Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Maximale Strombelastbarkeit von Leiterbahnen im Kurzschlussfall


von Christian (dragony)


Lesenswert?

Hallo,

ich möchte gerne verhindern, dass im Kurzschlussfall die Leiterbahnen 
verdampfen. Es sind 230VAC, ich rechne deshalb mit 1kA. Eine Sicherung 
(die dieses Trennvermögen hat) ist vorhanden, braucht aber natürlich 
selbst auch eine gewisse Zeit zum Auslösen. Gibt es irgendwo so 
Tabellen, wieviel Strom welche Leiterbahnbreite wie lange aushalten 
kann, bevor sie sich verflüssigt? Ich habe jetzt 2.5mm bei 35µm 
verwendet.

von Michael B. (laberkopp)


Lesenswert?

Christian schrieb:
> Eine Sicherung (die dieses Trennvermögen hat) ist vorhanden

Deren Schmelzintegral ist entscheidend für die Berechnung.

von Base64 U. (6964fcd710b8d77)


Lesenswert?

Ich kenn jetzt die Vorschriften für Geräte (Elektrische Sicherheit?) 
nicht, aber in AT und DE müssen die Leitungsschutzschalter z.B. 
mindestens 6kA können im privatbereich; 
https://de.wikipedia.org/wiki/Leitungsschutzschalter

Wie kommst du auf 1kA?

Ansonsten, je nach Schmelzintegral könnte man sich die Pulsbelastung 
hier anschauen; 
https://www.mikrocontroller.net/articles/Leiterbahnbreite

Nicht verdampfen ist wohl das falsche kriterium, du möchtest natürlich, 
dass die leiterbahnen auf der Platine bleiben und sich auch nicht 
ablösen oder die Platine sich unzulässig erwärmt. Das könnte ja noch 
weitere Kurzschlüsse vor der Sicherung erzeugen.

von Thomas R. (thomasr)


Lesenswert?

Base64 U. schrieb:
> Ich kenn jetzt die Vorschriften für Geräte (Elektrische Sicherheit?)
> nicht, aber in AT und DE müssen die Leitungsschutzschalter z.B.
> mindestens 6kA können im privatbereich;
> https://de.wikipedia.org/wiki/Leitungsschutzschalter
>
> Wie kommst du auf 1kA?
>
Vermutlich weil da nicht eine >1,5mm² Leitung durchgängig bis zur 
Feinsicherung sein wird? Deren Widerstand dämpft den Strompeak 
zusätzlich. Sonst dürfte man Gerätefeinsicherungen ja gar nicht 
einsetzen...

Im einfachsten Fall einfach die Schleifenimpedanz messen und dann 
rechnen.

von Mani W. (e-doc)


Lesenswert?

Entsprechende Leiterbahnen verzinnen oder mit Draht verstärken...

von Rainer W. (rawi)


Lesenswert?

Christian schrieb:
> Ich habe jetzt 2.5mm bei 35µm verwendet.

Bei 1kA wird die sicher auslösen.

Aus Strom und (temperaturabhängigem) Widerstand kannst du die zeitliche 
Entwicklung der Verlustleistung berechnet. Im Kurzschlussfall kannst du 
Kühleffekte durch Wärmeleitung/Konvektion vernachlässigen, d.h. sobald 
die über den Puls auf integrierte Leistung größer als die Schmelzenergie 
der Leiterbahn ist, war es das, falls man Strahlungskühlung erstmal 
außer Betracht lässt. Auf das Verdampfen der Leiterbahn kannst du nicht 
warten, weil der Stromfluss unterbrochen wird, sobald sie sich 
verflüssigt und durch Oberflächenspannung ihre Form verloren hat.

von .● Des|ntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


Lesenswert?

Leiterbahnen heisst:
Du möchtest Platinen für 1000Ampere Stromfestigkeit designen?

von Michael B. (laberkopp)


Lesenswert?

● Des|ntegrator ●. schrieb:
> Leiterbahnen heisst:
> Du möchtest Platinen für 1000Ampere Stromfestigkeit designen?

Muss er ja, über Millisekunden, wenn zuerst die Sicherung und nicht die 
Leiterbahn auslösen soll.

Was überrascht daran jetzt ?

von Peter D. (peda)


Lesenswert?

Christian schrieb:
> Ich habe jetzt 2.5mm bei 35µm
> verwendet.

Aus der Praxis kann ich Dir sagen, ein Leiterzug 3mm hinter einer 
Feinsicherung 5AT delaminiert.

von Stephan (stephan_h623)


Lesenswert?

Christian schrieb:
> Ich habe jetzt 2.5mm bei 35µm
> verwendet.

Wären grob 300kW/m bei 1000A und ner zunächst angenommen Temperatur von 
150-200°C.
Das ganze auf 0,8g Kupfer pro Meter und damit ner Wärmekapazität von 
0,3J/K pro Meter.

Macht schlanke +1000°C nach 1ms. Wobei Widerstand und Leistung dann noch 
deutlich höher wären und die Temperatur damit auch noch deutlich höher. 
Ist aber Quatsch.

Also grob 200µs @ 1000A und du hast +200°C. 150µs wären vielleicht noch 
gut verträglich.
Wäre ein Schmelzintegral von 150A^2*s und deutlich mehr als ne 5A flink.

Hilft dir aber nichts, weil zwar vielleicht nach 30µs schon klar ist, 
dass die Sicherung auslöst. Aber bis der Sicherungsdraht verdampft / 
weggeflossen ist und der Lichtbogen erloschen ist dauerts weit länger.
Wenns 1000A werden wird die Leiterbahn wohl verdampfen. Selbst 200A 
dürften zumindest grenzwertig sein.

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


Lesenswert?

Wenn man mal schaut, wieviele Ampere durch so einen Bonding-Draht eines 
Mosfet im TO220 Gehäuse gehen, 100-200A stehen da in Datenblättern.

von Michael B. (laberkopp)


Lesenswert?

Dieter D. schrieb:
> Wenn man mal schaut, wieviele Ampere durch so einen Bonding-Draht
> eines Mosfet im TO220 Gehäuse gehen, 100-200A stehen da in
> Datenblättern.

Die haben keinen Bonding-Draht mehr, da ist der Pin direkt auf den Chip 
gelötet.

https://www.researchgate.net/figure/A-1200-V-Triac-assembled-in-a-TOP3-insulated-package-using-copper-clip-bonding_fig4_321960397

https://toshiba.semicon-storage.com/eu/semiconductor/design-development/innovationcentre/articles/tcm0206_umos_ix.html

Aber woher soll ein Dieter das wissen.

von Stephan (stephan_h623)


Lesenswert?

Michael B. schrieb:
> Die haben keinen Bonding-Draht mehr, da ist der Pin direkt auf den Chip
> gelötet.

Und auch wenn man sich ältere mit Bonddrähten ankuckt. z.B. 
https://www.richis-lab.de/FET42.htm

4 Bonddrähte. Jeder mit 0,3mm+
Insgesamt der 3-fache Querschnitt wie die Leiterbahn, also auch nur 1/3 
der Leistung.
Dafür die 3-fache Masse.

Wären dann Faktor 9 oder 1350µs. Durch 808A Limit statt 1000A nochmal 
Faktor 1,5 oder 2000µs.
Wenns dann Gold oder ALU-Bonddrähte sind halt nur die Hälfte oder 1ms.

Im SOA-Diagramm gehen die 808A aber nur für ca. 300µs. Da scheinen die 
Bonddrähte nicht das Limitierende zu sein. Oder ich hab den Drähtchen 
noch zuviel zugemutet.

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


Lesenswert?

Michael B. schrieb:
> Die haben keinen Bonding-Draht mehr, da ist der Pin direkt auf den Chip
> gelötet.

Äpfel und Birnenvergleiche. TO3 und 1200V ist wieder eine andere 
Hausnummer. Bei 1200V darf das auch kein dünner Draht mehr sein, wegen 
Entladungseffekten. Da muss die Verbindung dicker und abgerundet sein.

Der Trick ist, dass die "bonding wires" sehr kurz sind. Wenn das nicht 
reicht, werden mehrere parallel verwendet.

Siehe Wikimedia:
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5231221

Als auch das nicht mehr reichte, dann wurden das so breite Verbindungen, 
wie Michael hier postete, als Flachdraht oder Kupferstreifen bezeichnet. 
Diese werden benötigt, wenn so hohe Ströme als Dauerstrom durch die 
Konnektierung fließen sollen.

von Gerd E. (robberknight)


Lesenswert?

Christian schrieb:
> ich möchte gerne verhindern, dass im Kurzschlussfall die Leiterbahnen
> verdampfen. Es sind 230VAC, ich rechne deshalb mit 1kA.

Das wird kostspielig und groß.

Rechnest Du bei Deinem Gerät mit Kurzschlüssen? Also z.B. weil Du eine 
Schuko für andere Geräte bereitstellst? Oder gibt es einen anderen Grund 
warum Kurzschlüsse wahrscheinlich sind?

Wenn Kurzschlüsse sehr unwahrscheinlich sind müsstest Du nur gegen 
Personengefährdung, Brand etc. sichern und es würde ausreichen wenn 
Deine Feinsicherung und der LSS ihren Dienst tun, die Leiterbahn aber 
verdampft.

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


Lesenswert?

Christian schrieb:
> ich möchte gerne verhindern, dass im Kurzschlussfall die Leiterbahnen
> verdampfen. Es sind 230VAC, ich rechne deshalb mit 1kA. Eine Sicherung
> (die dieses Trennvermögen hat) ist vorhanden,

Damit das nicht passiert wird einfach vor die Sicherung noch ein 
"Opferwiderstand" gesetzt, der den maximalen Kurzschlussstrom begrenzt.

Die Daten einer Feinsicherung sind:
Feinsicherung 5X20/6,3 A ; Abschaltleistung, 1.5 kA

Also 360V/1,5kA = 0,24 Ohm reichen bereits aus, dass die Sicherung 
zuverlässig auslöst. Bei 10A wird eine träge Sicherung einige Minuten 
für die Auslösung benötigen. D.h. ein 20W Widerstand tut es sicherlich 
als Vorwiderstand. So sähe es aus, wenn man ganz sicher gehen wollte. 
Das macht aber niemand so aufwendig.

Der Grund ist der, dass in dem Falle auch noch die 16A Haussicherung 
auslösen wird und die kann 6kA Kurzschlussstrom trennen. Jedoch hat 
Sicherung bereits mit Halterung so viele mOhm, dass nur noch geringfügig 
über 3kA als maximaler Strom erreicht werden können.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.