Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Verständnisproblem Übertrager


von Niklas M. (nik23)


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Ich bin aktuell etwas verwirrt: Ich muss mich mit (Leistungs) 
Übertragern beschäftigen, wie sie etwa in Push-Pull oder 
Halb/Vollbrückenwandlern eingesetzt werden. Wie das Windungsverhältnis 
berechnet wird ist ja noch recht einfach und naheliegend bzw. in den 
beispielhaft angeschauten Datenblättern auch nett beschrieben. Aber wie 
würde man jetzt praktisch ein geeignetes Produkt auswählen? Als Beispiel 
mal die Würth WE-PPTI: Die gibt es mit unterschiedlichen Induktivitäten 
und Vµs Werten (was ist das?), andere Hersteller wie Pulse spezifizieren 
hingegen den Kernquerschnitt AC und die maximale Flussdichte BM.
Kann man das irgendwie umrechnen bzw. wie wählt man überhaupt einen 
Übertrager mit richtigem / passenden Induktivitätswert? Dazu sagen die 
mir bekannten Datenblätter (hauptsächlich LT Bauteile) leider nichts.
Und damit zusammenhängend: Wie simuliere ich in LTSpice den Übertrager 
richtig? Kann man den "realen" Koppelfaktor (real ja immer <1) irgendwie 
abschätzen / aus den Datenblättern ablesen? Und wie verhält es sich dann 
mit den Induktivitäten und den Wicklungsverhältnissen? Also wenn ich 
eine Induktivität L1 von 40µ habe und ein Wicklungsverhältnis von 1:2, 
ist L2 dann 80µ oder 1600µ oder ganz was anderes?
Danke schonmal für die Hilfe :-)

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Niklas M. schrieb:
> Also wenn ich eine Induktivität L1 von 40µ habe und ein
> Wicklungsverhältnis von 1:2, ist L2 dann 80µ oder 1600µ oder ganz was
> anderes?

Ideal ist die Induktivität quadratisch abhängig von der Windungszahl, 
also 160 µH.

von Niklas M. (nik23)


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Danke, erste Unklarheit beseitigt. Also bei 1:3 dann 40µH und 360µH.
Aber wie kommt man überhaupt darauf, einen Übertrager mit 40µH zu 
brauchen?
Ich habe gerade gelernt, dass TI z.b. beim SN6501 den Vμs Wert 
verwendet, kann man daraus für Simulationszwecke die Induktivität 
bestimmen oder sind das unabhängige Parameter?

von Günter L. (Firma: Privat) (guenter_l)


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von Niklas M. schrieb:
>Aber wie kommt man überhaupt darauf, einen Übertrager mit 40µH zu
>brauchen?

Ist irgendwie ein Kompromiss. Die Induktivität soll möglichst
hoch sein damit der Blindstrom klein ist und den Kern nicht
in die magnetische Sättigung treibt. Und der Draht soll
moglichst dick sein, damit es wenig Verluste am ohmschen
Widerstand des Drahtes gibt. Also im Prinzip wie bei
anderen Trafos auch. Das ist bei Gegentaktwechselrichtern so.
Bei Sperrwandlern und Eintaktflußwandlern ist das anders,
die sollen ja Energie im Magnetfeld zwischenspeichern.
Die brauchen einen Luftspalt, damit der Kern nicht in
Sättigung kommt.

von Torsten B. (butterbrotstern)


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Ehrlich gesagt, Schaltnetzteil-Entwicklung ist nichts für Anfänger.
Man muss x Sachen beachten, wenn es gut funktionieren soll.
Fachliteratur lesen:
https://e2e.ti.com/cfs-file/__key/communityserver-discussions-components-files/188/5635.Under-the-Hood-of-Flyback-SMPS-Designs.pdf
https://e2e.ti.com/cfs-file/__key/communityserver-discussions-components-files/196/Finalprojectvignesh.pdf
Und die klassischen SLUPs von Lloyd Dixon (wie es scheint, bekommt man 
die nur noch mit Anmeldung): SLUP126.pdf, SLUP132.pdf, SLUP200.pdf, 
SLUP205.pdf, SLUP222.pdf, SLUP265.pdf
Eine Current-Probe fürs Oszi ist eigentlich unverzichtbar.

von Niklas M. (nik23)


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Es soll ja gar kein Schaltnetzteil werden, nur ein paar kleine isolierte 
Spannungsversorgungen für Spannungsmessungen und RS485.
Also wenn ich die Möglichkeit habe, nehme ich den Übertrager (eigentlich 
wäre das in dem Fall ja ein Trafo, weil ja nicht Signale sondern 
Leistung übertragen wird, trotzdem scheint jeder Übertrager zu sagen?) 
mit der höchstmöglichen Induktivität unter Beachtung des maximal 
zulässigen Stroms und natürlich der Baugröße?

von Günter L. (Firma: Privat) (guenter_l)


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von Niklas M. schrieb:
>Es soll ja gar kein Schaltnetzteil werden, nur ein paar kleine isolierte
>Spannungsversorgungen

Dann mach einen Gegentaktwechselrichter mit Eisenkern,
50Hz bis 100Hz. Wird wie jeder Netztrafo berechnet.

Oder Gegentaktwechselrichter 20kHz mit Ferritkern
für Breitbandübertragung

von Falk B. (falk)


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Niklas M. schrieb:
> Es soll ja gar kein Schaltnetzteil werden, nur ein paar kleine isolierte
> Spannungsversorgungen für Spannungsmessungen und RS485.

Sowas kauft man für wenig Geld fertig im Laden.

> mit der höchstmöglichen Induktivität unter Beachtung des maximal
> zulässigen Stroms und natürlich der Baugröße?

Nein. Mit einer ausreichend hohen Induktivität.

von Falk B. (falk)


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Niklas M. schrieb:
> Ich bin aktuell etwas verwirrt: Ich muss mich mit (Leistungs)
> Übertragern beschäftigen, wie sie etwa in Push-Pull oder
> Halb/Vollbrückenwandlern eingesetzt werden. Wie das Windungsverhältnis
> berechnet wird ist ja noch recht einfach und naheliegend bzw. in den
> beispielhaft angeschauten Datenblättern auch nett beschrieben.

Siehe Transformatoren und Spulen.

> Aber wie
> würde man jetzt praktisch ein geeignetes Produkt auswählen? Als Beispiel
> mal die Würth WE-PPTI: Die gibt es mit unterschiedlichen Induktivitäten
> und Vµs Werten (was ist das?),

Das ist die maximale Spannungszeitfläche, die man an eine Wicklung 
anlegen kann, bevor sie in Sättigung geht.

> andere Hersteller wie Pulse spezifizieren
> hingegen den Kernquerschnitt AC und die maximale Flussdichte BM.
> Kann man das irgendwie umrechnen

Sicher, siehe Artikel oben.

> Und damit zusammenhängend: Wie simuliere ich in LTSpice den Übertrager
> richtig? Kann man den "realen" Koppelfaktor (real ja immer <1) irgendwie
> abschätzen / aus den Datenblättern ablesen?

Sicher. Aber dazu braucht man die Streuinduktivität, die oft nicht 
angegeben ist.

> Und wie verhält es sich dann
> mit den Induktivitäten und den Wicklungsverhältnissen? Also wenn ich
> eine Induktivität L1 von 40µ habe und ein Wicklungsverhältnis von 1:2,
> ist L2 dann 80µ oder 1600µ oder ganz was anderes?

N1:N2 = L1^2:L2^2

L = Al * N^2

LTspice will immer Induktivitäten haben, Windungszahlen kennt es nicht.

von Michael (Firma: HW Entwicklung) (mkn)


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Niklas M. schrieb:
> ein paar kleine isolierte
> Spannungsversorgungen für Spannungsmessungen und RS485.

Dafür wurden isoliere DC/DC Wandler erfunden.

Ein 50Hz Trafo ist erheblich größer, schwerer und schon aufgrund des 
notwendigen Materialeinsatzes meist teurer als der DC/DC Wandler.

So bald Du das 'Netz' für den Trafo machst, also eine getaktete Stufe, 
ist es ein Schaltnetzteil.
Und das zu bauen macht zwar Spaß, ist aber eben nichts für schnelle und 
billige Ergebnisse.

von Peter D. (peda)


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Niklas M. schrieb:
> Es soll ja gar kein Schaltnetzteil werden, nur ein paar kleine isolierte
> Spannungsversorgungen für Spannungsmessungen und RS485.

Sowas gibt es haufenweise zu kaufen, klein, kompakt und für das Geld 
kannst Du es nicht selber bauen.
Der Klassiker DCDC 5V/5V/1W:
https://www.digikey.de/de/products/detail/murata-power-solutions-inc/NME1S0505SC/21410571

Aber Achtung, die sind alle nicht kurzschlußfest. Das sind erst die 
etwas teueren mit Weitbereichseingang (2:1, 4:1) und Regelung.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Torsten B. schrieb:
> Eine Current-Probe fürs Oszi ist eigentlich unverzichtbar.

Naja, der Emitter-/Source-Widerstand, wie er gerade in deinem ersten 
Dokument schon am Anfang gezeigt wird, genügt fürs Erste vollauf. i = 
u/R sollte man schon kennen. ;-)

Eine halbwegs empfindliche Strommesszange ist relativ teuer, und mit den 
„groben“ wird man bei Kleinleistungs-Wandlern nicht viel reißen.

Also wenn der Weg das Ziel ist, kann man sich allemal auch hinsetzen und 
mal einen Sperrwandler selbst bauen. Wenn es nur auf das Ergebnis 
ankommt, haben die Vorredner ja schon genügend käufliche Varianten 
genannt.

von Niklas M. (nik23)


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Käuflich mit den passenden Spannungen habe ich leider keine gefunden und 
es ist für mich durchaus interessant, mich mal mit Übertragern 
auseinanderzusetzten - eine große Lücke bei mir. Zeit und Budget ist da 
;-)
Ich habe mir ja schon durchaus einige Dokumente durchgelesen, bei den 
meisten wird dann aber ein Kern ausgewählt und berechnet, wie viele 
Wicklungen primär und sekundär draufkommen. Nun möchte ich aber wenn es 
irgendwie geht Standardbauteile (also alles was Digikey und mouser so 
liefern können) verwenden und auf keinen Fall selber Wickeln oder mir 
ein Custom Teil wickeln lassen.
Die Standardbauteile von coilcraft, WE, bourns etc. werden nun aber 
nicht mit Kern und Wicklungen spezifiziert, sondern eben mit der 
Induktivität und da fehlt mir die Umrechnung.
Und eine weitere Frage: Manche geben auch die leakage Inductance an 
(Coilcraft z.B.). Wie kann ich damit einen korrekteren Koppelfaktor (<1) 
für LTspice o.Ä. berechnen?

von Michael (Firma: HW Entwicklung) (mkn)


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Niklas M. schrieb:
> Wie kann ich damit einen korrekteren Koppelfaktor (<1)
> für LTspice o.Ä. berechnen?

M.E. garnicht.
Als separate Induktivität vor Prim setzen.
WE bietet für viele Wickelgüter LTspice Modelle zum Download.

Niklas M. schrieb:
> Käuflich mit den passenden Spannungen habe ich leider keine gefunden
Unwahrscheinlich.
Es gibt große Auswahl, wide input, mit Trimmung etc.pp.
Parametrische Suche von z.B. Mouser, Digikey bemüht?

von Peter D. (peda)


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Niklas M. schrieb:
> Käuflich mit den passenden Spannungen habe ich leider keine gefunden.

Nenn doch einfach mal konkrete Hausnummern (V/A/W).
Ein DCDC für 1W sieht schon etwas anders aus, als einer für 1kW.

Schön einfach sind auch Gegentaktwandler (Taktgeber, 2 FETs, Trafo mit 
Mittelabgriff, Gleichrichter. Da brauchst nichtmal ne Regelung, da die 
quasi niederohmig wie ein echter Trafo sind. In Leistungsendstufen sieht 
man das häufig.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Niklas M. schrieb:
> Nun möchte ich aber wenn es irgendwie geht Standardbauteile (also alles
> was Digikey und mouser so liefern können) verwenden und auf keinen Fall
> selber Wickeln oder mir ein Custom Teil wickeln lassen.

Wenn du wirklich experimentieren willst, dann wickel dir das selbst. So 
viel Arbeit ist das nicht, und du kannst mit den Windungszahlen 
experimentieren.

> Die Standardbauteile von coilcraft, WE, bourns etc. werden nun aber
> nicht mit Kern und Wicklungen spezifiziert, sondern eben mit der
> Induktivität und da fehlt mir die Umrechnung.

Die hatte dir Falk schon genannt: L = A_L · n²

Meistens werden die A_L-Werte in Nanohenry für eine Windung angegeben, 
manchmal auch für 10 oder 100 Windungen und dann vielleicht in 
Mikrohenry.

Außerdem ist es sinnvoll, zumindest irgendein Schätzeisen zum Messen von 
Induktivitäten zu besitzen, wenn man mit sowas arbeitet.

von Niklas M. (nik23)


Angehängte Dateien:

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also mal zum Checken: Ich habe bei WE z.B. was gefunden:
https://www.we-online.com/components/products/datasheet/750341145.pdf
Der Übertrager wird mit Induktivität L N1 + N2 = 240uH spezifiziert und 
Übertragungsverhältnis N1:N2:N3:N4 = 5:5:1:1
Wenn ich jetzt N1 und N2 parallel schalte (also Pin 2+3 sowie 4+5 
verbinde), dann sollte ich die halbe Induktivität (210u) haben, das 
Übertragungsverhältnis bleibt aber. Dafür halbiert sich der 
Kupferwiderstand der Primärspule.
Korrekt?
Wenn ich sowohl die beiden Primärspulen als auch die eiden 
Sekundärspulen in Reihe schalte (als Pin 3+4 sowie 8+10 verbinden), 
sollten es sekundärseitig  zwischen Pin 7 und 11 107uH sein (5:1).
Sind die Sekundärspulen parallel (5:0.5, also 10:1) sollten es 76uH 
sein.

Was mir jetzt noch fehlt ist irgend eine Angabe des maximal zulässigen 
Stromes. Fehlt das nur in deisem Datenblatt oder kann man das aus den 
Angaben irgendwie errechnen / abschätzen?
Ich weis, dass es genau für dieses Bauteil LTSpice Libs gibt, aber ich 
möchte es halt verstehen, wie es funktioniert. Die Libs sind black 
boxes.
Aber nochmal: aktuell keine konkrete Anwendung, ich bin beim Infos 
suchen und checken, wie das alles funktioniert

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Niklas M. schrieb:
> Was mir jetzt noch fehlt ist irgend eine Angabe des maximal zulässigen
> Stromes.

Es sind halt Übertrager, keine Speichertrafos.

> Fehlt das nur in deisem Datenblatt oder kann man das aus den
> Angaben irgendwie errechnen / abschätzen?

Wie Falk schon schrieb, ist diese Spannungs-Zeit-Fläche der Wert, aus 
dem du die Sättigung abschätzen kannst. Zusammen mit der Induktivität 
sollte man sich daraus den Sättigungsstrom errechnen können.

von Uwe (neuexxer)


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> Außerdem ist es sinnvoll, zumindest irgendein Schätzeisen zum
> Messen von Induktivitäten zu besitzen, wenn man mit sowas arbeitet.

Man kann sich auch wie folgt behelfen,
falls man einen Rechteckgenerator und irgendein Oszilloskop hat: =>

Die zu messende Induktivität mit einem (möglichst genau!) bekannten
Kondensator parallel, über einen relativ grossen Widerstand
(z.B. 100 kOhm), an eine Rechteckspannung aus dem Generator legen.

Rechteck-Frequenz passend einstellen, die Spannung am
Parallel-Schwingkreis oszillokospieren, Frequenz der
abklingenden Schwingung bestimmen.
Mittels Thomsonscher Formel bekommt man dann die Induktivität heraus.

von Uwe (neuexxer)


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> Wie Falk schon schrieb, ist diese Spannungs-Zeit-Fläche der Wert,
> aus  dem du die Sättigung abschätzen kannst.
> Zusammen mit der Induktivität
> sollte man sich daraus den Sättigungsstrom errechnen können.

Ist ein Contradictio in adiecto (Widerspruch in sich selbst):

Die Induktivität ist bekanntermassen (leider) eben NICHT konstant,
auch unterhalb eines solchen -nur willkürlich definierbaren- Punktes
"Ab hier ist Sättigung".

"Rechnen" gestaltet sich da schwierig...  ;-)

von Niklas M. (nik23)


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Voltsekunde ist ja Weber (magnetischer Fluss) und dann wäre Strom = 
magnetischen Fluss / Induktivität also z.B. 400Vs/410uH = 0.98A.
Ist dass dann der maximale Strom durch die Primärwicklung?

von H. H. (hhinz)


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Niklas M. schrieb:
> Voltsekunde ist ja Weber (magnetischer Fluss) und dann wäre Strom
> =
> magnetischen Fluss / Induktivität also z.B. 400Vs/410uH = 0.98A.
> Ist dass dann der maximale Strom durch die Primärwicklung?

Nein, das ist an den Haaren herbeigezogener Unsinn.

von Monk (roehrmond)


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Niklas M. schrieb:
> Es soll ja gar kein Schaltnetzteil werden, nur ein paar kleine isolierte
> Spannungsversorgungen für Spannungsmessungen und RS485.

Aber das ist doch ein Schaltnetzteil! Ein kleines halt, es folgt jedoch 
den gleichen physikalischen Gesetzen.

Niklas M. schrieb:
> Käuflich mit den passenden Spannungen habe ich leider keine gefunden

Wir würden dir gerne helfen, dazu musst du nur deine Anforderungen 
mitteilen.

: Bearbeitet durch User
von Michael (Firma: HW Entwicklung) (mkn)


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Uwe schrieb:
> "Rechnen" gestaltet sich da schwierig...  ;-)
So ist es.

Was soll den überhaupt gebaut werden?
Ein Flyback Übertrager braucht einen passenden Luftspalt, sonst geht der 
fix in Sättigung.

WE hat die WE-FLEX Übertrager, die eine enorem Bandbreite an 
Möglichkeiten abdecken.
Wenn man schon mehr weiß was man will haben die eine Vielzahl an Flyback 
und Forward Übertragern in zahlreichen Baugrößen.

Das Wickeln würde ich möglichst lassen.
Ist sehr freudlos und das Materal ist viel schwerer zu bekommen als 
fertige Übertrager für ein paar €.
Wenn man muss, weiß man auch warum.
Für die standard Anwendungen gibt es fertige Übertrager wie geschnitten 
Brot.
Ich steh auf WE, weil die viel haben, sehr gute Daten liefern und der 
RedExpert ist der Knaller. Was man da an Daten rausziehen kann, das kann 
kein DB.

Flyback ist super, weil das Wicklungsverhältnis in weitem Bereich egal 
ist.
Die Spannung schwingt eben so hoch wie es sein muss an Prim und Sek.
So lange auf Prim noch genug Strom fliessen kann, um die Energie im 
Luftspalt zu speichern, steigt die Ausgangsspannung bei Abschalten so 
weit an bis die Energie abgenommen wurde.
Selbst wenn die Primärinduktivität zu klein gewählt wurde, schlägt nur 
die Peakstrom Abschaltung früher zu.
Ist sie zu groß, muss man die Schaltfrequenz absenken um die Pulsbreite 
zu erhöhen.
Kann man fast blind designen wenns nicht um Perfektion geht.
Einfachstes Reglerprinzip, zahllose ICs die das können.
Unter 100W würde zum Flyback greifen, sofern es nicht handfeste Gründe 
für was anderes gibt.
Ohne Feedback und Spannungsregelung gehts aber nicht.

Das kann wieder der Forward, weil der mit seinem festen 
Wicklungsverhältniss und nur relativ geringen Lastabweichungen arbeitet.

So ein Trafo lässt sich übrigens immer beidseitg betreiben.
Wenn der z.B. 325VDC zu 12V transformieren kann, kann der auch 12V zu 
325V.
Der Frequenzbereich für den der gebaut ist wird angegeben, den Peakstrom 
stellt man über den Shunt am Flyback ein.

Übertrager sind weit mehr als eine Induktivitätsangabe.
Mit kurzgeschossener Sek Wicklung (ungeladener Kondensator bei Forward) 
wirkt auf Prim noch rein die Streuinduktivität und der 
Wicklungswiderstand.
Nix mehr da von der schönen Induktivität.

Kernmaterial, Wickelart, Luftspalt, einfacher CuL Draht, HF Litze oder 
Flachdraht etc. pp.
Es gibt zahlreiche Arten den auf eine Aufgabe zu optimieren.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Uwe schrieb:
> Die Induktivität ist bekanntermassen (leider) eben NICHT konstant

Naja, damit kommst du jetzt vom Hundertsten ins Tausendste und stiftest 
nur noch mehr Verwirrung.

Auch die von ihm immer wieder zitierten Datenblätter der Übertrager 
nennen halt erstmal einen Wert für die Induktivität.

Man braucht zumindest erstmal eine Überschlagsrechnung um zu wissen, in 
welchem Induktivitätsbereich man so herum eiert. Von da aus kann man 
dann Finetuning betreiben.

Michael schrieb:
> Wenn der z.B. 325VDC zu 12V transformieren kann, kann der auch 12V zu
> 325V.

Das ist allerdings dann auch wieder bloß Theorie. In der Praxis gibt man 
schon gut und gern 5 bis 10 % in der Windungszahl der Sekundärseite zu 
gegenüber der Theorie.

von H. H. (hhinz)


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Jörg W. schrieb:
> In der Praxis gibt man
> schon gut und gern 5 bis 10 % in der Windungszahl der Sekundärseite zu
> gegenüber der Theorie.

Wenn die Theorie die Verluste berücksichtigt, dann muss nichts mehr 
zugegeben werden.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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H. H. schrieb:
> Wenn die Theorie die Verluste berücksichtigt, dann muss nichts mehr
> zugegeben werden.

Ich bezog mich ja auf die Theorie, dass man 325:12 herum gedreht als 
12:325 verwenden kann. Die berücksichtigt dann eben keine Verluste.

von Uwe (neuexxer)


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Jörg W. schrieb:

>> Die Induktivität ist bekanntermassen (leider) eben NICHT konstant

> Naja, damit kommst du jetzt vom Hundertsten ins Tausendste und stiftest
> nur noch mehr Verwirrung.

Nur bei denen, die nicht gegenwärtig haben, dass die "Induktivität"
eben ganz massgeblich ist: sie geht 1:1 in die Rechnungen ein.

Und diese Induktivität ist eben leider ganz krass nicht konstant,
je nach Flussdichte des Eisens, beileibe nicht nur um ein paar Prozent!

(Moderatoren schrieben schon stärkere Beiträge ...)

von Michael (Firma: HW Entwicklung) (mkn)


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Jörg W. schrieb:
> die Theorie, dass man 325:12 herum gedreht als
> 12:325 verwenden kann. Die berücksichtigt dann eben keine Verluste.

Die Verluste von Prim nach Sek sind gleich der Verluste von Sek nach 
Prim.
Das ist gehupft wie gesprungen und keine Theorie sondern bereits von mir 
so gebaut worden.

Warum sollte es Deiner Theorie nach anders sein?

Mal davon abgesehen das Wicklungsverhältnisse ohnehin keine exakte 
Wissenschaft sind und man immer mit Verlusten und Fertigungsstreuungen 
rechnen muss.

Und wie bereits gesagt ist das Wicklungsverhältnis beim Flyback auch 
recht robust zu betrachten.
Man baut da immer einen robusten Puffer ein und kalkuliert nicht auf 
Kante.
Mit was will man auch rechnen?
Die niedrigsten Verluste hat der Kern bei Betriebstemperatur, die 
Wicklung aber wenn die kalt ist, die Induktivität ist eher ein 
unverbindlicher Vorschlag in einem selten erreichten Betriebszustand.

Ich kann Dir mit einem 325/12 Kern auch 24V machen.
Schwingt Prim eben bis ~650V.
Ebenso habe ich mit einem 325/12 Kern auch schon 600V aus 12V erzeugt.
Flyback eben. Ist nur davon abhängig was ich an Spannung zulasse und ob 
die Bauteile das aushalten.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Uwe schrieb:
> Und diese Induktivität ist eben leider ganz krass nicht konstant,
> je nach Flussdichte des Eisens, beileibe nicht nur um ein paar Prozent!

… und auch je nach Frequenz, keine Frage.

Aber es ist wiederum keine ganze Größenordnung (eher was um die 20 %), 
und irgendwo musst du auch mit einer Rechnung mal anfangen, selbst wenn 
klar ist, dass das initial eher eine Überschlagsrechnung ist.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Michael schrieb:
>> die Theorie, dass man 325:12 herum gedreht als
>> 12:325 verwenden kann. Die berücksichtigt dann eben keine Verluste.
>
> Die Verluste von Prim nach Sek sind gleich der Verluste von Sek nach
> Prim.

Klar, aber daher wird es trotzdem in jeder Richtung irgendwie weniger 
als die Theorie der Windungszahlenverhältnisse es aussagt. Daher hat ein 
"1:1"-Trenntrafo für Netzspannung eben im Leerlauf auch bei 230 V am 
Eingang eher 250 V am Ausgang. Wenn du den jetzt anders herum betreibst, 
kommen dann eher 210 V raus.

Dass ein Sperrwandler in seinen Spannungsverhältnissen "sehr flexibel" 
ist (und natürlich üblicherweise viel mehr Spannung produziert, als man 
von den Windungszahlenverhältnissen erwartet), ist eine andere Baustelle 
und völlig unbestritten.

von Michael (Firma: HW Entwicklung) (mkn)


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Jörg W. schrieb:
> Klar, aber daher wird es trotzdem in jeder Richtung irgendwie weniger
> als die Theorie der Windungszahlenverhältnisse es aussagt.

Natürlich. Ist ja kein ideales Bauteil.
Nur eben in beide Richtungen gleich.

Jörg W. schrieb:
> üblicherweise viel mehr Spannung produziert, als man
> von den Windungszahlenverhältnissen erwartet
Nö, das nicht.
Das Windungszahlenverhältnis ist wie es ist.
Schwingt Prim bei Abschalten höher, tut Sek das im Verhältnis auch.
Und solange die Isolation hält und nichts die Energie abnimmt geht es 
beliebig hoch mit beiden Spannungen.

von Uwe (neuexxer)


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@ Jörg W. :
Betreffend die relative Permeabilität:
> Aber es ist wiederum keine ganze Größenordnung (eher was um die 20 %), ...

"20%" sind da aber
erstens nicht nur reichlich optimistisch, sondern,
zweitens völlig unzutreffend!  => Grundlagen.

Nur ein Beispiel:
https://www.ndt.net/article/dgzfp03/papers/p12/fig2.gif

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Mit deiner Argumentation dürfte Würth gar keine Induktivitätswerte 
angeben, und die üblichen Kerne dürften keine A_L-Werte ausweisen.

Machen sie trotzdem, beide.

von Uwe (neuexxer)


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> Mit deiner Argumentation dürfte Würth gar keine Induktivitätswerte
> angeben, ...

Seriöserweise geben (gäben) sie eben auch die Feldstärke an, für den
dieser Wert gilt.

Was nix daran ändert, dass diese Werte je nach real vorhandener
Feldstärke (=Bestromung in gegebener Spule) weit mehr krasser,
als nur "20%", unterschiedlich ist,
speziell wenn es in das Gebiet der "Sättigung" geht.

(Auch der Beginn dieser Sättigung ist bekanntermassen immer nur rein 
willkürlich bestimmbar; obige +/-20% sind da völlig nachrangig.

Aus Gründen der Ausnutzung des Transformators etc. wird man i.d.R.
"etwas" in die Sättigung des Elementes gehen, was dann
das "Rechnen" mit den Magnetgrössen nichtlinear macht...

von Niklas M. (nik23)


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Eine Frage noch: Was macht man mit (Hilfs) Wicklungen auf dem Kern, die 
nicht benötigt werden? Einfach offenlassen?

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Ja, aber besser keine solchen haben. Die verschwenden nur Platz, den man 
eigentlich fürs Kupfer haben sollte und erhöhen die Verluste.

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