Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Probleme mit Bootstrap Halbbrücke


von Kevin (kevin67)


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Hallo,
Ich habe eine Platine entwickelt, um 6 DC Lüfter regeln zu können. 
Schaltplan und Kicad Projekt hab ich angehängt.
Hauptsächlich habe ich Probleme mit der Bootstrap Halbbrücke.
- Controller Frequenz: 64MHz
- Frequenz: 20kHz
- Versorgung 12V über ein RD6006
- Totzeit 1uS St + 200ns vom Treiber

1. Frage: Wenn ich die Brücke ohne last schalte, habe ich einen 
Stromverbrauch von etwa 50mA. Das erscheint mir eigentlich zu hoch, aber 
auch mit mehr oder weniger Totzeit ändert sich das nicht.
   Eine Reduktion der PWM Frequenz auf 10kHz erhöht den Stromverbrauch, 
eine Erhöhung auf 30kHz ändert nichts im Vergleich zu 20kHz.
   Wenn ich dann einen Lüfter anschliese, geht der Stromverbrauch auch 
nicht merklich hoch (0,19A Lüfter bei ~20% duty)

2. Problem: Wenn ich den Lüfter anschließe, geht der Controller nach 
kurzer Zeit (<500ms) in den reset. Ausgelöst wird ein WWDG ISR, der aber 
gar nicht konfiguriert ist. Durch die Endlosschleife resettet dann der 
IWDG.
   Wenn ich den Controller per Debugger aktiv halte, läuft der Lüfter 
munter weiter.
   Bekomme ich irgendwo Störungen auf der 3,3V? Brauche ich da mehr 
Kapazität beim Controller?
   Oder muss ich beim einschalten der PWM eine bestimmte Reihenfolge 
beachten? Z.B. erst 50% nur low side für ein paar Zyklen und dann high 
aktivieren?

Und ein ganz komisches Phänomen hab ich noch gehabt: als ich den lüfter 
im laufenden Betrieb abgesteckt habe ist der Controller gestorben
(hoher Stromverbrauch, nach dem Auslöten des Controllers war alles 
wieder ok). Kann das durch den Lastabwurf kommen?
Ich glaube mal es war eher der Drahtwiderstand unter der Platine, der 
wahrscheinlich kurz die 12 und 3,3V kurz geschlossen hat beim lösen vom 
Stecker.
Will nur sicher gehen bevor ich einen neuen Controller auflöte.



Datenblätter:
- Stm32 G030: https://www.st.com/resource/en/datasheet/stm32g030k8.pdf
- DcDc: 
https://datasheet.lcsc.com/lcsc/2108072230_TECH-PUBLIC-TP6841S6_C2844736.pdf
- Mosfets: 
https://datasheet.lcsc.com/lcsc/2205201816_Diodes-Incorporated-DMN3033LSD-13_C461012.pdf
- Gate Treiber: EG2132 (Übersetztes Datenblatt im Anhang). Hab leider 
bei meiner Bestellung damals den Gatetreiber vergessen, deswegen hab ich 
einen von AliExpress bestellt.

: Verschoben durch Moderator
von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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Denke mal, dass der Thread nach Analogtechnik verschoben werden sollte.

Vielleicht solltest Du noch die Daten der Spule posten, wie Typ und 
Sättigungsstrom.

von Uwe S. (bullshit-bingo)


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Die Mosfets sind reichlich ungeeignet für Synchrongleichrichtung. 
Einerseits haben sie eine hohe Millerkapazität gegenüber der 
Gatekapazität. Zudem leiten sie schon bei extrem niedrigen 
Gatespannungen. Die werden immer kurz öffnen, während der jeweils andere 
Mosfet gerade einschaltet. Und das, obwohl ihr Gate dank reichlichst 
Totzeit längst bei 0V liegt...
In Grenzen könntest du das Problem entschärfen, indem du die 
Gatewiderstände noch höher machst. Dann ist der Spannungshub am Ausgang 
der Brücke gemütlicher, der Treiber hat einfach mehr Zeit, das Gate 
gegen die Millerkapazität nahe null zu halten. Aber schön wird es mit 
diesen Krücken nie, denn dann steigen natürlich die Verluste unter Last.

Es kann natürlich auch einer der -zig möglichen anderen Fehler sein. Ich 
kann das Layout nur leider nicht öffnen, da ich nicht extra KiCad 
installieren möchte. Jedenfalls passen auch die genannten, anderen 
Probleme zum Durchschießen beider Mosfets.

von Kevin (kevin67)


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Spule wäre diese hier:
https://datasheet.lcsc.com/lcsc/2210101130_SHOU-HAN-CYA0650-47UH_C5189938.pdf
CYA0650-47UH, 47uH, 250mOhm
Falls der Elko hinter der Brücke relevant ist:
https://datasheet.lcsc.com/lcsc/2304140030_Rubycon-25YXJ220M6-3X11_C88729.pdf
25YXJ220M6.3X11, 220uF, 25V

Aber wenn ich einen Kurzschluss hätte, sollte doch eine Verlängerung der 
Totzeit dagegen helfen?
Und wo im Datenblatt finde ich denn die Miller-Kapazität? Ist die bei 
dem Diagramm zur Total Gate Charge dabei? (Fig. 7)
Nach kurzem Googlen wäre die Millerkapazität laut diesem Post hier: 
Beitrag "Millerkapazität Schaltregler LTC3769"
C_Miller = Crss * (1 + 12V + 12V)
Crss = 92pF
C_Miller=2,3nF
Sprich TotalGateCharge wäre bei ~12nF + 2,3nF --> ca. 15nF
Wenn ich das jetzt in nen Rechner einsetze mit 1V AbschaltSpannung kommt 
als Abschaltzeit 7.5e-7s raus, oder 750ns. Für 0,5V 950ns. Da sollte ich 
mit einer Totzeit von- 1uS doch recht sicher abschalten? Oder vertu ich 
mich da grade irgendwo?

Ich kann das Projekt auch exportieren, weiß nur nicht welches Format 
Sinn machen würde.

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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Rund 20mA Stromberbrauch sollten bereits fuer das Umladen der Mosfet 
drauf gehen.

von H. H. (hhinz)


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Was soll das, Lüfter mit PWM-Eingang zusätzlich über die 
Versorgungsspannung regeln zu wollen?

von Uwe S. (bullshit-bingo)


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Kevin schrieb:
> Aber wenn ich einen Kurzschluss hätte, sollte doch eine Verlängerung der
> Totzeit dagegen helfen?

Nein. Deshalb schrieb ich ja, daß das Gate geöffnet wird, obwohl es 
längst aus ist. 1,2µs Totzeit sind riesig, bräuchtest du gar nicht. Also 
da brauchst du garantiert nichts mehr vergrößern.
Die 92pF sind bei bestimmten Drainspannungen angegeben, siehe DB. Ab 
null Volt ist diese Kapazität viel größer, siehe die entsprechenden 
Kapazitäts-Kurven weiter unten. Leider hat man es bei nur 12V fast nur 
mit diesen deutlich höheren Kapazitäten zu tun.
Es muss natürlich nicht der Grund sein, aber du nutzt hier genau solche 
ollen Mosfets, wie ich sie auch in meiner ersten Halbbrücke hatte...mit 
sowas ist es nahezu unmöglich, es sei denn, man kann akzeptieren, die 
Brücke wirklich schnarchlangsam zu schalten. Konnte angesichts des 
Problems damals gar nicht glauben, daß es Brücken mit z.B. 600V gibt. 
Aber man muss die Kurven betrachten, die Kapazität nimmt mit steigender 
Drainspannung rasch ab. Das Problem entsteht quasi nur in den ersten 
paar Volt Spannungsanstieg des Drains.

Es passt bei dir jedenfalls alles dazu, die Ausfälle der Steuerung, die 
Änderung der Stromaufnahme bei unterschiedlichen Frequenzen...bei 10KHz 
genehmigt sich die Drossel einfach schon deutlich mehr, logisch. Bei 
20KHz lässt das nach, dafür verdoppeln sich die Durchschuss-Ereignisse.

: Bearbeitet durch User
von Uwe B. (uwebre)


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Kevin schrieb:
> Ich habe eine Platine entwickelt, um 6 DC Lüfter regeln zu können.
> Schaltplan und Kicad Projekt hab ich angehängt.

Bist du sicher daß du dich bei der Dimensionierung des 
Bootstrapkondensators (C405) nicht gewaltig verhauen hast?
Die arme 4148 (D402) spielt mit?
Wie sieht die Spannung an VB (Pin 8 des IR2102) aus?

Uwe

: Bearbeitet durch User
von Kevin (kevin67)


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H. H. schrieb:
> Was soll das, Lüfter mit PWM-Eingang zusätzlich über die
> Versorgungsspannung regeln zu wollen?

Primär sollen da halt 3Pin-Lüfter angeschlossen werden. Wenns n 4Pin 
wird, wäre die PWM zumindest immer auf 100%.

Uwe B. schrieb:
> Kevin schrieb:
>> Ich habe eine Platine entwickelt, um 6 DC Lüfter regeln zu können.
>> Schaltplan und Kicad Projekt hab ich angehängt.
>
> Bist du sicher daß du dich bei der Dimensionierung des
> Bootstrapkondensators (C405) nicht gewaltig verhauen hast?
> Die arme 4148 (D402) spielt mit?
> Wie sieht die Spannung an VB (Pin 8 des IR2102) aus?
>
> Uwe

Um ehrlich zu sein: Hab da nur als Faustformel gefunden ~10x so viel 
Kapazität wie die Gateladung. Im Schnitt ist ja auch der Strom recht 
gering.

VB Spannung messe ich mal. Macht es da Sinn gegen Gnd oder gegen Vs zu 
messen?

Uwe S. schrieb:
> Die 92pF sind bei bestimmten Drainspannungen angegeben, siehe DB. Ab
> null Volt ist diese Kapazität viel größer, siehe die entsprechenden
> Kapazitäts-Kurven weiter unten. Leider hat man es bei nur 12V fast nur
> mit diesen deutlich höheren Kapazitäten zu tun.

Bei 0V hätte ich nach Fig. 6 ~500pF, macht dann 12,5nF Kapazität.

Also sollte ich mir andere FETs suchen, die eine möglichst geringe Crss 
haben. Aber bei 12V oder bei 0V?

Gruß

von Peter D. (peda)


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20kHz ist arg wenig, die 47µH könnte da schon sättigen.

Ich würde den riesen Aufwand sein lassen und nen fertigen Buck nehmen. 
Auf die Schnelle hab ich den hier gefunden:

https://www.digikey.de/de/products/detail/texas-instruments/TPS54202HDDCR/6026259

Ich nehme mal an, 2A reichen aus.
Zur Einstellung kannst Du ne PWM vom µC mit RC-Glied glätten und in FB 
mit einkoppeln.

von Uwe S. (bullshit-bingo)


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Kevin schrieb:
> Also sollte ich mir andere FETs suchen, die eine möglichst geringe Crss
> haben.

Ja, mit dieser Suche beginnt praktisch jede synchrone Halbbrücke. Crss 
muss vor allem gering im Vergleich zur Gatekapazität sein. Und es sollte 
kein Logiklevel-Fet sein.
Deine Fets haben da ein Verhältnis von ca. 1:8, und fangen bereits ab 1V 
an zu leiten. Noch schlechtere Mosfets zu finden, wäre eine Kunst.
Es gibt durchaus welche mit 1:200 und mehr. Leider gibt es dazu 
praktisch keine parametrische Suche, das ist echte Sucharbeit. Ein 
Ansatz ist, nach moderneren Mosfets zu suchen. Die ersten Generationen 
werden da niemals gute Werte haben...

Kevin schrieb:
> Aber bei 12V oder bei 0V?

An den Kurven kann man eh nichts ändern, die sind immer ähnlich. 
Manchmal geben Hersteller aber unterschiedliche Drainspannungen für die 
im DB genannte Crss an, da muss man aufpassen. Nicht mal die Angabe, daß 
der Fet für Synchrongleichrichtung geeignet sei, hilft da noch was. Das 
ist nicht selten auch gelogen, oder meint schnarchlangsame Brücken.
Oft findet man gute Mosfets einfach über den Preis.

von Klaus K. (klaus56)


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Uwe S. schrieb:
> Die Mosfets sind reichlich ungeeignet für Synchrongleichrichtung.

Synchrongleichrichtung? Ist das nicht was anderes?

> Einerseits haben sie eine hohe Millerkapazität gegenüber der
> Gatekapazität. Zudem leiten sie schon bei extrem niedrigen
> Gatespannungen. Die werden immer kurz öffnen, während der jeweils andere
> Mosfet gerade einschaltet.

Nicht wirklich, das geht schon

>Und das, obwohl ihr Gate dank reichlichst
> Totzeit längst bei 0V liegt...
> In Grenzen könntest du das Problem entschärfen, indem du die
> Gatewiderstände noch höher machst.

Nein, kleiner machen

> der Brücke gemütlicher, der Treiber hat einfach mehr Zeit, das Gate
> gegen die Millerkapazität nahe null zu halten.

nicht mehr Zeit sondern weniger Spannungsabfall bei gleichen Strom

Ich würde mal die Gate Widerstände auf 10 Ohm reduzieren

und dann am Ausgang L401 47uH und C408 10uF und C409 220uF weg machen 
und nochmals testen

oder auch nur die C's entfernen, das reicht auch schon

die machen bei 20kHz ~2A und bei 10kHz ~4A

die Blindleistung macht die MOSFETS trotzdem heiß

: Bearbeitet durch User
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