Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Reparatur Bicker BEA-630 ATX-Netzteil


von Tobi (tobir83)


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Hallo zusammen,
ich bin schon länger stiller Mitleser und habe in diesem Forum schon oft 
hilfreiche Antworten gefunden. Nun muss ich mal selbst fragen.

Ich habe ein BEA-630 ATX-Netzteil von Bicker vor mir.
https://www.bicker.de/bea-630_industrie_pc-netzteil_300w_90-264v_pfc_atx12v_ac-dc_ps2_24-7_62368-1

Dieses hat einfach plötzlich ausgeschaltet und ließ sich nicht mehr 
einschalten. Ob es dabei ein Knall oder sonstiges Geräusch gegeben hat, 
kann ich leider nicht sagen, da ich nicht im Raum war.
Ich würde es gerne wieder fit bekommen und fasse mal zusammen, wie weit 
ich mit meiner Fehlersuche bis jetzt gekommen bin.

Man kann weder Schmauchspuren noch aufgeplusterte Elkos entdecken.

Nach etwas Messen bin ich der Auffassung, dass die 5V Standby Spannung 
fehlt und somit der Controller beim Brücken der PS_ON nicht 
freischaltet.

Hinter dem Gleichrichter kann ich gute 300V DC messen.

Auch auf der Primärseite des kleineren Übertragers, der meiner Meinung 
für die Standby-Spannung zuständig ist, kann ich an verschiedenen Pins 
die 300V messen. Auf der Sekundärseite kommt aber nix an.

Leider ist das ganze Teil so vollgepackt, dass sogar teilweise Bauteile 
übereinander liegen und man schwer etwas nachverfolgen kann.
Auch wenn ich vor langem mal ein oder zwei Semester Schaltungstechnik 
hatte, bin ich hier etwas überfragt und hoffe auf die Netzteil-Profis.

Kennt jemand das Netzteil näher oder hat sogar einen Schaltplan? Gibt es 
Erfahrungen zu einem bestimmten Defekt mit diesem Symptom? Was kann ich 
als nächstes messen/testen? Welche Infos soll ich bereitstellen?
Fotos kann ich heute morgen wieder machen. Gibt es etwas Bestimmtes, was 
ich ablichten soll?

Für eine kleine Hilfestellung wäre ich sehr dankbar.

Mfg Tobi

von K. S. (the_yrr)


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Mach mal Bilder vom Innenleben, Details von den Steuer ICs auf denen man 
die Beschriftung lesen kann. Schau auch ob Elektrolytkondensatoren 
aufgebläht oder ausgelaufen sind.

Die Standby Spannung kommt wahrscheinlich von einem weitgehend 
unabhängigen Netzteil, oft mit einem integrierten Schaltregler in Dip8. 
Diese sowie die Kondensatoren für deren Versorgung sind für Ausfälle 
bekannt.

von Peter H. (rattenfaenger)


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Anlaufspannung (hinter Gleichrichter über Shunt) suchen, dann prüfen ob 
der PWM startet (wenigstens den ersten Impuls).
Ein bischen mehr Info über Beiteile wäre hilfreich.
Bitte beachten:
Netzbetriebene Schaltnetzteile zu testen oder auf Fehler zu prüfen, 
birgt mehrere schwierige, sicherheitsrelevante Herausforderungen, welche
sich aus dem Umgang mit hohen Spannungen, hohen Temperaturen, 
Leitungsisolation, minimalen Belastungsanforderungen und 
Spannungsmessungen mit extremer Dynamik ergeben.
Für einen Schaltnetzteil-Testaufbau sind mindestens ein 
Trenntransformator, besser noch ein Spartransformator, ein Schutzgehäuse 
und eine Last erforderlich.
Differenz von den Potenzialen zwischen primär und sekundär Seite 
beachten.
Differenzial-Sonden für den Oszi sind vorteilhaft.

von Alfred B. (alfred_b979)


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Sorry, aber:

Peter H. schrieb:
> Anlaufspannung (hinter Gleichrichter über Shunt)

Du meinst wohl den Anlaufwiderstand zw. gleichgerichteter
Netzspannung und dem winzigen Stützelko der Versorgung
(der, wie K.S. ja anmerkte, gerne mal als erstes stirbt)
des o.g. DIP8 ICs?

> Für einen Schaltnetzteil-Testaufbau sind mindestens ein
> Trenntransformator, besser noch ein Spartransformator,

Du meintest "Spartrafo für Speisung auch mit reduzierter
Spannung [evtl. sogar als Stelltrafo (falls nicht schon
kombiniert als Stelltrenntrafo zur Verfügung stehend)]
zusätzlich zum Trenntrafo*", nicht wahr? Dann schreibe
bitte auch das, und nicht etwas evtl. mißverständliches.

"Besser noch" könnte nämlich auch in seiner einfachsten
Bedeutung mißdeutet werden: "Spartrafo wäre besser als
Trenntrafo." Auch wenn das evtl. nicht viele so deuteten.

> ein Schutzgehäuse ... erforderlich.

Eine (Plexiglas) Scheibe reichte, wenn man denn unbedingt
zusehen wollte.

> eine Last erforderlich.

12V Lasten wären relativ leicht aufzutreiben (Kfz Birnen).

*/P.S.:

Besonders für SNT kleiner Leistung (genanntes Hilfs-NT)
könnte man sich auch mit zwei Trafos mit gleich hoher
Sekundärspannung# "Rücken an Rücken" behelfen.

Also die Kleinspannungsanschlüsse verbinden, und an den
230VAC Anschlüssen des nicht ans Netz angeschl. (also
szsg. "zweiten") Trafos hat man dann eine - wenn auch
"weiche" und sowieso etwas unterhalb 230VAC liegende -
Wechselspannung zur galv. getr. Versorgung des SNT.

(#: Entweder ganz identische Trafos, oder zumindest mit
identischer Sekundärspannung - der direkt am Netz sollte
dann der mit höherer Strombelastbarkeit sein, wobei aber
der "zweite" (= kleinere) Trafo die Strombelastbarkeit
dieser Trafo-Verschaltung insgesamt bestimmte.)

Durch diesen "AC-Kleinspannungs-Zwischenkreis" ist sowas
übrigens eine durchaus sehr Sicherheits-gerechte Methode,
für alle ohne dedizierten 230VAC-zu-230VAC-Trenntrafo.

: Bearbeitet durch User
von Tobi (tobir83)



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Moin,
danke schon mal für die Antworten.

Ich habe nun Fotos gemacht und beim Reinzoomen dann selbst doch noch 
kleine ausgelaufene Kondensatoren gefunden (grüne Pfeile). Da alles mit 
Punkten markiert ist, ist mir das nicht aufgefallen. Einer davon scheint 
im Rückkopplungskreis neben dem Optokoppler zu sein.
Da werde ich nun erstmal Ersatz besorgen müssen, auch wenn sich meine 
Lust, diese Zusatzplatine vorher abzulöten, ganz schön in Grenzen hält.

Leider ist alles wirklich so eng, dass man nicht alle Bauteile ermitteln 
kann. Ich wollte mir die Tage versuchen einen Zahnarztspiegel zu 
organisieren um wenigstens das Steuer IC zu finden.

Könnt ihr diesen erwähnten Stützelko auf den Bilder ausmachen?

Macht euch bitte net verrückt, ob das jetzt Spar-, Trenn- oder 
Irgendwastrafo heißt.
Ich bin mir den Risiken im Umgang mit Strom und Spannung bewusst und 
habe Respekt davor und weiß warum ein Trenntrafo nötig ist. Da ich 
diesen aber nicht zur Hand habe, wird es wohl vorerst bei einfachen 
Messungen mit dem Multimeter bleiben.
Auch soll sich der Aufwand in gewissen Grenzen halten. Ich hatte 
gehofft, dass es sich hier um einen Art "Standard"-Fehler handelt, wie 
der Hinweis auf den Stützelko.

Die Grundlast brauche ich doch erst, wenn ich PS_ON brücken will, oder? 
Vorher muss ja erstmal die 5V Standby da sein...

Mfg Tobi

von Heinrich K. (minrich)


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Gib doch mal "ATX schematic" in die Guglsuche ein, sofort gibts jede 
Menge "Bilder" von Schaltplänen.
Danyk(dot)cz hat eine ganze Reihe davon sortiert nach Aufbau, 
verwendeten Steuer-ICs, Art und Anzahl der Leistungstransistoren, diese 
Pläne sind englischsprachige Originale. Suchlinkergebnis dafür benutzen 
sonst landest Du auf der tschechischen Hauptseite.

von Frank O. (frank_o)


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Meiner Meinung nach ist es einfacher sich ein ATX-Netzteil (ein 
günstiges) neu zu kaufen. Diese Dinger sind so gebaut (sieht man am 
Kleber, dass du nicht einmal messen sollst.
Ich weiß, damit stoße ich hier auf wenig Gegenliebe.
Ist schon eine Weile her, dass ich mit Computern gehandelt hatte, aber 
wenn du alles gebrückt hast, was zum einschalten nötig ist und es dann 
nicht startet, dann hat es wirklich selten einen Sinn. Ich weiß nicht 
was solche Teile heute kosten. Muss meistens (vor allem, wenn man es 
selbst reparieren will) kein Industriestandardteil sein.
Früher waren die nicht so teuer und ich denke mir, ein günstiges 
bekommst du für unter 100 Euro. Hingegen wirst du, gerade wenn es ein 
Übertrager ist, der hops gegangen ist, nicht gekauft. Das sind meist für 
die Hersteller hergestellte Ware. Und hast du es doch hin bekommen, dann 
geht meistens nach kurzer Zeit was anderes kaputt.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Leider hast du nicht ein einziges Bild von der Leiterseite gemacht. So 
kann man nur raten, ob das Standby Netzteil wirklich auf der extra 
Platine ist. Aber wenn du sie entlötet hast, ist das die Gelegenheit, 
sie mal von beiden Seiten zu fotografieren.
Lohnen tut sich die Reparatur meist nur, wenn es sich um eine 
Sonderlocke handelt mit abweichendem Gehäuse oder spassigen Steckern, 
wie sie manchmal bei HP, Dell oder Compaq vorkommen - von Apple 
schweigen wir mal höflich.

: Bearbeitet durch User
von Gerald B. (gerald_b)


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Frank O. schrieb:
> Meiner Meinung nach ist es einfacher sich ein ATX-Netzteil (ein
> günstiges) neu zu kaufen.

bei "Knallfröschen", wie LC-Power und Konsorten, gebe ich dir Recht. 
Wenn man aus dem Erföffnungspost dem Link folgt, sieht man, das Bickert 
sehr gute Industrieware ist, ähnlich wie Seasonic. Bei derartig 
hochwertigen Teilen würde ich schon einen Reparaturversuch unternehmen.

von Frank O. (frank_o)


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Gerald B. schrieb:
> Wenn man aus dem Erföffnungspost dem Link folgt, sieht man, das Bickert
> sehr gute Industrieware ist,

Gehen auch kaputt. Wie man hier unschwer erkennen kann.

von Heinrich K. (minrich)


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Es musste ja alles in ein ATX-Standard-Gehäuse passen und ist eben 
dementsprechend üblich zusammengestrickt. Auf Servicefähigkeit wurde 
bewusst verzichtet, Bauteil an Bauteil an Bauteil geklebt mit 
Heisskleber, die Lüftersteuerungsplatine fest eingelötet, einen 
einzelnen Halbleiter auf dem Kühlkörper bekommt man nur abgeschraubt, 
nachdem man sämtliche entlötet hat, der übliche Kabelbaum bleibt auch 
stets im Weg, für Steckkontakte hats nicht gereicht.
Ganz, ganz üblich aufgebaute Billigware aus dem Reich der nie 
untergehenden Sonne.

von Michael (Firma: HW Entwicklung) (mkn)


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Gerald B. schrieb:
> sehr gute Industrieware

Einseitig HP in THT.
Das ist Consumer-Kram.
Vielleicht besser als der Durchschnitt, aber für Industrie würde ich das 
nicht einsetzen.

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