Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Worin unterscheiden sich diese beiden Dioden (Anwendungszweck)


von Thomas (kosmos)


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Ich habe letztens einige Dioden geerntet. Mich würde es mal 
interessieren was hier den Unterschied dieser beidem Typen ausmacht.

Das wäre einmal US1M 
https://www.alldatasheet.com/datasheet-pdf/pdf/643114/DIOTEC/US1M.html

und einmal BYG10M
https://www.alldatasheet.com/datasheet-pdf/pdf/1022218/DIOTEC/BYG10M.html

Wäre die erste wegen ihrer Geschwindigkeit für Schaltregler geeignet und 
letztere nur für langsamere Netz Gleichrichtung? Was heißt dieses 
Avalanche Verhalten bzw. wozu ist es gut?

: Bearbeitet durch User
von Chris V. (nagut)


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Thomas schrieb:
> Wäre die erste wegen ihrer Geschwindigkeit für Schaltregler geeignet und
> letztere nur für langsamere Netz Gleichrichtung?

Im wesentlichen trifft es das schon. In den Vishay-Datenblättern ist für 
die BYG10M noch der Einsatz als Freilaufdiode vorgeschlagen.


> Was heißt dieses
> Avalanche Verhalten bzw. wozu ist es gut?

Das ist der Lawinendurchbruch in Sperrichtung. Normalerweise möchte man 
den zwar vermeiden, aber bei Netzgleichrichtern z.B. ist das bei 
Spannungsspitzen aus dem Netz nicht immer möglich. Bei der langsameren 
BYG10M ist spezifiziert, bis zu welcher Energie sie solche Spitzen noch 
klaglos wegsteckt. Bei der schnellen US1M habe ich jetzt keine Angaben 
dazu gefunden, d.h. die ist vermutlich damit schneller kapputzukriegen.

von H. H. (Gast)


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Chris V. schrieb:
> Das ist der Lawinendurchbruch in Sperrichtung. Normalerweise möchte man
> den zwar vermeiden, aber bei Netzgleichrichtern z.B. ist das bei
> Spannungsspitzen aus dem Netz nicht immer möglich. Bei der langsameren
> BYG10M ist spezifiziert, bis zu welcher Energie sie solche Spitzen noch
> klaglos wegsteckt. Bei der schnellen US1M habe ich jetzt keine Angaben
> dazu gefunden, d.h. die ist vermutlich damit schneller kapputzukriegen.

ACK.

von Günter L. (Firma: Privat) (guenter_l)


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von Chris V. schrieb:
>Das ist der Lawinendurchbruch in Sperrichtung. Normalerweise möchte man
>den zwar vermeiden,

Könnte den nicht auch ausnutzen, für einen Relaxionsoszillator?
Also einen Kippschwinger, wie man es auch mit einer Glimmlampe
machen kann? Oder funktioniert dieser Durchbruch etwa so wie
bei einer Z-Diode?
Muß ich mal ausprobieren.

von H. H. (Gast)


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Günter L. schrieb:
> Oder funktioniert dieser Durchbruch etwa so wie
> bei einer Z-Diode?

Ja.

von Jörg R. (Firma: Rehrmann Elektronik) (j_r)


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Avalanchedioden kann man auch ohne weitere Beschaltung in Serie 
schalten. Das kontrollierte Durchbruchverhalten führt zu einer mehr oder 
weniger gleichmäßigen Aufteilung der Sperrspannung. Daher sind sie ideal 
für Hochspannungsgleichrichter. Sie ersparen da Unmengen an 
Kondensatoren, Widerstände oder TVS-Dioden, die man bei der 
Serienschaltung "normaler" Dioden bräuchte.

Jörg

von Chris V. (nagut)


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Günter L. schrieb:
> von Chris V. schrieb:
>>Das ist der Lawinendurchbruch in Sperrichtung. Normalerweise möchte man
>>den zwar vermeiden,
>
> Könnte den nicht auch ausnutzen, für einen Relaxionsoszillator?
> Also einen Kippschwinger, wie man es auch mit einer Glimmlampe
> machen kann? Oder funktioniert dieser Durchbruch etwa so wie
> bei einer Z-Diode?
> Muß ich mal ausprobieren.

Ja, das kann man natürlich auch absichtlich ausnutzen, wenn man 
unterhalb der Energie bleibt, die die Diode verträgt. Die erwähnten 
Dioden haben allerdings einzeln schon 1000V Sperrspannung ... da wäre so 
eine Anwendung wohl schon ein wenig speziell. ;)

Beim Lawinendurchbruch steigt der Strom deutlich steiler an als beim 
Durchbruch durch den Zener-Effekt, ist also tatsächlich eher mit dem 
Zünden einer Glimmlampe zu vergleichen. Ich weiß aber gerade nicht aus 
dem Kopf, wie dann das "Brennverhalten" nach dem Durchbruch aussieht, 
d.h. ab wann die Diode nach dem Durchbruch und bei dann wieder fallender 
Reverse-Spannung wieder sperrt. Laut Jörgs Beitrag müsste sie eigentlich 
recht schnell schon wieder sperren, also dort dann doch nicht mehr mit 
Glimmlampen vergleichbar.

: Bearbeitet durch User
von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Chris V. schrieb:
> Beim Lawinendurchbruch steigt der Strom deutlich steiler an als beim
> Durchbruch durch den Zener-Effekt, ist also tatsächlich eher mit dem
> Zünden einer Glimmlampe zu vergleichen.
Nein, denn Glimmlampen haben ja einen negativen Widerstand, sowas bringt 
der Avalancheeffekt nicht mit sich.

> den Zener-Effekt
Der tritt nur bei Durchbruchspannungen <6V auf. Schon bei (Z-)Dioden ab 
6V überwiegt der Avalanche-Effekt.
- https://de.wikipedia.org/wiki/Zener-Effekt

: Bearbeitet durch Moderator
von Wladimir (vril_2023)


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Lothar M. schrieb:
>
> Nein, denn Glimmlampen haben ja einen negativen Widerstand…

Oh … das ist ja wirklich cool

von Roland D. (roland_d284)


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Moin,

ist zwar außerhalb der Frage, aber:

Jörg R. schrieb:
> Avalanchedioden kann man auch ohne weitere Beschaltung in Serie
> schalten. Das kontrollierte Durchbruchverhalten führt zu einer mehr oder
> weniger gleichmäßigen Aufteilung der Sperrspannung. Daher sind sie ideal
> für Hochspannungsgleichrichter. Sie ersparen da Unmengen an
> Kondensatoren, Widerstände oder TVS-Dioden, die man bei der
> Serienschaltung "normaler" Dioden bräuchte.

Davon, dass man bei der Serienschaltung normaler Dioden für Hochspannung 
viel solches Beiwerk bräuchte, habe ich wohl schon gehört. Aber mich 
würde mal eine echte Begründung dafür interessieren. Schalte ich einen 
Kondensator parallel zu einer Diode, dann wird der entladen, wenn die 
Diode (aus magischen Gründen plötzlich) eine kleinere Sperrspannung hat. 
Der Kondensator macht die Sache also nur schlimmer. Parallelwiderstand? 
Wozu?

Am Ende teilt sich die Spannung über die Diodenkette so auf, dass der 
Leckstrom für alle Dioden gleich ist. Die wärmste Diode hat die 
geringste Sperrspannung und damit auch die geringste Verlustleistung - 
passt also.

Gruß, Roland

von Jörg R. (Firma: Rehrmann Elektronik) (j_r)


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Hallo Roland,

> Davon, dass man bei der Serienschaltung normaler Dioden für Hochspannung
> viel solches Beiwerk bräuchte, habe ich wohl schon gehört. Aber mich
> würde mal eine echte Begründung dafür interessieren. Schalte ich einen
> Kondensator parallel zu einer Diode, dann wird der entladen, wenn die
> Diode (aus magischen Gründen plötzlich) eine kleinere Sperrspannung hat.
> Der Kondensator macht die Sache also nur schlimmer. Parallelwiderstand?
> Wozu?

Der Parallelwiderstand teilt die statische Sperrspannung gleichmäßig 
auf. Der Kondensator puffert unterschiedliche Sperrverzugsladungen ab.
>
> Am Ende teilt sich die Spannung über die Diodenkette so auf, dass der
> Leckstrom für alle Dioden gleich ist. Die wärmste Diode hat die
> geringste Sperrspannung und damit auch die geringste Verlustleistung -
> passt also.

Passt nicht, die Sperrschicht der "normalen" Diode ist längst 
durchgeschlagen, bevor sie sich durch zu hohe Sperrspannung wesentlich 
erwärmt

Jörg

: Bearbeitet durch User
von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Wladimir schrieb:
> Lothar M. schrieb:
>> Glimmlampen haben ja einen negativen Widerstand…
> Oh … das ist ja wirklich cool
Finde ich auch. Hier noch 2 Links, weil Alfred B. (alfred_b979) in einer 
PN meinte, das bedürfe einer Klärung:
- https://de.m.wikipedia.org/wiki/Glimmlampe
- https://de.m.wikipedia.org/wiki/Differentieller_Widerstand

von Roland D. (roland_d284)


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Moin,

Jörg R. schrieb:

> Der Parallelwiderstand teilt die statische Sperrspannung gleichmäßig
> auf.

Ja. Aber eine Spannungsaufteilung in der Art, dass der Leckstrom für 
alle Dioden gleich ist, wäre viel gesünder. Die Widerstände teilen also 
'schlecht' auf.

> Der Kondensator puffert unterschiedliche Sperrverzugsladungen ab.

Ok, das könnte ein Argument sein.

> Passt nicht, die Sperrschicht der "normalen" Diode ist längst
> durchgeschlagen, bevor sie sich durch zu hohe Sperrspannung wesentlich
> erwärmt

Ja, aber wie soll die Sperrschicht denn durchschlagen und dabei kaputt 
gehen (=zu warm werden, wenn auch nur punktuell), wenn als Energiequelle 
nur die winzige Sperrschichtkapazität bei Sperrspannung zur Verfügung 
steht? Ja, wenn über den 'Durchschlag' auch noch ein Kondensator 
entladen werden muss, ja dann geht vielleicht was kaputt. Aber wenn es 
gar keinen parallelen Kondensator gibt?

Z.B. UF5408 hat bei 1kv unter 10pF. Macht eine gespeicherte Energie von 
5uJ. Wenn bei Mosfets von Avalanche-rating was gesagt wird, dann mit der 
Einheit mJ, also 1000mal so viel. Sprich die Diode entlädt sich viel 
schneller, als sie kaputt gehen kann. Und wenn die warm ist, erst recht.

Ich finde die Quelle nicht wieder, aber irgendwo habe ich mal eine Liste 
gesehen mit avalanche-Daten für Dioden, danach hatte quasi jede noch so 
kleine Diode mindestens 20uJ rating.

Gruß, Roland

von Alfred B. (alfred_b979)


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Bzgl. "Was für 2 Dioden?" etc. natürlich schwerst off-topic:

Lothar M. schrieb:
> Wladimir schrieb:
>> Lothar M. schrieb:
>>> Glimmlampen haben ja einen negativen Widerstand…
>> Oh … das ist ja wirklich cool
> Finde ich auch.

Darum, "irgendwas irgendwie zu finden", ging es irgendwie weniger.
Aber bittesehr - wer suchet, sollte hier ja evtl. irgendwie finden:

> Alfred B. ... meinte, das bedürfe einer Klärung

Ja. Er fand und findet das immer noch irgendwie falsch dargestellt.

Ein WIDERSTAND [auch "Widerstandswert", sofern reell bzw. als End-
(nicht nur Zwischen-) Ergebnis einer R-Berechnung] ist irgendwie...

...immer POSITIV.

R = Widerstand ist nun einmal ein passives/dissipatives Bauelement
(für's Endergebnis einer/s berechneten R-Äquivalenz gilt das auch).

Ist auch (ob hier oder woanders) eigentlich überall völlig bekannt
- wieso ich hier trotzdem darauf hinweise, weiß ich selbst nicht...

> ... Hier noch 2 Links:
> - https://de.m.wikipedia.org/wiki/Glimmlampe
> - https://de.m.wikipedia.org/wiki/Differentieller_Widerstand

Das steht eben auch bei Wikipedia irgendwie falsch...

Wenn auch irgendwie etwas anders:
"NegativER differentieller Widerstand".

[Wäre zwar auch durchaus recht witzig, gerade auf der zitierten
Themen-Seite "differentiell" völlig unterschlagen zu sehen, aber
... na ja, hat nicht sollen sein. ;-]


Bei aller Liebe zum Humor: "Negativ" hatte sich bestimmt NIE auf
den R(/-Wert), sondern dessen Änderung (oder eben anders gesagt
auf das Adjektiv "differentiell") beziehen sollen - als halt mal
irgendwann anno sonstnochwas notwendigerweise diese Bezeichnung,
"negativ differentieller Widerstand", entstand.



[P.S.:
"PositivER differentieller Widerstand" ist deshalb eben zumindest
nicht gleich szsg. doppelt falsch... denn immerhin ist eben auch @
positiver Änderungsrichtung BEIDES positiv. (Denn, wiederholt: "R"
ist dies (positiv) - zumindest innerhalb o. g. Eingrenzung - IMMER.)

P.P.S.:
Was im "P.S." steht, könnte sogar helfen, die Fakten zu verstehen.
P.P.P.S.:
Ok, wem, der diese Absicht hegt, statt Wikipedia total zu vertrauen.]


LG, Fred

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Alfred B. schrieb:
> Das steht eben auch bei Wikipedia irgendwie falsch...
Wie gesagt: du kannst das völlig problemlos auf Wikipedia korrigieren. 
Mir reicht das dort dargestellte hinreichend aus, um zu verstehen, warum 
man mit einer Glimmlampe einen Oszillator bauen kann.

Ich komme auch klar damit, wenn von mir einer einen 
Kreuzschlitzschrauben**zieher** statt eines Schrauben**drehers** will. 
Dann frage ich nur nach der nötigen Größe und gut ist's.

: Bearbeitet durch Moderator
von Wladimir (vril_2023)


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Wladimir schrieb:
> Lothar M. schrieb:
>> Nein, denn Glimmlampen haben ja einen negativen Widerstand…
>
> Oh … das ist ja wirklich cool

Aus dem Kontext ging ja im Prinzip hervor, was und wie es gemeint war -
Mein „cool“ war ja auch witzig gemeint.

Ich glaube auch nicht, dass das hier im Forum jemand falsch verstanden 
hat - und nun ernsthaft mit negativen Widerständen experimentieren will 
😉

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