Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Signal/Spannungsfilterung mit verschiedenen Kondensatoren


von David (daddy2024)


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Hallo,
ich hätte eine Frage zur Spannungsfilterung mittels Kondensatoren. 
Hierzu werden oft Kondensatoren gleichen Typs aber unterschiedlicher 
Werte parallel geklemmt. Elektrotechnisch betrachtet ergibt sich doch 
dann die Gesamtkapazität aus der Summe der Einzelkapazitäten, womit sich 
dann in einem Ersatzschaltbild die Filterwirkung beschreiben und 
berechnen lässt. Wie lässt sich der Nutzen unterschiedlicher 
Kondensatoren erklären, wenn doch elektrotechnisch nur die Summe der 
Werte eine Rolle spielt. (Beispiel: Wenn man einen 100µF Kondensator mit 
einem 1 nF parallel schaltet, dann fällt doch der kleinere C rechnerisch 
gar nicht ins Gewicht; warum ist er trotzdem entscheidend für die 
Filterung ? )

Kann mir das jemand physikalisch/elektrotechnisch erklären ?

Danke vorab
David

von Axel S. (a-za-z0-9)


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David schrieb:
> Wenn man einen 100µF Kondensator mit
> einem 1 nF parallel schaltet, dann fällt doch der kleinere C rechnerisch
> gar nicht ins Gewicht; warum ist er trotzdem entscheidend für die
> Filterung ?

Es geht in diesem Fall nicht um die Kapazität, sondern um den Einfluß 
parasitärer Größen. Zum Beispiel hat ein 100µF Elko idR. einen viel 
größeren ESR als ein Kerko. Ähnlich sieht es bei Resonanzen aus. 
Räumlich große Kondensatoren haben niedrigere Resonanzfrequenzen als 
kleinere. Deswegen kann ein 1nF in SMD-Bauform 402 parallel zu einem 
Becherelko 100µF durchaus einen Sinn ergeben.

: Bearbeitet durch User
von Heiner B. (karadur)


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Ein realer Kondensator hat noch andere Eigenschaften als die Kapazität.

Diese parasitären Eigenschaften bedingen diese Parallelschaltung.

z.B. ESR und Eigenresonanzen.

von Rainer D. (rainer4x4)


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Salopp gesagt, der Elko filtert die niederfrequenten Anteile, der Kerko 
die höherfrequenten Anteile.

von Rainer W. (rawi)


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David schrieb:
> Wie lässt sich der Nutzen unterschiedlicher
> Kondensatoren erklären, wenn doch elektrotechnisch nur die Summe der
> Werte eine Rolle spielt.

Tut sie eben nicht. Das ist nur eine Idealisierung in der 
Elektrotechnik, die die Eigenschaften realer Bauelemente nicht 
berücksichtigt.
https://www.murata.com/~/media/webrenewal/products/emc/emifil/knowhow/12to14.ashx

: Bearbeitet durch User
von Carypt C. (carypt)


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in einem Snubber der einen Schaltkontakt für eine Relaisspule 
überbrückt, sammelt der große Elko den nachlaufenden Strom aus der 
Spule, während der kleine Kondensator die hochfrequente Schaltspitze, 
die eine sehr hohe induktionsspannung aufbauen würde, durchläßt, weshalb 
die Spannung am Schaltkontakt klein bleibt und auch Funken untedrückt. 
So ungefähr meine ich mich zu Erinnern.

von Michi S. (mista_s)


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David schrieb:
> Elektrotechnisch betrachtet ergibt sich doch
> dann die Gesamtkapazität aus der Summe der Einzelkapazitäten

Wenn Du mit elektrotechnisch betrachtet meinst, daß Du von idealen 
Bauelementen ausgehst, dann ist das korrekt. Aber reale Kondensatoren 
sind nun mal keine reinen Kapazitäten, die haben Anschlußdrähte, die 
selbstverständlich sowohl einen ohmschen Widerstand, als auch wie jeder 
Draht eine Induktivität haben, usw.

In einem vernünftigen Datenblatt eines Kondensator (ja auch dafür gibts 
Datenblätter, sogar für Widerstände) findet man entsprechend Angaben zu 
ESR (equivalent series resistance) und ESL (eq. series inductance), 
wobei selbst diese Werte genaugenommen nur Modellparameter eines immer 
noch vereinfachenden Modells sind.

Für die Praxis mit Kondensatoren reicht aber auch schon die ganz simple 
Modellvorstellung, je größer (Bauform wie auch Kapazität) desto 
behäbiger bzw. je kleiner desto flinker können sie z.B. auf eine 
Stromspitze reagieren; aber die kleinen schaffen dabei eben nur den 
ersten Teil der Spitze, bis die größeren mal in die Gänge kommen.

von Uwe B. (uwe_beis)


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Ich habe mal bei einem Seminar zur Beschaltung von FPGAs etwas Anderes 
erfahren. FPGAs haben viele Anschlüsse für Versorgungsspannungen, und es 
geht nur um Abblockkondensatoren im nF-Bereich, nichts mit µF.

Jeder Kondensator hat eine Eigeninduktivität und damit eine serielle 
Resonanzstelle. Das ist allgemein bekannt. Schaltet man viele gleiche 
Kondensatoren parallel, hat man immer noch dieselbe Resonanzfrequenz. 
Wenn die dann durch das FPGA angeregt wird, gibt's ordentlich 
EMV-Probleme bei eben dieser Frequenz. Also gab oder gibt es bei Altera 
und wahrscheinlich auch anderswo die dringende Empfehlung, 
unterschiedliche Kondensatoren einzusetzen. Im Seminar wurde mit 100n, 
10n und 1n und deren Resonanzverhalten durchgerechnet, welches die beste 
Verteilung der Abblock-Kondensatoren ist.

von Dergute W. (derguteweka)


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