Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Motor: Mechanische Zeitkonstante


von Plastik (plastik)


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Hallo,

ich beschäftige mich gerade mit Motoren und Zeitkonstanten.
Konkret geht es um die mechanische Zeitkonstante.
Dazu folgendes Bild/Datenblatt:
https://www.industrial-electronics.com/images/ind-brushless-serveomotors_4-1-t.jpg

Dort wird die mechanische Zeitkonstante von 1,4ms berechnet.
Demnach erreicht der Motor ~63% seiner Maximaldrehzahl innerhalb von 
1,4ms.

Allerdings gibt es ja noch die Formel:
1
omega' = (1/J) * T    // omega' = Ableitung Winkelgeschwindigkeit
1
T [Nm] = K_T [Nm/A] * I [A]
1
-> omega' = (1/J) * K_T * I
Aus dem Datenblatt:
1
Drehmomentkonstante K_T: 0,84 [Nm/A]
2
Maximaler Strom I: 26 [A]
3
Trägheitsmoment J: 0,00028 [kg*m*m)]

Eingesetzt:
1
omega' = (1/0,00028) * 0,84 * 26 = 78000 [rad/(s*s)]
Die Maximaldrehzahl ist mit 6000 [rpm] = 100 [Hz] = 628 [rad/s] 
angegeben.

Für die benötigte Zeit zur Erreichung von 63% der Maximaldrehzahl würde 
man demnach folgendes rechnen:
1
(0,63 * 628 [rad/s]) / 78000 [rad/(s*s)] = 0,005 [s]
Diese berechneten 5ms decken sich aber nicht mit den 1,4ms aus der 
Formel aus dem verlinkten Bild.

Hat vielleicht jemand einen Tipp, was ich falsch mache?

Gruß

: Verschoben durch Moderator
von Thomas F. (igel)


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Plastik schrieb:
> Hat vielleicht jemand einen Tipp, was ich falsch mache?

Die Motorspule ist eine Induktivität. Deshalb muss der Strom ab 
Zeitpunkt Null erst mal ansteigen. Währenddessen ist die 
Winkelbeschleunigung natürlich auch nicht konstant bei 78000 rad/s², 
sondern entsprechend dem Stromanstieg geringer.

von Udo S. (urschmitt)


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Nur so am Rande:

Normalerweise treibt ein Motor irgendetwas an.
Dessen Trägheitsmoment ist meistens signifikant höher als das des 
Motor-Rotors. Zumindest aber muss es zum Gesamtträgheitsmoment dazu 
addiert werden.

Falls also der Sinn deiner Beschäftigung eine Regelung sein sollte, 
nützt es dir nichts nur den Motor zu betrachten.

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


Angehängte Dateien:

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Das Datenblatt stimmt auffallend mit meiner Rechnung überein :-)

Keiner Nachtrag:
Da beide Zeitkonstanten einen ähnlichen Wertebereich haben, funktioniert 
das mit den 63% nicht so richtig. Hier sollte man das 
Wendetangentenverfahren anwenden. Außerdem schwingt das System etwas bis 
zum stationären Zustand, wie die Lösung der Dgl. zeigt.

: Bearbeitet durch User
von Plastik (plastik)


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Hallo,

Thomas F. schrieb:
> Die Motorspule ist eine Induktivität. Deshalb muss der Strom ab
> Zeitpunkt Null erst mal ansteigen. Währenddessen ist die
> Winkelbeschleunigung natürlich auch nicht konstant bei 78000 rad/s²,
> sondern entsprechend dem Stromanstieg geringer.

Müsste dann die oben von mir errechnete Konstante von 5ms nicht kleiner 
sein (weil die Berechnung hierfür von t=0 angefangen das maximale 
Drehmoment angenommen hat), als die "elektromechanische" Konstante von 
1,4ms?

@Udo S.: Ich möchte erstmal von einem unbelasteten Motor ausgehen, bzw. 
erstmal verstehen, wie das zustandekommt.

@Joe G.: Vielen Dank für die Herleitung, ich werde es nachher genauer 
ansehen.

Gruß

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Plastik schrieb:
> Müsste dann die oben von mir errechnete Konstante von 5ms nicht kleiner
> sein

Nein, die elektrische Zeitkonstante wird durch L und R bestimmt, die 
mechanische Zeitkonstante durch R und J. Bei sehr kleinem 
Massenträgheitsmoment und großer Induktivität hast du die von dir 
beschriebenen Verhältnisse.
Beide Konstanten heißen übrigens Konstanten, weil sie nicht von der 
Zeit, dem Strom, der Spannung oder der Drehzahl abhängen.

von Falk B. (falk)


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