Forum: Platinen SOIC 8 mit Heißluft entlöten - Temperatur und Luftmenge?


von Sebastian S. (dsebastian)


Lesenswert?

Moin zusammen,

ein Layout-Fehler zwingt mich dazu ein SOIC-8 auszulöten, um darunter 
liegende Kupferbahnen zu entfernen. Eine Heißluftstation habe ich (Atten 
ST-862D, 1000W, bis 120l/min, 100°C-480°C).

Nun gibt es viele Beiträge zum Entlöten (auch hier), aber während oft 
die Lufttemperatur genannt wird (350°C für bleifrei scheint ok zu sein) 
so kann ich bezüglich der Luftmenge (l/min) nur unbrauchbare 
Informationen finden: 10%, 50% ... nur von welchen 100%? Also, welche 
Luftmenge ist hier die Richtige? Gibt es ggf. eine Anleitung hierzu in 
old-school geschriebener Form (ich konnte nix finden)? Ich habe den 
Eindruck, dass alle möglichen Video-Tutorials von Autodidakten sind (und 
selbst bei den professionelleren immer nur diese blöde %-Angabe :-( ).

Kann jemand helfen? Und ggf. noch ein Tipp zur Düsengröße? Kleiner, 
gleich oder (etwas) größer als das zu entlötende Teil? Beim einem SOIC-8 
könnte ich noch eine von den Düsen die ich habe auswählen.

Guten Rutsch ins neue Jahr!

P.S.: Noch eine andere Verständnisfrage. Warum eigenlich Flussmittel? 
Das legt sich doch auf die Lötstellen und behindert damit den Wärmefluss 
- wieso soll das gut sein?
PPS: Außerdem hier den Tipp mit dem kleinen Lötzinnstreifen hier 
gesehen; sehr gut!

von Andreas M. (amesser)


Lesenswert?

In der Zeit einen neuen Thread zu eröffnen hätten Andere das Teil schon 
längst runtergelötet die Leiterbahnen getrennt und wieder aufgelötet. 
Dazu reicht ein einfacher Lötkolben. Mach keine Wissenschaft daraus und 
hol das Teil runter. 350 °C ist viel zu heiß, das reicht für Bleifrei.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Hängt natürlich davon ab, wie wärmeableitend das Layout darunter ist.

Ich würde mit nicht unter 400 °C anfangen. Wenn du Hühnerfutter hast, 
was weggeblasen zu werden droht, dann eher 50 % Luftstrom, sonst ruhig 
auch 100 % – es dauert auch so lange genug, und schneller fertig zu 
werden, reduziert den thermischen Stress für alles.

Ich benutze immer nur irgendeine Runddüse die drauf ist, die muss man 
nicht wechseln.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Andreas M. schrieb:
> 350 °C ist viel zu heiß

Bei Luft nicht, die überträgt nicht so viel Wärme wie ein Lötkolben.

von Sven B. (mainframeosx)


Lesenswert?

Also ich entlöte mit Heißluft mit ca.370 Grad (Je nach Massefläche mehr 
oder weniger, hier sind es erfahrungswerte) Luftstrom wähle ich so das 
nebenanliegende Bauteile nicht weggeweht werden. Sollten Kunststoff Teil 
drumherum gelötet sein, so nutze ich Kaptonband um diese vor Wär me zu 
schützen. Wenn es ein IC ist gibt es dazu noch diese Hauben die man auf 
das Bauteil setzt, damit die Wärme nicht auf die Bauteile neben dran 
abfließt. Flussmittel ist beim aus löten , entlöten ein muss, damit wird 
das alte Lot schneller flüssig. Um die Pad zu reinigen und vom 
restlichen Lot zu entfernen, nutze ich eEntlötsauglitze und einen 
Lötkolben. Diesen aber sanft auf den Pad gleiten lassen, sonnst hattest 
du Pad.

von Mark S. (voltwide)


Lesenswert?

Erst flute ich die Anschlußpins mit reichlich Lot. Dann zwei 
Weller-Kolben mit 3-4mm breiter Spitze jeweils auf die Pinreihen 
ansetzen, so das alles fließt. Mit beiden Lötkolben das Teil abheben. 
Schont die pads auf dem PCB und bläst kein benachbartes Hühnerfutter 
weg.

von Andreas M. (amesser)


Lesenswert?

Jörg W. schrieb:
> Bei Luft nicht, die überträgt nicht so viel Wärme wie ein Lötkolben.

Also mir reichen so ca 350 °C um BGAs von 8 Lagenplatinen zu löten - 
bleifrei. Leute, es geht hier um einen popeligen soic-8, vermutlich 
nicht mal mit thermal pad.

von Vanye R. (vanye_rijan)


Lesenswert?

> Ich würde mit nicht unter 400 °C anfangen.

Also ich arbeite mit 320 bis 370Grad und 30 bis 50% Luftstrom, 8mm 
Duese.

Vergleiche sind aber nicht so einfach da offensichtlich eine Menge
davon abhaengt mit welchem Abstand und welcher Geschwindigkeit
man ueber die Platine geht!

Wenn einer es zum ersten mal macht, an einer alten Platine ueben.
Es sollte so 30-60s dauern bis man das Teil runternehmen kann.

Wichtig ist das man ein Arbeitsfenster hat zwischen Loetzinn ist
fluessig und gleich sind die PADs ab. Also ueben!

Vanye

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Vanye R. schrieb:
> zwischen Loetzinn ist
> fluessig und gleich sind die PADs ab

Naja, und wenn man zu ungeduldig ist und zu früh dran zerrt, wenn noch 
ein Pad nicht aufgeschmolzen ist, riskiert man ebenfalls ein Abreißen. 
Vorsichtig mit der Pinzette hin und her schieben, sowie es sich wirklich 
schieben lässt, kann man das Teil runternehmen.

von H. H. (Gast)


Lesenswert?

Und bei beidseitiger SMD Bestückung beachten, dass meist auf einer Seite 
die Bauteile zusätzlich angeklebt sind.

von Crazy Harry (crazy_h)


Lesenswert?

Muß der IC das überleben? Wenn nicht trenne mit einem scharfen Messer 
(die mit den breiten Abbrechklingen gehen gut) die Anschlussbeine am 
Gehäuse, entferne das Gehäuse und entferne die Anschlüsse einzeln mit 
einem normalen Lötkolben.

von Uli S. (uli12us)


Lesenswert?

Oder verwende einen KFZ-Zigarettenanzünder. Der macht nur Wärme, aber 
bläst nix weg.

von Alexander (alecxs)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Die Variante Beinchen kurzschließen und mit Lötkolben entlöten bietet 
sich da an wo Heißluft nicht geht, z.B. bei Plastik. Ich hab mir zum 
entlöten bei diesem Sockel mal Draht ringsherum gelötet, da ich den 
wiederverwenden wollte. Mit Heißluft musst Du einfach selbst ein Gefühl 
dafür entwickeln, vielleicht mal üben?

: Bearbeitet durch User
von Sebastian S. (dsebastian)


Lesenswert?

Vielen Dank für die zahlreichen Antworten. Und dann habe ich es gänzlich 
ohne Heißluft gemacht, denn

Mark S. schrieb:
> Erst flute ich die Anschlußpins mit reichlich Lot. Dann zwei
> Weller-Kolben mit 3-4mm breiter Spitze jeweils auf die Pinreihen
> ansetzen, so das alles fließt. Mit beiden Lötkolben das Teil abheben

einen zweiten Lötkolben hatte ich noch im Keller. Angesichts des kleinen 
SOIC-8 ging das tatsächlich flott und ohne Kollateralschäden. Mit 
ordentlich Flussmittel eine Sache von Sekunden.

Alexander schrieb:
> Mit Heißluft musst Du einfach selbst ein Gefühl
> dafür entwickeln, vielleicht mal üben?

Tja, das ist/war ja mein Problem. Es gibt zwar viele Lötübungen, doch 
meistens nur Hühnerfutter und eben ohne ICs. Und bei den ICs, die ich 
mit Heißluft wieder entlötet habe war meine Technik, nun ja, nicht 
sonderlich ausgereift. Und alte Platinen habe ich hier nicht rumliegen. 
Vielleicht machte ich mir mal eine, um genau das zu üben.

Andreas M. schrieb:
> Leute, es geht hier um einen popeligen soic-8, vermutlich
> nicht mal mit thermal pad

H. H. schrieb:
> Und bei beidseitiger SMD Bestückung beachten, dass meist auf einer Seite
> die Bauteile zusätzlich angeklebt sind.

Nein, kein thermal pad, und auch nur einseitig. Es geht um mein hier 
geteiltes Malheur:
Beitrag "Re: Fehler zum nachbauen :-)"

Inzwischen den OpAmp sauber runterbekommen, Kuperbahnen getrennt, 
Lötlack entfernt. Wieder zusammenbauen folgt gleich ...

von Dietrich L. (dietrichl)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Was auch ganz gut funktioniert: Unter das IC eine Edelstahlfolie 
hineinschieben und die nach Erhitzen der Beinchen nach außen 
verschieben, und dies nacheinander bei allen Beinchen.

Dazu braucht man natürlich ein passendes Werkzeug: z.B. ein 
Schnitzmesser, wo statt der Klinge eine dünne Edelstahlfolie eingespannt 
ist (siehe Bild).
Folie 0,1mm z.B. hier: https://www.ebay.de/itm/125346249313

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Sebastian S. schrieb:
> Es gibt zwar viele Lötübungen, doch meistens nur Hühnerfutter und eben
> ohne ICs.

Alte Festplatten schlachten. Vor allem die etwas älteren haben noch 
einige ICs drauf gehabt.

Selbst auf den neueren SATA-Platten findet sich häufig noch ein EEPROM, 
der durchaus auch SO-8 sein kann.

: Bearbeitet durch Moderator
von Sebastian S. (dsebastian)


Lesenswert?

Jörg W. schrieb:
> Alte Festplatten schlachten.

Ah, ja, da sollten noch irgendwo welche rumliegen. Ich werde die mal 
auseinandernehmen und mit Temperatur und Luftstrom experimentieren. Gute 
Idee, danke!

Und nochmals vielen Dank für die vielen Tipps abseits der Heißluft!

: Bearbeitet durch User
von Vanye R. (vanye_rijan)


Lesenswert?

Bei schwierigen Sachen, also nicht unbedingt bei SO8, mache
ich daneben auf der Platine einen kleinen Tupfer Loetpaste.
Dann sehe ich am zusammenlaufen das ich gleich auf Solltemperatur
bin. .-)

Vanye.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.