast)


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Hans W. schrieb:
> Nachdem man für audio
> doch etwas höheren Takt braucht sind bei class D eigentlich immer
> MOSFETs verbaut (zumindest ist mir noch kein igbt Design
> untergekommen...

Als Bassverstärker gibts/gabs das schon mit IGBTs. Und die Brüder sind 
seither auch schneller geworden...

von Hans W. (Firma: Wilhelm.Consulting) (hans-)


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Naja bis 250V macht man eigentlich seit superjunction keine igbt mehr...

Das müßen dann entsprechende Brocken in der Gewichtsklasse über 5kW 
sein.. wundert nicht nich, dass ich sowas noch nicht gesehen habe :)

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