Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Drehstrommotor höherer Leiterstrom im Stern als im Dreieck?


von Karl-alfred R. (karl-alfred_roemer)


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Hallo zusammen,

kann es sein, dass ein Drehstrom-Motor unter ganz bestimmten Umständen 
mehr Strom im Stern zieht als im Dreieck?

Normalerweise sollte so ein Motor im Dreieck ja die dreifache 
Maximalleitung haben im Vergleich zu Stern. Demnach wäre im Dreieck der 
Leiterstrom (also der Strom in den drei Phasen der Zuleitung) dreimal so 
hoch wie in Sternschaltung.

Aber nehmen wir man an, wir hätten einen Lüfter, der so kontruiert ist, 
dass das Lüfterrad bei Nenndrehzahl im Dreieck die volle 
Nenn-Motorleistung (also der Maximalleistung) ziehen würde.

Dann wäre dieser Motor in Sternschaltung, wo der Motor nur ein Drittel 
der maximalen Leistung hat, ja hoffnungslos überlastet.  Die Drehzahl 
würde soweit absinken, dass das erforderliche Drehmoment wieder gleich 
wäre wie das Motordrehmoment. D.h. man hätte einen extremen Schlupf.

Die Frage: KANN es sein, dass der Motor unter diesen Umständen im Stern 
mehr Strom zieht, als im Dreieck?

Vielen Dank für Eure Meinungen
und
viele Grüße
Karl

von Michael B. (laberkopp)


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Karl-alfred R. schrieb:
> KANN es sein, dass der Motor unter diesen Umständen im Stern mehr Strom
> zieht, als im Dreieck?

Nein.

Ob ein Motor im Stern oder Dreieck aufgebaut ist, spielt für das 
Magnetfeld im inneren und daher dessen Wirkung auf Drehmoment, 
Blindstrom und Phasenverschiebung keine Rolle.

Man könnte einen Motor im Stern für unser Drehstromnetz wickeln oder im 
Dreieck und er würde sich genau gleich verhalten.

Allerdings wären die Wicklungen unterschiedlich angefertigt mit 
unzerschiedlicher Windungszahl da die Wicklungen unterschiedliche 
Spannung sehen, 230 vs. 400V. Die Stromaufnahme wäre bei gleicher 
Abgabeleistung aber auf allen Phasen gleich.

Der einzige Grund einen Motor von Stern in Dreieck umzuschalten bei 
baulich aber denselben Wicklungen liegt darin, dadurch eine umschaltbare 
Leistung 'gratis' zu erhalten ohne eine zweite Wicklung aufbringen zu 
müssen.

von Karl-alfred R. (karl-alfred_roemer)


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Hm, ich bin nicht sicher, ob meine Frage richtig rüber kam.

Annahme wir hätten ein Lüfterrad, das bei sagen wir 2950 U/min 1 kW 
Leistung ziehen würde. Und dieses Lüfterrad wird von einem Motor 
betrieben, der in Dreieckschaltung betrieben 1 kW Leistung bei 2950 
U/min bringt.

Also der Motor würde perfekt zum Lüfterrad passen, WENN er im Dreieck 
geschaltet wäre.
Aber jetzt schließt jemand diesen versehentlich im Stern an.

Dadurch wäre der Motor ja völlig überlastet, denn er kann nur 333 Watt 
bringen, während das Lüfterrad 1000 Watt benötigt.  Also wird die 
Drehzahl soweit absinken, bis das Lüfterrad die Leistung zieht, die der 
Motor auch bringen kann. Sagen wir mal, das wären 1600 U/min.   Der 
Schlupf wäre also extrem groß. Wie wir vom Anlaufstrom wissen, ziehen 
die Motoren bei geringeren Drehzahlen mehr Strom, wie z.B. beim 
Anlassen.  (man sagt das 5-7 Fache des Nennstromes)  Aber die 1600 U/min 
wäre natürlich nicht ganz so krass wie Anlaufen, sondern irgendwo ein 
Zwischenwert.

von H. H. (hhinz)


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Es ist nicht so extrem wie du dir falsch ausgerechnet hast, aber beim 
Stern-Dreieck-Anlauf muss deswegen die Zeit im Sternbetrieb begrenzt 
werden, sofern der Motor unter Last läuft.

Karl-alfred R. schrieb:
> Die Frage: KANN es sein, dass der Motor unter diesen Umständen im Stern
> mehr Strom zieht, als im Dreieck?

Aus dem Netz natürlich nicht, aber es kann ein höherer Strangstrom 
fließen.

: Bearbeitet durch User
von Hippelhaxe (hippelhaxe)


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Karl-alfred R. schrieb:

> kann es sein, dass ein Drehstrom-Motor unter ganz
> bestimmten Umständen mehr Strom im Stern zieht als
> im Dreieck?

Nu ja, sicher.

Wenn der Motor im Dreieck im Leerlauf ist und im Stern
mit (der dort zulässigen) Nennlast betrieben wird,
muss der (Realteil des) Stromes im Stern natürlich
höher sein als im Dreieck.

Das gebietet der Energieerhaltungssatz.

Ob auch der "Wirkstrom" höher ist, weiss ich nicht,
denn ein DASM zieht im Leerlauf erheblichen Blindstrom.
Die geänderte Belastung ändert also primär den cos_phi,
weniger den Strom an sich.


> Normalerweise sollte so ein Motor im Dreieck ja die
> dreifache Maximalleitung haben im Vergleich zu Stern.
> Demnach wäre im Dreieck der Leiterstrom (also der
> Strom in den drei Phasen der Zuleitung) dreimal so
> hoch wie in Sternschaltung.

Soweit richtig.


> Aber nehmen wir man an, wir hätten einen Lüfter, der
> so kontruiert ist, dass das Lüfterrad bei Nenndrehzahl
> im Dreieck die volle Nenn-Motorleistung (also der
> Maximalleistung) ziehen würde.

Okay.


> Dann wäre dieser Motor in Sternschaltung, wo der Motor
> nur ein Drittel der maximalen Leistung hat, ja
> hoffnungslos überlastet.

Ja.


> Die Drehzahl würde soweit absinken, dass das erforderliche
> Drehmoment wieder gleich wäre wie das Motordrehmoment. D.h.
> man hätte einen extremen Schlupf.

Ja.


> Die Frage: KANN es sein, dass der Motor unter diesen
> Umständen im Stern mehr Strom zieht, als im Dreieck?

Das ist schwer zu sagen, denn die Spannung je Wicklung
ist ja geringer als im Dreieck, die Wicklungswiderstände
und -induktivitäten sind aber dieselben.

von Hippelhaxe (hippelhaxe)


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Karl-alfred R. schrieb:

> Dadurch wäre der Motor ja völlig überlastet, denn er kann
> nur 333 Watt bringen, während das Lüfterrad 1000 Watt
> benötigt. Also wird die Drehzahl soweit absinken, bis das
> Lüfterrad die Leistung zieht, die der Motor auch bringen
> kann.

Richtig.

Lüfter haben m.W. kubische Leistungs-Drehzahl-Kennlinien.
70% der Drehzahl entspricht somit ca. 35% der Leistung.


> Sagen wir mal, das wären 1600 U/min.

Sollte etwas mehr sein... vielleicht 2000 U/min.


> Der Schlupf wäre also extrem groß.

Ja.


> Wie wir vom Anlaufstrom wissen, ziehen die Motoren bei
> geringeren Drehzahlen mehr Strom, wie z.B. beim Anlassen.

Ja.
Ich denke aber, man darf nicht einfach dieselbe Kennlinie
wie im Dreiecksbetrieb zu Grunde legen, weil ja durch die
geänderte Verschaltung die Impedanzverhältnisse auch andere
sind...

von Michael B. (laberkopp)


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Karl-alfred R. schrieb:
> Hm, ich bin nicht sicher, ob meine Frage richtig rüber kam.

Hmm

Karl-alfred R. schrieb:
> KANN es sein, dass der Motor unter diesen Umständen im Stern mehr Strom
> zieht, als im Dreieck?

Mehr Strom als wenn er im Dreieck 1000W leistet ? Natürlich nicht, dann 
läge der Wirkungsgrad ja unterirdisch unter 33%. Es wird schon eher 1/3 
sein.

Er wird natürlich mehr Strom brauchen als ein kleinerer auf 330W 
angepasster Motor, weil der kleinere weniger Eisenverluste und weniger 
Lagerreibung hat.

von Stephan (stephan_h623)


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Karl-alfred R. schrieb:
> Normalerweise sollte so ein Motor im Dreieck ja die dreifache
> Maximalleitung haben im Vergleich zu Stern.

Nicht so ganz richtig.
Er hat im Stern 1/3 der Anlaufleistung. Der Wicklungsstrom ist dann im 
Anlauf (oder Blockieren) sqrt(1/3) oder ca. 58%. Der Zuleitungsstrom 
1/3.

Die Nennleistung im Stern - bei Betrieb über FU und auf identischen 
Schlupf (in rpm) zum Nennbetrieb reduzierte Frequenz - wird auch um 
sqrt(1/3) oder ca. 58% liegen. Drehzahl auch bei grob 58%. Kühlung ist 
schlechter, Eisenverluste geringer, Kupferverluste gleich.
Dein angenommener Lüfter braucht (bei den theoretischen P~rpm^3) dann 
noch <20% der Leistung, also safe.

Knifflig wirds ohne Umrichter. Da wäre ein Motor mit viel Schlupf bei 
Nennleistung und kleinem Anzugs-/Nennstrom im Vorteil.
Da kommst du bei deinen angenommenen 2950rpm Nenndrehzahl im Stern und 
mit Lüfter nicht mal über den Kipppunkt.
58% Leistung am Lüfter wären 2450 rpm statt 2950 rpm und mit dem Schlupf 
steigt die Scheinleistung überproportional.

Wenn der Motor nur 2850 rpm Nenndrehzahl hat sollte der Kipppunkt mit 
Lüfter auch im Stern grob klappen. Wären dann 2350rpm @ 56% Leistung.
Strom da aber immer noch zu hoch für Dauerbetrieb.

Drum ists halt auch nur eine Krücke zum Anlauf. Die gerne mal genannten 
75-80% der Drehzahl für die Umschaltung auf Dreieck sind auch so ne 
Sache. Für ne Kreissäge ohne Last (nur Trägheit) ok, bei nem Lüfter 
grenzwertig, bei nem beladenen Förderband deutlich zu hoch.

von Günter L. (Firma: Privat) (guenter_l)


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von Karl-alfred R. schrieb:
>kann es sein, dass ein Drehstrom-Motor unter ganz bestimmten Umständen
>mehr Strom im Stern zieht als im Dreieck?

Nein, man hat zum Beispiel bei Großen Motoren so bei 3kW oder
mehr, ein Stern- Dreieckschalter benutzt, damit der Strom beim
Einschalten nicht so groß ist daß die Sicherungen kommen.
Zuerst beim Einschalten Stern und wenn die Drehzahl hoch ist,
wurde auf Dreieck geschaltet. Das Einschalten war dann sanfter.
Wurde oft bei großen Kreissägen so gemacht.
Die ohmschen Widerstände der Wicklungen sind ja im Stern
größer, also kann dann ja kein größerer Strom fließen.

von Achim H. (pluto25)


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Genau genommen zieht er immer mehr Strom im Stern. Zuerst weil er 
anläuft und dann weil er seine Drehzahl nicht schafft. Der Ventilator 
erreicht fast Enddrehzahl was eine deutliche Überlastung des Motors 
darstellt. Deshalb löst ja auch der Motorschutz aus wenn er nicht auf 
Dreieck hoch geschaltet wird.

von Jürgen F. (unterstrom)


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Karl-alfred R. schrieb:
> Aber nehmen wir man an, wir hätten einen Lüfter, der so kontruiert ist,
> dass das Lüfterrad bei Nenndrehzahl im Dreieck die volle
> Nenn-Motorleistung (also der Maximalleistung) ziehen würde.
>
> Dann wäre dieser Motor in Sternschaltung, wo der Motor nur ein Drittel
> der maximalen Leistung hat, ja hoffnungslos überlastet.  Die Drehzahl
> würde soweit absinken, dass das erforderliche Drehmoment wieder gleich
> wäre wie das Motordrehmoment. D.h. man hätte einen extremen Schlupf.

Bei einem LUFTer, der also Luft transportiert, kann ich es mir schlecht 
vorstellen.
Wenn der Motor aber einen Rührer oder Pumpe antreibt, der in ein 
nicht-newtonsches Fluid eintaucht wäre so etwas bestimmt konstruierbar.

Sternschaltung: die Leistung reicht nicht aus, die Pampe durchzuziehen, 
der Motor bleibt bei niederer Drehzahl und hohen Schlupf stecken -> viel 
Strom.

Dreieckschaltung: die Leistung reicht jetzt aus, die Pampe 
durchzuziehen, der Motor läuft zum Nennpunkt hoch und nimmt jetzt 
weniger Strom auf als im Stern.

Der Sinn eines Stern-Dreieck-Anlaufs ist damit hinfällig und die 
vorgeschaltete Sicherung muss entsprechend ausgelegt sein.
Du brauchst dazu einen Motor der im Stillstand bei niedriger Spannung 
mehr Strom zieht als im Nennpunkt bei V3 höherer Spannung. Bei kleinen 
Motoren ist das Verhältnis Einschaltstrom/Nennstrom zwar hoch, bei bei 
großen Motoren, so dreistelliger kW Bereich, wird das aber immer höher 
und dürfte dann durchaus deiner Frage zutreffen.

: Bearbeitet durch User
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