Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Operationsverstärker: Wieso beeinflussen sich die Eingänge gegenseitig


von Master S. (snowman)



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Hallo zusammen

Ich habe angehängte Schaltung: Überschreitet die NTC-Temperatur ca. 
103°C (CH2, grün) schaltet der OP-Ausgang (CH1, gelb) von 0V auf 11V und 
der P-MOSFET T10 sperrt und stellt so die Versorgungsspannung 
VDD_Gatedriver ab. Damit dieser nicht wieder einschaltet bei 
Unterschreiten der Schwelltemperatur, hat's eine Diode, die die 
Referenzspannung (CH3, orange) nach 11V zieht. Das Ganze ist doppelt 
ausgeführt.

Das Ganze funktioniert als solches aber die Signale/Spannungen gefallen 
mir nicht. Und zwar, wenn das CH3-Signal nach 11V gezogen wird, wird das 
CH2-Signal mit nach oben gezogen (Siehe Screenshot, wenn CH1 von 0V auf 
11V geht). Und meinem Verständnis nach, sollte da keine gegenseitige 
Beeinflussung der Eingänge sein.

--> Die grosse Frage ist, warum sich die Operations-Eingänge gegenseitig 
beeinflussen? Kann mir jemand da auf die Sprünge helfen, woran das 
liegt.


Bemerkung 1: Die Schottky-Diode (Leckströme) ist ziemlich suboptimal, 
aber auch mit einer Silizimdiode sehen die Signale gleich aus.

Bemerkung 2: Anstatt von CH1 den CH3 nach oben zu ziehen, habe ich 
stattdessen mit CH1 einen N-MOSFET angesteuert, der CH2 auf Ground 
zieht. Aber in diesem Fall wird CH3 ebenfalls nach unten gezogen.

Datenblatt TLV272IS
https://www.diodes.com/assets/Datasheets/TLV27x.pdf

von Arno R. (arnor)


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Vielleicht hat es damit zu tun, daß der OPV an seinem Ausgang eine 
riesige kapazitive Last (C83, 10µF) hat, sobald die Diode D11 auf der 
steigenden Ausgangsflanke zu leiten beginnt.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Und vor allem: wenn eine der Dioden leitet hat das Auswirkungen auf 
diese sehr hochohmige "Referenzspannung" am C83.

Und sogar wenn die Dioden nicht leiten haben Schottkydioden einen 
merklichen Leckstrom. Die hier eingesetzten haben bis zu 100µA 
Leckstrom. Das macht schon was aus, wenn die Ersatzspannungsquelle der 
Referenz einen Innenwiderstand von ca. 6k hat.

: Bearbeitet durch Moderator
von Arno R. (arnor)


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Lothar M. schrieb:
> Und vor allem: wenn eine der Dioden leitet hat das Auswirkungen auf
> diese sehr hochohmige "Referenzspannung" am C83.

Das war ja wegen der Verriegelung so gewollt. Aber möglicherweise wird 
dadurch der zulässige Gleichtakt-Eingangsspannungsbereich überschritten. 
Dann kann sonstwas passieren.

Edit: Wohl doch nicht, da die grüne Kurve dafür zu früh ansteigt.

: Bearbeitet durch User
von Flip B. (frickelfreak)


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Schau mal nach, wie und wo deine Oszi-Masse mit deiner Schaltungsmasse 
verbunden ist. Deine gemessenen Spannungen sind ja trotz single-supply 
negativ.

von Master S. (snowman)


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> Und vor allem: wenn eine der Dioden leitet hat das Auswirkungen auf
> diese sehr hochohmige "Referenzspannung" am C83.
Ja, ist so, und auch gewollt, dass die Referenzspannung manipuliert 
wird. Aber der eine "manipulierte" OP-Eingang darf doch nicht das andere 
OP-Eingangsignal verändern!

> Schau mal nach, wie und wo deine Oszi-Masse mit deiner Schaltungsmasse
> verbunden ist.
Ist alles an einem Referenzpunkt (GND) angeschlossen. Gut möglich, dass 
ich die KO-Sonden wieder mal kalibrieren sollte.

Wenn ich einen Komparator (LM2903) nehme, so habe ich diese Effekte 
nicht, dass der eine Eingang den anderen beeinflusst. Ich bin nun zu 
dieser Schaltung wie im Anhang gelangt. Dennoch wäre es äusserst 
lehrreich zu wissen, warum sich bei obiger Schaltung mit einem OP sich 
die OP-Eingänge gegenseitig beeinflussen.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Master S. schrieb:
> Die grosse Frage ist, warum sich die Operations-Eingänge gegenseitig
> beeinflussen?

Dann ist das vielleicht gar kein TLV272, sondern einer der unzähligen 
OPV mit 2 antiparallelen Schutzdioden zwischen den Eingängen. Ich würde 
sowas ja eher mit Komparatoren bauen, statt mit OPV. Die sind darauf 
ausgelegt, eine größere (mehr als ein paar mV) Spannungsdifferenz 
zwischen ihren Eingängen zu sehen.

von Peter D. (peda)


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Axel S. schrieb:
> Dann ist das vielleicht gar kein TLV272, sondern einer der unzähligen
> OPV mit 2 antiparallelen Schutzdioden zwischen den Eingängen.

Ja, ist immer prickelnd, wenn falsche Schaltpläne gepostet werden.

von Jens G. (jensig)


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Für den TLV272 wird eine common mode input Voltage von 0...Vdd-1,35V 
angesagt. Diesen Bereich verläßt Du natürlich, wenn der Eingang über nur 
einer Schottky direkt mit dem Ausgang verbunden ist. Passieren kann da 
dann alles mögliche - zumindest wird dann keine Datenblatthaltigkeit 
mehr garantiert.
Ansonsten gilt das, was Axel S. geschieben hat. Nimm einen Komparator, 
der für solche Zwecke gemacht ist.

von Master S. (snowman)


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> Ja, ist immer prickelnd, wenn falsche Schaltpläne gepostet werden.
Lassen wir das und wenden uns lieber dem Thema zu. Danke.
ps: Foto vom Prototypen.

von Master S. (snowman)


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Jens G. schrieb:
> Für den TLV272 wird eine common mode input Voltage von 0...Vdd-1,35V
> angesagt. Diesen Bereich verläßt Du natürlich, wenn der Eingang über nur
> einer Schottky direkt mit dem Ausgang verbunden ist.
hmm, könnte in der Tat was dran sein. Danke. Ja, ich werde wohl 
gescheiter das mit den Komparatoren umsetzen.

Edit: Ich habe zu testzwecken ja die Dioden rausgelötet und den 
OP-Ausgang auf das Gate eines N-MOSFETs gelegt, der mir die "grüne 
markierte Leitung" auf GND zieht - was ja erlaubt/spezifiziert wäre. 
Aber auch da wird der andere OP-Eingang ("oranges Signal") mitgezogen 
(wenn auch langsamer).

: Bearbeitet durch User
von Arno R. (arnor)


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Master S. schrieb:
> Jens G. schrieb:
>> Für den TLV272 wird eine common mode input Voltage von 0...Vdd-1,35V
>> angesagt. Diesen Bereich verläßt Du natürlich, wenn der Eingang über nur
>> einer Schottky direkt mit dem Ausgang verbunden ist.
> hmm, könnte in der Tat was dran sein.

Nein, das hatte ich oben auch schon überlegt. Wenn die zu hohe 
Eingangsspannung die Ursache wäre, dann dürfte die grüne Kurve 
(-Eingang) erst beim Erreichen dieses Grenzwertes (~9,65V) am +Eingang 
ansteigen. Die steigt aber schon ab ~5V am +Eingang. Mittleres Bild ganz 
oben.

Es sieht wirklich so aus als ob dort Schutzdioden zwischen den Eingängen 
liegen. Allerdings ist die Differenzspannung mit knapp 2V deutlich zu 
groß für einfache Dioden. Möglicherweise sind intern noch 
Schutzwiderstände in Reihe zu den Eingängen und der Spannungsabfall an 
diesen Widerständen, hervorgerufen durch den Strom in den Teiler am 
-Eingang, erklärt die Differenz.

Das wird auch dadurch gestützt, daß die Differenz zwischen den Eingängen 
mit der Spannung am +Eingang, also dem Strom durch die 
Schutzwiderstände, zunimmt. Vielleicht schaut Herr Hinz mal auf das Foto 
vom OPV...

: Bearbeitet durch User
von M. N. (bmbl2)


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Arno R. schrieb:
> Es sieht wirklich so aus als ob dort Schutzdioden zwischen den Eingängen
> liegen. Allerdings ist die Differenzspannung mit knapp 2V deutlich zu
> groß für einfache Dioden. Möglicherweise sind intern noch
> Schutzwiderstände in Reihe zu den Eingängen und der Spannungsabfall an
> diesen Widerständen, hervorgerufen durch den Strom in den Teiler am
> -Eingang, erklärt die Differenz.

Das Datenblatt enthält auch keine Info zu eventuellen Dioden.
Die Absolut maximum ratings listen:

1) Input, VI:  −0.2 bis VDD + 0.2
Da bist du mit deiner Schaltung ja auch noch voll drin. Sollte kein 
Problem sein. Aufgrund der Werte von +/- 0.2 V über / unter dem Supply 
nehme ich mal an, dass dieses Limit von den üblichen ESD Dioden 
Strukturen an den Pins kommt. Die sollten aber bei dir, wie gesagt, gar 
kein Problem machen.

2) Eventuelle Kopplungen der Eingänge schließe ich eigentlich aufgrund 
dieses Punktes aus:
Differential input, VID : -VDD bis +VDD.

Somit sollte es imho schon valide sein, einen Pin komplett auf VDD zu 
legen und den anderen nahe 0V. Dass dann der Differenzverstärker innen 
drin nicht mehr 100% funktioniert, ist klar... Aber den anderen Eingang 
verziehen sollte er dir nicht.

Durch die MOS Eingänge sollte auch ein anderer Strompfad im OPV 
unterbunden sein.

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