Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Rücklicht D-TopLight Typ 323 - Supercap defekt?


von Lutz V. (lutz_vieweg)



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Mein Fahrrad-Rücklicht Modell "D-TopLight Typ 323", dass seit einigen 
Jahren im täglichen Einsatz ist, zeigt das Symptom "leuchtet normal 
während der Fahrt, im Stand geht schon nach wenigen Sekunden die Linke 
LED ganz aus und die rechte ist nur gerade eben so als dunkel rot 
leuchtend erkennbar".

Habe das Teil beinahe zerstörungsfrei auseinandergenommen (siehe 
Übersichtsbild), die Symptome bei Anschluss an ein Labornetzteil (bei 5V 
oder 6V) sind identisch.

Messung der Spannung am Supercap ergibt: Solange Netzteil an, liegen 
dort ca. 4.7V an. Nach Abschalten des Netzteils sinkt die Spannung 
binnen Sekunden auf ca. 1.8V. Danach scheint sie merkwürdigerweise 
wieder sehr langsam zu steigen, so bis zu 3V.

Meine Fragen an Menschen, die vielleicht schonmal ähnliches repariert 
haben:

* Passen die Symptome zu "Supercap altersschwach"? (Solche scheinen z.B. 
unter 
https://www.reichelt.de/superkondensator-coin-type-1-0-f-5-5-v-1000-h-ko-dcl5r5105vf-p244438.html 
erwerblich - spricht was gegen Austausch?)

* Wozu ist der rote Taster rechts auf der Platine? Er hat Anschluss, 
aber keine offensichtliche Wirkung, und ich finde keine Anleitung, die 
zu genau diesem Modell passt - nur solche zu ähnlichen Modellen mit 
Batterie.

* Wozu ist der komische schwarze "Feststellhebel" links unten? Er 
verändert keine elektrischen Kontakte, ich kann aber auch keine 
mechanische Wirkung erkennen?

Einen "bug" habe ich übrigens auch im Gehäuse gefunden (letztes Bild), 
aber der ist vermutlich nur für das Gespinst, und nicht für den 
elektrischen Fehler verantwortlich gewesen.

: Bearbeitet durch User
von Andreas M. (elektronenbremser)


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Der Hebel dient dazu die eingeführten Litzen einzuklemmen, der rote 
Taster um die LEDs auszuschalten.

von H. H. (Gast)


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Lutz V. schrieb:
> * Passen die Symptome zu "Supercap altersschwach"?

Ja.

> (Solche scheinen z.B. unter
> 
https://www.reichelt.de/superkondensator-coin-type-1-0-f-5-5-v-1000-h-ko-dcl5r5105vf-p244438.html
> erwerblich - spricht was gegen Austausch?)

Der ist für stehende Montage, du brauchst aber einen für liegende.

von Lutz V. (lutz_vieweg)


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Andreas M. schrieb:
> Der Hebel dient dazu die eingeführten Litzen einzuklemmen

Ah, ok, bei mir wurden da keine Litzen eingeführt, sondern Kabelschuhe 
außen aufgesteckt, deshalb war jener Hebel unbenutzt.

> der rote Taster um die LEDs auszuschalten.

... aber warum sollte jemand das manuell tun wollen? Die LEDs gehen im 
Stand doch ohnehin nach ein paar Minuten aus, wenn der Supercap leer 
ist... und wer gar kein Rücklicht will, kann das Licht insgesamt doch 
"vorne" abschalten...?

von Lutz V. (lutz_vieweg)


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H. H. schrieb:
> Der ist für stehende Montage, du brauchst aber einen für liegende.

Ah, danke für den Hinweis, die liegende Version ist auch verfügbar - 
dann brauche ich die Anschlüsse nicht noch selbst umbasteln ;-)

https://www.reichelt.de/superkondensator-coin-type-1-0-f-5-5-v-1000-h-ko-dcl5r5105hf-p244439.html

von Andreas M. (elektronenbremser)


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Lutz V. schrieb:
Die LEDs gehen im Stand doch ohnehin nach ein paar
> Minuten aus, wenn der Supercap leer ist... und wer gar kein Rücklicht
> will, kann das Licht insgesamt doch "vorne" abschalten...?
Die Taste entlädt den Kondensator, das passiert nicht wenn du den 
Scheinwerfer ausschaltest. Manche nutzen das, warum auch immer, wenn das 
Fahrrad abgestellt ist.

: Bearbeitet durch User
von Lutz V. (lutz_vieweg)


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Kurze Rückmeldung: Habe den Superkondensator ausgetauscht, Standlicht 
funktioniert wieder wie es soll.

Habe Silikonkleber verwendet, um das Gehäuse wieder hinreichend 
regendicht zu verschließen, sieht zwar farblich ulkig aus, aber das 
stört mich nicht.

Bin immer noch fasziniert, dass in solch ein Rücklicht 11 Transistoren 
verbaut wurden... und die Eigenschaften des alten ausgebauten 
Superkondensators sind auch skurril, besonders die langsame Steigerung 
der Spannung bei Anschluss nur an ein Multimeter... wie so eine uralte 
Zink-Kohle-Batterie, die nach "leer" irgendwoher noch etwas Ladung 
hervorholt.

von Harald W. (wilhelms)


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Lutz V. schrieb:

> die Eigenschaften des alten ausgebauten
> Superkondensators sind auch skurril, besonders die langsame Steigerung
> der Spannung bei Anschluss nur an ein Multimeter.

https://de.wikipedia.org/wiki/Kondensator_(Elektrotechnik)#Dielektrische_Absorption

von Rainer Z. (netzbeschmutzer)


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Andreas M. schrieb:
> Die Taste entlädt den Kondensator, das passiert nicht wenn du den
> Scheinwerfer ausschaltest. Manche nutzen das, warum auch immer, wenn das
> Fahrrad abgestellt ist.

Kann Dir den Grund nennen. Vor 30 Jahren waren solche Rücklichter mit 
LED und nachleuchtendem Standlicht was Besonderes. Und Besonderes wurde 
schon immer gerne in Großstädten geklaut. Mit dem Taster schloss man den 
Gold-Cap kurz und er leuchtete nicht nach und fiel somit nicht als das 
begehrte nachleuchtende Rücklicht auf. So einfach ist der Grund.

von Lutz V. (lutz_vieweg)


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Harald W. schrieb:
> 
https://de.wikipedia.org/wiki/Kondensator_(Elektrotechnik)#Dielektrische_Absorption

Vielen Dank für den Hinweis... "dielektrische Absorption" kannte ich 
noch gar nicht, obwohl ich sonst schon viel über Kondensatoren gelesen 
hatte.

Ich habe mir auch mal den Spaß gemacht, die Eigenschaften des 
ausgebauten alten Superkondensator zu vermessen. Zuerst habe ich die 
Zeit gemessen, die es dauert, ihn bei konstant 1,3mA Strom von 3,0V bis 
3,5V aufzuladen - das waren 20 Sekunden, woraus ich auf eine 
Restkapazität von 52mF komme... was natürlich echt wenig ist im 
Vergleich zu den 1000mF, die er haben sollte.

Meine Vierpol-Messung des Innenwiderstands kommt auf 175 Ohm (bei 1kHz, 
1V DC-bias). Das Datenblatt schreibt zum ESR: "< 30 Ω bei 1kHz", und an 
anderer Stelle:

> Endurance:
> After 1,000 hours application of rated DC working voltage at +70℃,
> the capacitor shall meet the following limits:
> • Capacitance change : ±30% of the initial value
> • Internal resistance : Less than four times of the initial value
> Shelf Life:
> After 1,000 hours storage at +70℃ without load, the capacitor
> shall meet the specified limit for “Endurance”

Natürlich wurde das Fahrrad nicht bei +70°C benutzt oder gelagert, aber 
ich wüsste nicht, wie ich die erwartete Lebensdauer jetzt für 
gewöhnliche Umgebungstemperatur extrapolieren könnte.

: Bearbeitet durch User
von Harald W. (wilhelms)


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Lutz V. schrieb:

> Ich habe mir auch mal den Spaß gemacht, die Eigenschaften des
> ausgebauten alten Superkondensator zu vermessen. Zuerst habe ich die
> Zeit gemessen, die es dauert, ihn bei konstant 1,3mA Strom von 3,0V bis
> 3,5V aufzuladen - das waren 20 Sekunden, woraus ich auf eine
> Restkapazität von 52mF komme... was natürlich echt wenig ist im
> Vergleich zu den 1000mF, die er haben sollte.
>
> Meine Vierpol-Messung des Innenwiderstands kommt auf 175 Ohm (bei 1kHz,
> 1V DC-bias). Das Datenblatt schreibt zum ESR: "< 30 Ω bei 1kHz",

An Stelle der Bezeichnung "Superkondensator" verwendet man besser das
Wort "Doppelschichtkondensator", weil das herstellerunabhängig ist.
Damit findet man dann im Netz auch gute Beschreibungen über das Verhal-
ten dieser Bauelemente, welche sich gegenüber normalen Kondensatoren
und Elkos doch deutlich anders benehmen.

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