Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Notwendigkeit Sicherung Elektronik


von Michael (verstaerker)


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Guten Abend,
ich habe eine Verständnisfrage.
Sicherungen sind da, um Schäden elektrischer Komponenten zu vermeiden. 
Schäden können z.B. durch Leitungen und Bauteile, die aufgrund 
Überlastung überhitzen oder Feuer fangen.
Diese Aussage dürfte ja stimmen, richtig?

So: Nehmen wir an, ich hab eine Schaltung bestehend aus einem 
Schaltnetzteil, welches wiederum andere Komponenten wie 
Mikrocontrollerboards, Magnetschalter, Relais oder ganze Geräte 
versorgt.
Um die Schaltung sicher zu machen, kann ich Sicherungen verwenden.
Sicherungen dimensionieren sich nach den abzusichernden Komponenten, 
d.h. nach dem, was die Komponenten wie Leitungen oder Bauteile 
aushalten.

Was ich nicht verstehe ist, dass ich ja gar nicht alle Leitungen und 
Bauteile im Blick haben kann. Okay, ich weiß, welche Zuleitung ich zu 
den Komponenten wie Boards, Relais usw. verwendet habe aber ich kann ja 
gar nicht wissen, was in diesen Komponenten so drinsteckt. Wie kann ich 
dann meine Sicherung auslegen? Es kann ja sein, dass dort viel dünnere 
Leitungen bzw. Leiterbahnen sind, die dadurch schon vorher durchbrennen 
und möglicherweise Schaden anrichten.

Wie ist die Vorgehensweise? Ist für jede einzelne Komponente eine eigene 
Sicherung notwendig? Sichere ich die gesamte Schaltung mit einer 
einzigen Sicherung ab?
Ich hab hier auch schon gelesen, dass manche keine Sicherung einbauen 
würden. Worauf beruft sich das? Wird hier angenommen, dass ein 
Restrisiko bleibt, welches überschaubar ist?
Hat jemand eine Idee?

: Verschoben durch Moderator
von Alexander (alecxs)


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Michael schrieb:
> aber ich kann ja gar nicht wissen, was in diesen Komponenten so
> drinsteckt. Wie kann ich dann meine Sicherung auslegen?

gar nicht. die Komponenten sind vermutlich schon abgesichert.

von Larius (Gast)


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Oder sie steckt in der Spannungsversorgung.

von Michael O. (michael_o)


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Nö Sicherungen sind keineswegs dazu da Elektronik zu schützen. Die ist 
um mehrere Zehnerpotenzen schneller im Halbleiterhimmel als jede 
Sicherung. Eine Sicherung soll lediglich die Auswirkungen des defektes 
begrenzen. Eine dünne durchgebrannte Leiterbahn hat prima funktioniert. 
Der Stromfluß liegt ohne weitere Folgen bei 0 Ampere. Die Sicherung ist 
der Automatische Not aus der wild gewordenen Schaltung. Wenn sie einen 
Brand verhindert hat,
 bekommt sie die volle Punktzahl. Der Rest ist glückssache und eher 
nicht relevant.
Deshal hilft es nur noch sehr selten bei einem defekten Gerät die 
Sicherung zu tauschen. Macht man das trozdem so lanfe bis die wesentlich 
kräftigere hält, kann man in seltenen Fällen sehen, wo nun der magische 
Dampf entweicht und mit viel Erfahrung versuchen Rückschlüsse zu ziehen, 
warum die Schaltung oder Teile davon in die ewigen Jagdgründe wollen.

MfG
Michael

von Karsten B. (kastenhq2010)


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Michael schrieb:
> Sicherungen sind da, um Schäden elektrischer Komponenten zu vermeiden.
> Schäden können z.B. durch Leitungen und Bauteile, die aufgrund
> Überlastung überhitzen oder Feuer fangen.
> Diese Aussage dürfte ja stimmen, richtig?

Sicherungen sind für gewöhnlich dazu da, um Folgeschäden zu vermeiden. 
Damit die Sicherung auslöst, muss bereits ein Fehler oder zumindest ein 
ungewollter Betriebszustand vorliegen, und diesen zu verhindern, ist 
nicht die Aufgabe der Sicherung. Aus diesem Grund ist es nicht zwingend 
notwendig, den exakten Aufbau jeder einzelnen abzusichernden Komponente 
zu kennen.

von Michael (verstaerker)


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Larry schrieb:
> Oder sie steckt in der Spannungsversorgung.

Du meinst z.B. im Schaltnetzteil?
Aber würde das genügen? Würde diese auf Kurzschlüsse in Komponenten 
reagieren, die viel kleinere Leiter haben?
Was ich damit fragen will: kann in dem Fall überhaupt ein so großer 
Kurzschlusstrom entstehen und die Sicherung auslösen bevor die 
Komponente abraucht?

von Alexander (alecxs)


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Andersrum. Die Komponente raucht ab um andere Komponenten zu schützen.

https://www.mikrocontroller.net/articles/Kfz_Spannungsspitzenkiller_/_Transientenschutz

von Michael (verstaerker)


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Alexander schrieb:
> gar nicht. die Komponenten sind vermutlich schon abgesichert.

Michael O. schrieb:
> Nö Sicherungen sind keineswegs dazu da Elektronik zu schützen. Die ist
> um mehrere Zehnerpotenzen schneller im Halbleiterhimmel als jede
> Sicherung.

Karsten B. schrieb:
> Damit die Sicherung auslöst, muss bereits ein Fehler oder zumindest ein
> ungewollter Betriebszustand vorliegen, und diesen zu verhindern, ist
> nicht die Aufgabe der Sicherung.

Danke für die Antworten. Wird langsam klarer

von Michael (verstaerker)


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Alexander schrieb:
> Andersrum. Die Komponente raucht ab um andere Komponenten zu schützen.

Also legt hier der Hersteller fest, ob eine Komponente abraucht (ohne 
sich zu entzünden) oder durch eine interne Sicherung abgesichert ist?

von Michael B. (laberkopp)


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Michael schrieb:
> Schäden können z.B. durch Leitungen und Bauteile, die aufgrund
> Überlastung überhitzen oder Feuer fangen

Richtig.

Die Sicherung schützt nicht davor, dass ein Bauteil und damit das Getät 
kaputt geht, aber sie soll davor schützen, dass dann was Schlimmes 
passiert, ein Brand dein Haus abfackelt.

Sicherungen sind also erst dann nötig, wenn die zugelieferte elektrische 
Energie ausreicht, um einen Brand zu entfachen.

Dein 9V Blockbatteriegerät hat keine Sicherung.

Ein Gerät an 230V~ schon.

Ein Laptop-Akku auch, obwohl er nur 19V hat, aber er bringt viel Strom.

Die genaue Grenze, ab wann eine Sicherung notwendig ist, kenne ich 
nicht, vermutlich auch EU vs. US verschieden.

Etwas anders sieht es aus bei der (Fein)Sicherung im Dimmer bzw. 
Funksteckdose: Wenn NACH dem Teil ein Kurzschluss auftritt, dann löst 
der 16A Automat als Leitungsschutz aus. Aber der erlaubt kurz (bis er 
auslöst) deutlich mehr Strom als die Elektronik (TRIAC oder 
Relaiskontakt) im Gerät aushält. Das Gerät wäre also kaputt, wenn nicht 
es selbst, sondern etwas dran angeschlossenes kaputt geht. Hier baut der 
Hersteller nun eine viel flinkere und geringer dimensionierte 
Feinsicherung ein, damit Dimmer/Funksteckdose nicht mit kaputt gehen, 
wenn das daran angeschlossene kaputt ging. Hier ist die Sicherung 
Geräteschutz.

von Larius (Gast)


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Michael schrieb:
> Was ich damit fragen will: kann in dem Fall überhaupt ein so großer
> Kurzschlusstrom entstehen und die Sicherung auslösen bevor die
> Komponente abraucht?
Kommt drauf an. Wir machen hier EX-Schutz. Da werden die Bauteile so 
dimensioniert, dass eins ausfallen kann, ohne dass es zu einer 
Überhitzung kommt. Es darf sich selber nicht auslöten und auch keine 
anderen beschädigen.

Das Netzteil ist so ausgelegt, dass es die defekte Schaltung versorgen 
kann. Ein Bereich, der dauerhaft keine Hitze verträgt, ist so zu bauen, 
dass er sich abschaltet. Das kann z.B. eine lokale Sicherung sein, die 
dadurch ausgelöst wird, dass bei einem Stromanstieg, oder 
Spannungsanstieg, aber auch einem Spannungsverlust durch Kurschluss, 
eine OP-Schaltung das erkennt und den Strom erhöht. D.h die 
Schutzschaltung erkennt den Fehler und lässt die Sicherung druchbrennen.

Normalerweise reicht die 2/3 Auslegung, d.h. alles was auf 315V laufen 
kann, wird auf 450 ausgelegt. Auch Leiterbahnabstände und so. Da gibt es 
genaue Vorschriften für die Abstände in Lagen und gegen Luft, um 
Lichtbögen zu verhindern. PCBs werden auch lackiert, gegen Kriechströme.

Wenn dann wirklich was kaputt geht, dann geht der Strom meistens runter 
und es passiert nichts. Geht er hoch, aber wenig, ist es egal. Geht es 
viel hoch, sieht es das Netzteil und löst Alarm aus und die 
Strombegrenzung sorgt fürs Limit, bis einer kommt und das Teil aus dem 
Schaltschrank zieht.

von Michael (verstaerker)


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Michael B. schrieb:
> Sicherungen sind also erst dann nötig, wenn die zugelieferte elektrische
> Energie ausreicht, um einen Brand zu entfachen.

Gibt es hier eine Norm zur Höhe der Energie? Habe noch keine dazu 
gefunden

von Alexander (alecxs)


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vermutlich läuft das bei einer CE-Konformitätserklärung nicht über 
Energiehöhe sondern über individuelle Tests

von Andi B. (andi_b2)


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Michael schrieb:
> Michael B. schrieb:
>> Sicherungen sind also erst dann nötig, wenn die zugelieferte elektrische
>> Energie ausreicht, um einen Brand zu entfachen.
>
> Gibt es hier eine Norm zur Höhe der Energie? Habe noch keine dazu
> gefunden

UL war mal "Wenn P < 15W" -> die Leistung ist zu gering um irgendetwas 
so stark zu erhitzen, dass es zu brennen anfangen könnte.

IEC/EN hatte früher immer nur Grenzen für max. Temperaturerhöhung im 
Fehlerfall definiert. Keine 15W Klausel. Man musste also alles, auch in 
Bereichen mit kleinerer Leistung, nachmessen bzw. bewerten. In den 
neueren IECs (?), sicher aber in der EN 62368-1 steht nun auch was von 
Leistungsklasse < 15W (PS1) -> kann nichts anzünden. Außer ev. in EX 
Umgebung oder wenn brennbare Stoffe in der Nähe sind oder .... Diese EN 
darf man getrost auswendig lernen :-). Die muss man einhalten, wenn man 
ein Gerät der "Audio/Video, Informations- oder Kommunikationstechnik" in 
Verkehr bringt.

von Michael (verstaerker)


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Andi B. schrieb:
> EN 62368-1 steht nun auch was von Leistungsklasse < 15W (PS1) -> kann
> nichts anzünden.

Interessant.


Okay, also nochmal zusammengefasst, weil diese Frage geht mir schon 
länger durch den Kopf

Wenn ich ein Hobbyprojekt entwickle (bestehend aus mehreren wie oben 
angesprochenener Komponenten), dann kann ich wie folgt vorgehen. Das 
Hauptaugenmerk liegt dabei, dass nichts vor sich hinkokeln kann.

- bei Versorgung durch Netzteil: ich verwende nirgends eine zusätzliche 
Sicherung, wenn ich die Verbindungsleitungen zu den einzelnen 
Komponenten nach der Sicherung des Netzteils dimensioniere. Falls was in 
einer Komponente kaputt geht, fliegt entweder die Sicherung der 
Komponente (wenn es diese gibt) oder der Strom wird durch den Defekt 
unterbrochen. Die Sicherung im Netzteil ist in erster Linie nur für die 
Verbindungsleitungen gedacht und KANN (muss aber nicht) auch fliegen

- bei Versorgung durch Batterien: ich verwende gar keine Sicherung und 
dimensioniere die Verbindungsleitungen nach dem maximalen Strom der 
Batterien

- Klar, es gibts wahrscheinlich immer ein Restrisiko, dass mal ein 
Stromkreis nicht unterbrochen wird und anfängt zu kokeln aber 100% 
Sicherheit ist denk ich nie gegeben

Das sind meine Gedankengänge zu dem Thema.
Verbessert mich bitte, wenn ich wo falsch liege.

Gruß

von Alexander (alecxs)


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Wie Du in dem Artikel gelesen hast, bewirkt eine TVS-Diode bei 
Überspannung einen Kurzschluss, den man mit einer Sicherung irgendwo 
abfangen muss. Ich kann mir gut vorstellen dass es Schaltungen gibt, die 
sich hierbei auf das Netzteil verlassen. Eine solche Schaltung würde ich 
nicht ohne Sicherung mit einer Batterie betreiben.

von Michael (verstaerker)


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Alexander schrieb:
> bewirkt eine TVS-Diode bei Überspannung einen Kurzschluss, den man mit
> einer Sicherung irgendwo abfangen muss

Ah verstehe.
Aber woher weiß ich sowas als - sagen wir mal - Bastler? Also woher weiß 
ich, dass mein verwendetes Gerät diese Technik verwendet? Weil dann muss 
ich ja im Endeffekt eine Sicherung bzw. ein Netzteil nach diesem 
Kurzschlussstrom auslegen

von Alexander (alecxs)


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Nimm einfach irgendeine kleine Sicherung.

Oder schau ins Datenblatt was an Strom benötigt wird, und lege die 
Sicherung entsprechend aus.

Ob und welche Sicherungen verbaut sind steht nirgends, das hat sich der 
Entwickler ausgedacht.

Wenn Du ein paar Fotos teilen könntest, kann man bestimmt mehr dazu 
sagen.

von Michael (verstaerker)


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Alexander schrieb:
> Wenn Du ein paar Fotos teilen könntest, kann man bestimmt mehr dazu
> sagen.

Es gibt kein konkretes Projekt. Die Frage kommt aus Hobbybasteleien und 
für den Fall, dass ich z.B. mal was betreibe, was auch unbeaufsichtigt 
läuft.

Mir geht's nur um eine "Richtlinie" wie ich an eine 
Absicherungsgeschichte rangeh.
Weil manche sagen "nehm keine Sicherung", "lege die Sicherung nach dem 
Leiterquerschnitt zu den Komponenten aus", "dimensioniere die Sicherung 
nach der Gesamtstromaufnahme", "verwende bei Batterien gar keine 
Sicherung". Ich werde daraus nicht ganz schlau, wie es richtig ist

von Alexander (alecxs)


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Wenn Du von Knopfzellen redest benötigst Du natürlich keine Sicherung. 
Bei ner Autobatterie brauchst Du auf jeden Fall eine. Für Li-Ion Akkus 
gibt's auch einiges zu beachten.

Wenn Du der Entwickler bist dann orientiere Dich am Datenblatt und den 
Application Notes.

von Purzel H. (hacky)


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Bevor man sich mit Sicherheitselementen vertut, sollte man sich den 
Fehlerfall ueberlegen.
Welches ist der Fehlerfall ?
Was tue ich dagegen ?
Was erreiche ich mit der Massnahme ?

Einfach Sicherungen, Ueberspannungsableiter, usw ist eher nicht 
zielfuhrend.

Eine Sicherung sollte man verstanden haben. Eine Sicherung loest nicht 
einfach so aus.
- Wie lange muss eine Sicherung Nennstom aushalten ? Dauernd, aber nicht 
unendlich .. oder so.
- Wie schnell loest sie bei doppeltem .. zehnfachem Nennstrom aus. 
Dafuer gibt's dann flinke, normale, traege.

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