Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Hilfe gesucht beim NE5534


von Schmitt T. (schmitt-triggerin)


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Hallo zusammen,

möchte gerne einen NE5534 als DC-Verstärker (s. Bild) einsetzen, der mir 
aus 3,3V ca. 10V macht. Die Pins für Frequenz- und Offset-Abgleich werde 
ich später noch benötigen - für den Moment macht mir leider bereits die 
Grundbeschaltung Probleme, obwohl ich ja im dual supply operiere.

Ich messe an beiden Eingängen ca. -5V (obwohl V_in offen) - am Ausgang 
dann entsprechend -15V. Aber selbst, wenn ich die beiden Eingangspins 
auf GND lege, gerät er in die Sättigung und gibt mir +15V aus. Ich 
kapier's einfach nicht und erhoffe mir eine Erklärung.

Vu ist ja mit 3 am Grenzbereich des NE5534, aber ein Kondensator 
zwischen Pin 1 und 8 hat auch keine Auswirkungen. Bin ziemlich 
verzweifelt.

Danke im Voraus und liebe Grüße!

von Ralph B. (rberres)


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was passiert, wenn man den Vin über einen 10 Kohm Widerstand auf Ground 
legt?

Ralph Berres

von Dietrich L. (dietrichl)


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Schmitt T. schrieb:
> Ich messe an beiden Eingängen ca. -5V (obwohl V_in offen) - am Ausgang
> dann entsprechend -15V.

Bei einen offenen Eigang entsteht durch den Bias-Strom am Eingang eine 
unkontrollierte Spannung. Das Ergebnis ist daher nicht unplausibel.

> Aber selbst, wenn ich die beiden Eingangspins
> auf GND lege, gerät er in die Sättigung und gibt mir +15V aus. Ich
> kapier's einfach nicht und erhoffe mir eine Erklärung.

Du darfst nur V_in auf GND legen. Wenn du auch Pin 2 auf GND legst ist 
R1 unwirksam und du hast die Leerlaufverstärkung des OpAmps. Damit wird 
die Offsetspannung der Eingänge mit der Leerlaufverstärkung verstärkt, 
sodass durchaus +15V am Ausgang entstehen können.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Schmitt T. schrieb:
> Ich messe an beiden Eingängen ca. -5V (obwohl V offen)

Verstoß gegen Regel 1 bei der Benutzung von OPV: beide Eingänge müssen 
einen DC-Pfad nach GND haben (kann auch hochohmig sein). Denn in einen 
OPV-Eingang fließt immer ein Biasstrom (rein oder raus).

Der Biasstrom ist zwar klein, aber multipliziert mit einem unendlichen 
Widerstand - oder dem fast unendlichen Widerstand deines Multimeters - 
ergibt er halt doch eine erhebliche Spannung. In deinem Fall eben -5V 
(was bedeutet daß der Biasstrom negativ ist).

> Aber selbst, wenn ich die beiden Eingangspins
> auf GND lege, gerät er in die Sättigung und gibt mir +15V aus. Ich
> kapier's einfach nicht und erhoffe mir eine Erklärung.

Zweiter Fehler. Beide Eingänge verbinden gibt nur bei einem idealen OPV 
eine Ausgangsspannung von 0. Ein realer OPV hat eine Offsetspannung. Und 
die ergibt multipliziert mit der Leerlaufverstärkung eine 
Ausgangsspannung, die üblicherweise an eine Rail fährt (aka Sättigung).

Du darfst den invertierenden Eingang des OPV nicht direkt an GND legen. 
Laß ihn einfach so beschaltet wie oben gezeichnet. Dann hat der OPV eine 
Verstärkung von 3. Und wenn du den nichtinvertierenden Eingang über z.B. 
10KΩ an GND legst, dann wird die Ausgangsspannung auch (fast) 0 sein. 
Fast weil die Offsetspannung mit Faktor 3 verstärkt wird.

von Jörg R. (solar77)


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Schmitt T. schrieb:
> (..)
> Vu ist ja mit 3 am Grenzbereich des NE5534, aber ein Kondensator
> zwischen Pin 1 und 8 hat auch keine Auswirkungen. Bin ziemlich
> verzweifelt.

Vielleicht solltest Du mal den Aufbau (Foto) der Schaltung zeigen.

von Jens G. (jensig)


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Schmitt T. schrieb:
> Ich messe an beiden Eingängen ca. -5V (obwohl V_in offen) - am Ausgang
> dann entsprechend -15V.

Logisch. Einen Eingang läßt man nie offen. Du musst an V_in also einen 
definierte Spannung anlegen, sonst macht der nix sinnvolles.

Axel S. schrieb:
> Verstoß gegen Regel 1 bei der Benutzung von OPV: beide Eingänge müssen
> einen DC-Pfad nach GND haben (kann auch hochohmig sein).

Nö, müssen nicht. Du könntest R1 theoretisch auch einfach weglassen, 
also Pfad nach Masse weg, dann hast Du eben einen 1-Verstärker.
Du könntest auch zw. den beiden Ub auch einen 1:1-Spannungsteiler 
schalten, und den Mittelpunkt als Referenz für den Eingang nehmen.
Nur eben einfach offenlassen ist eine Sünde, oder knallhart beide 
Eingänge einfach zusammenschalten, oder niederohmig auf dasselbe 
Potential klemmen.

: Bearbeitet durch User
von Michael B. (laberkopp)


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Schmitt T. schrieb:
> Ich messe an beiden Eingängen ca. -5V (obwohl V_in offen) - am Ausgang
> dann entsprechend -15V. Aber selbst, wenn ich die beiden Eingangspins
> auf GND lege, gerät er in die Sättigung und gibt mir +15V aus.

Beides funktioniert nicht.

Offener Eingang ist jede Spannung, leg ihn doch mal an Masse.

Aber nicht beide Eingänge an Masse, auch dann kommt beliebiges raus. Der 
In- bleibt am Rückkopplungsnetzwerk.

Besser wäre der NE5532 gewesen, denn 3-stabil heisst ja du bist extrem 
an der Grenze. 1-stabil hingegen heisst ja nicht, dass er nicht 3 oder 
auch 30 oder 300-fach verstärken kann.

von Klaus R. (klara)


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Schmitt T. schrieb:
> Bin ziemlich
> verzweifelt.

Ich habe über die Jahre zig Schaltungen entworfen. Aber auch bei solchen 
Schaltungen plane ich zuvor mit Hilfe von LTspice.
mfg Klaus

von Klaus F. (klaus27f)


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Klaus R. schrieb:
> Aber auch bei solchen
> Schaltungen plane ich zuvor mit Hilfe von LTspice.

Naja, manche tippen auch 1+2 in den Taschenrechner ein, weil es sonst zu 
kompliziert ist.

Steckbrett wegwerfen und Lötkolben anheizen, das wäre mein Rat.

von Jörg R. (solar77)


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Klaus F. schrieb:
> Klaus R. schrieb:
>> Aber auch bei solchen
>> Schaltungen plane ich zuvor mit Hilfe von LTspice.
>
> Naja, manche tippen auch 1+2 in den Taschenrechner ein, weil es sonst zu
> kompliziert ist.
>
> Steckbrett wegwerfen und Lötkolben anheizen, das wäre mein Rat.

Die kleine Schaltung kann man problemlos auf dem Steckbrett aufbauen und 
testen. Da braucht man weder LTspice noch einen Lötkolben.

von Klaus F. (klaus27f)


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Jörg R. schrieb:
> Die kleine Schaltung kann man problemlos auf dem Steckbrett aufbauen und
> testen.

Ja, schon.

Aber ich verstehe den Eingangspost des TE so:
Das wurde bereits aufgebaut, funktioniert aber nicht.

Daher vermute ich: Es wurde auf defektem Steckbrett aufgebaut, mit 
Wackler, wie so oft.

von Jörg R. (solar77)


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Klaus F. schrieb:
> Jörg R. schrieb:
>> Die kleine Schaltung kann man problemlos auf dem Steckbrett aufbauen und
>> testen.
>
> Ja, schon.
>
> Aber ich verstehe den Eingangspost des TE so:
> Das wurde bereits aufgebaut, funktioniert aber nicht.

> Daher vermute ich: Es wurde auf defektem Steckbrett aufgebaut, mit
> Wackler, wie so oft.

Kann sein, ich habe aber schon ganz andere Schaltungen auf dem 
Steckbrett aufgebaut, ohne Probleme.

Der TO soll einfach mal zeigen was er aufgebaut hat. Vielleicht hat er 
auch Fake-NE5534. Dann dreht man sich natürlich im Kreis.

Leider kam bisher keine Reaktion auf die Kommentare seitens des TO.
Vielleicht kann er auch nur Schmitt-Trigger🤔😀

von Peter D. (peda)


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Schmitt T. schrieb:
> Die Pins für Frequenz- und Offset-Abgleich werde
> ich später noch benötigen

Warum?

Der NE5534 ist ein Audioverstärker, d.h. hat einen hohen Offset.
Für DC gibt es deutlich besseres, z.B. OPA177.

von Dietrich L. (dietrichl)


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Klaus F. schrieb:
> Daher vermute ich: Es wurde auf defektem Steckbrett aufgebaut, mit
> Wackler, wie so oft.

Wenn der TO so gemessen hat wie beschrieben, dann ist das beobachtete 
Verhalten erwartbar. Dazu braucht es kein defektes Steckbrett.

von Klaus R. (klara)


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Klaus F. schrieb:
> Klaus R. schrieb:
>> Aber auch bei solchen
>> Schaltungen plane ich zuvor mit Hilfe von LTspice.
>
> Naja, manche tippen auch 1+2 in den Taschenrechner ein, weil es sonst zu
> kompliziert ist.

Du siehst doch das auch diese kleine Schaltung Probleme bereiten kann. 
Mit einer Simulation kannst Du zumindest einen Aufbaufehler feststellen 
wenn nicht das herauskommt was man sich vorgestellt hat. Spätestens bei 
der Frequenzkompensation ist LTspice sehr nützlich. Nicht jeder hat 
einen Oszi. Gut, man kann eine einfache Frequenzkompensation auch mit 
einem Dreisatz berechnen. Aber wie ist das dann mit dem Rauschen und der 
Störspannungsfestigkeit? Da hilft selbst ein normaler Oszi nicht viel 
weiter.

LTspice ist kostenlos und ein hervorragendes Werkzeug. Warum sollte man 
es sich schwerer machen als nötig?
mfg Klaus

von Ralph B. (rberres)


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Hier ist der Fehler aber einfach zu finden und eigentlich sonnenklar.

Es wurde auch schon mehrfach auf diesen Fehler hingewiesen.

Der Fehler kommt von dem offenen + Eingang der Operationsverstärkers.
Ein 10 Kohm Widerstand vom + Eingang gegen GND beseitigt den Spuk.

Um das zu erkennen benötigt man eigentlich weder Steckbrettaufbau noch 
ein Simulationsprogramm.

Ralph Berres

von Dietrich L. (dietrichl)


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Ralph B. schrieb:
> Um das zu erkennen benötigt man eigentlich weder Steckbrettaufbau noch
> ein Simulationsprogramm.

Dabei sollte man auch berücksichtigen, dass die Simulation je nach 
Qualität des Modells die beobachteten Effekte eventuell nicht oder nicht 
richtig abbildet.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Nachtrag:

Axel S. schrieb:
> wenn du den nichtinvertierenden Eingang über z.B.
> 10KΩ an GND legst, dann wird die Ausgangsspannung auch (fast) 0 sein.
> Fast weil die Offsetspannung mit Faktor 3 verstärkt wird.

Der NE5534 hat typisch 0.5mV Offsetspannung. Verstärkt um 3 ergibt sich 
daraus eine Ausgangsspannung von plus oder minus 1.5mV.

Allerdings erzeugt der Biasstrom an den (beispielhaft) 10KΩ auch einen 
Spannungsabfall. Der NE5534 hat einen Biasstrom von 0.5µA. Das paßt 
übrigens sehr gut zu der von dir gemessenen Spannung von -5V, wenn man 
annimmt, daß dein Multimeter 10MΩ Eingangswiderstand in den 
Spannungsmeßbereichen hat.

An 10KΩ fallen durch den Biasstrom nun 5mV ab. Aber auch der 
invertierende Eingang hat einen Biasstrom der gleichen Größe. Er "sieht" 
einen Widerstand von 10KΩ||20KΩ = 6.6KΩ. Resultierend in 3.3mV 
Spannungabfall. Die Differenz wirkt als zusätzliche Eingangsspannung und 
wird ebenfalls mit Faktor 3 verstärkt. Gibt eine zusätzliche 
Ausgangsspannung von 5mV.

Vermeiden kannst du das, wenn du den nichtinvertierenden Eingang mit dem 
gleichen Widerstand abschließt wie den invertierenden. Sprich: nicht mit 
10KΩ sondern mit 6.8KΩ (ist der nächste Wert der E-Reihe). Oder halt 
einen 10K und einen 20K Widerstand parallel.

von Schmitt T. (schmitt-triggerin)


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So ihr Lieben, melde mich zurück und möchte mich bei allen Antwortenden 
herzlich bedanken. V_in über 10kOhm and GND oder eben einfach nicht 
offen lassen war die Lösung..........

Nun ja, bin eben Anfänger und gelobe, mich noch einmal ganz in Ruhe und 
in aller Ordentlichkeit mit OpAmps auseinanderzusetzen. :-)

Nochmals vielen Dank und LG!

von Schmitt T. (schmitt-triggerin)


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Axel S. schrieb:
> (...)
>
> An 10KΩ fallen durch den Biasstrom nun 5mV ab. Aber auch der
> invertierende Eingang hat einen Biasstrom der gleichen Größe. Er "sieht"
> einen Widerstand von 10KΩ||20KΩ = 6.6KΩ. Resultierend in 3.3mV
> Spannungabfall. Die Differenz wirkt als zusätzliche Eingangsspannung und
> wird ebenfalls mit Faktor 3 verstärkt. Gibt eine zusätzliche
> Ausgangsspannung von 5mV.
>
> Vermeiden kannst du das, wenn du den nichtinvertierenden Eingang mit dem
> gleichen Widerstand abschließt wie den invertierenden. Sprich: nicht mit
> 10KΩ sondern mit 6.8KΩ (ist der nächste Wert der E-Reihe). Oder halt
> einen 10K und einen 20K Widerstand parallel.

Übrigens eine sehr schöne Zusammenfassung aller vorangegangener 
Erklärungen und Hinweisen und sehr verständlich formuliert. Danke!

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