Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Bestimmung der Phasenreserve einer Schaltung mittels LTSpice


von David (simulant01)



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Hallo,

ich versuche momentan die "open-loop"-Übertragungsfunktion einer 
OpAmp-Schaltung mittels LTSpice zu simulieren. Die Motivation dahinter 
ist keine konkrete technische Problemstellung, ich will einfach nur mein 
Verständnis verbessern.

Dabei habe ich folgende YouTube-Videos als Referenz verwendet:
1) https://youtu.be/YYWlPFBebfc?t=196
2) https://youtu.be/U6tP78BLr_A?t=155

Allerdings sind die Ergebnisse für mich nicht plausibel. Im Bild 
"transient1.jpg" ist die transiente Simulation der Schaltung mit einem 
Step-Input zu sehen. Man sieht ein deutliches Überschwingen, was mMn auf 
eine geringe Phasenreserve hinweist. (Die dazugehörige Simulationsdatei 
ist "opamp_differentiator.asc".)

Im Bild "ac_analysis1.jpg" ist die AC-Analyse nach Video (1) zu sehen. 
Das Ergebnis ist mMn völlig unplausibel, da der open-loop-Bodeplot die 
0dB-Kennlinie nie erreicht. (Die dazugehörige Simulationsdatei ist 
"opamp_differentiator2.asc".)

Im Bild "ac_analysis2.jpg" ist die AC-Analyse nach Video (2) zu sehen. 
Das Ergebnis ist ebenfalls mMn völlig unplausibel, da die Phasenreserve 
hier 90° beträgt. (Die dazugehörige Simulationsdatei ist 
"opamp_differentiator3.asc".)

Unabhängig von den unplausiblen Ergebnisse finde ich auch komisch, dass 
sich die Ergebnisse mittels der Methoden aus Video (1) und (2) deutlich 
widersprechen.

Was mache ich falsch?

LT-Spice-Version: 24.0.12 mittels Whine unter Linux

Freundliche Grüße

: Bearbeitet durch User
von Robert M. (r0bm)


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David schrieb:
> Im Bild "ac_analysis1.jpg" ist die AC-Analyse nach Video (1) zu sehen.
> Das Ergebnis ist mMn völlig unplausibel, da der open-loop-Bodeplot die
> 0dB-Kennlinie nie erreicht. (Die dazugehörige Simulationsdatei ist
> "opamp_differentiator2.asc".)

C1 muss wie im Original an R1 angeschlossen bleiben und nicht am 
invertierenden Eingang des OPV.

David schrieb:
> Im Bild "ac_analysis2.jpg" ist die AC-Analyse nach Video (2) zu sehen.
> Das Ergebnis ist ebenfalls mMn völlig unplausibel, da die Phasenreserve
> hier 90° beträgt. (Die dazugehörige Simulationsdatei ist
> "opamp_differentiator3.asc".)

Plotte "loop gain" d.h. nur V(out) und daraus dann die Phasenreserve 
ablesen. V(out)/V(fb) wäre "open loop gain".

Beide Methoden liefern das gleiche Resultat. Ausgehend von C1=470n 
dürfte die Phasenreserve nahe 0° sein.

von David (simulant01)



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Hallo Robert,

danke für die schnelle und hilfreiche Antwort! Ich habe jetzt beide 
Simulationen nachgebessert, und komme jetzt bei beiden auf das gleiche 
Ergebnis (Vergleich "ac_analysis1_vfb_vinm.jpg" und 
"ac_analysis2_vout.jpg"). Dementsprechend hat die Schaltung sogar eine 
minimal negative Phasenreserve.

Bei Methode 1 war das von dir angesprochene Problem die Ursache: Der 
Kondensator C1 muss am fb-Knoten hängen und nicht am inm-Knoten.

Bei Methode 2 war das Problem, dass ich den AOL_Loaded-Frequenzgang 
geplottet habe (entspricht V(out) / V(fb)) und nicht den Frequenzgang 
A_OL * beta (entspricht V(out)).

Im Anhang auch noch die korrigierte Simulation 
"opamp_differentiator2.asc".

Freundliche Grüße

von Lutz V. (lvw)


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David - es ist bekannt, dass der opamp-basierte Differentiator eine 
Phasenreserve im Bereich von 0 Grad besitzt. Deshalb kann er auch so in 
der gezeigten Form nicht eingesetzt werden.
Um die Schleifenverstärkung (loop gain) im kritischen Bereich anzuheben 
(und damit auch die Phase) muss der Eingangskondensator mit einem 
passenden Reihenwiderstand kombiniert werden.

Allgemeine Regel für loop-gain-Simulation:
Suche eine Stelle innerhalb der Schleife, bei der eine Öffnung nur eine 
vernachlässigbare Last-Änderung verursachen wird (opamp-Eingang oder 
auch opamp-Ausgang).
Andernfalls muss die Last nachgebildet werden oder besser/genauer:
Simulation nach Middlebrook mit Doppeleinspeisung (nacheinander 
Simulation mit Teststspannung und Teststrom)

: Bearbeitet durch User
von Enrico E. (pussy_brauser)


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Lutz V. schrieb:
> muss der Eingangskondensator mit einem passenden Reihenwiderstand
> kombiniert werden.

1k könnten da u.U. schon ausreichend sein.

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