Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Akkuvermessung


von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)



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Moin!

Das Thema passt eigentlich in kein Forum so richtig rein, daher hoffe 
ich mal, daß Werkzeuge mit Hinblick auf die Messtechnik noch am besten 
passt.

Ich habe von einem Kumpel einen vermeintlich alten 12V/7,2Ah 
Blei/Gel-Akku bekommen, den seine sehr einfache USV nicht mag. Klare 
Sache, Akku tot, kennt man ja. Also mal ein wenig Spaß damit haben, 
vollgeladen und Kapazitätsmessung, einmal mit 0,1C (C10) und einmal mit 
2C, dabei hat sich der vermeintlich tote Akku allerdings komplett anders 
verhalten als erwartet. Die dabei entstandenen Graphen hänge ich mal 
dran.

Ich kann mir nicht erklären, wieso die USV den Akku nicht mag. Der ist 
zwar schon älter, aber beim Test mit 0,1C (720mA) erreicht das Ding fast 
noch seine volle Nennkapazität und Bleiakkus werden bei der 
Kapazitätsmessung oft nur bei 20stündiger Entladung gemessen (0,05C oder 
C20).

Bei einer Entladung mit 2C (14,4A) bekommt man nur noch die Hälfte der 
Nennkapazität aus dem Akku. Daß man nicht mehr die volle Kapazität 
bekommt hatte ich erwartet, aber ist nur die Hälfte normal? Ich hätte da 
schon mit etwas mehr gerechnet, vielleicht so 75%.

Was die Messtechnik angeht, die Last ist kein besonderes Präzisionsgerät 
und hat ihre Schwächen (beispielsweise die Stufenbildung bei der 
ADC-Messung der Spannung), aber für solche Aufgaben ist sie durchaus 
brauchbar.

Außerdem fällt auf, daß Bleiakkus zum Entladeschluss hin das gleiche 
Betriebsverhalten haben wie LiIon-Zellen - die Spannung schmiert sehr 
zügig gen Boden ab. Ich finde daher, es macht keinen Sinn, Akkus bis zur 
absoluten Kotzgrenze zu entladen, die oft in den Datenblättern angegeben 
ist. Bei 12V Bleiakkus unter 11V (oft angegebene Entladeschlussspannung 
10,5V) oder LiIon-Zellen unter 3,3V (Entladeschlussspannung laut 
Datenblatt oft so 2,8 oder 2,7V) kommt sowieso keine groß nennenswerte 
Energiemenge mehr raus, bevor diese Kotzgrenze erreicht wird.

: Bearbeitet durch User
von Thomas R. (thomasr)


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Bei Bleiakkus führt die Ausnutzung der Kotzgrenze zu einer starken 
Alterung und wird daher unbedingt vermieden. Empfohlen wird ein DoD bis 
50%.

Einem LiIon oder LFP macht auch ein DoD von 90% nichts aus.

von Torsten B. (butterbrotstern)


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Ja, mit Akkus kann man sich schon spielen. Mich überraschen Deine 
Ergebnisse nicht.
Ist in der USV nur dieser eine Akku? Nur 12V ist ja sehr unvorteilhaft.
Nähere Angaben zum Akku? Typ, Alter, Erhaltungsstrom?
Meiner Erfahrung bei Notstrom / Notbeleuchtung, egal welche Akkuchemie: 
die Akkus werden überladen und trocknen aus, dadurch werden sie 
hochohmig.
Für die Erhaltungsladung reichen C100 (hier 75mA) vollkommen aus, ich 
empfehle deutlich weniger (C250-C500).

Du belastest ihn mit 2C, und die Spannung bricht sehr schnell auf 
11,85V, ich denke, die USV wird deutlich mehr ziehen, zumindest beim 
Einschalten und unter (Nenn-)Last. Der Unterspannung-Schutz wird 
auslösen, evtl. könnte man ihn verzögern, wenn sich bei geringer Last 
die Spannung nochmal erholen sollte.

Vielleicht wird Dein Akku durch Auffüllen von Aquadest (häufig nicht 
vorgesehen, aber durch Aufbrechen evtl. möglich, bei Gel bin ich 
überfragt) und Trainieren nochmal etwas besser. Wenn deep-discharge, 
dann unbedingt sofort danach wieder aufladen.

: Bearbeitet durch User
von Wolf17 (wolf17)


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12V 7,2Ah findet man in USV mit 600VA. Da wird mit >2C Entladen.

Es ist der angestiegene Innenwiderstand, den die USV nicht gemocht hat, 
weil dann beim Lasttest die Spannung zu weit abfällt.
Im 2C Diagramm schätze ich den mit 1R ab.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Daß Bleiakkus keine Tiefentladung mögen, ist mir klar. Kein Akku mag 
das. 12V Bleiakkus für Zyklenbetrieb sind deswegen mit einer 
Entladeschlussspannung von 10,5V angegeben, erst wenn man diese 
unterschreitet wird's eine Tiefentladung. Die Akkus mögen es aber auch 
nicht, wenn sie lange mit niedriger Spannung herumliegen. Daher lade ich 
die nach solchen Tests auch sofort wieder voll. Die Spannungsmessung 
lasse ich immer noch ein wenig länger laufen als den eigentlichen 
Kapazitätstest, damit man die Kurve der Erholung sehen kann (falls man 
daraus irgendwas ableiten kann) und danach geht's sofort ans Ladegerät.

> 12V 7,2Ah findet man in USV mit 600VA. Da wird mit >2C Entladen.
Bei 600VA sind's eigentlich schon immer zwei davon in Reihe. Seine USV 
hat glaube ich irgendwas um 300VA (müsste ich nochmal genau nachschauen) 
und da ist nur ein einzelner dieser Akkus drin.

> Es ist der angestiegene Innenwiderstand, den die USV nicht gemocht
> hat, weil dann beim Lasttest die Spannung zu weit abfällt.
Wäre möglich, allerdings hat die USV den Akku auch im Leerlauf nicht 
mehr gemocht. Also lediglich Wandlerbetrieb der USV ohne Ausgangslast. 
Das sollte einiges weniger Strom am Akku erzeugen als die 2C, mit denen 
ich gemessen habe.

Ich glaube inzwischen an sowas wie einen schlechten Kontakt irgendwo, 
evtl. an einem der Steckkontakte des Akkus.

> Im 2C Diagramm schätze ich den mit 1R ab.
Das ist locker eine Zehnerpotenz daneben bzw. rechnerisch unmöglich. 1R 
würden bei 14.4A einen Spannungsabfall von 14.4V erzeugen... und negativ 
war die Spannung am Akku ja nun wirklich nicht.

Mein Kumpel hat auch extra Messleitungen dafür gebaut, also 4mm² Kabel 
und Flachstecker für den Akku an die eine Seite, Ringösen für die Last 
an die andere Seite. Die Kabel und alle Kontakte werden beim Test 
mitgemessen, die Last kann leider keine Vierleitermessung. Ich schätze 
den Innenwiderstand des Akkus irgendwo bei 0,08..0,06R und das ist für 
so einen kleinen Blei-Gel-Akku eigentlich gar nicht so schlecht.

Man bräuchte mal einen neuen Akku für eine Gegen-Messung, daß man mal 
sieht wie ein neuer Akku bei diesen Messungen abschneidet. Habe ich 
leider nicht und könnte mit dem hinterher auch nichts anfangen wenn ich 
extra dafür einen kaufe.

von Thomas R. (thomasr)


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Bei einer sicherheitskritischen Anwendung von Bleigelakkus würde ich mit 
einer dynamischen Messung des Akkuinnenwiderstandes rechnen. Sonst wäre 
das "Aus" dann doch recht plötzlich.

von Manfred P. (pruckelfred)


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Ben B. schrieb:
> Daß man nicht mehr die volle Kapazität
> bekommt hatte ich erwartet, aber ist nur die Hälfte normal? Ich hätte da
> schon mit etwas mehr gerechnet, vielleicht so 75%.

Man könnte ja mal ein Datenblatt suchen?

Ein guter Akku dieser Klasse ist der Panasonic LC-R127R2P, der schon bei 
0,7C deutlich weniger liefert. Dessen Bruder UP-RW1245 für USV-Betrieb 
ist etwas gutmütiger, aber vollbringt auch keine Wunder.

Thomas R. schrieb:
> Bei Bleiakkus führt die Ausnutzung der Kotzgrenze zu einer starken
> Alterung und wird daher unbedingt vermieden.

Das trägt nichts zur Frage bei, aber klingt wichtig. Die Ermittlung der 
Kapazität ist nun mal nicht möglich, ohne den Akku zu entladen.

von Wolf17 (wolf17)


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Ben B. schrieb:
>> 12V 7,2Ah findet man in USV mit 600VA. Da wird mit >2C Entladen.
> Bei 600VA sind's eigentlich schon immer zwei davon in Reihe.
Da wird oft gespart! Hier sind sogar erst ab 1000VA zwei drin:
https://www.reichelt.de/index.html?ACTION=7&LA=3&OPEN=0&INDEX=0&FILENAME=E910%2FFSP_IFP600-2000-2_DB-EN.pdf

> Seine USV ... um 300VA... nur ein einzelner dieser Akkus drin.
Da ist dann 7,2Ah erfreulich, hier ist in einer 400VA nur 4,5Ah drin:
https://www.reichelt.de/index.html?ACTION=7&LA=3&OPEN=0&INDEX=0&FILENAME=E910%2FONLINE_YSX00_MAN-DE.pdf

>> Im 2C Diagramm schätze ich den mit 1R ab.
> Das ist locker eine Zehnerpotenz daneben
Sorry, stimmt, muss 0R1 heißen.

von Wollvieh W. (wollvieh)


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Das Nachfüllen von destilliertem Wasser habe ich schonmal durchgekaspert 
an diesen Bleigelakkus.
Bei den meisten hat es nicht funktioniert, ich nehme an, das waren die 
schon tiefentladenen Akkus. Sulfatiert bleibt halt auch naß sulfatiert.

Aber bei einem ging es ganz hervorragend. Dem wurde nur das Wasser 
rausgekocht, und die Chemie war noch gut. Der war eine Stufe größer als 
7 Ah, leider keine Ahnung was sein voriger Einsatz war.

USVen kochen die Akkus aber nicht nur, sondern fahren ja auch 
Testzyklen. Vermutlich sind dann trockene Akkus auch schon meist sehr 
benutzt.

Bei den obigen Diagrammen könnte mir vorstellen, daß die Akkus mit einem 
Schluck Wasser ne Ecke besser werden. Sofern es ihnen fehlt, natürlich.

Wenn ich wirklich solche Akkus wöllte, täte ich eine Auswahl von 
kaputten einpacken und zum nächsten Brandmelde- oder Alarmanlagenfritze 
bzw. einem Dorma/Geze-Automatiktürwarter gehen. Weil dort müssen die 
Akkus wg. Vorschrift turnusgemäß ausgetauscht werden. Da die Altakkus 
ein paar Groschen pro Pfund bringen, wird man mit gewichtsmäßigem 
Tauschobjekten leichter was bekommen (So habe ich auch schonmal bei Atu 
eine völlig kaputte Autobatterie gegen eine mäßig kaputte getauscht.:)

von Frank O. (frank_o)


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Ben B. schrieb:
> Bei einer Entladung mit 2C (14,4A) bekommt man nur noch die Hälfte der
> Nennkapazität aus dem Akku. Daß man nicht mehr die volle Kapazität
> bekommt hatte ich erwartet, aber ist nur die Hälfte normal? Ich hätte da
> schon mit etwas mehr gerechnet, vielleicht so 75%.

Bei Gel im Allgemeinen schlechter als Nass.
Gerade bei großer Belastung gehen die viel stärker in die Knie als eine 
normal Nass-Batterie.
Ich habe in der Regel nur mit großen (Traktions-) Batterien zu tun.
Aber ich könnte mir vorstellen, dass das bei den kleineren noch 
deutlicher ausfällt.
Was ich auch über die noch wenigen Gel sagen kann, da sind die 
Qualitätsunterschiede viel größer als bei Nass-Batterien.

: Bearbeitet durch User
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