Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik LTspice - wie mit komplexen Zahlen rechnen


von Klaus R. (klara)



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Hallo,
ich habe zwei Platinen mit 120 cm² deren unverletzte Masseflächen 
gegeneinander im Abstand von 15 mm stehen. Ich möchte die 
Resonanzfrequenz ermitteln.

Zunächst hatte ich einfach ein Plattenkondensator angenommen und dann 
noch parallel eine Induktivität vorgesehen. Das wäre aber ziemlich 
statisch gedacht.

Der nächste Ansatz war den Plattenkondensator als Microstrip, in LTspice 
eine Transmission Line, zu betrachten. Die Daten habe ich mir mit dem 
kostenlosen PCB Toolkit von Saturn berechnen lassen. Bei 11 mm x 11 mm 
Fläche hatte ich dann 676 MHz für die erste Resonanz.

Aber ein Microstrip ist ja gerade keine Fläche. Kann man trotzdem davon 
ausgehen das die Simulation mit LTspice halbwegs vernünftig ist?

Vor die Idee mit dem Microstrip bin ich schon auf das Diagramm in der 
Anlage gestossen. Ich würde gerne die Berechnung der Impedanz in LTspice 
durchführen. Mir fehlt jedoch ein Beispiel für die Syntax um in LTspice 
mit imaginären Zahlen rechnen zu können.

mfg klaus

von Klaus K. (Gast)


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Soweit die Aufgabe beschrieben ist stellt sich die Frage warum du das 
unbedingt mit ltspice rechnen möchtest. Soll das Ergebnis dann in einer 
dahinter hängenden Schaltung einfließen, dann ist es nachvollziehbar.

Das heißt, wenn du unbedingt mit komplexen Zahlen rechnen musst, dann 
kannst du die "Arbitrary behavioral voltage/cirrent source" verwenden. 
Eine für den Real teil und eine für den Imaginärteil.

Was soll am Ende rauskommen? Eine Funktion die sich an den 2 Anschlüssen 
wie Masseflächen verhält was man dann in ltSpice einbauen kann? Oder 
gehts nur um einen Plotdarstellung

Mit komplexen Zahlen klingt eher nach einer Simulation in .AC und nicht 
in .TRAN

von Hannes J. (Firma: _⌨_) (pnuebergang)


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Der klassische Weg in einem SPICE wie LTspice mit komplexen Zahlen zu 
rechnen ist sich eine Ersatzschaltung mit Impedanzen aus R,L,C Elementen 
zu bauen.

Nun dreht man sich bei einem Plattenkondensator dabei ein bisschen im 
Kreis. Einen Plattenkondensator mit einem Kondensator und ein bisschen 
Zeugs drumherum zu simulieren ... Sei's drum, das scheint so gewollt:

Wenn man sich die Formel in der Aufgabenstellung ansieht (immer eine 
gute Idee :), und man ein bisschen seine Grundlagen kennt (eine sehr 
gute Idee), dann ist die Impedanz bereits in Abhängigkeit des 
kapazitiven Widerstands eines Kondensators C0 und des induktiven 
Widerstands einer Spule L1 gegeben:

Z = jwL1 + 1 / (jwC1)

Die Ersatzschaltung (Grundlagen) ist damit sofort offensichtlich. 
Kondensator C0 und als "Zeugs drumherum" eine Spule L1 in Reihe.

Die Formeln für C0 und L1 kann man auch ablesen

L1 = (µ0 h) / (8 pi)
C0 = h / (e0 pi r^2)

In LTspice packt man diese beiden Berechnungen in (step) param 
Anweisungen. Je nachdem ob man für eine feste Geometrie oder eine Reihe 
von Geometrien simulieren muss in .param oder .step <type> param 
Anweisungen. Der Teil der Hausaufgabe in der steht was wirklich gefragt 
ist wurde uns ja vorenthalten.

Jedenfalls, damit parametrisiert man jeweils ein L und ein C und baut 
das in eine AC-Analyse ein. Fast genau so wie in

https://www.analog.com/en/resources/technical-articles/ltspice-ac-analysis-using-the-step-command.html

Nur dass in dem Beispiel eine LC-Parallelschaltung statt einer 
LC-Reihenschaltung verwendet wird.

Statt dem klassischen Vorgehen kann man für die Aufgabe in LTspice auch 
eine Angeber-Lösung verwenden. Das Fach scheint ja Theoretische 
Elektrotechnik zu sein. Da kann man schon mal auf die Kacke hauen:

Die gegebene Impedanz Laplace-transformieren und die Möglichkeiten in 
LTspice zum Simulieren von Übertragungsfunktionen nutzen. Die 
Laplace-Transformierte ist ziemlich trivial, aber die Konstruktion in 
LTspice sieht beeindruckender aus.

https://www.analog.com/en/resources/journalandarticles/technical-articles/model-transfer-functions-by-applying-the-laplace-transform-in-ltspice.html

: Bearbeitet durch User
von Klaus R. (klara)


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Hallo Klaus K.,
vielen Dank für Deine Tipps.
mfg Klaus

von Purzel H. (hacky)


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Wenn die Ausdehnung diskreter Elemente (11cm) in die Richtung der 
Wellenlaenge (50cm) kommt wird's komplizierter.
Dann sollte man 3D Simulationen mit den effektiven Feldern rechnen

von Klaus R. (klara)


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Hallo Hannes,
toll!

Hannes J. schrieb:
> Der klassische Weg in einem SPICE wie LTspice mit komplexen Zahlen zu
> rechnen ist sich eine Ersatzschaltung mit Impedanzen aus R,L,C Elementen
> zu bauen.

Ich bin noch spät abends tatsächlich auf die selbe Idee gestossen. 
LTsice muß ja zwangsläufig Berechnungen mit L & C von sich aus komplex 
rechnen. Im Diagramm kann man sich zudem mit RE & IMG den Real- und 
Imaginärteil anzeigen lassen.

Laplace geht mir etwas zu weit. Ich hatte mich nach dem Studium mal 
selbst damit befaßt, damals gab es aber noch kein Internet.

Nochmals, Danke.
mfg Klaus

von Klaus R. (klara)



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Purzel H. schrieb:
> Wenn die Ausdehnung diskreter Elemente (11cm) in die Richtung der
> Wellenlaenge (50cm) kommt wird's komplizierter.
> Dann sollte man 3D Simulationen mit den effektiven Feldern rechnen

Das ist ja auch meine Befürchtung. Die Transmission Line hat schon 
zumindest die Reflektionen wiedergegeben. Aber ich befürchte das die 
Berechnung eines Microstrip des PCB Toolkit nicht für extrem breite 
Flächen gedacht ist.

Eine 3D Simulation wäre da schon besser. Gibt es da etwas als Free-Ware?
mfg Klaus

von Klaus R. (klara)


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Hannes J. schrieb:

> Z = jwL1 + 1 / (jwC1)
>
> Die Ersatzschaltung (Grundlagen) ist damit sofort offensichtlich.
> Kondensator C0 und als "Zeugs drumherum" eine Spule L1 in Reihe.
>
> Die Formeln für C0 und L1 kann man auch ablesen
>
> L1 = (µ0 h) / (8 pi)
> C0 = h / (e0 pi r^2)
>

Hallo Hannes,
wenn ich C0 ausrechne komme ich auf 5,8E+11.

Die Kapazität des Plattenkondensators kann man auch mit

C = e0 er A/d

berechnen. A ist die Fläche und d ist der Plattenabstand. Ich komme so 
auf 7 pF.

Wenn ich den reziproken Wert von C0 = h / (e0 pi r^2) nehme erhalte 1,7 
pF. Dann liege ich bei 4,4 GHz.

Rechne ich mit C = e0 er A/d und simuliere mit 7 pF dann liege ich bei 
2,2 GHz.

Man sieht hier jedoch das beide Ansätze die Wellenphänomene nicht 
berücksichtigen. Es wird nur eine Resonanz ausgewiesen. Hier ist die 
Simulation per Transmission Line mit ihren Echos plausibler.
mfg klaus

von Uwe (neuexxer)


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> Ich möchte die Resonanzfrequenz ermitteln.

Bei "niedrigen" Frequenzen kann man die Anordnung natürlich
als einfachen Plattenkondensator betrachten. -

Die "Transmission Line" betrachtet nur die Reflexionen an zwei Enden.

Bei entsprechend hohen Frequenzen, wenn die Wellenlänge in den Bereich
der Abmessungen kommt (das Dielektrikum verkürzt sie ja noch), ist das
ganze zweidimensional => Reflexionen finden an allen Kanten statt.

Auch kommt es darauf an, wo eingespeist wird; ganz ähnlich, wie bei
den Chladni-Klangfiguren, gibt es dann nicht nur eine Resonanz: 
https://de.wikipedia.org/wiki/Chladnische_Klangfigur

von Klaus R. (klara)


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Hallo Uwe,
ich bin voll Deiner Meinung. Ein kleines Stück bin ich sogar 
weitergekommen.

Klaus R. schrieb:
> Bei 11 mm x 11 mm
> Fläche hatte ich dann 676 MHz für die erste Resonanz.

Epsilon-r ist in meinem Fall 1. Bei 676 Mhz hatte ich die erste 
Resonanz. Das entspricht genau 11 mm für Lambda 1/4. Muß ja auch so 
sein.
mfg Klaus

: Bearbeitet durch User
von Uwe (neuexxer)


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> Epsilon-r ist in meinem Fall 1.

Wenn ein anderes Dielektrikum als Vakuum vorhanden ist 
(Platinenmaterial),
ist Epsilon-r grösser.

von Klaus R. (klara)


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Ist klar.
mfg Klaus

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