Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik wie funktioniert ein Klömö NZM9-315 ?


von J. V. (janvi)


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Vom Schrott habe ich ein gutes Teil mit der Aufschrift NZM9-315 
schnabuliert. Wie es aussieht, ist das ein 3 poliger Hauptschalter der 
3x315 Amp bei 400 Volt bzw. gut 200kVA schalten kann.

Leider habe ich bislang keine wirklich gute PDF Anleitung im Netz 
gefunden, bzw. beschränken sich diese auf nichtssagende 
Montageanleitungen ohne weitere Funktionserläuterungen.

Das Gewicht beträgt gut 10kg und ist etwa so groß wie zwei 
aufeinandergestellte Schuhkartons. Ich vermute, daß das Teil sogar eine 
thermische und eine magnetische Auslösung hat. Unten ist jedenfalls ein 
Zusatzgehäuse aufgeschraubt, welches zwei mit Siegellack fixierte 
Einstellschrauben hat.

Oben gibt es unter einer transparenten Abdeckung ein gutes Dutzend 
Steueranschlüsse. Dem Aufkleber auf der Seite nach zu urteilen, müsste 
der untere Kasten ein Motorantrieb sein. Dies könnte auch das Fehlen des 
Schaltknebels erklären obwohl das vom Schrott nix heissen muß.

Zerlegt und ausprobiert habe ich noch nichts. Vielleicht findet sich 
noch eine passende Anleitung ?

Ich vermute daß der Antriebsmotor mit 60V DC läuft und einen Anlaufstrom 
von 11 Amp zieht.

Ich vermute, daß sich die 6 Amp Ith vom schwarzen Aufkleber auf der 
Front auf die Strombelastung der Hilfskontakte bezieht.

Oben sind zwei Steueranschlüsse 51 und 52/53 die aber auf dem Schaltbild 
nicht auftauchen ?

Was ist die Spule F im Schaltbild ?

Die 3 Schaltungsvorschäge von links nach rechts sind vermutlich:

1) Ein/Ausschalten ohne Verzögerung. In diesem Fall darf der 
Vierkantantrieb nicht manuell betätigt werden. Die unverzögerte 
Auslösung funktioniert vermutlich indem wie bei Mittelspannungsschaltern 
zuvor eine Feder aufgezogen wird und dann nur das Entspannen der Feder 
ausgelöst wird.

2) Einschalten mit mehr 1 Sek und ausschalten mit mehr als 30mS 
Mindestverzögerung.

3) Ein und Ausschalten mit 30mS Mindestverzögerung. Ich nehme an, daß 
die 30mS auf 50Hz bezogen sind und ein fast lückenloses Umschalten bei 
mehreren Schaltern ermöglichen sollen.

Wäre nett, wenn jemand was Genaueres darüber weis oder es vielleicht 
sogar irgendwo ein PDF gibt.

: Bearbeitet durch User
von H. H. (Gast)


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von J. V. (janvi)


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Immerhin mal eine ganze Sammlung von Montageblättern auf englisch. 
Scheint ein ziemlich raffiniertes Baukastensystem womit allerlei gebaut 
werden konnte.

Zerlegen hilft aber auch. Es gibt vermutlich mindestens 3 Generationen 
NZM welche zueinander inklusiv Zubehör inkompatibel sind. Momentan gibt 
es bei Eaton nur noch NZM1 bis NZM4 welche alle Leistungsbereiche 
abdecken. Der neue  Betätiger ist ein Kipphebel welcher bei Bedarf in 
einen Drehhebel mit Türverriegelung ausgetauscht werden kann.

Von den NZM9 gab es mindestens 2 Generationen denn in der Bucht ist 
momentan einer welcher zwar ähnlich aussieht, den Antrieb aber nicht 
darunter sondern daneben hat. Meiner hat dagegen den Motorantrieb unten 
(im Bild geöffnet links).

https://www.ebay.de/itm/305067544016

Nhi22 sind Bimetallschalter im unteren Gehäuseteil die über die beiden 
lackversiegelte Schrauben zum Schutz des 60 Volt DC Motors eingestellt 
werden können. Vermutlich eine Drehmomentüberwachung für jede 
Drehrichtung getrennt.

Rhi002 sind Meldekontakte im oberen Gehäuseteil welche die Stellung der 
Hauptkontakte anzeigen.

Im oberen Gehäuseteil gibt es einen Auslösemagneten (rote Anschlüsse 
oben) welcher die Hauptkontakte von EIN in AUS Stellung umschaltet. Der 
manuelle Griff geht dabei in eine dritte Zwischenstellung von welcher 
nicht mehr eingeschaltet werden kann. Er muß zuerst vollständig auf AUS 
gestellt werden und dann kann die obere Schaltfeder wieder aufgezogen 
werden. Der obere Auslösemagnet hat vorne einen zusätzlichen 
Betätigungshebel. Vermutlich kann  dort noch eine Untersspannungs oder 
Frequenzüberwachung angeflanscht werden welche ebenfalls auslösen kann.

Der 60V Gleichstrommotor unten hat ebenfalls zwei größere Federn über 
die gesamte Gehäuselänge. Außerdem eine ziemlich raffinierte 
Fliehkraftkupplung mit Graugußgewichten welche vermutlich auskuppelt 
damit die Achse auch noch  manuell bedienbar bleibt. K im Schaltbild ist 
ein weiterer Auslösemagnet neben dem Motor. Dieser ist ein 
Reihenschlußmotor welcher immer die gleiche Drehrichtung hat, jedenfalls 
nicht durch umpolen der Gleichspannung reversiert werden kann.

Bislang aktiviert er beim Drehen zwar die Kupplung, dreht aber ins 
Leere. Die Anschlussklemmen 70 und 71 habe ich am Gerät bislang nicht 
gefunden. Möglicherweise sind sie anders bezeichnet ? Die Öffner neben 
dem Magneten K sind vermutlich irgendwelche Endlagenschalter welcher das 
Auskuppeln vom Motor besorgen. Für weitere Untersuchungen müsste ich den 
Kabelbaum auspiepsen.

: Bearbeitet durch User
von J. V. (janvi)


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Ok, die beiden Anschlüsse 70 und 71 sind gefunden. 71 liegt unter einem 
Aufkleber und 70 ist gar nicht gekennzeichnet. Der Motor braucht 
mindestens 40 Volt und 6 Amp um die Feder mit der passenden Drehzahl 
über die Fliehkraftkupplung aufziehen zu können. Das passiert dann in 
weniger als einer Sekunde und die Hauptkontakte schalten dabei EIN.

Zum Ausschalten wird nur der untere Zugmagnet aktiviert und der Schalter 
geht über die gespannte Feder sofort auf AUS. Was der Unterschied zum 
Ausschalten über den oberen Zugmagneten ist, muß ich noch ausprobieren.

Edit: Vorne unten passt an den Betätigungshebel der 
thermisch-magnetische Auslöseblock. Der hat die abgehenden 
Hauptleitungen durchgeschleift und fehlt bei mir komplett. 
Frequenzüberwachung dann wahrscheinlich schon immer elektronisch über 
die Magnetbetätigung. Vermutlich ist der Unterschied der Auslösung oben, 
daß ohne manuellen Eingriff nicht mehr eingeschaltet werden kann.

Die garantierte Zeitverzögerung >1Sek wird mit der Fliehkraftkupplung 
gemacht. Die Zeit wird benötigt, bis die Schwungmasse der Kupplung 
ausgetrudelt ist. Erst dann gibt ein Endschalter die neue Betätigung 
frei. Das soll wohl das für normale Schütze so gefährliche Flattern 
verhindern, bei welchem die Kontakte durch Unterspannung an der Spule 
sehr schnell verbrennen.

Alles in Allem sehr beeindruckend mit sehr lautem aber rauchfreiem Knall 
beim zackigen Schalten wegen der hohen Federkräfte. Insgesamt ein 
interessanter Schalter besonders zum Aufbau eines externen NA-Schutzs 
für PV Anlagen bis entsprechend mittlerer Größenordnung

: Bearbeitet durch User
von Steffen E. (steffene)


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J. V. schrieb:
> beschränken sich diese auf nichtssagende
> Montageanleitungen

Habe mal bischen gesucht, eventuell passt was oder auch nicht, da Du 
auch die versch Versionen ansprichst, auch der Komponenten, evtl ist 
allg etwas nützlich

Das hier ist aus dem Archiv 2004 sieben pdf mit Daten "NMZ9", richtige 
Funktionsbeschreibung habe ich nicht für nzm9 gefunden.

"
NZM9 250 A
Technical overview
Technical data
Tripping characteristics
Accessories (mit NHI VHI AHI RHI)
Motor disconnect switches, 250 A
Inverse time circuit breakers
Dimensions"

https://web.archive.org/web/20040205070006fw_/http://www.moellercatalog.com/circuit_breakers.htm#NZM%209


Hier ein Möller Schaltungsbuch 2003, aber ohne nzm9, aber mit 
Beschreibung Funktionsweise der modernerer nzm7/10, eventuell nützlich 
oder nicht passend

"
Leistungsschalter
Überblick 7-2
Überblick, Arbeitsstromauslöser 7-4
Unterspannungsauslöser 7-5
Kontaktdiagramme der Hilfsschalter 7-6
Innenschaltpläne 7-8
Fernausschaltung mit Spannungs-
auslöser 7-11
Anwendung des Unterspannungs-
auslösers 7-13
Abschalten des Unterspannungs-
auslösers 7-14
Meldung der Schaltstellung 7-15
Kurzzeitverzögerte Leistungsschalter –
Innenschaltpläne 7-16
Maschennetzschalter 7-17
Fernschalten mit Motorantrieb 7-18
als Transformatorschalter 7-19
mit Fehlerstromauslösung 7-20
Leistungsschalter IZM
"

https://web.archive.org/web/20040721153026if_/http://www.moeller.net:80/binary/schabu/SB0701D.pdf

: Bearbeitet durch User
von J. V. (janvi)


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Danke für die Links. Interessant was es alles gibt. Ich habe 
zwischenzeitlich aus der Bucht noch einen NZM9-250 erworben. Er ist 
deutlich einfacher als der NZM9-315 vor allem im Motorantrieb aufgebaut. 
Nur der Schalterblock ist nahezu gleich aufgebaut  und auch gleich groß.

Im Gegensatz zu der aktuellen Baureihe hat sich doch viel in der 
Entwicklung  getan. Nicht mal die Bezeichnungen der Hilfskontakte sind 
noch gleich. Durch Ausprobieren und Zerlegen bin ich aber auf alle 
relevanten Funktionen gekommen.

Als manueller Antrieb passt eine normale Zimmertürklinke mit Vierkant 
und Wurmschraube. Die Achse der 315 Amp Version kann jederzeit auch von 
Hand geschaltet werden weil der Motor im Stillstand immer auskuppelt. 
Nur die Betätigungskräfte sind deutlich höher als in der Version ohne 
Motor weil der Federspeicher des Motors mit aufgezogen werden muß. Die 
Beschreibung empfiehlt den Handgriff nicht zu montieren wenn ein 
Motorantrieb montiert ist, weil Verletzungsgefahr besteht wenn der Motor 
schaltet und man vom Griff eine auf die Finger geklopft kriegt. In der 
250Amp Version gibt es einen Stift mit Rändelgriff den man zum 
Auskuppeln ziehen muß damit man von Hand schalten kann.

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